| Titel: | Verfahren zum Beizen der Baumwollenzeuge behufs des Färbens, namentlich mit Anilinfarben; von William H. Perkin und Matthew Gray. | 
| Fundstelle: | Band 156, Jahrgang 1860, Nr. XLII., S. 152 | 
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                        XLII.
                        Verfahren zum Beizen der Baumwollenzeuge behufs
                           des Färbens, namentlich mit Anilinfarben; von William H. Perkin und Matthew Gray.
                        Aus dem Repertory of Patent-Inventions Februar 1860,
                              S. 147.
                        Verfahren zum Beizen der Baumwollenzeuge behufs des Färbens mit
                           Anilinfarben.
                        
                     
                        
                           Dieses Verfahren besteht im Wesentlichen darin, daß man Gewebe aus Baumwolle oder
                              anderen vegetabilischen Faserstoffen durch Druck oder auf andere Art mit Bleizucker
                              imprägnirt und dann in einem Bad aus Ammoniak und kohlensaurem Natron behandelt, um
                              Bleioxyd darin zu fixiren, worauf man das Gewebe ausfärbt. Unter Umständen wird der
                              Zeug auch noch mit anderen Beizen, z.B. Eisenbeize bedruckt, worauf dann durch das
                              alkalische Bad sowohl das Bleioxyd als die Basis der anderen Beizen fixirt wird. Der
                              so vorbereitete Zeug kann nun gefärbt werden; in gewissen Fällen ist es aber besser,
                              ihn vor dem Färben mit Seife zu waschen. Manche Farben, z.B. der Anilinpurpur, haben
                              nämlich die Eigenschaft den ungeheizten Grund des Baumwollenzeuges einzufärben; um
                              dieß zu verhindern, färben die Patentträger den in angegebener Weise mit Bleioxyd
                              gebeizten und dann in Seifenwasser gewaschenen Kattun in einer Flüssigkeit aus, die
                              außer dem Farbstoffe zugleich Seifenlösung enthält und auf welcher Oel oder
                              überhaupt eine fettige Substanz schwimmt.
                           Das Oel oder die fettige Substanz ist jedoch für den Erfolg der Operation nicht wesentlich. Auch
                              kann man die Seife aus dem Färbebad weglassen, wenn die gebeizte Waare in einer
                              hinreichend starken Seifenlösung gewaschen wurde, indem letztere die nicht gebeizten
                              Stellen schon vor der Annahme der Farbe schützt.
                           Das Verfahren wird folgendermaßen ausgeführt: Wenn der Kattun nachher in einer heißen
                              Lösung des Farbstoffs ausgefärbt werden soll, wird zuerst mit Stärke verdickter
                              Bleizucker in solcher Concentration aufgedruckt, daß die beabsichtigte Farbentiefe
                              damit erlangt werden kann. Für eine mittlere Nüance reicht man mit 2 Pfund
                              Bleizucker auf 5 Maaß (à 2 Pfund) Wasser, mit
                              Stärke oder Gummi verdickt, aus. Dieser Mordant wird entweder allein oder zugleich
                              mit anderen Mordants aufgedruckt, worauf man den Kattun ein Bad passiren läßt,
                              welches aus 500 Maaß Wasser, 200 Pfund Soda und 25 Maaß flüssigem Ammoniak bereitet
                              wurde, und ihn sodann mittelst Seifenlösung gut wäscht und reinigt.
                           Soll Seife in dem Färbebade verwendet werden, so sind 4 Unzen derselben auf je 25
                              Yards Kattun für das Waschen ausreichend. Will man aber dem Färbebade keine Seife
                              zusetzen, so nimmt man auf je 25 Yards Kattun 1 Pfund Seife. Nach dem Waschen und
                              Reinigen in dem Seifenbade ist der Kattun vollständig zum Färben vorbereitet. Hat
                              man die erst erwähnte kleinere Quantität Seife verwendet, so setzt man dem Färbebade
                              auf je 25 Yards Kattun 4 Unzen Seife hinzu, im andern Falle bleibt dagegen der
                              Seifenzusatz weg. Der Kattun und der Farbstoff werden dann in das Bad gebracht,
                              dieses auf 82° Cels. erwärmt und 30 Minuten lang auf dieser Temperatur
                              erhalten. Der Kattun wird dann gewaschen, geseift und nachher in gewöhnlicher Weise
                              fertig gemacht. – Patentirt in England am 21. Mai 1859.
                           Die Chemical News, 1860 Nr. 7, enthalten einen Aufsatz,
                              worin die Darstellung und Anwendung der in der letzten Zeit patentirten
                              Anilinfarbstoffe zusammengestellt ist. Nach demselben haben Perkin in London (der Erfinder des Anilinpurpurs oder Mauve) und Gray (Director der großen Kattundruckerei zu Dalmonach
                              bei Glasgow) das vorstehend beschriebene Verfahren namentlich für das Färben mit
                              Anilinpurpur erfunden, um auf dem mit Bleibeize bedruckten Kattun scharfe Muster mit
                              reinem Grunde zu erhalten. Der Referent sagt aber: „wir haben Ursache
                                 anzunehmen, daß dieses patentirte Verfahren in der Praxis keinen Erfolg haben
                                 wird.“ Im Allgemeinen bemerkt der Referent, daß bei Anwendung der
                              Anilinfarben sehr viel von dem Mordant abhänge, daß bisher nur Zinnbeizen gute
                              Resultate gegeben haben (!), daß man mit gutem Erfolge Zinnchlorid anwenden könne,
                              daß aber zinnsaures Natron den Vorzug verdiene. Beim Drucken (auf Kattun) werde die
                              Farbe zuerst mit
                              Gummi vermischt und die Mischung sodann mit einer gewissen Quantität Eiweiß
                              angerührt; der mit dieser Masse bedruckte Zeug werde nachher behufs des Fixirens der
                              Farbe gedämpft.
                           
                        
                           Nachschrift. Versuche über das Verfahren von Perkin und Gray, die Anilinfarben auf Kattun
                                 mittelst Bleioxyd und Seifenpassagen zu befestigen.
                           Wenn man Bleioxyd auf angegebene Weise mit Ammoniak und kohlensaurem Natron auf
                              Kattun fixirt, so zieht es in einem mit Anilin versetzten Bade gar keinen Farbstoff
                              an; das Bleioxyd ist daher kein Mordant für Anilin, und eben so wenig ist es das
                              Eisenoxyd.
                           Wenn man dem mit Bleioxyd gebeizten Kattun vor dem Färben eine Passage in starker
                              Seifenlösung gibt, so bildet sich eine Bleiseife, die Fettsäure derselben dient als
                              Mordant für den substantiven Farbstoff (indem sie den Kattun gerade so wie Eiweiß
                              oder Casein animalisirt) und die Bleiseife färbt sich etwas an, aber auch der weiße
                              Grund zieht den Farbstoff stark an; weil im Zeug nach der Seifenpassage immer etwas
                              Fettsäure bleibt, welche als Mordant dient.
                           Wird der mit Bleioxyd imprägnirte Kattun nicht durch ein Seifenbad genommen, sondern
                              Seifenlösung beim Färben zugesetzt, so erhält man auch keine besseren Resultate.
                           Der Anwendung des patentirten Verfahrens zum Kattundruck steht auch im Wege, daß es
                              kein Applicationsschwarz, überhaupt keine Applicationsfarbe gibt, welche die zur
                              Befestigung des Bleioxyds und zu seiner Verwandlung in fettsaures Bleioxyd
                              erforderlichen starken alkalischen Bäder und Seifenbäder aushält, abgesehen davon,
                              daß der weiße Grund nie rein erhalten werden kann. Dieses Verfahren ist daher
                              hauptsächlich nur zum Färben von Böden anwendbar, welchen Zweck man jedoch durch
                              Anwendung des Broquette'schen Animalisirverfahrens
                              (Imprägniren des Kattuns mit Eiweiß oder Casein, welche nach ihrer Fixirung durch
                              Dämpfen des Zeuges den Farbstoff aus der Färbeflotte anziehen und binden) leichter
                              und billiger erreicht.
                           Um den Kattun mit Anilinlila (oder Fuchsin) zu bedrucken, ist es am einfachsten, die
                              Farbe mit Gummi zu verdicken und ihr dann so viel Eiweiß zuzusetzen, als gerade zur
                              Fixirung des verlangten Farbetons nothwendig ist, welche Quantität man durch einige
                              Probeversuche leicht ermitteln kann; der mit dieser Farbe bedruckte Zeug wird
                              gedämpft. Das Eiweiß kann man durch ammoniakalische Caseinlösung ersetzen, die
                              erzielte Farbe ist dann aber weniger ächt, weil sich ihr Bindemittel in alkalischen
                              Bädern und in Seifenbädern wieder löst.
                           
                           Der Referent in den Chemical News bemerkt, daß bei der
                              Anwendung der Anilinfarben sehr viel von dem Mordant abhänge und man mit zinnsaurem
                              Natron die besten Resultate erhalte. Zur Prüfung dieser Angabe wurden durch den
                              Chemiker der Forster'schen Kattundruckerei in Augsburg
                              folgende Versuche angestellt. Es wurden:
                           1) ein ungrundirtes (nicht animalisirtes) Kattunstück,
                           2) ein mit Zinnoxyd grundirtes Stück,
                           3) ein nach Broquette's Verfahren animalisirtes Stück,
                           4) ein animalisirtes und dann durch zinnsaures Natron und Schwefelsäure genommenes
                              Stück,
                           sämmtlich in Streifen mit folgenden Farben bedruckt:
                           a) Fuchsin, mit Eiweiß und Gummi
                              verdickt,
                           b) Fuchsin mit Gummi verdickt,
                           c) Anilinlila mit Eiweiß und Gummi
                              verdickt.
                           Durch diese Versuche stellte es sich heraus, daß Zinnoxyd-Mordant ohne alle
                              Einwirkung auf die Anilinfarbe ist, dieselbe mag auf animalisirten oder nicht
                              animalisirten Kattun gedruckt werden.
                           Ferner bewiesen diese Versuche, daß es ökonomischer ist, mit Eiweißzusatz auf
                              ungrundirten Kattun zu drucken, als mit Gummiverdickung auf animalisirten Kattun,
                              indem man nach dem erstem Verfahren mit der gleichen Menge Farbstoff intensivere
                              Töne erhält.
                           Die Redaction.