| Titel: | Ueber die künstliche Erleuchtung der Körperhöhlen mittelst Lichtröhren; von Hrn. Fonssagrives. | 
| Fundstelle: | Band 156, Jahrgang 1860, Nr. XXXII., S. 105 | 
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                        XXXII.
                        Ueber die künstliche Erleuchtung der Körperhöhlen
                           mittelst Lichtröhren; von Hrn. Fonssagrives.
                        Aus den Comptes rendus, Januar 1860, Nr.
                              4.
                        Ueber die künstliche Erleuchtung der Körperhöhlen mittelst
                           Lichtröhren.
                        
                     
                        
                           Seit langer Zeit hatte ich die Ansicht gehegt, daß das elektrische Licht bei gewissen
                              diagnostischen Untersuchungen oder bei gewissen chirurgischen Operationen die
                              gewöhnlichen Beleuchtungsmittel zweckmäßig würde ersetzen können, welche entweder
                              hinsichtlich der Lichtintensität und der Strahlenmenge unzulänglich, oder wegen der
                              Färbung ihres Lichtes unvollkommen sind, oder wegen der lebhaften Hitze, die sie
                              entwickeln, in großer Entfernung von den zu erleuchtenden Stellen gehalten werden
                              müssen. Es kam also darauf an, eine Lichtquelle ausfindig zu machen, welche nur
                              wenig oder gar keine Hitze entwickelt und welche in Röhren von geringen Dimensionen
                              der verschiedenartigsten Form zusammengedrängt werden kann, die überdieß ein recht
                              weißes Licht gibt, um nicht hinsichtlich der Farbe der durch sie erleuchteten
                              organischen Gebilde eine Täuschung herbeizuführen. Mit der intelligenten Hülfe der
                              HHrn. Th. du Moncel und Ruhmkorff konnte das Problem in befriedigender Weise zur Lösung gebracht
                              werden; Hr. du Moncel, welcher gefunden hatte, daß die
                              luftleeren Röhren von Geißler durch das sie
                              durchströmende elektrische Licht nicht erhitzt werden, und welcher wußte daß dieses
                              Licht selbst um so
                              glänzender ist, je enger der Durchmesser der Röhren ist, welche die Kugeln am Ende
                              des Apparates verbinden, kam nämlich auf den Gedanken, daß man durch einen
                              derartigen Apparat, bei welchem eine lange, fast haarförmige Röhre bogenförmig
                              gekrümmt und wie bei den elektromagnetischen Multiplicatoren zusammengedreht ist,
                              nicht nur Lichtcylinder die geeignet sind, in selbst enge Höhlungen eingebracht zu
                              werden, sondern auch eine Art von elektrischem Leuchtfeuer erhalten könnte, welches
                              sich an gewissen Stellen concentriren ließe, ohne weder eine Erhitzung noch
                              elektrische Schläge fürchten zu müssen. Der erste Theil des Problems war daher aus
                              diese Weise gelöst. Was nun die Farbe des Lichtes in diesen Röhren betraf, welche
                              ganz von der Natur des Gases abhängt, mit welchem die Leere (der sehr verdünnte
                              Raum) hergestellt worden ist, und welche mit gewissen Gasmischungen, z.B.
                              Kohlenwasserstoff, Kohlensäure, Chlorwasserstoff etc. weiß ausfällt, so handelte es
                              sich, um diesen zweiten Theil der Aufgabe zur Lösung zu bringen, nur darum, für die
                              Herstellung des verdünnten Raumes in den Röhren die geeigneten Gase zu wählen.
                           Ruhmkorff, welchem die Construction dieser Röhren
                              anvertraut worden war und welcher sie auf den Grad von
                              Vollkommenheit gebracht hat, in welchem er die ihm übertragenen Apparate stets
                              auszuführen versteht, ist zu durchaus befriedigenden Resultaten gelangt, und die
                              Versuche haben gezeigt, daß das durch diese Apparate entwickelte Licht für die
                              Bedürfnisse der Medicin und der Chirurgie mehr als hinreichend ist.Ruhmkorff hat ein Gasgemisch ausfindig gemacht,
                                    welches dem Lichte dieser Röhren eine sehr zweckentsprechende weiße Farbe
                                    ertheilt. Er ließ diese Glasröhren von Geißler in
                                    Bonn ausführen.
                              
                           Die neue Beleuchtungsweise organischer Flächen wird sich bei allen denjenigen
                              Operationen als sehr nützlich erweisen, deren Hauptschwierigkeit in der
                              Unmöglichkeit besteht, die Oberflächen, an welcher die Instrumente applicirt werden
                              sollen, zu erleuchten, also insbesondere a) bei der
                              Gaumennaht, b) bei der Operation der
                              Blasenscheidenfistel durch das amerikanische Verfahren, c) bei der Exstirpation der Nasenschlund- oder Gebärmutterpolypen,
                              d) bei der Ausschneidung der Mandeln etc. Endlich
                              dürften auch gewisse Zahnoperationen bei dieser Erleuchtungsweise besser und
                              leichter ausgeführt werden können. Vielleicht würden diese Lichtröhren auch auf eine
                              vollständigere und leichtere Weise das Feld der Netzhaut erhellen.