| Titel: | Untersuchungen über die Heizkraft der Steinkohlen Sachsens. | 
| Fundstelle: | Band 156, Jahrgang 1860, Nr. XXXVI., S. 121 | 
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                        XXXVI.
                        Untersuchungen über die Heizkraft der Steinkohlen
                           Sachsens.
                        Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
                              1860 S. 25.
                        Untersuchungen über die Heizkraft der Steinkohlen
                           Sachsens.
                        
                     
                        
                           Die königl. sächsische Regierung hat in den letztverflossenen Jahren eine sehr
                              vollständige Arbeit über die Steinkohlen Sachsens ausführen lassen, welche in drei
                              Abtheilungen zerfällt.
                           Die erste Abtheilung: „Geognostische Darstellung der Steinkohlenformation
                                 in Sachsen“ von Prof. Geinitz, erschien
                              1856.
                           Die zweite Abtheilung: „Chemische und chemisch-technische
                                 Untersuchung der Steinkohlen Sachsens“ von Prof. W. Stein, kam 1857 heraus und Unterzeichneter hat in den
                              Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins, Jahrgang 1857 S. 152 (im polytechn.
                              Journal Bd. CXLVI S. 68) einen kurzen Auszug
                              derselben mitgetheilt.
                           Die dritte Abtheilung erschien unter dem Titel: „Untersuchungen über die
                                 Heizkraft der Steinkohlen Sachsens; unter Aufsicht von Prof. J. B. Schneider ausgeführt und bearbeitet von Ernst Hartig. Leipzig 1860.“ Auf 500 Quarseiten,
                              von 4 lithographirten Tafeln begleitet, bietet dieses Werk einen Reichthum an Inhalt
                              dar, welcher es zu einer eben so meisterhaft redigirten wie schätzbaren Monographie
                              stempelt, zumal wenn man es im Zusammenhange mit den gleich trefflichen
                              vorausgegangenen Abtheilungen betrachtet.
                           Die vorliegende dritte Abtheilung behandelt im Wesentlichen dieselbe Aufgabe
                              rücksichtlich der sächsischen Steinkohlen, welche das Werk von Brix
                              Ein Auszug hiervon wurde im polytechn. Journal Bd. CXXXI S. 64 mitgetheilt. Betreff der Steinkohlen des preußischen Staats gelöset hat. Demnach ist auch
                              der Gang der Untersuchungen ein ähnlicher gewesen und ich kann mich darauf
                              beschränken, einige der wichtigsten Abweichungen hervorzuheben.
                           Es wurde zur Ausführung der Verbrennungsversuche nicht eine eigene neue Kesselanlage
                              erbaut, sondern ein vorhandener zum Betriebe einer Baumwollspinnerei in Chemnitz
                              dienender Kessel verwendet, demnach auch der erzeugte Dampf nicht lediglich in die
                              Luft entlassen, sondern zur Arbeitsleistung benutzt, durch beide Umstände aber die
                              Kostspieligkeit der Versuche höchst wesentlich vermindert.
                           Eben daraus ging auch der Vortheil hervor, die Kohlen unter Verhältnissen zu
                              verbrennen, welche denen bei ihrer praktischen Anwendung unter Dampfkesseln völlig
                              gleich (wenn auch der vollkommensten Wärmenutzung nicht günstig) sind, nämlich mit
                              so lebhafter Unterhaltung des Feuers, daß stündlich auf je 1 Quadratfuß Rostfläche
                              7,3 bis 16,6 Pfd., auf je 10 Quadratfuß Heizfläche 3,4 bis 6,6 Pfd. Kohle verzehrt
                              wurden und die Gase 200° bis 300° C. warm durch den Schornstein
                              abzogen. Der angewendete Dampfkessel ist cylindrisch mit halbkugeligen Enden und
                              communicirt mit zwei – unter dem Niveau des Rostes liegenden –
                              Siederöhren; die Länge des Kessels in der Achse gemessen beträgt 29,25 Fuß, der
                              Durchmesser 4,4 Fuß; die Siederöhren haben beide 24,75 Fuß Länge, aber die eine ist
                              2,25 Fuß, die andere nur 1,9 Fuß weit. Die gesammte Heizfläche mißt 495
                              Quadratfuß.
                           Es wurden 48 Sorten sächsischer Steinkohlen und daneben 2 Sorten böhmischer
                              Braunkohle geprüft; mit diesen 50 Kohlen sind überhaupt 139 Versuche angestellt und
                              zu jedem Versuche sind in der Regel nahe 3000 Pfund Kohle, zuweilen noch mehr,
                              verbrannt worden. Man achtete sorgfältig darauf, die einzelnen Kohlensorten durch
                              Veränderung der Rostfläche und der Rostfugenbreite, so wie durch entsprechende
                              Modificationen in der Beschickungsweise in die Bedingungen zu versetzen, unter
                              welchen eine jede auf das Vortheilhafteste verbrannt werden konnte. Das Ergebniß der
                              Versuche ist überall so berechnet worden, daß als Resultat – als Maaß der Heizkraft der Kohlen – die Anzahl Pfunde Wasser von 0°, welche durch ein
                                 Pfund Kohle in gesättigten Dampf von 150° C. verwandelt sind, erhalten wurde. Dieser Ausdruck der Heizkraft ist nicht
                              genau übereinstimmend mit jenem, welchen Brix für die
                              preußischen Kohlen gewählt hat, weil in diesem Falle der erzeugte Dampf nur die
                              Temperatur von 90° R. oder 112,5° C. besaß; die Ergebnisse von Brix wären deßhalb mit 641/652 oder 0,983 zu
                              multipliciren, wollte man sie den Resultaten der sächsischen Versuche streng
                              vergleichbar gegenüberstellen; doch verschwindet diese Differenz gegen die erheblich
                              größeren Unsicherheiten, welche unvermeidlich in der Natur des Gegenstandes selbst
                              liegen. Hierüber
                              erhält man einen leitenden Begriff aus Folgendem. Drei Sorten sächsischer Kohle sind
                              einer doppelten controlirenden Untersuchung unterzogen worden, nämlich einerseits in
                              Chemnitz von Hartig und andererseits von Brix in Berlin, welcher letztere den von ihm früher für
                              die preußischen Kohlen gebrauchten Apparat hier wieder anwendete. Die Resultate
                              waren folgende:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 156, S. 123
                              Aus Wasser von 0° erzeugte
                                 Pfunde Wasserdampf; nach Brix; nach Hartig; Sorte A; Sorte B; Sorte C;
                                 Durchschnitt
                              
                           Man sieht, daß selbst die durch die Multiplication mit 0,983 corrigirten
                              Durchschnittsergebnisse der Berliner Versuche (7,56 – 7,98 – 7,20)
                              noch um 5,3 bis 6,5 Procent größer sind, als die correspondirenden der sächsischen
                              Versuche (7,12 – 7,58 – 6,76); und daß die Resultate einzelner
                              Versuche mit derselben Kohlensorte nicht selten um 2 1/2
                              bis 6 Proc. und mehr von dem der Sorte zugehörigen Mittelwerthe abweichen, während
                              die Correction wegen der verschiedenen Temperatur des Dampfes nur 1,7 Procent
                              beträgt.
                           Die untersuchten Kohlensorten waren folgende, wobei zu bemerken ist, daß die den
                              Ordnungsnummern zwischen Klammern beigefügten Zahlen diejenigen Nummern anzeigen,
                              unter welchen die Kohlen in der früher gegebenen beschreibenden Aufzählung
                              (polytechn. Journal Bd. CXLVI S. 73 –
                              75) wiederzufinden sind.
                           
                        
                           
                           A. Kohlen
                                 von Zwickau.
                           1. (25) Stückkohle vom 3 1/2elligen Pechkohlflötz des
                              Steinkohlenwerks Frisch Glück in Oberhohndorf.
                           2. (26) Stückkohle vom 2elligen Pechkohlflötz des Steinkohlenwerks
                              Beschert Glück in Oberhohndorf.
                           3. (23) Pechkohle vom Scherbenkohlflötz des Steinkohlenwerks
                              Beschert Glück in Oberhohndorf.
                           4. Pechkohle vom Lehekohlflötz der Fünfnachbargrube in
                              Oberhohndorf.
                           5. Pechkohle vom Lehekohlflötz des Stölzelschachtes in
                              Oberhohndorf.
                           6. (22) Stückkohle vom Zachkohlflötz des Steinkohlenwerks
                              Vereinigtfeld in Oberhohndorf.
                           7. Stückkohle 1ste Qualität vom Schichtenkohlflötz des
                              Auroraschachtes bei Zwickau.
                           8. Stückkohle vom Schichtenkohlflötz von Kästners Erben in Bockwa.
                           9. Pechkohle vom Schichtenkohlflötz des Steinkohlenwerks von Ferd.
                              Ehrler in Oberhohndorf.
                           10. Würfelkohle 1ste Qualität vom Hoffnungsflötz des
                              Hoffnungsschachtes bei Zwickau.
                           11. Stückkohle 2te Qualität vom Rußkohlenflötz des Auroraschachtes
                              bei Zwickau.
                           12. Rußkohle aus dem Steinkohlenwerke von List's Erben in Bockwa.
                           13. Rußkohle vom Robertschacht der HHrn. Kraft und Lücke in Cainsdorf.
                           14. Würfelkohle 1ste Qualität vom Amandusflötz des
                              Segengottesschachtes bei Zwickau.
                           15. Pechkohle vom ersten Flötz des Bürgerschachtes bei
                              Zwickau.
                           16. Pechkohle von der obern Abtheilung des tiefen
                              Planitzerflötzes, Steinkohlenwerk Planitz.
                           17. (15) Würfelkohle 1ste Qualität vom Ludwigsflötz des
                              Segengottesschachtes bei Zwickau.
                           18. Grobe Pechkohle 1ste Qualität vom zweiten Flötz des
                              Bürgerschachtes bei Zwickau.
                           19. Pechkohle von der mittlern Abtheilung des tiefen
                              Planitzerflötzes aus den v. Arnim'schen Werken zu Planitz
                              bei Zwickau.
                           20. (14) Würfelkohle 1ste Qualität vom Segengottesflötz des
                              Segengottesschachtes bei Zwickau.
                           21. (34) Stückkohle 1ste Qualität vom tiefen Pechkohlflötz des
                              Vereinsglückschachtes bei Zwickau.
                           22. (41) Pechkohle von der vierten Abtheilung des tiefen
                              Planitzerflötzes von Kraft und Lücke in Cainsdorf.
                           
                        
                           B. Kohlen
                                 von Lugau-Niederwürschnitz.
                           23. Pechkohle vom Carlschacht zu Niederwürschnitz.
                           24. Würschnitzer Rußkohle von der Tagesstrecke.
                           25. Rußkohle vom Carlschachte Niederwürschnitz.
                           26. Rußkohle eben daher, eine andere Sendung.
                           27. Schmiedekohle vom Bachschacht, Niederwürschnitz (Waschkohle
                              1ste Qualität).
                           28. Waschkohle 2te Qualität vom Bachschacht,
                              Lugau-Niederwürschnitz.
                           29. Dieselbe Kohle, eine andere Sendung.
                           30. Rußkohlengrus vom Vereinigungsschacht in Niederwürschnitz.
                           
                        
                           
                           C. Kohlen
                                 aus Flöha.
                           31. Steinkohle aus dem Werke des Hrn. C. F. Hesse in Flöha.
                           
                        
                           D. Kohlen
                                 von der Plauenschen Formation.
                           32. (7) Stückkohle aus Hänichen (weiche Schieferkohle).
                           33. (7) Dieselbe Kohle, eine andere Sendung.
                           34. Weiche Schieferkohle aus Burgk.
                           35. Dieselbe, andere Sendung.
                           36. (11) Weiche Schieferkohle vom Windbergschacht Potschappel.
                           37. Weiche Schieferkohle aus den königlichen Werken in
                              Zaukerode.
                           38. Dieselbe, eine andere Sendung.
                           39. (8) Mittelkohle aus Hänichen.
                           40. (8) Ebensolche, andere Sendung.
                           41. Mittelkohle aus Burgk.
                           42. (10) Rußkohle vom Reiboltschacht Potschappel.
                           43. (51) Schwarzharte Schieferkohle aus Burgk.
                           44. (51) Dieselbe, eine andere Sendung.
                           45. Schwarzharte Schieferkohle vom Windbergschacht,
                              Potschappel.
                           46. Schwarzharte Schieferkohle aus den königlichen Werken in
                              Zaukerode.
                           47. Kalkkohle, ebendaher.
                           48. Kalkschieferkohle aus Hänichen.
                           
                        
                           E. Böhmische
                                 Braunkohlen.
                           49. Braunkohle aus der Gegend von Brüx in Böhmen.
                           50. Braunkohle aus der Gegend von Aussig in Böhmen.
                           In der umstehenden tabellarischen Uebersicht habe ich die
                              wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung in der Art vereinigt, daß diese Tabelle so
                              viel wie möglich mit jener über die preußischen Steinkohlen (im polytechn. Journal
                              Bd. CXXXI S. 71) rücksichtlich der
                              Anordnung übereinstimmt.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 156, S. 126
                              Nummer; Bezeichnung der Kohlen;
                                 Anzahl der Versuche; Mittlerer Wassergehalt. Procent; Mittlerer Aschengehalt;
                                 Verbrennungsrückstände auf dem Roste und im Aschenraume; Flugasche;
                                 Durchschnittliches Gewicht eines sächsischen Scheffels; Gefundene nutzbare
                                 Heizkraft: Pfund Wasser von 0° in Dampf von 150° C. verwandelt;
                                 durch 1 Pfund; der rohen Kohle; der trocken Kohle im Durchs.; durch 1 Scheffel
                                 roher Kohle; Pfund; Kleinstes; Größtes; Durchschnitt; Oberhohndorf;
                                 Auroraschacht; Bockwa; Oberhohndorf; Hoffnungsflötz; List's Erben;
                                 Robertschacht; Amandusflötz; Bürgerschacht 1stes Flötz; Tiefes Planitzerflötz;
                                 Ludwigsflötz; Bürgerschacht 2tes Flötz; Tiefes Planitzerflötz; Segengottesflötz;
                                 Vereinsglückschacht; Tiefes Planitzerflötz; Carlschacht
                              
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 156, S. 127
                              Nummer; Bezeichnung der Kohlen;
                                 Anzahl der Versuche; Mittlerer Wassergehalt. Procent; Mittlerer Aschengehalt;
                                 Verbrennungsrückstände auf dem Roste und im Aschenraume; Flugasche;
                                 Durchschnittliches Gewicht eines sächsischen Scheffels; Gefundene nutzbare
                                 Heizkraft: Pfund Wasser von 0° in Dampf von 150° C. verwandelt;
                                 durch 1 Pfund; der rohen Kohle; der trocken Kohle im Durchs.; durch 1 Scheffel
                                 roher Kohle; Pfund; Kleinstes; Größtes; Durchschnitt; Tagesstrecke; Carlschacht;
                                 Bachschacht; Vereinigungsschacht; Flöha; Hänichen; Burgk; Potschappel;
                                 Zaukerode; Reiboltschacht; Braunkohle von Brüx; Braunkohle von Aussig
                              
                           
                           Der sächsische Scheffel ist = 7900 sächsische Kubikzoll =
                              1,89196 preußische Scheffel = 3,338 hannoversche Himten. Als Pfund ist das deutsche
                              Pfund (= 500 Gramme) zu verstehen. Als Gewicht eines Scheffels wurde das Mittel aus
                              dem durchschnittlichen Gewichte eines Scheffels Kohlen in großen Stücken und dem
                              durchschnittlichen Gewichte eines Scheffels Kohlen in kleinen Stücken eingeführt.
                              Dadurch fallen die Zahlen in der letzten Spalte vorstehender Tabelle meist ein wenig
                              kleiner aus, als das Werk von Hartig sie aufstellt, weil
                              Hartig das durchschnittliche Gewicht eines Scheffels
                              kleiner Kohle zu Grunde legte, um die Heizkraft für
                              einen Scheffel zu berechnen. – Die theoretische
                              (nach der chemischen Zusammensetzung der Kohlen berechnete) Heizkraft, oder der Effect, welchen die beim Verbrennen der
                              Kohlen entwickelte Gesammtwärme hervorbringen würde, wenn sie vollständig nutzbar
                              gemacht werden könnte, ist meist nahe um die Hälfte größer, als die praktisch
                              gefundene, so daß ein Drittel der von den Kohlen
                              ausgegebenen Wärme bei guten Dampfkesselfeuerungen als ungenutzt verloren gehend angesehen werden darf. Im Einzelnen betrug die
                              nutzbare Heizkraft von 42 bis 80 Proc. der theoretischen; der Durchschnitt aller 50
                              Kohlensorten gibt 66 Proc. und in 30 Fällen unter 50 liegt das Verhältniß zwischen
                              60 und 70 Proc., nur in 7 Fällen niedriger als 60 Procent.
                           C. Karmarsch.