| Titel: | Bemerkungen über den Zuckergehalt des Runkelrübensaftes und über die Zuckerbestimmung durch Polarisation, so wie über einige damit zusammenhängende Erscheinungen; von Dr. C. Stammer. | 
| Autor: | Karl Stammer [GND] | 
| Fundstelle: | Band 155, Jahrgang 1860, Nr. CX., S. 379 | 
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                        CX.
                        Bemerkungen über den Zuckergehalt des
                           Runkelrübensaftes und über die Zuckerbestimmung durch Polarisation, so wie über einige
                           damit zusammenhängende Erscheinungen; von Dr. C. Stammer.
                        Stammer, über den Zuckergehalt des Runkelrübensaftes und über die
                           Zuckerbestimmung durch Polarisation.
                        
                     
                        
                           Bei den sehr zahlreichen Untersuchungen, welche ich im Laufe der dießjährigen
                              Campagne in Rücksicht auf den Zuckergehalt von Runkelrüben und verschiedenen
                              Fabricationsproducten angestellt habe, bin ich zu einigen Resultaten gelangt, die
                              zur Aufklärung und größerer Sicherstellung mancher Erscheinungen beitragen dürften,
                              und die ich daher hier zusammenstellen will, hoffend, daß diese Bemerkungen Anlaß zu
                              anderweitigen Mittheilungen über entsprechende Thatsachen und mithin zu immer
                              bestimmteren Kenntnissen über die Zuckerfabrication führen mögen.
                           Die zu besprechenden Rübenuntersuchungen sind sämmtlich in der Weise ausgeführt, daß
                              der durch Zerreiben der Rüben und Auspressen des Breies gewonnene Saft zunächst mit einer genauen Balling'schen Spindel geprüft und dann nach dem Ausfällen
                              mit 1/10 Volumen Bleiessig, mittelst eines vorzüglichen Ventzke'schen Instrumentes polarisirt wurde. So wird nicht allein der
                              absolute Zuckergehalt des Saftes gefunden, sondern auch aus dem Verhältniß zwischen
                              den Procenten Ball. und den Polarisationsprocenten ein
                              Schluß auf den relativen Zuckergehalt ermöglicht, der
                              zwar nicht absolut, aber doch relativ ziemlich richtig und zum Vergleich verschiedener Rübensäfte vom
                              größten Werthe ist, wie dieß jetzt auch allgemein anerkannt wird.
                           1. Zuckergehalt von in Samen geschossenen Rüben. Es ist
                              eine bekannte, durch öfters wiederholte Versuche erwiesene Thatsache, daß Rüben, die
                              im zweiten Jahre behufs der Samenzucht verpflanzt werden, während dieser zweiten
                              Entwickelungsperiode sehr rasch an Zuckergehalt abnehmen und man pflegt demnach auch
                              die im ersten Jahre ausnahmsweise Stengel (und Blüthen) tragenden Rüben nur sehr ungern zu
                              sehen und als eine Quelle des Verlustes zu betrachten. Mehrere Untersuchungen
                              solcher „geschossener“ Rüben haben indeß ganz übereinstimmend
                              das Gegentheil dargethan. Zum Vergleichen mit den geschossenen Rüben wurden 6
                              normale Rüben von einem Felde und 3 geschossene von demselben Felde und ähnlicher
                              Größe ausgewählt und von jenen je drei und drei zusammen, diese aber einzeln
                              geprüft. Dabei ergaben drei Rüben von einem Durchschnittsgewicht von 27 Loth einen
                              Saft von 12 1/2 Proc. Balling bei einer Polarisation von
                              11,4 Proc. (des Saftes), die anderen drei von einem
                              Durchschnittsgewicht von 20 Loth einen Saft von 13 Proc. Balling und 11,1 Proc. Polarisation. Für die drei geschossenen Rüben aber
                              wurden folgende Zahlen gefunden:
                           
                              
                                 Nr. 1
                                 wog
                                 34 Loth;
                                 Saft
                                 14 – 15 Proc.
                                 Ball.,
                                 12,7 Proc.
                                 Polarisation
                                 
                              
                                 Nr. 2
                                 „
                                 10    „
                                 „
                                 10 – 17    „
                                 „
                                 15,4    „
                                 „
                                 
                              
                                 Nr. 3
                                 „
                                 20    „
                                 „
                                 17 – 18    „
                                 „
                                 17,2    „
                                 „
                                 
                              
                           Die Bestimmung der Procente Ball. ist bei der geringen zu
                              Gebote stehenden Saftmenge mit einem sehr kleinen Aräometer gemacht, und daher nicht
                              ganz genau anzugeben. Das Entwickelungsstadium war für diese 3 Rüben verschieden:
                              Nr. 1 trug einen mit Knospen versehenen Stengel, Nr. 2
                              hatte eben aufbrechende Blüthen, Nr. 3 befand sich in voller Blüthe.
                           Die Zahlen sind merkwürdig und für den in Rede stehenden Fall ohne Zweifel
                              entscheidend. Ich will daraus indessen nicht den vielleicht sehr nahe liegenden
                              Schluß ziehen, daß die Rüben während dieser abnormen Blüthenperiode an Zucker
                              zunehmen, sondern es ist gewiß richtiger, anzunehmen, daß gerade die besonders
                              zuckerreichen Rüben zur Stengelbildung geneigt sind, und daß man also einen Fehlgriff macht, wenn
                              man die geschossenen Rüben von der Ernte ausscheidet. Nach dem Ergebniß dieser
                              Untersuchung ist es vielmehr angezeigt, nur die Stengel, kurz ehe die Ernte beginnt,
                              so viel wie thunlich abzuschneiden.
                           Ich mache noch besonders auf den sehr merkwürdigen Saft von Nr. 3 aufmerksam. Bei
                              demselben beträgt (18 Proc. Balling angenommen) die
                              Aräometeranzeige für Salze u.s.w. nur 0,8 Proc. Ball. auf
                              18 Proc., oder es ist der Zuckergehalt 95,5 Proc. der im Saft gelösten trockenen
                              Substanz (der „Zuckergehaltsquotient“ ist demnach 0,95), gewiß
                              ein selten vorkommender Fall, und der uns zeigt, welche Rüben, wenn auch bis jetzt
                              nur ausnahmsweise, vorkommen können! Oder sollte der
                              Salzgehalt während der Stengelbildung so bedeutend abgenommen haben?
                           2. Verschiedenheit des Zuckergehaltes in den einzelnen Theilen
                                 der Rübe. In Bezug auf den Zuckergehalt des Rübensaftes aus dem oberen,
                              mittleren und unteren Theile der Rübe herrschen noch manche irrige Ansichten. Der
                              des oberen Theiles, wie er (nach dem Entfernen sämmtlicher Blattansätze und
                              blattartigen Theile) mit grüner Oberfläche verbleibt, ist
                              allerdings geringer als der des mittleren Haupttheiles, jedoch ist der Unterschied
                              geringer als man allgemein annimmt; die Spitzen der Rüben, die sogenannten Schwänze, hört man bald als die zuckerreichsten Theile
                              loben, bald als die zuckerärmeren verwerfen. Folgende Thatsachen dürften den
                              Sachverhalt richtig darstellen.
                           a. Eine Rübe von 2 1/2 Pfd. Gewicht, mit weit zur Mitte
                              hin verbreiteter grüner Farbe der äußern Schale, wurde etwa an der Gränze dieses
                              grünen Obertheils zerschnitten und dann beide Theile einzeln untersucht. Der Saft
                              zeigte:
                           
                              
                                 oben:
                                 12        Proc.
                                 Ball.
                                 und
                                 9,8 Proc.
                                 Polarisation
                                 
                              
                                 unten:
                                 12 1/2     „
                                 „
                                 „
                                 9,9    „
                                 „
                                 
                              
                           (der obere Theil war also in Bezug auf den relativen Zuckergehalt sogar etwas
                              besser).
                           b. Eine Probe von 7 Rüben im Durchschnittsgewicht von 39
                              Loth ergab ein etwas abweichendes Resultat; der Saft zeigte
                           
                              
                                 oben:
                                 14 Proc.
                                 Ball.
                                 bei
                                 11,3 Proc.
                                 Polarisation
                                 
                              
                                 unten:
                                 14    „
                                 „
                                 
                                 12,1    „
                                 „
                                 
                              
                           (der Unterschied ist hier zwar deutlich ausgesprochen, doch nicht so groß, wie
                              allgemein angenommen).
                           c. Von einem größeren Quantum stark grünköpfiger Rüben
                              wurde ein Theil gekappt, ein anderer ungekappt zur Reibe gebracht und dann jedesmal
                              eine Durchschnittsprobe Saft aus etwa 5 Centner Rüben zur Untersuchung genommen.
                              Dieselbe ergab 
                           
                           
                              
                                 bei den
                                 gekappten Rüben
                                 12,8 Proc.
                                 Ball.
                                 bei
                                 10,8 Proc.
                                 Polarisation
                                 
                              
                                   „   „
                                 ungekappten Rüben
                                 12,8    „
                                 „
                                 „
                                 10,3    „
                                 „
                                 
                              
                           Demnach ist eine bestimmte Größe des Unterschieds in Folge der Verschiedenheit der
                              Rüben sowie der Abweichungen in der Stärke des Kappens und der Vorbereitung auf dem
                              Felde nicht wohl festzusetzen, doch dürfte er bei dem hohen Steuersatze immerhin
                              einer sorgfältigen Berücksichtigung werth seyn.
                           Um den Zuckergehalt der Schwänze zu bestimmen, ließ ich
                              etwa einen Centner dieser Rübenspitzen für sich über die Reiben gehen und
                              untersuchte den erhaltenen Brei. Der Saft desselben ergab gleichen relativen wie absoluten Zuckergehalt mit dem Durchschnittsmuster
                              aus den zugleich verarbeiteten Rüben. Hieraus erhellt, daß die beiden oben
                              angedeuteten Ansichten gleich unrichtig sind.
                           Dasselbe gilt für die viel verbreitete Meinung, als ob die Rüben zu verschiedenen
                              Zeiten des Pressens Saft von verschiedenem Gehalte geben. Zahlreiche Proben, in
                              dieser Richtung augestellt, haben mich überzeugt, daß kein bemerkenswerter
                              Unterschied zu erkennen ist zwischen dem Saft, wie er zu Anfang des Pressens, oder
                              wie er später abläuft, vorausgesetzt, daß kein Wasser auf die Rüben gelassen wird
                              und daß die Preßtücher ebenfalls mit reinem, unverdünntem
                              Rübensaft imprägnirt sind.
                           3. Zuckergehalt der Rüben je nach der Zeit der Aussaat. Im
                              Allgemeinen gilt zwar die Regel, daß der Zuckergehalt der Rüben um so höher zu
                              erwarten ist, je früher man den Samen legen kann, weil eine um so vollkommenere
                              Reife eintritt. Der Sommer 1859 machte aber wenigstens in einem großen Theile
                              Schlesiens eine Ausnahme hierfür, indem im Allgemeinen
                              die später gesäeten Rüben besser ausfielen, als die früh gesäeten. Der erste, schon
                              spät (aber um die Mitte August) eingetretene Regen konnte nämlich den ausnahmsweise
                              spät gesäeten Rüben noch zur Entwickelung einer regelmäßigen Reife zu Gute kommen,
                              während die früher gelieferten bereits eine gewisse Reife, wenn auch bei sonst
                              geringer Entwickelung, erlangt hatten und nunmehr eine zweite Wachsthumsperiode
                              anfingen. Damit stimmt die Beobachtung überein, daß nach dem Einfluß dieses ersten
                              anhaltenden Regens eine sehr erhebliche Abnahme im
                              Zuckergehalt bei denjenigen Rüben gefunden wurde, welche zur gewöhnlichen Zeit
                              gesäet waren. Auch war in Folge davon bei den zuerst und etwas frühzeitig geernteten
                              Quantitäten die Qualität nicht befriedigend, während sie sich später, nachdem
                              längere Zeit gutes Wetter angedauert hatte, und die Ernte deßhalb thunlichst
                              verzögert worden, fast überall sehr erheblich besserte und im Allgemeinen einen kaum
                              noch gehofften Zuckergehalt der Rüben herausstellte.
                           
                           4. Zuckergehalt der gelben Runkelrübe. Da bei einer
                              Rübenlieferung durch Zufall sich eine größere Anzahl der gelben deutschen
                              Runkelrüben, mit gelber Schale und gelbem Fleische, befand, so sah ich mich zu einer
                              Bestimmung ihres Zuckergehaltes veranlaßt. Derselbe wird bekanntlich als dem der
                              gewöhnlichen weißen (schlesischen) Rübe merklich nachstehend angenommen, was sich
                              indeß nicht bestätigt fand. Bei einzelnen Rüben war die Polarisation entschieden
                              höher als die der gewöhnlichen, und eine Durchschnittsprobe von einem Centner Rüben
                              gab einen Saft von genau gleichem Gehalt wie die
                              Durchschnittsprobe der übrigen Rüben der gleichen Lieferung.
                           Zu bemerken ist indeß, daß der Saft deutlich orange gefärbt war, und auch nach dem Ausfällen mit Bleiessig eine intensiv gelbe
                              Farbe behielt – ein Beweis dafür, daß hier ein Farbstoff vorliegt, der nur
                              schwierig zu entfernen seyn wird.
                           5. Polarisation gewisser, schwer zu polarisiren der Säfte.
                              Es kommen nicht selten Zucker oder Syrupe zur Untersuchung, welche, auf die
                              gewöhnliche Weise mit 1/10 Volumen Bleiessig entfärbt, nur eine trübe, gar nicht zur
                              Polarisation anzuwendende Flüssigkeit liefern. Für solche Fälle ist die Vorschrift
                              gegeben, nur eine geringere Menge Bleiessig und statt des Uebrigen eine concentrirte
                              Lösung von Alaun zuzufügen. Ich kann dagegen ein anderes, viel einfacheres
                              Auskunftsmittel empfehlen: die Trübung in der durchlaufenden Flüssigkeit, welche
                              dann noch außerdem die sehr störende Eigenschaft hat, fast gar nicht durchs Filter
                              zu laufen, rührt nur von einem Zuviel an Bleiessig her; man setze also in diesem
                              Falle nur die eben erforderliche, bisweilen sehr geringe Menge Bleiessig hinzu und
                              fülle den Rest des zur Berechnung erforderlichen Volumens mit destillirtem Wasser
                              aus; oder man mische den Bleiessig in einem graduirten Cylinder zur Lösung und ziehe
                              nur das angewandte Volumen zur Berechnung. Der Punkt, wo man mit dem Bleiessigzusatz
                              aufhören muß, ist nicht schwer zu treffen, wenn man darauf achtet, nur so viel
                              zuzusetzen, daß ein käsiger oder flockiger, sich leicht absetzender, nicht aber ein
                              feiner leichter Niederschlag entsteht. Zu wenig Bleiessig schadet nichts; oft
                              reichen wenige Tropfen aus, die bei Süßwassern etc. dann gar nicht berücksichtigt zu
                              werden brauchen. Läuft trotz dieser Vorsicht, wie es dennoch zuweilen geschehen mag,
                              die Lösung etwas milchig durchs Filter und will man nicht wieder von vorne anfangen,
                              so reicht es immer hin, das Durchgelaufene mit einem Glasstab umzurühren, der mit
                              ein wenig Essigsäure befeuchtet ist. Die hiedurch etwa bewirkte Volumenvermehrung
                              ist ohne Einfluß. Zusatz von Essigsäure vor dem Filtriren gibt zwar auch
                              ein klareres Filtrat, vernichtet aber fast gänzlich die Wirkung des Bleiessigs.
                           Nicht selten kommen sehr dunkle Syrupe, Melassen u.s.w.
                              zur Polarisation. Wenn man diese auch mit 1/4 statt mit 1/10 Vol. Bleiessig fällt
                              und nur die Röhre von 1/4 Länge in dem Polarisationsinstrument anwendet, so ist es
                              doch häufig der Fall, daß bei der vorgeschriebenen großen Dichtigkeit der Lösung
                              (1,100 oder etwa 24 Proc. Ball.) diese so dunkel bleibt,
                              daß eine richtige Einstellung des Instrumentes unmöglich wird. Die Entfärbung mit
                              Knochenkohle ist sehr umständlich und gibt zu Aufenthalt und Ungenauigkeit Anlaß. Es
                              wird aber vielleicht nicht allgemein berücksichtigt, daß die Procente Zucker der trockenen Substanz, wie sie die Polarisation jener
                              vorschriftmäßig dichten Lösung ergibt, ebensowohl auf die Anzeigen des Aräometers
                              basirt sind, ob dasselbe nach specifischem Gewichte oder nach Balling'schen oder Brix'schen Procenten
                              graduirt ist. Es folgt daraus, daß eine Polarisation verdünnter Lösungen, deren specifisches Gewicht oder deren Procentgehalt
                              nach Ball. oder Br. bekannt ist, wenn man die Grade des
                              Polarisations-Instrumentes nach Tab. IV des Ventzke'schen Leitfadens (wie bei Rübensäften) abliest und sie dann auf
                              100 Th. gelöster Substanz berechnet, dasselbe Resultat
                              liefern muß, wie wenn man dieselbe Lösung bei der vorgeschriebenen größeren
                              Dichtigkeit von 1,100 polarisirte und die Grade der Scala direct als Procente
                              abliest, um sie nur nach Tab I und III zu corrigiren.
                           Man mache den Versuch mit Deckkläre, oder einer andern reinen Zuckerlösung. Sie wird
                              bei einem specifischen Gewicht von 1,100 genau 100 Proc. der trockenen Substanz
                              polarisiren. Man verdünne sie dann z.B. auf 8 Proc. Ball.
                              oder Br., so wird sie 31,7 Grade oder 8,0 Proc. polarisiren. Da die Lösung 8 Proc.
                              gelöste Bestandtheile enthält, so macht das ebenfalls 100 Proc. der trockenen
                              Substanz. Für salzhaltige Lösungen ist die Anzeige der Procente zwar nicht genau,
                              sondern etwas zu hoch; allein für diese wird die gewöhnliche Methode ganz den
                              entsprechenden Fehler begehen, da auch für diese die Aräometeranzeige den
                              Ausgangspunkt für die Polarisation bildet, indem bei dem bestimmten Gewicht der Lösung angenommen wird,
                              daß sie einen bestimmten Gehalt an gelöster Substanz
                              besitze, was für dieses wie für das Balling'sche
                              Instrument zwar für reinen Zucker, nicht aber für Salze richtig ist.
                           Hieraus ergibt sich folgende einfache Methode für die Polarisation von Melassen und
                              andere dunklen Syrupen und Zuckern. Man stelle eine verdünnte Lösung dar, die man
                              mittelst eines sehr genauen Procentenaräometers, das mindestens Viertelprocente
                              abzulesen erlaubt, auf eine beliebige Schwere bringt. Der einfachen Rechnung wegen, so
                              wie um bei möglichster Gleichförmigkeit der Methode möglichste Uebereinstimmung zu
                              bewirken, ist 10 Proc. Ball. am besten. Natürlich muß die
                              Temperatur der Lösung möglichst mit der Normaltemperatur des Instruments stimmen.
                              Diese Lösung fälle man je nach Erforderniß mit 1/4 bis 1/10 Volumen Bleiessig und
                              filtrire. Die Farbe des Filtrats erlaubt in der Regel Polarisation in der halben
                              Röhre mit großer Schärfe. Nach der Correction für die Röhrenlänge und den
                              Bleiessigzusatz berechnet man die beobachteten Grade nach Tab. IV und erhält die Procente trockner Substanz, durch Multiplication mit 10
                              oder mit der den etwa anders getroffenen Procentgewichten der Flüssigkeit
                              entsprechenden Zahl.
                           Diese einfache Methode hat auch noch den Vortheil, daß sie mit viel geringeren
                              Quantitäten der zu untersuchenden Stoffe zu operiren erlaubt, da die Lösung weit
                              verdünnter ist. In manchen Fällen verdient dieß Beachtung, da man nicht selten bei
                              Versuchen im Kleinen die Untersuchung erzielter Substanzen aus Mangel an
                              erforderlichem Quantum bisher ganz unterlassen mußte. Mit einigen Fehlerquellen ist
                              diese Bestimmungsart allerdings verknüpft, allein sie haften der andern Methode wohl
                              in gleichem Maaße an und werden auch durch die gebotene Leichtigkeit gewiß
                              aufgewogen; sie liefert sehr gut übereinstimmende Resultate, wovon man sich durch
                              Polarisation von Dicksäften oder reineren Syrupen leicht überzeugen kann. Ich wende
                              sie deßhalb seit längerer Zeit für Melasse etc. durchgängig an, da ja doch absolute
                              Genauigkeit bis jetzt mit keiner praktisch anwendbaren
                              Methode zu erreichen ist, und die eben besprochene für relative Genauigkeit und zur Grundlage für die Vergleiche nicht allzusehr
                              verschiedenartiger Stoffe mindestens so viel Garantie bietet, wie die sonst
                              üblichen.
                           Endlich liefert die Maceration frischer oder getrockneter Rübeschnitzeln, besonders
                              bei Untersuchungen auf den Grad der erzielten Auslaugung, häufig Lösungen, die auf
                              keinerlei Weise, selbst nicht nach der oben angegebenen Behandlung, klar zu erhalten
                              sind. Bisweilen kann man sich durch alleinigen Zusatz von Essigsäure helfen, aber in
                              vielen Fällen bleibt derselbe ohne Erfolg. Nach zahlreichen Bemühungen in dieser
                              Richtung habe ich als einziges Hülfsmittel das Eiweiß
                              erkannt, welches, mit Wasser angerührt, in nicht zu geringer Menge der Flüssigkeit
                              kalt zuzusetzen ist. Man erhitzt dann langsam zum Kochen und behandelt die filtrirte
                              Lösung, die vollkommen klar und leicht durchs Filter geht, nach Erforderniß mit
                              Bleiessig u.s.w.
                           6. Reduction der Kupferlösung. Es hat sich in diesem Jahre
                              bei allen mir vorgekommenen Rübensäften eine merkwürdige Erscheinung gezeigt, von der ich nicht weiß,
                              ob sie früher oder anderweitig in derselben Weise beobachtet worden ist. Indem man
                              allgemein annimmt, daß die Rüben keinen andern als Rohrzucker enthalten, fand ich
                              mich erst durch einige in diesem Jahre beobachtete abnorme Erscheinungen veranlaßt,
                              den Rübensaft der Kupferprobe zu unterwerfen. Dazu wandte ich wie immer die auch zu
                              annähernd quantitativer Bestimmung von „verändertem Zucker“
                              dienende Fehling'sche Kupferflüssigkeit an, und war sehr
                              verwundert, zu finden, daß sie von sämmtlichen rohen
                              Rübensäften reducirt wurde. An der Gegenwart von Traubenzucker oder einer andern Art
                              „veränderten Zuckers“ war um so weniger Grund zu zweifeln,
                              als auch der mit Bleiessig gefällte Saft dieselbe Reaction zeigte und sie eine Zeit
                              lang auch am Scheidesafte und allen folgenden Fabrikproducten beobachtet wurde. Die
                              Gegenwart dieses unerwarteten Zuckers glaubte ich aus den abnormen
                              Witterungsverhältnissen und der noch nicht ganz erreichten Reife herleiten zu
                              müssen, um so mehr, als die erwähnte Reaction nach einiger Zeit, als reifere und
                              normalere Rüben zur Verarbeitung kamen, beim Scheidesafte
                                 vollständig verschwand und auch seither von mir nicht wieder beobachtet
                              wurde. Indessen hat nach wie vor der rohe Rübensaft, so wie
                                 der durch Bleiessig gefällte diese Reaction beibehalten. Wenn daher der
                              Umstand, daß sie durch die Scheidung verschwindet, darauf hinzudeuten scheint, daß
                              nicht Traubenzucker die Ursache davon ist, so ist es doch sehr auffallend, daß der
                              Kalk einen Stoff ausfällen soll, der durch Bleiessig
                              nicht gefällt wird. Denn daß hier ein durch Kalk zerstörter Stoff vorliegen soll, ist nach der
                              augenscheinlich nicht geringen Quantität desselben nicht anzunehmen. Es wäre
                              interessant, wenn von anderen Seiten hierher gehörige Beobachtungen mitgetheilt
                              würden, besonders auch, um zu erfahren, ob die Erscheinung auch in früheren Jahren
                              bemerkt worden. Leider habe ich die Sache noch nicht weiter verfolgen können, doch
                              will ich noch die Thatsache erwähnen, daß die Reduction der Kupferlösung durch den
                              rohen Rübensaft nicht stattfindet, wenn man demselben
                              vorher Ammoniak zusetzt. Vielleicht verhindert also die Gegenwart des Ammoniaks im
                              Scheidesafte, wenn sie anders nicht doch zu gering ist, die Kupferreduction.
                              Vielleicht aber auch findet sich die reducirende Substanz im Scheideschlamme, in
                              welchen sie auch möglicherweise durch bloßes Gerinnen in der Siedehitze gelangen
                              könnte.