| Titel: | Verbesserungen in der Anfertigung von Kurbelwellen, von Heinrich Bessemer in London. | 
| Fundstelle: | Band 156, Jahrgang 1860, Nr. V., S. 9 | 
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                        V.
                        Verbesserungen in der Anfertigung von
                           Kurbelwellen, von Heinrich
                              Bessemer in London.
                        Aus dem London Journal of arts, Januar 1860, S.
                              15.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. I.
                        Bessemer's Anfertigung von Kurbelwellen.
                        
                     
                        
                           Bei der Anfertigung von Kurbelachsen für Locomotiven und andere Maschinen kommt es,
                              wenn die schmiedeeisernen Stäbe zusammengeschweißt werden, häufig vor, daß die auf
                              solche Weise zu vereinigenden Theile an den zusammenstoßenden Flächen nicht
                              vollkommen zusammengeschweißt sind, wodurch dann Risse oder Sprünge entstehen,
                              welche das Metall an den betreffenden Stellen schwächen, so daß sehr leicht ein
                              Bruch entstehen kann, wenn die Kurbelwelle starken Erschütterungen ausgesetzt ist.
                              Diese Uebelstände beim Schweißen sind insbesondere nachtheilig, wenn sie an
                              denjenigen Theilen der Kurbel vorkommen, welche rechtwinkelig zur Achse stehen, und
                              wenn die Risse rechtwinkelig zu dieser Richtung, d.h. rechtwinkelig zum Kurbelarm
                              laufen. Die Richtung, in welcher bei Herstellung einer Kurbel aus einem massiven
                              Blocke die Faser des Schmiedeeisens durchschnitten wird, strebt gleichfalls diesen
                              Theil zu schwächen und ihre Widerstandskraft gegen starke Erschütterungen zu
                              vermindern.
                           Meine Erfindung (patentirt in England am 16. März 1859) bezieht sich nun auf die
                              Anfertigung von Kurbelachsen aus einem Stücke ohne Zusammenschweißen, wobei der
                              homogene Charakter des Metalles jeden Theil, welche Stelle er auch in der Masse
                              einnehmen mag, fähig macht, dem gleichen Stoße zu widerstehen. Sie besteht zum Theil
                              in der Fabrication von Locomotiv-Kurbelwellen aus einer Masse homogenen
                              hämmerbaren Gußeisens, Halbstahls oder Stahls. Die allgemeine Form einer solchen
                              Masse wird hergestellt, indem man diejenigen Theile der Masse hinwegsägt oder
                              schneidet, welche keinen Theil der Welle bilden sollen. Die Abfälle können zu Platten
                              geschmiedet oder gewalzt, oder zu sonstigen Zwecken verwendet werden. Man gibt für
                              den vorliegenden Zweck dem nach meiner Methode in flüssigem Zustande direct aus dem
                              Roheisen erhaltenen hämmerbaren Eisen, Halbstahl oder Stahl den Vorzug. Das flüssige
                              Metall wird in eine eiserne oder sonst geeignete Form zu einer rectangulären Masse
                              gegossen. Diese wird alsdann zu einem Körper von solchen Dimensionen gewalzt, daß
                              durch Hinwegschneiden des überflüssigen Metalls die beabsichtigte Kurbelwelle
                              hervorgebracht werden kann. Das Hinwegschneiden geschieht mittelst einer
                              Circularsäge, oder mittelst einer Reihe von Circularsägen oder verticalen Sägen,
                              welche in einem geeigneten Gestell gelagert sind. Letzteres ist mit Schiebern oder
                              Schlitten versehen, auf denen die Metallmasse den Sägen entgegengeführt wird. Das
                              Hinwegschneiden des überflüssigen Metalles geschieht, während dasselbe in glühendem
                              Zustande sich befindet. Die Sägen laufen in Berührung mit Wasser, damit sie kühl
                              bleiben. Da jedoch die Sägen das zwischen den Kurbelarmen befindliche Metall nicht
                              ganz hinwegschneiden, so geschieht das Letztere mittelst eines breiten kalten
                              Meißels, oder das Stück wird herausgebohrt, nachdem die Masse sich abgekühlt
                              hat.
                           Um eine doppeltgekröpfte Locomotiv-Kurbelwelle anzufertigen, werden zunächst,
                              wie Fig. 20
                              zeigt, die Einschnitte a, b, c, d, e rechtwinkelig zu
                              der Oberfläche des Blockes und dessen Kanten gemacht. Diese Einschnitte bilden
                              sofort die Hauptumrisse der Kurbel. Die Schnitte c, c
                              und e, e bilden die Räume zwischen den Armen, und die
                              Schnitte b, b und d, d
                              bestimmen die Dicke der Kurbelarme. Durch die Schnitte a,
                                 a werden die rectangulären Stücke f, f von der
                              Hauptmasse getrennt. Wird nun nach erfolgter Abkühlung der Masse längs der Linien
                              g, g mittelst eines breiten Meißels ein Einschnitt
                              gemacht, oder eine Reihe von Löchern so dicht als möglich neben einander gebohrt, so
                              lassen sich auch die zwischen den Kurbelarmen befindlichen Stücke h, h entfernen. Auf gleiche Weise wird der Theil i durch Einschneiden oder Bohren längs der Linie j beseitigt. Somit hat man die allgemeine Gestalt der
                              Kurbelwelle einstweilen ins Rohe gearbeitet. Die scharfen Winkel können sodann in
                              heißem Zustande hinweggesägt oder durch Bearbeitung mittelst des Hammers oder der
                              Hobelmaschine beseitigt werden. In einigen Fällen, wenn die Kurbelwelle lang ist,
                              zeigt es sich wünschenswerth, die Endstücke n, n breiter
                              zu lassen, indem man die Einschnitte etwa in der Gegend der punktirten Linien r, r macht. Die Theile n, n
                              können alsdann zu dem erforderlichen Durchmesser ausgeschmiedet werden, wodurch sie
                              sich über die ursprüngliche Länge des Blockes hinaus verlängern. Die Größe dieser
                              Verlängerung bestimmt sich durch die Lage der Einschnitte r,
                                 r.
                           
                           Soll die Welle mehrere Kurbeln erhalten, so werden die Kurbelarme in einer und
                              derselben Ebene mit einander angefertigt, und die überflüssigen Theile der Masse
                              herausgeschnitten. Die auf solche Weise ins Rohe ausgearbeitete Kurbelwelle kommt
                              sodann in ein starkes Eisengestell, an welches man einen Theil derselben befestigt.
                              Ein anderes Stück derselben wird an einen beweglichen Theil des Gestells befestigt,
                              dessen Achse mit derjenigen der Kurbelwelle coindicirt. Man gibt nun diesem
                              beweglichen Theile durch ein geeignetes Räderwerk eine Rotation und ertheilt dadurch
                              der vorher erhitzten Kurbelwelle eine Torsion, bis jeder Kurbelarm die erforderliche
                              Lage erreicht hat. Nach dieser Procedur werden die Winkel auf die übliche Weise
                              gehämmert und vollendet.
                           
                        
                     
                  
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