| Titel: | Ueber eine neue galvanische Säule; von Hrn. Marié Davy. | 
| Fundstelle: | Band 155, Jahrgang 1860, Nr. LXXXV., S. 293 | 
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                        LXXXV.
                        Ueber eine neue galvanische Säule; von Hrn.
                           Marié
                              Davy.
                        Aus den Comptes rendus, December 1859. Nr.
                              26.
                        Davy, über eine neue galvanische Säule.
                        
                     
                        
                           Hr. de la Rive hat meines Wissens zuerst unauflösliche
                              Substanzen zur Absorption des Wasserstoffs bei den galvanischen Säulen angewandt. Er
                              benutzte hierzu braunes Bleisuperoxyd und Mangansuperoxyd.
                           Das Mangansuperoxyd ist ein schlechter Leiter der Elektricität; es gibt den Säulen
                              einen sehr großen inneren Widerstand und liefert nur schwache Ströme. Das
                              Bleisuperoxyd zeigt diesen Uebelstand nicht, aber es gibt als Rückstand ein wenig
                              leitendes unauflösliches Product; auch hat es einen hohen Preis. Beide Superoxyde
                              erheischen endlich die Anwendung einer freien Säure. Aus allen diesen Gründen kamen
                              sie in der Praxis nicht in Aufnahme, und es scheint sich die Meinung verbreitet zu
                              haben, daß eine Säule nur dann regelmäßig functioniren kann, wenn die Substanz
                              welche dazu bestimmt ist den Wasserstoff zu absorbiren und dem Zink die zu seiner
                              Auflösung erforderliche Säure zu liefern, selbst in Wasser löslich ist. Diese
                              Meinung ist aber eine irrige: jene Substanz braucht nur ein guter Leiter und
                              gleichzeitig reducirbar zu seyn.
                           Ich construirte z.B. eine Säule mit Zink, reinem Wasser und Chlorsilber welches im
                              Silbertiegel geschmolzen war; sie functionirte mit vollkommener Regelmäßigkeit. Ihr
                              innerer Widerstand, welcher anfangs sehr groß war, verminderte sich allmählich in
                              dem Maaße als das gebildete Chlorzink sich in Wasser auflöste. Löst man von diesem
                              Salze im voraus auf, so gibt die Säule unmittelbar einen starken Strom. Das
                              Chlorsilber reducirt sich vollständig, indem es seine Form unverändert behält. Die
                              Unauflöslichkeit des reducirbaren Salzes gewährt hierbei einen Vortheil, denn sie
                              macht die porösen Gefäße entbehrlich, welche, abgesehen von ihren anderen
                              Uebelständen, stets dem Strom einen großen Widerstand entgegensetzen.
                           Von diesem Versuch ausgehend, habe ich unter den Substanzen welche die Industrie zum
                              niedrigsten Preise liefert, diejenigen ermittelt welche am vortheilhaftesten in den
                              Batterien angewendet werden können. Den besten Erfolg hatte ich bis jetzt mit dem
                              schwefelsauren Bleioxyd und dem Chlorblei.
                           Das schwefelsaure Blei erhält man als Rückstand bei der Zersetzung des Alauns durch
                              Bleizucker zur Darstellung der essigsauren Thonerde für die Färberei. Sein Preis ist
                              niedrig, denn es hat wenig Verwendungen. Man muß es vorher waschen, weil es einen Ueberschuß von
                              löslichem essigsaurem Blei enthalten kann, welches eine flockige Ablagerung von Blei
                              auf dem Zink veranlassen würde. Man könnte es auch durch Rösten des Bleiglanzes
                              darstellen. 33 Kilogr. Zink zu 25 Francs würden 144 Kilogr. schwefelsaures Blei
                              reduciren und 104 Kilogr. Blei im Werth von 65 Francs liefern. Die Differenz von 40
                              Francs würde zum Theil den Ankauf des Bleisalzes und den mit jeder Operation
                              verbundenen Verlust decken. Der Aufwand für diese Batterie wäre also wenig
                              beträchtlich. Ihre elektromotorische Kraft ist kaum geringer als diejenige der Daniell'schen. Zwanzig Elemente dieser Säule versehen
                              gegenwärtig mit Vortheil den Dienst einer gleichen Anzahl Daniell'scher Elemente bei der französischen Centralverwaltung der
                              Telegraphen, neben der Batterie mit schwefelsaurem Quecksilberoxydul.Beschrieben im polytechn. Journal Bd. CLIV
                                       S. 275. Andererseits setzen zwei Elemente von großer Dimension den Ruhmkorff'schen Inductionsapparat in Betrieb. Im letztern
                              Falle absorbirt jedoch das Bleisalz den Wasserstoff nicht rasch genug, und die Säule
                              ermattet, weil sich auf dem Salz eine dünne Gasschicht bildet, welche dem Strom
                              einen Widerstand entgegensetzt.
                           Das geschmolzene Chlorblei zeigt den Uebelstand des schwefelsauren Bleies nicht; es
                              ist in solchem Grade ein Leiter, daß es, anstatt sich durch die Punkte zu reduciren
                              welche das Metall direct berühren, wie es das schwefelsaure Blei thut, sich durch
                              die dem Zink zunächst befindlichen Punkte reducirt. Es ist gegenwärtig viel theurer,
                              als das schwefelsaure Blei, weil man es in der Industrie gewöhnlich nicht erzeugt;
                              sein Preis würde aber beträchtlich fallen, wenn es begehrt wäre. Für die sehr
                              starken Ströme kann man es mit Vortheil anwenden; jedes Stück dieses Salzes gibt ein
                              gleiches Stück metallischen Bleies von krystallinischer Structur.
                           Die vollständige Unauflöslichkeit des schwefelsauren Bleies und die fast vollständige
                              des Chlorbleies macht die porösen Gefäße entbehrlich und gestattet auf die
                              ursprüngliche Anordnung der Batterien in Form einer Säule zurückzugehen.
                           Zu meinen Batterien verwende ich Schüsseln aus verzinntem Schmiedeeisen, welche Japy für die Hauswirthschaft fabricirt. Der Boden dieser
                              Gefäße wird innerlich mit einer Zinkscheibe von gleicher Dimension plattirt. Jedes
                              derselben wird mit einer Schicht schwefelsauren Bleies von einigen Millimetern Dicke
                              versehen, und mit reinem oder gesalzenem Wasser, oder mit Wasser worin Zinksalz
                              aufgelöst ist, gefüllt; dann werden sie parallel als verticale Säule über einander
                              angebracht, so daß das Zink eines Elements in das Wasser des untern Elements taucht. 40 so
                              angeordnete Elemente bilden eine Säule von höchstens 1 Meter Höhe. Das Chlorblei
                              wird auf dieselbe Weise angewendet, nur ist es vortheilhaft dasselbe vorher in dünne
                              Platten zu gießen, welche man in Stücke zerbricht, was die Elemente leichter zu
                              belegen und zu entleeren gestattet. Ich habe gegenwärtig in meinem Laboratorium am
                              Lyceum Bonaparte Säulen mit schwefelsaurem Blei und mit Chlorblei, welche seit drei
                              Wochen aufgebaut sind; sie arbeiten häufig, ohne daß ich mich damit zu beschäftigen
                              brauche, und ihre constante Wirkung läßt nichts zu wünschen übrig. Diejenige im
                              Telegraphenamt ist seit dem 9 December v. J. in Thätigkeit, und ich hoffe daß ein
                              längere Zeit fortgesetzter Versuch die praktischen Vortheile dieser neuen Säule
                              herausstellen wird.
                           Die Anwendung der Bleisalze gewährt noch einen Vortheil. Ich bestrich ein Blatt
                              dicken und nicht geleimten Papiers mit dem Pinsel nur auf einer Seite mit Bleisalz
                              welches in ein wenig schwach gummirten Wassers zerrieben war; aus diesem Papier
                              wurden Scheiben ausgeschlagen, und ich baute eine Volta'sche Säule mit Weißblech, Zink und Bleisalzpapier auf. Drei dieser
                              Elemente erhielten ein elektrisches Schlagwerk mit kurzem Draht sechs Stunden lang
                              im Gang. Diese Säule wäre für den medicinischen Gebrauch sehr vortheilhaft.