| Titel: | Herland's Vorrichtung zum Aus- und Einrücken, durch Auflegen und Abwerfen des Treibriemens; Bericht von Hrn. Faure. | 
| Fundstelle: | Band 155, Jahrgang 1860, Nr. XXII., S. 82 | 
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                        XXII.
                        Herland's Vorrichtung
                           zum Aus- und Einrücken, durch Auflegen und Abwerfen des Treibriemens; Bericht von
                           Hrn. Faure.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, September 1859, S. 543.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Herland's Vorrichtung zum Aus- und Einrücken durch Auflegen
                           und Abwerfen des Treibriemens.
                        
                     
                        
                           Hr. Herland in Paris (rue
                                 Ménilmontant No. 138) ließ sich im Juli 1858 eine
                              Riemenauflegvorrichtung patentiren, die in zweifacher Hinsicht von großem Interesse
                              ist. Durch dieselbe werden nämlich erstens die so häufigen und mitunter gräßlichen
                              Unglücksfälle vermieden, welche dadurch entstehen, daß die Arbeiter abgefallene
                              Riemen während des Ganges wieder auflegen wollen. Zweitens wird durch die neue
                              Vorrichtung in der Zeit,
                              während welcher die durch Riemen getriebenen Maschinen stille stehen, bedeutend an
                              Arbeitskraft gespart, während von derselben bei der gewöhnlichen Ausrückung mit
                              fester und loser Rolle immer ein großer Theil verloren geht, weil die Riemen im
                              Gange und gespannt bleiben, und die Reibung des Leerlaufs oder der losen Rolle zu
                              überwältigen ist.
                           Hr. Herland erreicht diese beiden Vortheile durch einen
                              einfachen Metallstreifen, der seitwärts an den Rand der Triebscheibe befestigt ist,
                              und die Form eines dreieckigen Bruchstückes von einem Cylinder hat, dessen
                              Durchmesser demjenigen der Triebscheibe gleich ist, von welcher er eine Verlängerung
                              bildet. Dieser Metallstreifen liegt an einem Ende bündig mit der Riemenscheibe und
                              verläuft sich gegen dieselbe unter einem spitzen Winkel; gegen das andere Ende zu
                              hat er ein Stück weit gleiche Breite, die aber etwas größer ist als die Breite des
                              Riemens, den er, wie aus Folgendem erhellen wird, auf die Riemenscheibe aufzulegen
                              hat.
                           Der parallele oder gleichbreite Theil des Metallstreifens ist unter einer beliebigen
                              größeren oder kleineren Curve einwärts gegen die Achse gebogen, und läuft dann
                              parallel zu einem Radius der Riemenscheibe bis zur Achse selbst, um welche er
                              gewunden ist, und an die er sich dann anschließt.
                           Zwischen der treibenden und der getriebenen Riemenscheibe liegt eine Ausrückgabel,
                              die mit einem Hebel in Verbindung steht, der so angebracht ist, daß sein Handgriff
                              jeden Augenblick von dem die Maschine bedienenden Arbeiter bequem erfaßt werden
                              kann. Der Arbeiter kann demnach mittelst des Ausrückhebels von seinem Platze aus
                              nach Belieben oder Bedürfniß sowohl in der einen als auch in der anderen Richtung
                              einen Druck gegen die Kante des Treibriemens ausüben, und zwar an der Stelle, wo der
                              Treibriemen auf die Triebscheibe aufläuft. Unter diesen
                              Umständen läßt sich bekanntlich der Riemen sehr leicht in der Richtung der Achse
                              beliebig weit verschieben, und zwar durch eine verhältnißmäßig sehr geringe, gegen
                              die Kante des Riemens wirkende Kraft.
                           Demnach kann nach dem Willen des Arbeiters, das heißt je nach der Stellung, die er
                              der Ausrückgabel gibt, der Riemen leicht in der Umdrehungsebene der beiden
                              Riemenscheiben erhalten, oder aus dieser Umdrehungsebene hinausgeleitet werden. In
                              dem letzteren Falle kommt er von der Riemenscheibenoberfläche auf den obenerwähnten
                              Metallstreifen, von dem er in Folge seiner schrägen Seitenfläche abfällt, und
                              schlaff auf der Achse oder einer Verstärkung derselben liegen bleibt.
                           Handelt es sich darum, die Verbindung der Triebscheibe mit der Maschine wieder
                              herzustellen, so wird der Ausrückhebel mit seiner Gabel in der entgegengesetzten
                              Richtung bewegt, und der vorher schlaffe Riemen begegnet nun zuerst dem um die Achse gewundenen Theile des
                              Metallstreifens, dann seinem ebenen Theile, und kommt so auf die Oberfläche der
                              Riemenscheibe. Der gebogene Theil des Metallstreifens, welcher wie ein cylindrischer
                              Hebedaumen von demselben Halbmesser, wie ihn die Riemenscheibe hat, wirkt, bewirkt
                              zuerst die zur Riemenscheibe passende cylindrische Biegung des Riemens, und es kann
                              dieser dann leicht parallel zur Achse durch die Gabel auf die Triebscheibe
                              übergeleitet werden, wobei er sich allmählich spannt und in die Umdrehungsebene der
                              beiden zu verbindenden Scheiben kommt.
                           Nach der vorausgeschickten Erklärung der so äußerst einfachen, sinnreichen und sicher
                              wirkenden Aus- und Einrückung des Hrn. Herland,
                              bei der man sich nur wundern muß, daß sie nicht schon längst erfunden wurde, bleibt
                              nur noch übrig, auf ihre Vortheile aufmerksam zu machen.
                           Es ist bekannt, wie häufig und mitunter grauenhaft die Unglücksfälle sind, welche in
                              unseren industriellen Werkstätten beim Auflegen von Treibriemen während des Ganges
                              vorkommen, wenn aus irgend einer Ursache ein solcher Riemen von einer Scheibe
                              abgefallen ist und schlaff zwischen einer Achse und einer Riemenscheibe hängt. Der
                              durch die beständige Nähe der ihn umgebenden Transmissionsorgane sicher gemachte
                              Arbeiter ist gewöhnlich unvorsichtig genug, um zu glauben, ungestraft den Versuch
                              machen zu dürfen, den abgefallenen Riemen wieder aufzulegen, ohne abzuwarten oder zu
                              verlangen, daß die Hauptwelle stille gestellt wird; im Vertrauen auf seine
                              Körpergewandtheit, oder die Gefahr zu wenig kennend, setzt er sich derselben aus, um
                              dem Tadel zu entgehen, der ihn treffen kann, wenn seine Nachlässigkeit Schuld an dem
                              Abfallen des Riemens war. Er steigt gewöhnlich zur Triebachse in die Höhe, und
                              behilft sich zwischen den in Bewegung befindlichen Organen so gut es gehen will, um
                              den Riemen zu erfassen und ihn wieder auf die Triebscheibe aufzulegen. Eine falsche
                              Bewegung, eine Zerstreutheit, ein fliegender Zipfel eines Kleidungsstückes, eine
                              Ungeschicklichkeit reicht hin, um, ergriffen von einem dieser Organe, mitgenommen,
                              und gleichsam gerädert zu werden. Die strengsten Vorschriften für die Werkstatt
                              bleiben in dieser Beziehung erfolglos, und jedes Jahr liefert schmerzliche
                              Beispiele, welche Jedermann, der die Erzählung hievon in der Ferne liest, schaudern
                              machen, an die aber der Arbeiter an seinem Platze fast niemals denkt.
                           Durch Herland's Riemenaufleger ist diese Art von
                              Unglücksfällen unmöglich geworden, weil der Arbeiter, ohne seinen Arbeitsplatz zu
                              verlassen, einfach durch Bewegung des Einrückhebels den Riemen wieder auf seine
                              Scheibe auflegen kann. Der Erfinder hat sich also ein Verdienst um die Menschheit
                              erworben.
                           
                           Aber auch in anderer, ausschließlich industrieller Beziehung verdient der neue
                              Riemenaufleger alle Beachtung. Die Aus- und Einrückungen für Riemen bestehen
                              nämlich gewöhnlich aus Triebscheiben und Leerläufen, oder aus Spannrollen oder
                              endlich aus Frictionskegeln. Bei dem Leerlaufe und bei dem Frictionskegel bleibt der
                              Riemen, wenn die Maschine abgestellt ist, beständig im Gange, folglich auch
                              gespannt, und absorbirt durch diese unnütze Bewegung und durch die Reibung
                              jedenfalls einen Theil der vom Motor gelieferten Triebkraft, wozu auch noch die
                              unnöthige Abnutzung kommt. Die Ausrückung durch Spannrollen läßt zwar, wenn die
                              Maschine abgestellt ist, den Riemen in Ruhe, verursacht aber, sobald durch Andrücken
                              der Spannrolle die Bewegung hergestellt wird, Reibung in dieser selbst und also
                              ebenfalls Kraftverlust, der je nach dem Grade der Spannung und der Größe der
                              Spannrolle verschieden groß wird.
                           Durch den neuen Riemenaufleger kommt der Riemen zur Ruhe, sobald der Arbeiter
                              ausrückt, und da er dann schlaff herabhängt, verursacht er weder unnütze Reibung,
                              noch Kraftverlust; sobald er wieder aufgelegt ist, ist seine Kraftabsorption keine
                              größere als sonst bei einem Riemen, und sie hängt bloß von der durchaus nöthigen
                              Spannung ab.
                           Der neuen Vorrichtung könnte man jedoch bei ihrer Anwendung auf Riemenscheiben von
                              großem Durchmesser den Vorwurf machen, daß, weil in diesem Falle der Riemen, um
                              aufgelegt und frisch gespannt zu werden, in der Richtung des Radius einen großen Weg
                              zu machen hat, der Metallstreifen sehr wahrscheinlich seinen Dienst versagen wird.
                              Der Erfinder half diesem gegründeten Einwurfe dadurch ab, daß er neben die
                              Triebscheibe und über ihre Achse, jedoch ohne sie zu berühren, einen Cylinder von
                              hinreichend kleinerem Durchmesser legt, auf welchem der abgeworfene Riemen liegen
                              bleibt. Hiedurch ist jener Befürchtung vollkommen abgeholfen.
                           
                        
                           Beschreibung der
                                 Abbildungen.
                           Die Figuren 27
                              und 28
                              stellen Herland's Riemenaufleger in zwei Ansichten
                              dar.
                           a ist eine Riemenscheibe, welche auf die
                              Haupttransmissionswelle aufgekeilt ist, und welche die Riemenscheibe b mittelst des Riemens c zu
                              treiben hat. Die rechtwinkelige Gabel d, welche den
                              Treibriemen so umfaßt, daß sie nur von den Kanten des Riemens berührt wird, ist vor
                              der Riemenscheibe a und ganz nahe an derselben
                              angebracht. Der Ausrückhebel e, welcher dem Arbeiter
                              handgerecht liegt, hat seinen Drehungspunkt o an einem
                              höher liegenden Durchzuge oder Balken, und ist mit der Ausrückgabel d durch eine horizontale Stange f verbunden.
                           
                           g ist ein Metallstreifen, welcher seitwärts an den Rand
                              der Riemenscheibe a befestigt ist, die dadurch auf
                              ungefähr ein Viertel ihres Umfanges verlängert wird. Der Metallstreifen ist dann
                              plötzlich stark einwärts gebogen, und reicht bis zur Achse, welche er umgibt. Der
                              erste Theil des Metallstreifens, d.h. derjenige, welcher zwischen dem horizontalen
                              und verticalen Radius der Riemenscheibe liegt, hat abgewickelt die Form eines
                              Dreiecks, so daß seine Breite, die anfangs fast Null ist, allmählich bis zu der
                              Stelle, wo die Einwärtsbiegung anfängt, wächst. Hier ist derselbe etwas breiter als
                              der Riemen c selbst, und von da aus, wo er den Rand der
                              Riemenscheibe verläßt, behält er durchaus seine größte Breite bei. Auf demselben
                              Balken, welcher den Stückpunkt des Hebels e trägt, ist
                              eine schiefe Fläche h befestigt, die zwischen dem kurzen
                              Hebelende und der Riemenscheibe a liegt. Mit ihrem
                              oberen Ende ist ein Blechstreifen i verbunden, der etwas
                              breiter als der Riemen c ist, und welcher cylindrisch
                              gebogen ist, so daß er die Transmissionswelle umgibt, ohne sie zu berühren.
                           Der Apparat wirkt nun auf folgende Weise. Geht die Bewegung in der durch den Pfeil
                              angedeuteten Richtung vor sich, so wird der Arbeiter, wenn er seine Maschine
                              abstellen will, das untere Ende des Hebels e gegen die
                              Riemenscheibe b zu bewegen. Die Ausrückgabel d folgt der Bewegung des Hebels, stellt sich neben die
                              Riemenscheibe a, und nimmt natürlich den Riemen c mit, der dann auf den Blechcylinder i fällt.
                           Will der Arbeiter hingegen einrücken, so bewegt er den Hebel in entgegengesetzter
                              Richtung, d.h. er bringt mittelst der Gabel den Riemen an die Seite der
                              Riemenscheibe, und da diese beständig im Gange ist, so begegnet der Bug des
                              Metallstreifens g sogleich dem Riemen, hebt ihn auf,
                              spannt ihn allmählich, und durch das nach der Riemenscheibe gebogene Dreieck des
                              Metallstreifens wird der Riemen so auf die Scheibe geleitet, daß er schon nach der
                              ersten Umdrehung der Scheibe sich auf derselben befindet.
                           t, t sind zwei Anschläge, die auf beiden Seiten des
                              kurzen Hebelendes angebracht sind und den Zweck haben, die Bewegung des Hebels zu
                              begränzen.
                           Der Metallstreifen g und die Gabel d sind unentbehrliche, wesentliche Theile des Apparates, die übrigen
                              Theile dagegen können verändert werden und müssen natürlich den örtlichen
                              Verhältnissen angepaßt seyn.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
