| Titel: | Eine vollkommen constante Batterie; von Dr. H. Meidinger. | 
| Autor: | Heinrich Meidinger [GND] | 
| Fundstelle: | Band 155, Jahrgang 1860, Nr. XXXV., S. 109 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XXXV.
                        Eine vollkommen constante Batterie; von Dr.
                           H. Meidinger.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. II.
                        Meidinger's vollkommen constante Batterie.
                        
                     
                        
                           Die Mißstände, welche die gebräuchlichen Batterien begleiten, die für die Dauer eine
                              zwar schwache aber gleichförmige Kraft entwickeln sollen, sind bekannt und schon
                              mehrfach erörtert. Die im Nachstehenden beschriebene Batterie besitzt vor den
                              seither zur Anwendung gekommenen folgende Vorzüge:
                           1) Sie ist vollkommen constant und von fast unbegränzter Dauer. Für den Betrieb des
                              Telegraphen läßt sie sich wenigstens ein Jahr lang unausgesetzt benutzen, ohne
                              auseinander genommen zu werden.
                           
                           2) Sie ist ohne Thonzelle construirt und ungleich ökonomischer im Gebrauche wie die
                              Daniell'sche Kette, mit der sie gleiche Intensität
                              (elektromotorische Kraft) besitzt; sie consumirt nicht mehr Material (Zink und
                              Kupfervitriol), wie der circulirenden Elektricität entspricht. Ihre Ersparniß läßt
                              sich auf 50 bis 80 Proc. veranschlagen.
                           3) Sie entwickelt durchaus keine Gerüche oder sauren Dämpfe; man kann sie somit ohne
                              Anstand in bewohnten Räumlichkeiten aufstellen. Auch werden die Verbindungsstellen
                              zwischen den einzelnen Batterien nicht angegriffen.
                           Folgendes ist die Zusammensetzung der Batterie (Fig. 16): Ein Glasgefäß
                              von 170 Millimeter Höhe und 100 Millimeter Bodenweite,Die angegebenen Dimensionen beziehen sich auf eine zum Betrieb des
                                    Telegraphen hier in Heidelberg fabrikmäßig dargestellte Batterie. Figur
                                       16 zeigt dieselbe in der halben natürlichen Größe erweitert sich in einer Höhe von 50 Millim. um etwa 10 Millim., zu dem Zweck
                              einen Zinkring von 90 Millim. Höhe aufzunehmen. In die Mitte des Bodens von diesem
                              Gefäß ist ein nach oben sich etwas conisch erweiterndes Becherglas von 75 Millim.
                              Höhe und 65 Millim. Bodendurchmesser angekittet. Die innere Wandung des letzteren
                              bedeckt ein Kupferblechcylinder, an welchem ein Kupferdraht unten angenietet ist,
                              der durch eine Gutta-percha- oder Glasröhre hindurch nach außen
                              gelangt. Das große Gefäß ist durch einen Deckel verschlossen; eine Oeffnung in
                              dessen Mitte erlaubt einen an seinem untern Ende nicht vollständig zugeblasenen
                              trichterförmigen Glascylinder in das kleinere Glas hinunterzusenken. (In Ermangelung
                              eines derartigen Glascylinders kann man recht wohl eine ganz offene Glasröhre, ein
                              gewöhnliches Lampenglas benutzen und dasselbe am unteren Ende mit einem dünnen
                              Läppchen umwinden.) An den Zinkring ist ein schmales Kupferblech gelöthet und
                              zwischen Deckel und Glaswand nach außen geführt. Dieses Blech ist an seinem Ende in
                              eine Hülse umgebogen, groß genug, um den Kupferdraht des andern Pols aufzunehmen.
                              Eine derartige Verbindung läßt nichts zu wünschen übrig. Sie ersetzt vollkommen alle
                              Schrauben und Klammern, und dürfte einer allgemeinern Anwendung als einfaches
                              Verbindungsmittel von Drähten fähig seyn. Die Drähte, sobald sie nur mit einiger
                              Mühe in die Hülse (von möglichst dünnem Blech) hineingepreßt werden, erzeugen von
                              selbst völlig reine Oberflächen, zwischen die natürlich keine Unreinigkeit gelangen
                              kann.
                           Um die Batterie in Thätigkeit zu setzen, füllt man dieselbe, bis zu der Höhe des
                              Zinkrings, mit einer verdünnten Lösung von Bittersalz in Regenwasser (etwa 1/4 bis 1/10
                              Pfund käuflicher schwefelsaurer Magnesia auf 1 Element). Die Flüssigkeit gelangt
                              natürlich auch in das kleine Becherglas und durch die etwa linienweite Oeffnung in
                              die Cylinderröhre. Ist der Deckel nun aufgepaßt und die Cylinderröhre in denselben
                              eingehängt, so füllt man dieselbe mit Kupfervitriolkrystallen an. Diese bilden in
                              der Röhre eine concentrirte Lösung, welche als schwerere Flüssigkeit durch die
                              kleine Oeffnung nach unten sinkt und den die Wandung des Becherglases bedeckenden
                              Kupferblechcylinder bis zur Höhe der Oeffnung berührt.
                           Durch Verbindung der beiden Pole tritt jetzt der galvanische Proceß ein; Zink löst
                              sich auf, Kupfer wird auf das Kupferblech gefällt; gleichzeitig lösen sich die
                              Krystalle in der Glasröhre weiter und sinken nach. Die elektromotorische Kraft der
                              Batterie ist natürlich dieselbe, wie bei der gewöhnlichen Daniell'schen Batterie, da die Summe der chemischen Vorgänge dieselbe ist.
                              Der Leitungswiderstand ist jedoch weit bedeutender. Die Batterie kann deßhalb in
                              allen den Fällen keine Anwendung finden, wo zugleich sehr große Quantitäten
                              Elektricität erfordert werden, so zur Wasserzersetzung, zur Erzeugung des
                              elektrischen Lichts, in der Galvanoplastik.
                           Der große Leitungswiderstand der Batterie rührt von drei Ursachen her: der großen
                              Entfernung der Pole, dem engen Querschnitt der Flüssigkeit und der
                              Vergleichungsweise geringen Leitungsfähigkeit des Bittersalzes selber. Zinkvitriol,
                              welchen ich früher anstatt des Bittersalzes angewendet hatte, leitet noch etwas
                              schlechter und ist dabei in hinreichend reinem Zustand ungleich kostspieliger. Die
                              schwefelsauren Alkalisalze, besonders das Ammoniak, sind zwar weit bessere Leiter
                              der Elektricität; sie bilden aber sowohl mit dem schwefelsauren Kupferoxyd, wie mit
                              dem sich während der Thätigkeit der Batterie bildenden schwefelsaurem Zinkoxyd,
                              schwerlösliche auskrystallisirende Doppelverbindungen, wodurch ihre Anwendung
                              unmöglich wird. Verdünnte Schwefelsäure läßt sich ebenfalls nicht verwenden, weil
                              sie das, wenn auch wohl amalgamirte, Zink vollständig auflösen würde, sobald nur
                              Spuren von Kupfervitriol aus dem Becherglas heraus bis zu dem Zink diffundirten und
                              dasselbe mit Kupfer beschlügen. Andere Säuren oder neutrale Salze können kein
                              besseres Resultat geben.
                           Die Größe der Zinkoberfläche übt von einem gewissen Grade an keinen Einfluß auf den
                              inneren Leitungswiderstand der Batterie, so zwar, daß zwei Zinklamellen von
                              vielleicht bloß 1/6 Gesammtoberfläche des ganzen Ringes, diametral sich in der
                              Flüssigkeit gegenüberstehend, noch denselben Leitungswiderstand erzeugen. Dieß
                              erfolgt wahrscheinlich aus dem gleichen Grunde, warum auch der Leitungswiderstand
                              der Erde sich nicht verändert, wenn der mittlere Theil der in dieselbe auslaufenden
                              Polplatten hinweggenommen wird und nur an den Enden eine kleine Oberfläche erhalten
                              bleibt.Man sehe meine Abhandlung „über Abhängigkeit des
                                       Leitungswiderstandes der Erde von der Größe der versenkten
                                       Polplatten“ im polytechn. Journal Bd. CLIII S. 294. Doch ist eine große Zinkoberfläche vortheilhaft. Die Unreinigkeiten in
                              demselben, Beimischungen fremder Metalle, lösen sich nicht während der Thätigkeit
                              der Batterie von dem Zink ab; sie bleiben vielmehr als eine feste Kruste auf ihm
                              haften, die den Durchgang des Stromes erschwert, indem sie gleichsam die
                              Zutrittscanäle zu der reinen Zinkoberfläche verengert. Man sieht nun leicht, daß die
                              ursprünglich größere Oberfläche, die bei derselben Stromstärke nicht so vollständig
                              in Anspruch genommen wird wie die kleinere, selbst wenn sie durch das Hervortreten
                              der Unreinigkeiten bedeutend eingeengt wird, eine weit längere Zeit hindurch sich
                              gleich wirksam erhalten kann; und zwar stehen diese Zeiten im quadratischen
                              Verhältniß der Oberflächen, wenn man annimmt, daß gleich dicke Krusten auf dem Zink
                              in beiden Fällen die reine Oberfläche desselben in gleicher Weise verkleinern. Ist
                              das Zink vor dem Gebrauch gut amalgamirt, so lösen sich allerdings die
                              Unreinigkeiten von demselben später mit Leichtigkeit ab und fallen zu Boden. Doch
                              ist dieß bei Anwendung einer großen Zinkoberfläche durchaus nicht erforderlich.
                           Die Batterie hält sich in solcher Weise vollkommen constant, so lange noch fester
                              Kupfervitriol in der Glasröhre vorhanden ist und die Flüssigkeit sich nicht mit
                              Zinkvitriol gesättigt hat. Bei dem großen Fassungsraume der Röhre, die etwa 1/8
                              Pfund Kupfervitriol aufnimmt, wird es in den Fällen, wo die Batterie Verwendung
                              finden kann, also zur Erzeugung vergleichungsweise schwacher Ströme, nur in langen
                              Zwischenräumen nöthig seyn, dieselbe von Neuem mit dem Salz zu füllen. Bei directer
                              Verbindung der Pole werden, wenn die Batterie in der eben beschriebenen Weise
                              zusammengesetzt ist und 1/4 Pfund Bittersalz in Lösung hat, während 24 Stunden
                              höchstens sechs Gramme Kupfer niedergeschlagen. Ein Achtel-Pfund
                              Kupfervitriol (= 62,5 Grm.) welches 16 Grm. Kupfer entspricht, würde somit für drei
                              Tage ausreichen. Es läßt sich daraus entnehmen, wie lange eine einmalige Füllung bei
                              einem schwächeren Strome vorhalten kann.
                           Eine Diffusion des Kupfervitriols aus dem Becherglas heraus und in die übrige
                              Flüssigkeit findet zwar statt bei dieser Unordnung, aber in einem fast unmerklichen
                              Grade. Ursprünglich kann die Kupferlösung nur ein äußerst geringes Bestreben haben,
                              höher als die Mündung der Glasröhre zu steigen; auf derselben ruht eine verdünnte
                              Bittersalzlösung, wie sie in ihr selbst vorhanden ist; es ist somit für die
                              überstehende Flüssigkeit keine Veranlassung da, sich zu senken und mit dem
                              Kupfervitriol den Platz zu wechseln. Besondere Versuche ergaben, daß in einem
                              solchen Fall kaum Spuren von letzterem binnen einem Monate einen Zoll hoch
                              gelangten. Diese Verhältnisse ändern sich jedoch während der Thätigkeit der
                              Batterie. Die stets nachsinkenden Kupfervitriolkrystalle drängen einen Theil der
                              Flüssigkeit aus dem kleinen Glase heraus; durch das in denselben enthaltene
                              Krystallwasser wird die Kupferlösung allmählich ärmer an Bittersalz, umgekehrt wird
                              die äußere Flüssigkeit concentrirter durch das sich lösende Zink. Nothwendigerweise
                              tritt bald eine Diffusion ein, in Folge derselben beginnt der Kupfervitriol in die
                              Höhe zu steigen. Derselbe kann aber dennoch nicht, oder höchstens nur in Spuren aus
                              dem Becherglas herausdringen, da er durch die Wirkung des Stromes vorher sein Kupfer
                              auf den oberen Theil des Pols, welcher dem Zink, zunächst befindlich ist, abgeben
                              muß. Es ist schließlich bloß das Krystallwasser des Kupfervitriols, welches langsam
                              nach oben diffundirt, während Zinkvitriol nach unten dringt.
                           Zu bemerken ist noch, daß der Kupfercylinder für sich schon einem localen
                              galvanischen Proceß unterworfen ist, da er in verschiedenartigen Flüssigkeiten
                              steht, unten in einer concentrirten Kupfervitriollösung, oben in einer Lösung von
                              schwefelsaurer Magnesia allein. Dadurch löst er sich allmählich oben auf, während
                              unten Kupfer gefällt wird. Aus diesem Grund muß der die Leitung nach außen
                              bewerkstelligende Kupferdraht isolirt seyn, während ein Gleiches bei dem an die
                              Rückseite des Zinkrings gelötheten Kupferblech ganz unnöthig ist. Es ist somit
                              zweckmäßig, den Kupfercylinder etwa 10 Millim. niedriger als den Rand des
                              Becherglases zu machen. Auch wird man in den Fällen, wo man nur sehr schwacher
                              Ströme bedarf, wo also der Leitungswiderstand im Innern der Batterie ganz zu
                              vernachlässigen ist, die Cylinderröhre am besten bis auf den Boden des Becherglases
                              herabsenken. Beim Transport muß man natürlich sorgfältig mit dem Apparat umgehen,
                              damit die Kupfervitriollösung nicht in unnöthige Schwankungen gerathe und aus dem
                              Becherglase überfließe.
                           Man erhält auf diese Weise eine galvanische Kette, die vollkommen constant und in
                              hohem Grade ökonomisch ist. In meinem Besitze befindet sich eine elektrische
                              Pendeluhr von Detouche in Paris, welche seit sechs
                              Monaten durch dieselbe Batterie in ununterbrochener Bewegung erhalten wird. Dieselbe
                              bewirkt jede Secunde einen Schluß der Kette, der etwa den sechsten Theil einer
                              Secunde anhält, und verbraucht während eines Monats beinahe 100 Grm. Kupfervitriol. Bei mehreren nach
                              einander angestellten Versuchen fand ich mit sehr geringen Differenzen im Mittel
                              24,6 Grm. Kupfer niedergeschlagen, statt der den 100 Grm. Vitriol entsprechenden
                              theoretischen Zahl 25,4. Somit sind durch Diffusion während eines Monats bloß 0,8
                              Grm. oder 3 Proc. Kupfer verloren gegangen. Die Stromstärke bei directer Verbindung
                              der Pole hat während dieser Zeit um ein weniges zugenommen, ohne Zweifel weil die
                              Flüssigkeit durch den aufgelösten Zinkvitriol eine concentrirtere und somit besser
                              leitende Lösung geworden ist, zum Theil auch wegen der jetzt (Mitte August)
                              herrschenden warmen Witterung, die in der Flüssigkeit einen Temperaturunterschied
                              von etwa 8° C. bewirkt haben mag. Ein ähnliches Resultat ist mit keiner
                              anderen galvanischen Combination je erzielt worden und auch wohl je zu erzielen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
