| Titel: | Ueber die Erzeugung von Kalisalpeter aus Natronsalpeter, zugleich ein Beitrag zur Baryt-Industrie; von Professor P. Bolley. | 
| Fundstelle: | Band 155, Jahrgang 1860, Nr. CXXII., S. 419 | 
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                        CXXII.
                        Ueber die Erzeugung von Kalisalpeter aus
                           Natronsalpeter, zugleich ein Beitrag zur Baryt-Industrie; von Professor P. Bolley.
                        Aus der schweizerischen polytechnischen Zeitschrift, 1859,
                              Bd. IV S. 149.
                        Bolley, über die Erzeugung von Kalisalpeter aus
                           Natronsalpeter.
                        
                     
                        
                           Wir wollen uns nicht lange an den bisher vorgeschlagenen Methoden zur Umwandlung des
                              Chilisalpeters in Kalisalpeter aufhalten, vielmehr dieselben nur namhaft machen und
                              kurz ihre Mängel bezeichnen. Die hervorragendsten dieser Vorschläge sind:
                           1) Es wird der Natronsalpeter mit Chlorkalium zerlegt. Longchamp
                              Polytechn. Journal Bd. CXVII S.
                                       453. und später Anthon
                              Polytechn. Journal Bd. CXLIX S.
                                       39. empfahlen dieses Verfahren. Dasselbe wird schon lange von Rohsalpetersiedern
                              angewendet, hauptsächlich um die ansehnlichen Mengen von Chlorkalium zu verwerthen,
                              die sich in der Mutterlauge nach dem „Brechen“ der
                              Salpetererdlauge bilden und beim Abdampfen theils auskrystallisiren, theils in der
                              Mutterlauge bleiben und beim nachträglichen Weiterverarbeiten der letztern sich
                              abscheiden.
                           Für diesen Zweck ist dasselbe ganz geeignet; man findet deßwegen auch z.B. bei den
                              den Sennhütten und Stallungen nachziehenden Salpetersiedern in der Regel etwas
                              Natronsalpeter zur Vermehrung ihrer Ausbeute. In die Salpeter-Industrie im
                              Großen wird aber der Vorschlag wohl kaum jemals eingehen, und zwar hauptsächlich aus
                              dem Grunde, weil das Chlorkalium sich nicht in hinreichend großer Masse und wohlfeil genug findet.
                              Ob das aus Varec-Soda als Nebenproduct gewonnene Chlorkalium reichlich genug
                              vorkomme, wie angegeben wird, um stark auf die künstliche Salpetererzeugung zu
                              influiren, ist zu bezweifeln.
                           2) Die Zerlegung des Natronsalpeters durch Potasche direct ist vorgeschlagen von Gentele
                              Polytechn. Journal Bd. CXVIII S.
                                       200.; später hat auch Landerer berichtet, daß man in
                              Griechenland dieses Verfahren einschlage. Man lese die beiderlei Vorschriften, und
                              wird daraus schon hinreichend entnehmen können, wie unsicher die Resultate sind, die
                              sie gewähren können. Während nach dem einen das wasserfreie kohlensaure Natron beim
                              Mischen der concentrirten Lösungen sich abscheiden soll, beschreibt der Andere, wie
                              der Kalisalpeter aus dem verdampfenden Gemisch herauskrystallisire.
                           Ob Potasche oder Chlorkalium zur Zerlegung des Natronsalpeters angewandt werde, man
                              wird es immer mit Mischungen zu thun haben, in welchen der Unterschied der
                              Löslichkeit der angewandten und der erzeugten Salze nicht so beträchtlich ist, daß
                              nicht die Mutterlaugen allzuviel von dem zurückhalten müßten, was man ausgeschieden
                              wünscht.
                           Es versteht sich von selbst, daß die Preisstellung des Chilisalpeters und des
                              Kalisalpeters sowie die der Potasche die erste Vorbedingung für lohnende Arbeit
                              sind. Aber wenn solches Verhältniß auch vorausgesetzt wird, so influiren die Chancen
                              der Ausbeute bei den beiden angegebenen Methoden doch allzusehr auf die Calculation,
                              als daß denselben sehr große Aussichten offen stehen könnten.
                           Ich habe deßhalb das nachfolgend beschriebene Verfahren als zweckentsprechender
                              gehalten und dasselbe nebst allen damit zusammenhängenden Analysen der
                              Rohmaterialien und Producte mit den Berechnungen der Gestehungspreise der letzteren
                              einigen Praktikanten des technischen Laboratoriums des Polytechnicums (in Zürich)
                              zur Prüfung und Vergleichung mit den beiden obigen Methoden als Aufgabe für den
                              Concurs um ein Diplom überwiesen. Nur einige der Resultate, die das vorgeschlagene
                              Verfahren berühren, sollen hier angeführt werden. Dasselbe stützt sich zunächst auf
                              den Vorschlag von Duflos das Chlorbaryum mittelst
                              Natronsalpeter in salpetersauren Baryt und Kochsalz umzuwandeln. Es wird von Duflos selbst eine ganz entsprechende Ausbeute
                              zugesichert, und mit dieser Angabe stimmen die Versuche, die ich anstellen ließ,
                              überein.
                           Es sollen der Theorie nach aus 122 Gewichtstheilen Chlorbaryum (BaCl, 2HO) 130
                              Gewichtstheile salpetersaurer Baryt gewonnen werden.
                           
                           Dieß entspricht nahezu 106 Proc. vom Gewicht des krystallisirten Chlorbaryums. Duflos schreibt vor, es sollen 4 Theile Chlorbaryum, in 8
                              Theilen heißen Wassers gelöst, mit 3 Theilen Natronsalpeters, in 3 Theilen heißen
                              Wassers gelöst, gemischt werden. Diese Zahlen entsprechen nicht genau genug dem
                              Aequivalente der Salze; man änderte dasselbe deßhalb dahin ab, daß 1 Aeq.
                              Chlorbaryum in doppelter und 1 Aeq. Natronsalpeter in einfacher Wassermenge gelöst
                              gemischt wurden. Der Natronsalpeter war gewöhnlicher käuflicher, und es mußte daher
                              der Abwägung die Bestimmung des Gehaltes an reinem salpetersaurem Natron
                              vorangehen.
                           Es wurden in einem Fall erhalten aus 2 Pfd. Chlorbaryum 2 Pfd. 1/2 Loth
                              salpetersaurer Baryt, also wenig über 100 Proc.; im andern Fall 2 Pfd. 9 Loth, was
                              114 Proc. betrüge, so daß nicht vollkommenes Austrocknen vor dem Wägen oder
                              Beimengung von Chlornatrium angenommen werden muß. Ein dritter der Praktikanten
                              erhielt 92 Proc. ziemlich reinen salpetersauren Baryt, und in einem controlirenden
                              Versuch wurden 94 Proc. fast chlorfreier salpetersaurer Baryt gewonnen.
                           Man kann also annehmen, daß im mindest günstigen Falle 14 Proc. von dem
                              salpetersauren Baryt, der dem Aequivalentsverhältniß nach sollte erhalten werden, in
                              Lösung bleiben. Durch Weiterverdampfen der Mutterlauge läßt sich natürlicherweise
                              dieser Verlust noch bedeutend vermindern. Immerhin hat man aber das in Lösung
                              gebliebene Barytsalz, wie wir sehen werden, nicht verloren zu geben. Ich will nur
                              bemerken, daß in mehrfach wiederholten Versuchen die aus Chlorkalium oder Potasche
                              und Chilisalpeter erhaltene Ausbeute an Kalisalpeter weit mehr von dem Resultate
                              abwich, das der Theorie nach hätte erhalten werden sollen.
                           Der zweite Theil der Arbeit ist nun die Zerlegung des salpetersauren Baryts. Hierüber
                              ist nur sehr wenig zu bemerken. Diese kann geschehen durch schwefelsaures Kali, wenn
                              dieß zu vortheilhaften Preisen zu finden ist, oder durch Potasche. In beiden Fällen
                              erfolgt die Zerlegung so, daß in dem Niederschlag der Baryt vollständig und in der
                              Lösung der Kalisalpeter vollständig enthalten seyn muß. Letzteres kann von der
                              Potasche her, oder wenn dem salpetersauren Baryt etwas Chlorbaryum oder Kochsalz
                              anhing, mit Chloralkalien etwas verunreinigt seyn.
                           In einem Fall, bei Anwendung von schwefelsaurem Kali, erhält man schwefelsauren Baryt
                              (Blanc fixe, Permanentweiß) als Nebenproduct; im
                              andern Fall einen Niederschlag, der durch Salzsäure zum größten Theil (unter
                              Zurücklassung von etwas schwefelsaurem Baryt, entsprechend dem Schwefelsäuregehalt
                              der Potasche) wieder gelöst und zu neuen Zerlegungen angewendet werden kann.
                              Derjenige Theil des Barytsalzes, der in der Kochsalzlösung blieb, kann leicht, wenn man ihn
                              nicht durch Abdampfung gewinnen will, mittelst schwefelsauren Natrons ebenfalls
                              niedergeschlagen und als Permanentweiß in den Handel gebracht werden.
                           Stellt man sich die Frage, ob die Nachtheile, die aus dem Hereinziehen der
                              Barytverbindungen in diesen Proceß erwachsen können, sich durch die Vortheile
                              aufwiegen lassen, so sind vornehmlich die folgenden Momente als leitend
                              festzuhalten:
                           1) Wenn es sich lohnt, aus Witherit oder aus Barytpaste durch
                              Umwandlung in Chlorbaryum (nach Kuhlmann's Verfahren,
                              polytechn. Journal Bd. CL S. 59) und Fällen
                              mitverdünnter Schwefelsäure das Permanentweiß als einziges Product ohne jede
                              verwerthbaren Nebenproducte darzustellen, so liegt es nahe, daß ein werthvolles
                              Nebenproduct den Mehraufwand an Arbeit wohl lohnen werde.
                           2) Der Umweg und die an ihn geknüpfte Arbeitsvermehrung, aus
                              dem salpetersauren Natron zuerst das Barytsalz und in zweiter Zerlegung erst den
                              Kalisalpeter darzustellen, wird sicherlich reichlich belohnt durch größere Ausbeute
                              und reineres Product.