| Titel: | Dampfmaschine von Hrn. Fragneau in Bordeaux. | 
| Fundstelle: | Band 156, Jahrgang 1860, Nr. XLV., S. 166 | 
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                        XLV.
                        Dampfmaschine von Hrn. Fragneau in Bordeaux.
                        Aus Armengaud's Génie industriel, März 1860, S.
                              143.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Fragneau's Dampfmaschine.
                        
                     
                        
                           Der Maschinenbauer Fragneau in Bordeaux hat sich speciell
                              mit der Ausführung von Dampfmaschinen beschäftigt, bei welchen es um möglichste
                              Vereinfachung der Construction, besonders der kleineren Maschinen und solcher von
                              mittlerer Größe, sich handelt.
                           Die Maschine welche wir im Folgenden beschreiben, ist in diesem Sinne construirt; sie
                              hat zwei an einer Kolbenstange sitzende Kolben, welche in einem offenen Cylinder
                              sich bewegen.
                           Diesem Systeme, welches bereits mehreremale zur Anwendung gebracht wurde, hat man zum
                              Vorwurfe gemacht:
                           1) den Eintritt kalter Luft in den Cylinder;
                           2) die starke Abnutzung einer gewöhnlichen
                              Stopfbüchse;
                           3) die Einführung von fremdartigen Körpern in den Cylinder.
                           Fragneau hat diese Uebelstände zu beseitigen gesucht
                              durch:
                           1) Anbringung von zwei Stopfbüchsen, welche durch einen Oelbehälter von einander
                              getrennt sind, so daß die Kolbenstange fortwährend in Schmiere erhalten und das
                              Uebertreten von Dampf von der einen Seite nach der andern verhindert wird. Die
                              Abnutzung dieser Theile erfolgt nämlich vorzugsweise, wenn die Kolbenstangen nicht
                              gehörig geschmiert worden und dadurch Reibung veranlaßt wird;
                           2) ein offenes Röhrenstück (fourreau), welches zwischen
                              seiner Außenfläche und der inneren Cylinderfläche einen Raum von 2 bis 3 Millimetern
                              frei läßt; in diesem
                              dehnt sich die Luft aus und bildet gleichsam einen Preller, welcher das Eindringen
                              der atmosphärischen Luft in den Kolben und die Einführung von fremdartigen Körpern
                              verhindert.
                           Bei diesen Maschinen gestattet die Einrichtung des Schieberkastens und des Schiebers
                              die Beseitigung des Dampfdrucks, welchem die Schieber gewöhnlich ausgesetzt sind.
                              Ein weiterer Vortheil dieser Construction ist es, daß die Bleuelstange, welche
                              fortwährend von zwei Gleitstücken mit großen Gleitflächen getragen wird, merkbare
                              Stöße nicht bewirken kann, und daß daher die Abnutzung der untern Seite des
                              Cylinders nicht zu besorgen ist, welche bei gewöhnlichen horizontalen Dampfmaschinen
                              mit Gleitern dadurch stattfindet, daß der Kolben eine bedeutende Reibung veranlaßt,
                              sobald er auf seinem Laufe abwärts von den Coulissen an das Ende kommt, dann seine
                              Kolbenstange nicht mehr unterstützt wird und er mit seiner ganzen Last drückt.
                           Da durch die bezeichnete Construction die Reibung ganz besonders vermindert wird, so
                              kann die ganze Kraft der Maschine zur Benutzung gebracht werden.
                           Fig. 34 ist
                              eine Seitenansicht der Maschine und
                           Fig. 35 ein
                              horizontaler Durchschnitt nach der Cylinderachse.
                           Der Dampfcylinder A, in welchem die beiden Kolben B und C sich bewegen, hat in
                              der Mitte seiner Länge eine gußeiserne Scheidewand A,
                              welche ihn in zwei gleiche Theile theilt. In dieser Wand ist ein Mittelstück m durch Schrauben befestigt, in welchem die beiden
                              Stopfbüchsen für die Kolbenstange D sitzen.
                           Die Kolben bestehen aus zwei zusammengeschraubten Scheiben, einer messingenen und
                              einer gußeisernen; zwischen diese beiden Scheiben ist der messingene Ring
                              eingesetzt, welcher, durch innenliegende Federn angedrückt, die Liederung
                              bildet.
                           Die rechte Messingscheibe trägt ein Röhrenstück G von
                              einem geringern Durchmesser als der Cylinder, welches in einem am Ende des Cylinders
                              befindlichen Ringe g gleitet. Durch die Anbringung
                              dieses Röhrenstücks wird eine Regulirung der Horizontalbewegung des Doppelkolbens,
                              so wie eine Ersetzung der Gleiter für die Leitung der Kolbenstange beabsichtigt.
                           Der Schieberkasten L von parallelepipedischer Form
                              schließt sich an die Platte o des Cylinders an. In
                              dieser liegen die Dampfcanäle a und a', durch welche der Dampf abwechselnd rechts und links
                              hinter den Kolben geleitet wird.
                           Der Schieber, welcher in diesem Kasten sich bewegt, ist ebenfalls parallelepipedisch;
                              er ist innen ausgespart, um den Eintritt des Dampfes aus dem Rohre F zu gestatten. An der Seite des Schiebers, welche an
                              dem Deckel des
                              Kastens reibt, ist ein Falz für eine Messinggarnitur ausgespart, die durch
                              Sprungfedern fortwährend an den Deckel angedrückt wird.
                           Das Ende der Kolbenstange schließt sich an die Gabel des Bleuels B' an, welcher die Betriebswelle A in Bewegung setzt. Auf dieser Welle sitzen das Schwungrad und die
                              Betriebsriemenscheibe.
                           Die Wirkung des Dampfes ist bei den in Rede stehenden Maschinen eine andere, als bei
                              den gewöhnlichen. Der durch das Rohr F einströmende
                              Dampf tritt, wie aus Fig. 35 sich ergibt,
                              durch den Canal a' in den Raum hinter dem Kolben und
                              treibt denselben fort; der Dampf, welcher zwischen dem Kolben B und der mittleren Scheidewand A sich befand,
                              begibt sich nach dem Raume e des Schieberkastens, und
                              entweicht durch eine vom Schieber E frei gemachte
                              Seitenöffnung. Nachdem dieses geschehen ist, öffnet sich der Canal a, der Dampf tritt vor die mittlere Scheidewand M und wirkt auf den Kolben B; der Dampf welcher so eben auf den Kolben C
                              gewirkt hatte, geht durch den Canal a' zurück und
                              entweicht durch die Oeffnung e' und das Rohr f.
                           Durch die genauen Versuche, welche mit den Maschinen angestellt worden sind, hat der
                              Erfinder die Ueberzeugung gewonnen, daß die nach seinem System ausgeführten
                              Dampfmaschinen von 10 Pferdekräften nicht über 3 Kilogr. Steinkohlen pro Pferdekraft und pro
                              Stunde verbrauchen. Bei Maschinen von über 20 Pferdekräften vermindert sich dieser
                              Verbrauch noch bedeutend und überschreitet 2 1/2 Kilogramme nicht. Dergleichen
                              Maschinen werden übrigens mit Hochdruck, Expansion und Condensation construirt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
