| Titel: | Beschreibung einfacher Ueberhebe-Vorrichtungen bei Walzengerüsten; vom k. k. Sectionsrath und Director Tunner zu Leoben. | 
| Fundstelle: | Band 156, Jahrgang 1860, Nr. LXX., S. 272 | 
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                        LXX.
                        Beschreibung einfacher
                           Ueberhebe-Vorrichtungen bei Walzengerüsten; vom k. k. Sectionsrath und Director
                           Tunner zu Leoben.
                        Aus dem berg- und hüttenmännischen Jahrbuch der k. k.
                                 Montanlehranstalten zu Leoben etc. (Wien 1860), Bd. IX S.
                              187.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.
                        Ueberhebe-Vorrichtungen bei Walzengerüsten.
                        
                     
                        
                           Die einfachsten und im Gebrauche jedenfalls billigsten Ueberhebe-Vorrichtungen
                              sind jene, bei welchen die in der rotirenden Walze wirkende Betriebskraft auch zum
                              Ueberheben (Zurückgeben der im Auswalzen begriffenen schweren Eisenstücke) verwendet
                              wird. Im Nachstehenden sollen drei derartige Vorrichtungen, welche zu den
                              zweckdienlichsten gehören, beschrieben werden.
                           In Fig. 3 und
                              4 ist eine
                              Ueberhebe-Vorrichtung in der Vorder- und Seitenansicht dargestellt,
                              welche seit 3–4 Jahren auf mehreren deutschen und französischen Hütten in
                              Anwendung steht. An dem vorstehenden Kuppelungszapfen a
                              der Oberwalze ist eine Seilscheibe R aufgestellt und
                              befestigt. Eine zweite ähnliche Scheibe 6 sitzt fest auf der horizontalen Achse b, die in Lagern c, c läuft,
                              welche in an dem Ständer A angeschraubten Trägern ruhen.
                              An dieser Achse b sind ferner zwei gleiche excentrische
                              Schreiben (oder Wellenfüße) T, T und eine kleine
                              Seilscheibe U befestigt. Der Walztisch B ist an dem einen Ende e
                              mit zwei zur Seite gelegenen Lenkstangen e, f, und an
                              dem andern g mit zwei Zugketten g, h versehen. Die ersteren sind an dem Ende g
                              mit durch Schrauben fest gehaltenen Scharnieren versehen, wogegen die Scharniere bei
                              e sich frei mit dem Walztisch heben können. Bei dem
                              Aufheben des Walztisches durch die Zugketten muß ersterer die mit punktirten Linien angedeutete Lage
                              B' annehmen, weil letztere durch die excentrischen
                              Scheiben T, T bei ihrem Aufgange den Walzen mehr
                              genähert werden. Im Falle einer beschränkten Räumlichkeit in der Hütte bieten diese
                              mit zwei Scharnieren versehenen kurzen Lenkstangen einen wesentlichen Vortheil
                              gegenüber den sonst üblichen langen Lenkstangen, welche nach rückwärts, gleichsam
                              als Verlängerung des Walztisches, 6–12 Fuß vorstehen und an den vorstehenden
                              Enden mit den fixen Scharnieren versehen sind, die von eigenen, auf der Hüttensohle
                              befindlichen Stützen getragen werden.
                           Um diese Ueberhebe-Vorrichtung durch die rotirenden Walzen in Thätigkeit zu
                              bringen, dient ein Seil V, welches an der Scheibe S mit dem einen Ende k
                              befestigt, einmal oder ein und einhalbmal um die Scheibe R herumgeschlungen ist, das andere Ende aber frei an der äußersten Seite
                              des Ständers, auf der vorderen oder hinteren Arbeitsseite zu liegen kommt, je
                              nachdem dasselbe ein oder ein und einhalbmal um die Scheibe R geschlagen wurde. So lange das freie Seilende unberührt liegen bleibt,
                              schleift die rotirende Scheibe R in der lockern
                              Seilschlinge, und die Scheibe S wird von dem lockeren
                              Seile unbewegt gelassen. So wie aber der betreffende Arbeiter mit der Hand am freien
                              Seilende anzieht, wird dadurch die Seilschlinge an der Scheibe R festgezogen und durch die Seilreibung sofort die
                              Scheibe S, somit die Achse d, die excentrischen Scheiben T, der
                              Walztisch, und zugleich durch die Scheibe U das Gewicht
                              W in Bewegung gesetzt. Wird mit dem Ziehen am Seile
                              entsprechend nachgelassen, so kann der aufgehobene Walztisch in jeder beliebigen
                              Höhenlage erhalten werden; wird entgegen mit dem Ziehen nahezu ganz aufgehört, so
                              erfolgt durch das Gewicht W die rückgängige Bewegung.
                              Durch den entsprechenden Seilscheibendurchmesser und das passende Herumschlagen des
                              Seiles an der Scheibe R kann die mäßige Zugkraft eines
                              Arbeiters die Seilreibung so weit vermehren, daß die schwersten Walzenstücke mit dem
                              Tische gehoben werden. Am besten wendet man hierbei ein Drahtseil an, welches beim
                              Nachlassen der Zugkraft durch seine Steifigkeit die Schlinge am schnellsten und
                              sichersten wieder lockert. Wie leicht einzusehen, kann diese einfache
                              Ueberhebe-Vorrichtung beinahe an jedem bestehenden Gerüste angebracht werden
                              und je nach der Größe des ganzen Gerüstes und der ausübenden Kraft nur etliche
                              hundert Gulden kosten.
                           In Fig. 5 und
                              6 sind
                              zwei derartige englische Ueberhebe-Vorrichtungen dargestellt, wovon die
                              erstere bei einem Plattenwalzwerke zu Farnley in der Nachbarschaft von Leeds, die
                              letztere bei einem Grobwalzwerke zu Plymouth in Südwales in Anwendung steht.
                           
                           In Fig. 5
                              stellt A und B die
                              Walzenzapfen vor. An der Oberwalze ist eine Hülse C fest
                              aufgekeilt, welche in D eine vorspringende cylindrische
                              Warze, ähnlich einer Kurbel, trägt. Der Walztisch auf der Austrittseite ist zwischen
                              den Walzenständern mit zwei gleichen Armen G befestigt,
                              welche sich um und mit dem durchgehenden Bolzen h drehen
                              können. An der Außenseite des einen Ständers ist an den vorstehenden Enden des
                              Bolzens h überdieß der Arm H
                              befestiget, welcher bei e einen kurzen Bolzen trägt, um
                              den sich der zweiarmige Hebel E, E' drehen kann. F, F' ist ein anderer zweiarmiger Hebel, der um den
                              Bolzen f drehbar ist.
                           Sind die Walzen im Gange und tritt der Arbeiter mit einem Fuße auf das Hebelende F', so rückt das andere Ende F bei E an den erstgenannten Hebel, wodurch
                              dessen oberes Ende mit dem eigens geformten Kopfe E''
                              gegen die Oberwalze geneigt wird. Die Warze D erfaßt
                              sonach den übergebogenen Kopf E'', hebt diesen und mit
                              ihm zugleich den Bolzen e. Hierdurch wird der Arm H und in Folge davon werden die beiderseitigen Arme G um die Achse h so lange
                              aufwärts gedreht, bis die Warze D ihre größte Entfernung
                              von der Drehungsachse h erlangt hat. In diesem Momente
                              hat der Walztisch den höchsten Stand erreicht, wobei die Arme G sich vertical gestellt haben und die äußerste Rolle g des Walztisches in gleiche Höhe mit dem Walzenbunde
                              der Oberwalze kommt.
                           Das äußere Ende des Kopfes E'' ist so gestaltet, daß
                              derselbe durch den am Ständer befestigten Stift m von
                              der Warze D ausgehoben wird; oder man läßt ihn bei der
                              weiteren Fortbewegung der Warze D von selbst
                              zurückfallen.
                           Bei der in Fig.
                                 6 dargestellten Vorrichtung sind drei Walzen A, B,
                                 C über einander angebracht. Es wird mithin vor- und rückwärts
                              gewalzt, wobei das Ueberheben nur um den Durchmesser der mittleren Walze zu
                              geschehen hat. Der vorstehende Kopf der untersten Walze C ist bei a mit einer cylindrischen Warze
                              versehen, welche sich in der gabelförmigen Durchbrechung des zweiarmigen Hebels E, E' bewegt, aber nicht herausbegeben kann. Dieser
                              Hebel ist um den im Ständer befestigten Bolzen e'
                              drehbar; ein anderer cylindrischer Bolzen e verbindet
                              das freie Hebelende mit der Hebstange F. Diese ist durch
                              eine Zugstange f'' mit dem Winkelhebel f, f' in Verbindung gebracht, kann demnach mit dem
                              Handgriffe bei f mit ihrem oberen Ende der vorstehenden
                              horizontalen Stange h' nach Belieben genähert werden.
                              Bei h ist eine durch beide Ständer gehende Achse, und
                              diese trägt an beiden vorstehenden Enden mit ihr fest verbundene Arme H, welche unter sich mit Verbindungsstangen h und h'' versehen sind. An
                              h'' sind zwei Hebestangen 
                              g'', auf jeder Seite eine, und an diese ist der
                              Walztisch G gehängt. Die um a drehbare Unterstützungsstange K ist durch
                              die Zugstange k'' mit dem Winkelhebel k, k verbunden, kann also mittelst des Handgriffes bei
                              K der durchlaufenden und auch am andern Ende
                              vorstehenden Stange h beliebig genähert oder von ihr
                              entfernt werden.
                           Sind die Walzen im Gange, so wird die Hebestange F durch
                              die Warze a in beständiger auf- und
                              niedergehender Bewegung erhalten, der Walztisch jedoch davon unberührt bleiben. Wenn
                              dagegen der Arbeiter bei dem Handgriffe f aufhebt,
                              gelangt das obere achseiförmige Ende der Hebstange F
                              unter das vorragende Ende der Stange h', wodurch der
                              Walztisch G gehoben wird. Ist der Hub des Walztisches
                              vollendet, so wird der Rückgang desselben durch die Spreizstange K gesperrt, wonach die Hebestangen F allein niedergehen und durch die Ueberwucht des
                              Gewichtes vom Handgriff f wieder nach rückwärts gelehnt
                              werden. Soll nach übergehobenem Walzstücke der Walztisch gleichfalls wieder
                              zurücksinken, so wird durch Aufheben am Handgriffe k die
                              Spreizstange K ausgerückt, wonach der Tisch mit den
                              Hängestangen durch das eigene Gewicht in die ursprüngliche Lage, d.h. in gleiche
                              Höhe mit der untersten Walze, zurückfällt. Durch Stifte g, welche sich an beiden Enden in entsprechend construirten bogenförmigen
                              Spuren L, L' gleitend bewegen, erhält das untere Ende
                              der Hebestange g'' die gleiche bogenförmige Bewegung mit
                              dem oberen Ende bei h''. Durch diese Anordnung wird der
                              Walztisch beständig horizontal erhalten.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
