| Titel: | Ueber Binet's Verfahren zum Strecken des Tafel- oder Fensterglases; Bericht von Hrn. Salvetat. | 
| Fundstelle: | Band 155, Jahrgang 1860, Nr. XXXII., S. 102 | 
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                        XXXII.
                        Ueber Binet's Verfahren zum Strecken des Tafel-
                           oder Fensterglases; Bericht von Hrn. Salvetat.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, October 1859, S. 601.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Binet's Verfahren zum Strecken des Tafel- oder
                           Fensterglases.
                        
                     
                        
                           Bekanntlich werden bei der Fabrication des Tafelglases die aufgesprengten Cylinder
                              auf einem vollkommen ebenen Steine gestreckt. Bei aller von dem Strecker
                              angewendeten Sorgfalt ist es aber oft nicht zu vermeiden, daß unter der Glastafel
                              eingeschlossene Luft, welche unter dem Druck des Polirholzes nur zum Theil entwich,
                              sich noch ausdehnt und unter dem Glase Krümmungen und Beulen erzeugt; ferner daß die
                              Glastafel beim Abkühlen sich von selbst aufbiegt und daher besonders an den Rändern
                              nicht mehr geradflächig bleibt; endlich daß die Glastafel oft unter dem Druck des
                              Werkzeugs, womit man sie von dem Streckstein abhebt, nachgibt, wenn sie noch nicht
                              vollständig erstarrt ist.
                           Durch das Verfahren, welches Hr. Binet in der Glasfabrik
                              zu Sevres eingeführt hat, werden diese Mängel vermieden. Seine Vorrichtung besteht
                              in einer beweglichen Platte aus feuerfestem Thon, welche sich unmittelbar über dem
                              Streckstein befindet, und mittelst eines Hebelarms der sie hält und einer durch den
                              gewölbten Raum des Ofens gesteckten Stange aufgezogen und herabgelassen werden kann.
                              Diese Platte läßt man auf die Glastafel herab, sobald letztere gestreckt ist;
                              während der mehr oder
                              weniger lange dauernden Berührung erhält sie durch ihr Gewicht die Glastafel
                              vollkommen eben und verhindert jede Bewegung und jedes Verbiegen derselben. Die
                              Glastafel wird nicht eher vom Streckstein entfernt, um in den Kühlofen zu gelangen,
                              als nachdem sie so weit abgekühlt ist, daß sie sich nicht mehr biegen kann.
                           Durch dieses sehr einfache Mittel, welches wir regelmäßig anwenden sahen, erhält man
                              ganz ebenes Glas ohne Wellen, und ist daher im Stande viel schöneres Fensterglas zu
                              fabriciren.
                           Noch viel wichtiger ist dieses Verfahren für die Fabrication der geblasenen
                              Spiegeltafeln. Bei dem gegenwärtigen Streckverfahren muß man nämlich das Glas sehr
                              dick blasen lassen, damit die Spiegeltafeln nach dem Schleifen noch eine
                              hinreichende Widerstandsfähigkeit behalten; denn nach Beseitigung aller Wellen haben
                              sie durchschnittlich ein Viertel an Dicke verloren. Das Schleifen ist daher
                              kostspielig; die nach dem neuen Verfahren gestreckten Spiegeltafeln werden sich aber
                              in kürzerer Zeit und mit viel geringeren Kosten schleifen lassen. Ueberhaupt kann
                              mittelst des neuen Streckverfahrens Tafelglas von gewisser Größe, für Spiegel oder
                              Fenster bestimmt, zu vermindertem Preise geliefert werden.
                           
                        
                           Beschreibung der Abbildungen.
                           Fig. 4 ist der
                              senkrechte Durchschnitt des Streckofens, nach einer zu den Achsen des Wagens
                              parallelen Ebene.
                           Fig. 5 ist der
                              Grundriß der beweglichen Preßplatte.
                           A Streckofen. B Streckstein,
                              auf einem auf Schienen beweglichen Wagen angebracht.
                           C Preßplatte aus feuerfestem Thon, welche auf den
                              Streckstein niedergelassen wird und durch ihren Druck alle Unebenheiten der
                              Glastafel beseitigt; sie ist, wie aus Fig. 5 ersichtlich, mit
                              einem eisernen Beschläg versehen.
                           D eiserne Stange, die durch das Gewölbe des Ofens geht
                              und an der Preßplatte C befestigt ist, welche sie
                              während des Aufziehens oder Niederlassens hält.
                           E ist ein mit Sector versehener Hebel, welcher durch
                              eine Kette mit der Stange D verbunden ist und zum
                              Herablassen oder Aufziehen der Preßplatte C dient.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
