| Titel: | Ueber den Einfluß des Sonnenlichts auf die wässerige Lösung verschiedener Körper, und über die Wirkung desselben auf die Weine; von Hrn. Niepce aus Saint-Victor. | 
| Fundstelle: | Band 155, Jahrgang 1860, Nr. CXXX., S. 457 | 
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                        CXXX.
                        Ueber den Einfluß des Sonnenlichts auf die
                           wässerige Lösung verschiedener Körper, und über die Wirkung desselben auf die Weine; von
                           Hrn. Niepce aus
                           Saint-Victor.
                        Aus den Comptes rendus, November 1859, Nr.
                              21.
                        Niepce, über den Einfluß des Sonnenlichts auf die wässerige Lösung
                           verschiedener Körper.
                        
                     
                        
                           Die Reihe von Versuchen, welche ich hiemit veröffentliche, ist eine Fortsetzung
                              meiner Arbeit „über eine bisher unbekannt gebliebene Wirkung des
                                 Lichts“
                              Die betreffenden vier Abhandlungen wurden im polytechn. Journal Bd. CXLVII S. 51, Bd. CXLVIII S. 126, Bd. CLI S. 130 und 435. und ein Nachtrag in Bd. CLII S.
                                    455 mitgetheilt.; während ich aber früher die Substanzen im trockenen Zustande belichtet
                              hatte, belichtete ich sie nun als Lösung.
                           Bekanntlich hat schon Hr. Draper in New-York
                              beobachtet, daß das oxalsaure Eisenoxyd, als Lösung dem Licht ausgesetzt, ein Gas
                              entbindet und die Eigenschaft erlangt aus den Goldsalzen das Gold metallisch zu
                              fällen – ein Verhalten, welches er zur Photometrie anwandte.
                           Ich gehe nun auf meine Versuche über. Bekanntlich ist nach der Gallussäure unter den
                              organischen Säuren die Oxalsäure diejenige, welche die Goldsalze am leichtesten
                              reducirt; belichtet man aber eine Lösung von Oxalsäure, so reducirt sie dann das
                              Chlorgold viel rascher. Dasselbe ist der Fall bei allen organischen Säuren, welche
                              alsdann in verschiedenem Grade die Gold- und selbst die Silbersalze, die dem Licht nicht ausgesetzt
                              waren, reduciren können.
                           Ich belichtete hernach eine Lösung von salpetersaurem Uranoxyd in destillirtem
                              Wasser, und gesondert eine Lösung von neutraler organischer Substanz.
                           Wenn erstere Lösung nicht mit Ammoniak oder gelbem Uranoxyd neutralisirt ist, wird
                              sie das Chlorgold nicht reduciren (wenigstens nicht nach kurzer Belichtung), während
                              sie es im entgegengesetzten Falle reduciren wird.
                           Die zweite Lösung betreffend, gab sie mir keine Spur von Reduction; dieß rührt
                              vielleicht daher, daß ich sie nicht lange genug belichtet habe, denn es ist gewiß,
                              daß das Stärkmehl und das Gummi sich durch den bloßen Einfluß des Sonnenlichts zum
                              Theil in Traubenzucker umwandeln können, wie ich bei
                              Versuchen mit Hrn. Corvisart gefunden habe.
                           Belichtet man hingegen ein Gemisch von salpetersaurem Uranoxyd und neutraler
                              organischer Substanz, als Lösung in einem vollen und luftdicht verschlossenen Gefäß,
                              so reducirt diese Flüssigkeit, nachdem sie sehr kurze Zeit besonnt wurde, das
                              Chlorgold und das salpetersaure Silber. Die Reduction wird um so stärker, je länger
                              man die Belichtung fortsetzt; es tritt jedoch ein Zeitpunkt ein, wo die reducirende
                              Wirkung ihr Maximum erreicht hat, und dann nimmt die Flüssigkeit sogleich nach dem
                              Eingießen von salpetersaurem Silber eine schwarze Farbe an. Setzt man hernach die
                              Belichtung noch fort, so wird die Flüssigkeit beim Eingießen von salpetersaurem
                              Silber grau; sie verliert bei längerer Belichtung ihr Reductionsvermögen immer mehr,
                              und reducirt endlich das salpetersaure Silber gar nicht mehr.
                           Merkwürdig ist aber, daß, wenn man die Flüssigkeit der Wirkung des Lichts entzieht,
                              nachdem sie das Maximum ihres Vermögens die Silbersalze zu reduciren erreicht hat,
                              sie dieses Vermögen (diese Thätigkeit in weniger als fünf Minuten durch das
                              Schütteln an freier Luft, durch das Kochen oder langes Stehenbleiben an freier Luft,
                              verliert; ist sie hingegen luftdicht verschlossen, so behält sie es.
                           Die erwähnte Lösung von salpetersaurem Uranoxyd und organischer Substanz beginnt
                              unter dem Einfluß des Lichts sich grün zu färben wenn sie sauer ist, und violett
                              wenn sie fast neutral ist. Läßt man die Flüssigkeit noch länger dem Licht
                              ausgesetzt, so entsteht eine schwache Trübung, sie wird schillernd, die Trübung
                              nimmt zu, endlich bildet sich ein Niederschlag am Boden des Gefäßes, und in diesem
                              Zustande reducirt sie das salpetersaure Silber nicht mehr, aber noch das Chlorgold.
                              Schüttelt man die
                              Flüssigkeit worin sich ein Niederschlag gebildet hat, so löst sich derselbe in
                              weniger als fünf Minuten vollständig auf; er löst sich auch von selbst nach längerer
                              Zeit auf. – Damit sich ein Niederschlag in einer besonnten Flüssigkeit
                              bildet, darf dieselbe nicht zu sauer seyn; er entsteht um so rascher, je weniger
                              sauer sie ist; dieser Niederschlag, welchen ich nicht näher untersucht habe, löst
                              sich in angesäuertem Wasser leicht auf.
                           Ich komme nun zur Wirkung des Lichts auf die Weine und Branntweine.
                           Wenn man Wein in einem Gefäß aus weißem Glase besonnt, welches mit demselben
                              angefüllt und luftdicht verschlossen ist, so wird man nach zwei bis drei Tagen
                              diesen Wein süßer finden, als eine Probe, welche derselben Temperatur, aber im
                              Dunkeln ausgesetzt war.
                           Das Licht kann auf gewisse Weine sehr günstig wirken, nämlich denselben den Charakter
                              eines alten Weins ertheilen, vorausgesetzt daß das Licht hinreichend, aber nicht zu
                              lange auf sie eingewirkt hat, denn im letztern Falle bekommt der Wein oft einen
                              unangenehmen Nachgeschmack.