| Titel: | Ueber die Reactionen beim Verfrischen des Roheisens auf Stahl und Schmiedeeisen; von Hrn. Lan, Professor der Metallurgie an der Bergschule zu St. Etienne. | 
| Autor: | Lan | 
| Fundstelle: | Band 156, Jahrgang 1860, Nr. XCVI., S. 366 | 
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                        XCVI.
                        Ueber die Reactionen beim Verfrischen des
                           Roheisens auf Stahl und Schmiedeeisen; von Hrn. Lan, Professor der Metallurgie an der Bergschule zu
                           St. Etienne.
                        (Fortsetzung von S. 302 des vorhergehenden
                           Heftes.)
                        Lan, über die Reactionen beim Verfrischen des Roheisens auf Stahl
                           und Schmiedeeisen.
                        
                     
                        
                           II. Das Stahlpuddeln.
                           Der Verfasser stellt zunächst einige Betrachtungen über die Geschichte der Erfindung
                              des Stahlpuddelns an, welche hier größtentheils übergangen werden dürfen, besonders
                              da sie, so weit sie sich auf Deutschland beziehen, einiger Berichtigung zu bedürfen
                              scheinen. Er führt an, wie man Anfangs bald gewisse Zusätze als unerläßliche
                              Bedingung für das Gelingen, bald die Dimensionen des Ofens oder die Temperatur als
                              maßgebend gehalten habe, wie aber, nachdem gegen das Ende von 1854 oder den Anfang
                              von 1855 das Verfahren durch deutsche Arbeiter im Becken der Loire bekannt geworden
                              sey, man hier bald das Wesentliche aus allem Unnöthigen heraus erkannt habe.
                              Gegenwärtig werde in den meisten Hütten an der Loire, sowie in vielen großen Werken
                              in Frankreich und Belgien, das Stahlpuddeln in der Weise ausgeführt, wie es im
                              Folgenden angegeben ist.
                           Die Dimensionen des Ofens sind:
                           Horizontale:
                           Herd 1,5 bis 1,6 Met. Länge auf 1,35 bis 1,4 Met. größte
                              Breite.
                           Rost 0,9 bis 1 Met. lang, 0,9 Met, breit.
                           Große Feuerbrücke 0,7 bis 0,8 Met. breit, 0,25 bis 0,35
                              lang.
                           Kleine Feuerbrücke 0,34 bis 0,35 Met. breit,
                              übereinstimmend mit der Weite des Fuchses.
                           Verticale:
                           
                              
                                 Höhe des Gewölbes über dem Rost
                                 0,60 –
                                 0,75 Met.
                                 
                              
                                 Höhe der Brücke über dem Rost
                                 0,35 –
                                 0,45   „
                                 
                              
                                 Höhe der oberen Fläche beider Brücken über der
                                    Herdplatte
                                 0,35 –
                                 0,40   „
                                 
                              
                                 Höhe des Schlackenbodens über der Herdplatte 
                                 0,10 –
                                 0,15   „
                                 
                              
                                 Die wirkliche Höhe der Feuerbrücken über dem Herdboden
                                    folglich
                                 
                                 0,25   „
                                 
                              
                                 Höhe der Schwelle der Arbeitsthür über dem Boden
                                 0, 2 –
                                 0,25   „
                                 
                              
                                  Höhe des Gewölbes über dem Boden in der Achse der Arbeitschür
                                 0,65 –
                                 0,70 Met.
                                 
                              
                                 Höhe des Gewölbes am Fuchs
                                 0,55 –
                                 0,60   „
                                 
                              
                           In den Dimensionen unterscheiden sich also diese Oefen von den an der Loire
                              gebräuchlichen gewöhnlichen Puddelöfen nur durch ein niedrigeres und stärker
                              geneigtes Gewölbe.
                           Der Fuchs ist gewöhnlich etwas unter die Herdsohle gelegt und führt in einen
                              besondern Schornstein, der durch eine Klappe völlig verschlossen werden kann, damit
                              der Arbeiter immer den Zug vollständig beherrscht; letztere Bedingung ist vielleicht
                              von allen die wichtigste.
                           Der Boden dieser Oefen erfordert eine sehr sorgfältige Behandlung. Er wird gewöhnlich
                              aus verbrannten Eisenabfällen gemacht,In einigen Hütten benutzt man hiezu reiche und schwerflüssige Eisenerze, z.B.
                                    gewisse Rotheisensteine. die man nach jeder Charge theilweise erneuern muß, und muß eine gewisse
                              Dicke haben, damit die Eisenplatte, welche ihn trägt, von der Hitze nicht zu viel
                              leidet, doch darf er auch nicht zu dick seyn, damit er leichter durch die äußere
                              Luft abgekühlt werden kann. Die Seitenwände und die Feuerbrücken bestehen aus
                              gußeisernen Canälen, welche im Innern mit Schlacken bekleidet, nach Außen in die
                              Mauerung eingelassen sind, und in welchen entweder Wasser oder Luft circulirt; die
                              letztere Abkühlung wird im Allgemeinen vorgezogen, weil sie mit einem weniger großen
                              Aufwand von Brennmaterial verknüpft ist (s. weiter unten).
                           Zum Stahlpuddeln wählt man dieselben Roheisensorten, welche früher in den
                              Frischherden benutzt wurden, nämlich solche die reich an Mangan sind und wenig oder
                              gar kein Silicium, Schwefel und andere Verunreinigungen enthalten, vor Allem aber
                              bei heißem Gange erblasen sind, wie das Roheisen aus Afrika, Corsita und von der
                              Isère.
                           Der Verf. hat die Verarbeitung eines Satzes, welcher aus 80 Kil. Eisen von Allelik
                              und 120 Kil. von Sollenzara bestand, beobachtet; ersteres war grau und sehr
                              graphithaltig, letzteres halbirt.
                           Erste Periode. Das Einsetzen. Nachdem der Herd
                              ausgebessert oder von Neuem gemacht und dem Ofen eine gute Weißglühhitze gegeben
                              ist, werden 26 bis 30 Kil. Hammerschlag und Walzensinter hineingeworfen. Die Menge
                              dieser Zuschläge richtet sich nach der Beschaffenheit des zu verarbeitenden
                              Roheisens; diejenigen Sorten welche, wie das weiße Eisen, für sich allein eine
                              beträchtliche Menge Schlacken bilden, erfordern nur 15 bis 20 Kil. Zuschläge,
                              während die grauen, graphitreichen, 30 bis 35 Kil. nöthig machen. Hierauf wird das Roheisen
                              eingesetzt; die vom Verf. beobachtete Charge betrug 200 Kil.; gewöhnlich gibt man,
                              um sicherer zu gehen, eine Charge von nur 170 bis 180, ja selbst von 160 Kil.
                           Zweite Periode. Das Einschmelzen. Nachdem nun der Rost
                              gesäubert und völlig mit Kohlen bedeckt, die Essenklappe geöffnet und die
                              Arbeitsthür fest geschlossen ist, beginnt das Einschmelzen des Eisens bei vollem
                              Feuer. Während dieser ganzen Periode werden alle 12 oder 14 Minuten neue Kohlen
                              aufgegeben; nach 12 oder 15 Minuten sind die Zuschläge geschmolzen und bilden eine 2
                              bis 3 Decimeter hohe Schicht, und schon jetzt sieht man vom untern Theil der
                              erweichten Eisenstücke an sich einige Gasblasen und Flämmchen entwickeln. Nach der
                              ersten Viertelstunde muß der Arbeiter alle Eisenstücke umwenden; sie sind erst nach
                              40 bis 45 Minuten nach dem Einsetzen völlig niedergeschmolzen. Alsdann herrscht im
                              Ofen eine sehr lebhafte Weißglühhitze und der Satz ist vollkommen flüssig, an
                              einzelnen Stellen sieht man einige Gasblasen aufsteigen. Die darin gezogenen Furchen
                              schließen sich augenblicklich. Beim Berühren des eingeschmolzenen Eisens entstehen
                              an den Haken mehr oder weniger Funken und an dieser Eigenthümlichkeit läßt sich
                              erkennen, ob das Eisen weniger oder mehr zum Frischen geneigt ist.
                           Das Umrühren darf nicht eher beginnen, als bis das Bad
                                 vollkommen flüssig ist.
                           Dritte Periode. Umrühren bei erniedrigter Temperatur. Feinen
                                 des Roheisens. Während das Register fast vollständig verschlossen ist und
                              eine stark rauchende Flamme aus der Arbeitsthür hervorbricht, wird mit dem Umrühren
                              begonnen. Nach 15, 20 oder 30 Minuten verdickt sich hierbei der Satz beträchtlich
                              und fängt an aufzusteigen, läßt sich aber während dieser ganzen Zeit noch völlig
                              umrühren und der Haken sprüht Funken, so lange noch unverändertes flüssiges Eisen
                              vorhanden ist.
                           Von größter Wichtigkeit ist es, daß beim Beginn dieser Periode der Ofen heiß genug
                              ist, damit die Verminderung des Zuges keine zu plötzliche Abkühlung bewirkt. Wenn
                              die Oefen durch Abnutzung sich erweitert haben (was besonders gegen Ende der Woche
                              der Fall ist) und daher langsam heiß und schnell wieder kalt werden, kann man
                              beobachten daß der Satz an der Oberfläche sich plötzlich verdickt, indem sich hier
                              ein Gemisch von Eisen und Schlacke bildete, das Uebrige aber, durch diese Decke
                              besser vor der Abkühlung geschützt, flüssig bleibt und fortfährt Funken zu geben. In
                              diesem Falle muß der Arbeiter durch Wiederöffnen der Klappe die Hitze wieder
                              verstärken; der von der Schlacke umgebene Theil des Eisens wird aber alsdann unter
                              partiellem Aufkochen gefrischt, während der flüssig gebliebene keine wesentliche
                              Veränderung erleidet und auf diese Weise die Bildung eines homogenen Productes
                              unmöglich wird. Derselbe Uebelstand tritt zuweilen auch beim Beginn der Woche ein,
                              wenn die Oefen noch nicht heiß genug gehen. – Aus diesem Grunde verarbeitet
                              man im Anfange und am Ende der Woche einige Chargen auf Eisen; in anderen
                              Stahlwerken dagegen, wo man die Schlacken in derselben Beschaffenheit erhalten will,
                              läßt man lieber den Ofen leer.
                           Wenn aber der Ofen beim Anfang der dritten Periode recht heiß war und recht tüchtig
                              gepuddelt worden ist, so vermengen sich unter allmählicher Abkühlung die einzelnen
                              Schlacken – und Eisenmolecüle gewissermaßen zu einem Ganzen und es entsteht
                              eine teigige Masse, die sich aufbläht und allmählich steigt. Dann wird die
                              Essenklappe wieder geöffnet und es beginnt die vierte Periode.
                           Die Zeit, wie lange das Register geschlossen bleiben muß, hängt von der Natur des
                              Roheisens ab. Wenn schwerfrischendes Eisen, wie es das meiste graue ist, verarbeitet
                              wird, so wird es zur Zeit der Verdickung noch etwas roh seyn und diese Periode muß
                              daher etwas länger dauern, da sonst, sobald beim Anfang der vierten Periode wieder
                              stärkere Hitze gegeben wird, das Eisen wieder flüssig werden könnte und die Charge
                              wieder scheinbar zurückgehen würde. – Weißes Eisen dagegen steigt außerordentlich leicht.
                           Vierte Periode. Das Aufkochen. Umrühren bei zunehmender
                                 Hitze. Wenn der durch das Vereinigen der Schlacken mit Eisentheilchen steif
                              gewordene Satz zu steigen anfängt, wird das Register etwas geöffnet und nach und
                              nach stärkeres Feuer gegeben. Das Aufkochen wird nun immer stärker; der Satz, der
                              bis dahin ziemlich tief unter der Arbeitsthür war, steigt rasch bis über die
                              Schwelle derselben, ja scheint zuweilen sich bis unter das Gewölbe des Ofens zu
                              erheben und zugleich zeigen sich auf der kochenden Oberfläche zahlreiche Flammen von
                              verbrennendem Kohlenoxydgas. Währenddessen muß fleißig mit dem Haken umgerührt
                              werden. Man sieht zahlreiche feste Körner auf und nieder steigen, die anfangs roth
                              sind, aber immer mehr weiß und zu gleicher Zeit immer schweißbarer werden. –
                              Nach 20 bis 25 Minuten nimmt dieses heftige Aufkochen ab, der Puddler sammelt die
                              einzelnen Stahlkörner, wendet sie in der Schlacke um und drückt sie aneinander; das
                              Aufkochen hört nun fast ganz auf, während das Register, welches bis dahin allmählich
                              bis zur Hälfte oder Dreivierteln geöffnet worden war, wieder geschlossen wird und
                              die fünfte Periode beginnt. Zuvor wird der Feuerherd so mit Kohlen versorgt, daß man
                              ihn, bis die Arbeit beendigt ist, nicht wieder anzurühren braucht.
                           
                           Fünfte Periode. Das Luppenmachen. Der Puddelmeister
                              vereinigt die fertigen Stahltheilchen innerhalb der Schlacken und bildet daraus die
                              erste Luppe von etwa 30 bis 40 Kit.; sobald diese fertig zusammengeschweißt ist,
                              wird sie aus dem Ofen gezogen und unter den Hammer gebracht, und häufig von dort
                              sogleich in das Walzwerk. Ebenso wird mit den übrigen 5 oder 6 Luppen verfahren; die
                              letzte wird gewöhnlich abgelöscht und nach ihrem Bruch die Arbeit jeder einzelnen
                              Charge beurtheilt.
                           Die fünfte Periode darf nicht über 5 oder 6 Minuten dauern, weil die Schlacken zu
                              dieser Zeit im Herde eine nur wenige Centimeter hohe Schicht bilden, und deßhalb die
                              Luppen nicht vollständig vor der Einwirkung der Luft schützen können, durch welche
                              sie bei längerem Verweilen im Ofen sehr verändert werden, wenn auch das Register
                              völlig geschlossen ist.
                           Aus dem Vorhergehenden ergibt sich, daß die ganze Arbeit 1 3/4 bis 2 Stunden dauert,
                              indem sich diese Zeit auf die einzelnen Perioden folgendermaßen vertheilt:
                           
                              
                                 Erste Periode,
                                 das Ausbessern des Herdes und Einsetzen
                                   7 Minuten
                                 
                              
                                 Zweite   „
                                 das Einschmelzen
                                 40 – 45 Min.
                                 
                              
                                 Dritte     „
                                 das Feinen
                                 25 – 30  „
                                 
                              
                                 Vierte    „
                                 das Aufkochen
                                 20 – 25  „
                                 
                              
                                 Fünfte   „
                                 das Luppenmachen
                                   6 –  8  
                                    „
                                 
                              
                                 Zwischenzeit zweier Chargen
                                   5 Minuten
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 Summa
                                 1 Stunde 43' – 2 Stunden.
                                 
                              
                           Bei einer guten Arbeit beträgt der Abgang 4 bis 5 Proc. vom eingesetzten Roheisen; im
                              ungünstigsten Falle, besonders wenn weißes Eisen verarbeitet wurde, oder wenn die
                              Charge nicht völlig flüssig geworden ist, steigt er wohl auf 10 bis 12 Proc.
                              – Der Arbeitslohn beträgt für 100 Kit. gezängter Luppen 1 1/2 bis 2 Francs.
                              – Der Kohlenverbrauch schwankt zwischen 130 und 150 Kil. Kohlen auf 100 Kil.
                              Stahl; erstere Zahl findet bei Luftkühlung, letztere bei Wasserkühlung statt.
                           Der nach dem beschriebenen Verfahren auf einem aus verbranntem Eisen hergestellten
                              Herde und mit nur aus Hammerschlag bestehenden Zuschlägen erhaltene Stahl ist etwas
                              weich und auf dem Bruch oft dem körnigen Eisen ähnlicher als wirklichem Stahl. Er
                              eignet sich zu großen Maschinentheilen, zu Schienen etc.
                           Um ihn aber für die Zwecke zu verwenden, für welche der alte mit Holzkohlen erhaltene
                              Rohstahl gebraucht wurde, ist eine sehr sorgfältige Auswahl nöthig, wobei alle zu
                              weichen und dem Eisen zu ähnlichen Sorten zu verwerfen sind, da diese bei der
                              ferneren Verarbeitung schieferig oder unganz werden, und nur die harten und ein entschiedenes
                              Stahlkorn zeigenden Stücke ausgewählt werden dürfen. Diese sind aber in geringerer
                              Menge vorhanden, und um sie zu erhalten, scheint graues, etwas siliciumreiches Eisen
                              am zweckmäßigsten zu seyn. Wir werden später sehen, durch welche Mittel man zu
                              größerer Härte und Gleichmäßigkeit gelangen kann; zuvor wird es zweckmäßig seyn, das
                              Wesen der chemischen Reactionen während des Puddelprocesses auseinander zu setzen,
                              wie sie sich aus den Analysen ergeben.
                           Das dem Puddeln unterworfene Roheisen enthielt die folgenden Mengen Kohlenstoff,
                              Silicium und Mangan:
                           
                              
                                 
                                 Allelik.
                                 Sollenzara.
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                 3,65
                                 4,20
                                 
                              
                                 Silicium
                                 1,13
                                 2,06
                                 
                              
                                 Mangan
                                 2,11
                                 Spur
                                 
                              
                           Ein sehr geringer Gehalt an Schwefel wurde nicht genau bestimmt; von Phosphor und
                              Kupfer fand sich keine Spur. – Hiernach enthält das eingesetzte Eisen
                              durchschnittlich:
                           
                              
                                 Kohlenstoff
                                 3,980
                                 
                              
                                 Silicium
                                 1,658
                                 
                              
                                 Mangan
                                 1,055
                                 
                              
                           Die Zuschläge bestanden, wie oben bemerkt, aus Hammerschlag und Walzensinter, und
                              enthielten 90 bis 92 Proc. Eisenoxydoxydul; den Rest bildete etwas Schlacke, Sand
                              und andere Verunreinigungen.
                           Es wurden aus dem Satz zu drei verschiedenen Zeitpunkten Proben genommen, und zwar
                              die beiden ersten von drei verschiedenen Stellen des Bodens:
                           1) Nach dem Ende der ersten Periode; der ganze Satz war
                              vollkommen flüssig und in schwach wallender Bewegung durch einige aufsteigende
                              Gasblasen. (Eisen I a, I b
                              und I c; Schlacke I.)
                           2) Eine Viertelstunde später; es war noch keine Verdickung
                              eingetreten und das Aufkochen noch sehr schwach. (Eisen II a, II b u. II c.)
                           3) 25 oder 30 Minuten später, während des stärksten Aufkochens;
                              vom Eisen und von der Schlacke konnten keine getrennten Proben genommen werden,
                              beides mußte nach dem Erkalten der Probe von einander ausgeschieden werden. (Eisen
                              III a, b, c; Schlacke III.)
                           4) Endlich wurde, nachdem die Luppen herausgenommen waren, eine
                              Probe von der auf dem Boden zurückgebliebenen Schlacke genommen. (Schlacke IV.)
                           
                           Die Schlacken bestanden aus:Es muß auch hier bemerkt werden, daß sie geringe Mengen Eisenoxyd und
                                    metallisches Eisen enthielten.
                              
                           
                              
                                 
                                 
                                 I
                                 II
                                 III
                                 IV
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 
                                 14,50
                                 17,50
                                 15,00
                                 14,50
                                 
                              
                                 Eisenoxydul
                                 
                                 83,12
                                 81,14
                                 82,00
                                 83,50
                                 
                              
                                 Manganoxydul,Spuren anderer Basen
                                 
                                    
                                    
                                   2,38
                                   1,36
                                   3,00
                                   2,00
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 100,00
                                 100,00
                                 100,00
                                 100,00
                                 
                              
                           Der Sauerstoff in den Basen verhält sich zu dem in der Kieselsäure wie 2 bis 2,5 :
                              1.
                           Die Eisenproben enthielten:
                           
                              
                                 
                                 I
                                 II
                                 III
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                    a
                                    
                                 
                                 
                                    b
                                    
                                 
                                    c
                                    
                                 
                                    a
                                    
                                 
                                    b
                                    
                                 
                                    c
                                    
                                 
                                    a, b, c
                                    
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                 
                                    
                                    
                                 5,305,25
                                 
                                    
                                    
                                 5,15
                                 5,18
                                 4,75
                                 4,66
                                 4,66
                                 3,50
                                 
                              
                                 Silicium
                                 
                                 im Mittel
                                 1,059
                                 0,48
                                 0,48
                                 0,48
                                 0,20
                                 
                              
                                 Mangan
                                 
                                 im Mittel
                                 0,716
                                 nicht best.
                                 0,30
                                 0,05
                                 Spuren
                                 
                              
                           Es ergibt sich hieraus zunächst, daß die Schlacke sich vom Anfang bis zum Ende der
                              Arbeit sehr wenig verändert, indem sie in den mittleren
                              Perioden um ein Geringes weniger basisch ist, und außerdem, daß sie sehr reich an Eisenoxydul ist. Beides hat offenbar seinen
                              Grund darin, daß der Boden des Ofens aus Hammerschlag besteht, welcher beim
                              Verbrennen des Brucheisens entstanden ist; hierdurch wird die Schlacke stets auf dem
                              Maximum der Sättigung erhalten, während die aus Kohlenlösche bestehenden Wände des
                              Nives'schen Frischherdes eine gerade entgegengesetzte Wirkung ausüben mußten. Die
                              Verschiedenheit der bei beiden Verfahren fallenden Schlacken wird ferner noch
                              dadurch bedingt, daß beim Herdfrischen die Asche des Brennmaterials in die Schlacke
                              gelangt und dabei häufig die Schlacke durch einen geringen Zusatz von Quarz roher
                              gemacht wird.
                           In Betreff des Eisens ergibt sich aus den Analysen, daß zu Ende der zweiten Periode,
                              wenn der Satz vollkommen flüssig geworden ist, der
                                 Kohlenstoffgehalt um ein Viertel höher als im eingesetzten Roheisen ist, während
                                 Silicium und Mangan um den dritten Theil abgenommen haben. – Diese
                              Beobachtung stimmt vollkommen mit den Angaben von Calvert
                              und JohnsonPolytechn. Journal Bd. CXLVI S.
                                       121. überein, welche fanden, daß im Eisen nach dem
                              Einschmelzen im Puddelofen der Kohlenstoffgehaltum beinahe 1/6 zugenommen hatte
                              und der Siliciumgehalt um etwas mehr als 1/3 vermindert war.In Betreff des Siliciums und Mangans vergl. man meine Beobachtungen im
                                    polytechn Journal Bd. CLV S. 22 und
                                    119.List.
                              
                           Um die Anomalie zu erklären, welche darin liegt, daß der Kohlenstoffgehalt wachsen
                              soll, während doch das Eisen der oxydirenden Einwirkung unterworfen ist, welche
                              sowohl die basischen Schlacken, als die bei dem vollen Zuge mit den
                              Verbrennungsgasen durch den Ofen strömende Luft ausüben müssen, und in der That die
                              in den Schlacken vereinzelt aufsteigenden Luftblasen eine partielle Entkohlung des
                              Eisens anzeigen, weist der Verf. zunächst auf die Schwerverbrennlichkeit des
                              Graphits hin, die Jedem aus Erfahrung bekannt ist, welcher den Rückstand von der
                              Einwirkung von Säuren oder Chlor auf graphitreiches Roheisen verbrannt hat, und
                              erinnert an die von Valerius (Roheisenfabrication, 1851,
                              S. 20) mitgetheilten Versuche, welche zeigen, daß der im Roheisen enthaltene freie
                              Kohlenstoff oder Graphit von den Oxyden des Eisens bei hoher Temperatur nur sehr
                              langsam oder unbedeutend oxydirt wird, sowie auch, daß zum Adouciren des Eisens
                              durch oxydirende Pulver weißes Eisen oder gewisse graphitarme Sorten gewählt werden
                              müssen. Alsdann macht er auf zwei Beobachtungen von Karsten und von Deville aufmerksam, um zu
                              zeigen, daß Roheisen Graphit aufzulösen vermag. Karsten
                              brachte Roheisen, welches 0,6253 chemisch gebundenen Kohlenstoff und 3,3119 Graphit
                              (zusammen 3,9372 C) enthielt, mit Schwefel zusammen, und
                              erhielt unter einer Decke von Schwefeleisen, Spiegeleisen mit 6,4878 gebundenem
                              Kohlenstoff; es hatte also, während ein Theil des Eisens sich mit dem Schwefel
                              verband, der Rest sich mit Graphit gesättigt, indem dieser in chemisch gebundenen
                              Kohlenstoff überging. Deville hat gezeigt, daß sich der
                              Graphit im Eisen unter Einfluß eines andern Grundstoffes auflöst, indem er
                              Chlorkohlenstoff über in einem Porzellanschiffchen geschmolzenes Roheisen leitete.
                              Hierbei wurde der Chlorkohlenstoff zersetzt und der hierdurch freigewordene
                              Kohlenstoff vom Eisen bis zur Sättigung aufgelöst. Diese Sättigung tritt ein, sowohl
                              weil der Chlorkohlenstoff fortwährend neuen Kohlenstoff liefert, als auch weil das
                              Eisen sich als Chlorverbindung verflüchtigt. Nach einiger Zeit bedeckte sich die
                              Oberfläche des Metalles mit kleinen hexagonalen schillernden Blättchen, welche an
                              Glanz den künstlichen Graphit bedeutend übertrafen. – In beiden Fällen ist
                              die Concentrirung durch Auflösen des Kohlenstoffs im Gußeisen durch die Vermengung
                              des Eisens mit einem Grundstoffe bewirkt, zu dem es eine große Verwandtschaft besitzt, und
                              welcher mit ihm Verbindungen bildet, die sich sogleich nach ihrer Entstehung aus der
                              Masse ausscheiden.
                           Die geringe Oxydirbarkeit des Graphits durch den freien Sauerstoff oder die in der
                              Schlacke enthaltenen Oxyde, neben seiner Leichtlöslichkeit in auch mit Kohlenstoff
                              gesättigtem Eisen, reicht hin, um die Vermehrung des Kohlenstoffgehaltes während der
                              ersten Periode des Puddelprocesses zu erklären. Während beim Einschmelzen von grauem
                              oder halbirtem Roheisen an der Oberfläche der einzelnen Stücke das Eisen, das
                              Silicium und Mangan, welche zum Sauerstoff eine große Affinität haben, oxydirt und
                              von der Schlacke aufgenommen werden, löst sich der Graphit im Rest des Eisens auf,
                              indem sich dieses dadurch mit chemisch gebundenem Kohlenstoff sättigt. – Der
                              Sauerstoff spielt hier also dieselbe Rolle, wie bei den Versuchen von Karsten und Deville der
                              Schwefel und das Chlor. – Eine Bestätigung dieser Ansicht liefert das
                              verschiedene Verhalten, welches graues und weißes Eisen beim Erhitzen an der Luft
                              zeigen. – Wenn man endlich berechnet, wieviel Eisen verbrennen muß, um diese
                              Anhäufung des Kohlenstoffs zu bewirken, so ergibt sich eine keineswegs zu hohe Zahl,
                              da man außer dem gewöhnlichen beim Puddeln stattfindenden Abgang noch
                              berücksichtigen muß, daß ein Theil des anfangs auf diese Weise entstandenen Oxydes
                              später wieder reducirt wird.
                           Bei dem Rives'schen Herdfrischen konnte begreiflicherweise beim Einschmelzen keine
                              Zunahme des Kohlenstoffgehaltes stattfinden, weil während dieser Zeit der Sauerstoff
                              keinen Zugang hatte.
                           Diesem Einfluß der Luft auf den Boden des Ofens muß man es auch besonders
                              zuschreiben, daß es schwer ist weißes Eisen, ja selbst Spiegeleisen für sich allein
                              auf Stahl zu verarbeiten; es folgt daraus, daß man dazu besonders das graue,
                              graphitreiche Eisen auswählt.
                           Es ergibt sich also am Ende der zweiten Periode ein flüssiges
                                 Eisen, in welchem der ganze Kohlenstoff des Satzes concentrirt ist. Wegen
                              der stattgehabten Auflösung des Graphits ist sämmtlicher Kohlenstoff als
                              chemisch-gebunden vorhanden, mithin in dem Zustande, in welchem er am
                              kräftigsten reducirend auf die Oxyde in der das Eisen bedeckenden basischen Schlacke
                              einwirkt.
                           Die dritte Periode ist durch eine Erniedrigung der
                              Temperatur bezeichnet; das Rühren beginnt und bewirkt schließlich eine vollständige
                              Vermischung des Eisens mit der Schlacke.
                           Die zweite Probe zeigt, daß während einer Viertelstunde der Kohlenstoffgehalt von
                              5,20 (im Mittel) auf 4,66 gesunken ist. Das Silicium ist um mehr als die Hälfte, das
                              Mangan um mehr als ein Drittel vermindert; beide fahren also fort schneller als der
                              Kohlenstoff zu verschwinden. – Die Schlacke hat sich nur wenig verändert, doch
                              ist sie etwas weniger basisch geworden. Nun ist aber seit dem Beginn der zweiten
                              Periode das Eisen von der Schlacke bedeckt oder eingehüllt, so daß die Luft nicht
                              hinzutreten kann; die Entwickelung von Kohlenoxydgas sowie das schwache Roherwerden
                              der Schlacke zeigt also an, daß zu dieser Zeit nur von der
                                 Schlacke auf das Eisen eine frischende Einwirkung ausgeübt wird. So lange
                              aber das Eisen und die Schlacke vollkommen flüssig sind, muß der Unterschied im
                              specifischen Gewicht eine fortwährende Absonderung bewirken und ihre gegenseitige
                              Einwirkung kann daher nur sehr langsam fortschreiten. Man kann daher auch in diesem
                              Zustande das Eisen vollkommen frischen, doch nur mit einem großen Aufwand an Zeit
                              und Brennmaterial und bei bedeutendem Abgang. Gewöhnlich wird durch eine Mäßigung
                              der Hitze die vollständige Vermischung der Schlacke mit dem Eisen bewirkt.
                           Die im weiteren Verlauf der Arbeit eintretende allmähliche Steigerung der Hitze macht
                              dann die Masse wieder flüssig, während zugleich auch mehr Luft in den Ofen
                              tritt.
                           Vierte Periode. Die zu dieser Zeit vom Eisen genommene
                              Probe (Nr. III) zeigt, daß jetzt der Rest von Silicium und Mangan sich ausscheidet
                              und der Kohlenstoffgehalt rasch von 4,66 auf 3,50 sinkt. Von nun an wird es schwer,
                              richtige Proben zu erhalten, weil das Aufkochen die Eisen- oder Stahlkörner
                              durch die ganze Masse zerstreut erhält, doch macht eine aufmerksame Betrachtung des
                              Zustandes in welchem sich der Satz befindet, es unzweifelhaft, daß die Veränderung
                              im Eisen, welche durch die Proben III angedeutet wird, noch durch dieselben
                              Einflüsse bewirkt wird. Die Eisenkörner sind von der Schlacke vollständig
                              eingehüllt; sie erweichen anfangs wieder, werden aber bald wieder fest, indem von
                              allen Seiten der Sauerstoff des in den Schlacken enthaltenen Oxydes auf sie
                              einwirkt. Der atmosphärische Sauerstoff kann nur schwer eine einigermaßen bedeutende
                              Einwirkung auf sie ausüben; dagegen wird einerseits in der Entwickelung des
                              Kohlenoxydgases in Folge der Reduction der Schlacken durch den Kohlenstoff und
                              andererseits in dem Uebergang des aus ihnen reducirten Eisens in das Eisen des
                              Einsatzes, eine doppelte Erklärung für die Abnahme des Kohlenstoffgehalts
                              gegeben.
                           Durch das Umrühren wird eine Vereinigung der allmählich immer mehr stahlartig und
                              schweißbar werdenden Eisentheilchen zu größeren Körnern verursacht und hierdurch die
                              Berührungspunkte des Stahls mit der Schlacke vermindert, also auch ihre Einwirkung
                              auf einander gemäßigt. Das Aufkochen nimmt ja auch von jetzt an immer mehr ab; die
                              Schlacke breitet sich
                              auf dem Boden aus, während einzelne Stahltheile sich aus ihr erheben, so daß sie
                              jetzt zum erstenmal seit dem Ende der zweiten Periode der Einwirkung der Luft
                              ausgesetzt ist. Die Essenklappe wird kurz vor dem Ende dieser Periode etwas
                              herabgelassen, um das Einströmen der Luft zu mäßigen.
                           Fünfte Periode. Beim Luppenmachen beeilt sich der Puddler
                              so viel als möglich, während die Klappe fast ganz geschlossen ist. Bei aller
                              Vorsicht kann aber dennoch eine Entkohlung nicht ganz vermieden werden; sie zeigt
                              sich am stärksten bei den zuletzt aus dem Ofen kommenden Luppen, indem sie immer
                              weniger hart als die ersten sind. Doch schreibt der Verf. auch diese Wirkung nicht
                              allein der Luft zu; da die Stahlmassen beim Umwälzen in der Schlacke sich mit dieser
                              wie mit einem Firniß überziehen, so hält er es für wahrscheinlich, daß die
                              Entkohlung vielleicht eben so sehr durch die länger fortdauernde Einwirkung der
                              Schlacke, wie durch den Einfluß der Luft bewirkt wird. Diese Einwirkung dauert noch
                              fort bis zum Zangen unter dem Hammer, wie es die Flammen von Kohlenoxyd beweisen,
                              welche während dieser Manipulation aus den Luppen hervorbrechen. – Wenn man
                              übrigens berücksichtigt, wie in kurzer Zeit die Luppen fertig werden, und daß
                              unterdessen die Klappe geschlossen ist, so wird es unwahrscheinlich, daß durch die
                              Luft hierbei ein beträchtlicher Abgang bewirkt wird. Eine Ursache zum größeren
                              Verlust liegt darin, daß die Eisentheilchen durch die ganze Schlackenmasse zerstreut
                              waren und deßhalb theilweise beim Luppenmachen selbst einem aufmerksamen Arbeiter
                              entgehen können.
                           Der gesammte beim Stahlpuddeln nach dem beschriebenen Verfahren eintretende Abgang
                              hat unzweifelhaft seinen Grund theils in dem Ausscheiden von 5 bis 6 Procent
                              Kohlenstoff, Mangan und Silicium (und Sand), theils in der während der zweiten
                              Periode stattfindenden Oxydation eines Theils des Eisens, wogegen dasjenige
                              gerechnet werden muß, was durch die aus dem Roheisen austretenden Stoffe reducirt
                              werden kann. Zu diesen Hauptursachen kommen noch zufällige Verluste durch Oxydation
                              während des Verlaufs der Arbeit und durch die in der Schlacke zurückbleibenden
                              Stahltheilchen hinzu.
                           Diese Ursachen müssen beim Herdfrischen jedenfalls einen größeren Abgang bewirken,
                              als beim Puddeln, da hier mit Ausnahme der zweiten Periode die Einwirkung der Luft
                              verhindert und die Temperatur viel regelmäßiger erhalten werden kann. – Wenn
                              man beim Puddeln rasch einschmilzt und leichtflüssiges Roheisen wählt, so wird man
                              ein dem Gewicht des Roheisens gleiches Gewicht Stahl aus dem Ofen erhalten
                              können.
                           
                           Fassen wir die bisherigen Resultate des Stahlpuddelprocesses zusammen, so ergibt
                              sich:
                           1) Daß hierzu leichtflüssiges Roheisen erforderlich
                                 ist.
                           Die grauen graphitreichen Sorten sind in dieser Beziehung am vorzüglichsten, doch
                              kann man auch Gemenge von graphitreichem mit halbirtem und etwas weißem Roheisen
                              verwenden.
                           2) Das Roheisen wird anfangs vollkommen flüssig. Während
                              des Ueberganges in den flüssigen Zustand ist es der oxydirenden Einwirkung der Luft
                              ausgesetzt, es wird daher ein Theil des Eisens oxydirt, der nun mit einem großen
                              Theil des Siliciums und Mangans sich zu einem Silicat vereinigt und als Schlacke
                              niederschmilzt; dagegen wird der Kohlenstoff im Eisen concentrirt, indem er fast vollständig in den chemisch gebundenen Zustand übergeht,
                              wodurch also das Eisen weiß, kohlenstoffreicher und folglich
                                 leichtflüssiger wird.
                           3) Während des Einschmelzens bedeckt sich das Eisen mit
                                 basischer Schlacke, welche fast nur aus einem Eisensilicat besteht, und theils
                                 von dem Zuschlag von Hammerschlag und Walzensinter, theils von dem beim
                                 Einschmelzen oxydirten Eisen geliefert wird. Da das Eisen von nun an mit
                              Schlacke bedeckt und also von der Luft abgeschlossen ist, wird das Frischen nur
                              durch die Einwirkung der Schlacken bewirkt. Die Entkohlung schreitet anfangs, so
                              lange der Satz vollkommen flüssig ist, sehr langsam fort; man befördert sie, indem
                              man durch eine passende Abkühlung die Masse eindickt.
                           4) Die Luft kann während der ganzen Dauer des eigentlichen Frischprocesses nur
                              zufällig zum Eisen gelangen; selbst während des Luppenmachens dauert vielleicht
                              neben der directen Einwirkung der Luft noch die Wirkung der Schlacke fort.
                           5) Wegen der stark basischen Natur der Schlacken wird der Stahl leicht weich, indem
                              die Entkohlung leicht noch weiter fortschreitet, wenn die Eisentheilchen, nachdem
                              sie schweißbar geworden sind, noch lange der Wirkung der Schlacke ausgesetzt
                              bleiben.
                           6) Auch auf die Reinigung des Eisens von den übrigen Bestandtheilen des Roheisens,
                              welche von der Entkohlung wohl unterschieden werden muß, kann die basische
                              Beschaffenheit der Schlacke ungünstig einwirken. Wir haben gesehen, daß während des
                              Einschmelzens und auch noch in der dritten Periode, wo der Satz noch völlig flüssig
                              ist, das Silicium und Mangan viel rascher als der Kohlenstoff aus dem Eisen
                              austreten. Weiter unten wird gezeigt werden, daß wenn schwefelhaltiges Roheisen
                              lange genug mit vollkommen flüssiger basischer Schlacke umgerührt wird, der Schwefel
                              aus dem Eisen austritt, indem er sich als ein Sulfosilicat in der Schlacke aufzulösen scheint.
                              Ebenso haben schon vor längerer Zeit wiederholte Versuche, namentlich die von Berthier angestellten, gezeigt, daß beim
                              Durcheinanderrühren von flüssigem Roheisen mit Schlacken der Phosphor sich oxydirt
                              und eben so schnell wie das Silicium in die Schlacke übergeht. Da endlich auch die
                              Untersuchung des Rives'schen Frischverfahrens während der analogen Perioden ein
                              hiermit übereinstimmendes Resultat geliefert hat, so scheint es erwiesen zu seyn,
                              daß der völlig flüssige Zustand des Satzes die Ausscheidung der hauptsächlichsten
                              Verunreinigungen des Roheisens befördert, indem diese gewissermaßen von der Schlacke
                              angezogen werden, während er verhindert, daß die ganze Masse der in den Schlacken
                              enthaltenen Oxyde mit dem Eisen in die anhaltende Berührung kommt, welche zur
                              Entkohlung erforderlich ist. Also wird ein heißer Ofengang,
                                 ein vollkommen flüssiger Zustand des Satzes und ein mittlerer Gehalt der
                                 Schlacke an Oxyden des Eisens die Reinigung des Eisens befördern und die
                                 Entkohlung verzögern, während durch einen zu geringen Hitzegrad und eine zu
                                 basische Schlacke die Entkohlung auf Kosten der Reinheit beschleunigt wird.
                              Auch bei der späteren Bearbeitung der Luppen wird eine entkohlende Wirkung durch die
                              in ihnen noch enthaltene Schlacke unter gewissen Beschränkungen um so mehr zu
                              befürchten seyn, je weniger flüssig und je stärker basisch die Schlacke ist.
                           Ein heißer Ofengang und eine gute Schlacke sind also die Regel für das Stahlpuddeln,
                              ebenso wie für das Rives'sche Rohstahlfrischen.
                           In Beziehung auf die Qualität ergibt sich aus dem Vorhergehenden, daß das Puddeln auf
                              einem Herde aus Hammerschlag und verbranntem Eisen weder das sicherste, noch für
                              alle Eisensorten passendste Verfahren ist.Es wird wohl nicht nöthig seyn zu bemerken, daß man die Folgerungen aus
                                    einzelnen chemischen Analysen nicht zu sehr verallgemeinern darf. Man wird
                                    z.B. selbst bei Zusatz von Hammerschlag aus Roheisen, welches mehr Silicium
                                    enthält, als dasjenige, auf welches sich meine Analysen beziehen, eine
                                    weniger entkohlende Schlacke erhalten.Anm. d. Verf. Doch macht die Einrichtung des Ofens und die Eigenthümlichkeit der Arbeit
                              selbst jede Abänderung möglich, von welcher sich eine Verbesserung hoffen läßt, und
                              zwar ohne die Kosten des Ausbringens unverhältnißmäßig vermehren zu müssen.
                           Um anstatt eines etwas weichen Stahles aus denselben Roheisensorten härtern und
                              homogenern Stahl zu erzeugen, wird man den Herd aus den Schlacken von der Arbeit
                              selbst aufführen und Zusätze hinzufügen müssen, durch welche sie flüssiger und roher
                              erhalten werden und eine Zusammensetzung bekommen, welche mit derjenigen der Schlacken vom Herdfrischen
                              übereinstimmt. Wenn außerdem der Ofen heiß erhalten wird, so wird man beim Puddeln
                              nicht nur ein Product erhalten können, welches von gleicher Qualität wie der alte
                              mit Holzkohlen erhaltene Rohstahl ist, sondern man wird dieses, wie es die
                              Erfahrungen einiger Hütten schon bestätigt haben, auch wenigstens ebenso regelmäßig
                              erhalten. Man kann nicht glauben, daß, um diese Bedingungen zu erfüllen, Zusätze von
                              so complicirter Mischung nöthig sind, wie sie von verschiedenen Seiten vorgeschlagen
                              wurden, wenn man bedenkt, mit wie einfachen Mitteln beim Herdfrischen die Schlacke
                              verbessert wird – bald durch etwas Quarz oder Thon, bald durch etwas
                              Hammerschlag – oder, wenn man sieht, wie einige Hütten, welche dieselben
                              Mittel angewendet, ihrem Fabricat einen unveränderlichen Ruf erhalten haben,
                              inmitten der vielen sehr häufig zweifelhaften Producte, welche unter dem Namen Stahl
                              in den letzten Jahren den Markt bevölkert haben.
                           Was die flüssige Beschaffenheit und die entkohlende Wirkung der Schlacke betrifft, so
                              sind wenigstens einige der vorgeschlagenen Zusätze rationell unzulässig; doch bleibt
                              es zweifelhaft ob sie unter den gewöhnlichen Verhältnissen als Reinigungsmittel
                              kräftiger wirken als einfache Eisenschlacken.
                           So werden die verschiedenen Mischungen von Kochsalz, Braunstein und Thon, welche in
                              der vierten Periode in den Ofen gebracht werden, vor allem dazu dienen, die
                              namentlich bei manganarmem Eisen fast nur Eisen enthaltende und basische Schlacke
                              flüssiger, weniger entkohlend und der Herdfrischschlacke ähnlicher zu machen. Wenn
                              ein solches Gemenge wie gewöhnlich in der vierten Periode, d.h. während des
                              Aufkochens zugesetzt wird, so wird hierdurch ohne Zweifel eine stärkere
                              Gasentwickelung bewirkt werden. Der Sauerstoff, welcher durch die Hitze aus dem
                              Braunstein ausgetrieben und die Dämpfe in welche das Kochsalz verwandelt wird,
                              vermehren die Gasentwickelung, welche den Satz in die Höhe treibt. Der Sauerstoff
                              entweicht indessen zu schnell, um eine erhebliche Einwirkung auf die zu
                              verschlackenden Stoffe ausüben zu können; und das Kochsalz ist zu flüchtig und
                              seines geringen spec. Gewichts wegen zu schwer mit der Schlacke zu vermischen, um
                              auf das Eisen selbst einwirken zu können. Vor allem aber muß das Eisen in dieser
                              Periode schon in einem solchen Zustande der Reinheit sich befinden, daß die
                              reinigende Wirkung dieses Zusatzes bezweifelt werden muß, wenn es auch nicht
                              geläugnet werden kann, daß er einen physikalischen und mechanischen Einfluß ausüben
                              muß. – Anders würde es sich verhalten, wenn der Zusatz am Anfang der Arbeit
                              gemacht würde, da alsdann das Manganoxydul und die geringe Menge Natron, welches in die Schlacke
                              überginge, dieses ein größeres Vereinigungsstreben zum Schwefel, Phosphor und den
                              übrigen Verunreinigungen geben würde; alsdann würde aber die Wirkung der
                              Kochsalzdämpfe, welche während der Schmelzung entstehen, und der aus dem Braunstein
                              entwickelte Sauerstoff verloren gehen.
                           Was so eben über das am häufigsten angewendete Gemenge gesagt ist, gilt ebenso für
                              die übrigen Zusätze, welche in Vorschlag gebracht sind, wie Flußspath, Alkalisalze,
                              unterchlorigsaure Salze, Salpeter, Chlormetall u.s.w.
                           Bei dem Verfahren, welches wir ausführlicher untersucht haben, geschah der Zusatz von
                              gaarenden Zuschlägen zu Anfang beim Einsetzen des Eisens. Dieses Verfahren wird
                              nicht überall ausgeführt; in einigen deutschen und einigen französischen die
                              letzteren nachahmenden Hütten wird nach jeder Charge der Herd durch einige Eimer
                              Wasser abgekühlt um die Reparatur zu erleichtern, und das Eisen ohne Zusätze
                              eingesetzt. Wenn das Eisen eingeschmolzen ist, wird das Register einige Augenblicke
                              herabgelassen; obgleich alsdann immer etwas Schlacke vorhanden ist, welche durch die
                              oberflächliche Schmelzung der Herdsohle und der Wände entstand, so ist dieß doch
                              nicht ausreichend, weder zum Frischen noch zum Schutz des Eisens vor der Oxydation.
                              Man setzt daher Schlacken zu, gewöhnlich Schweißofenschlacken, deren Menge 1) von
                              dem mehr oder weniger flüssigen Zustande des Eisens, 2) von der im Ofen herrschenden
                              Hitze, 3) von der Menge schon vorhandener Schlacke abhängig ist. Diese Schlacken
                              werden in kleinen Mengen allmählich zugesetzt und hierdurch der Satz in teigigen
                              Zustand versetzt; man öffnet alsdann die Klappe und steigert die Hitze, so daß der
                              Satz wieder flüssig wird und das Aufkochen beginnt. Wenn man mit diesem Zusatz von
                              Schlacken aufgehört hat, und zuweilen wenn die Masse wieder zu schmelzen und
                              aufzukochen beginnt, werden 2, 3 bis 4 Kilogr. von einem Gemenge von 2 Th. Kochsalz
                              mit 1 Th. Braunstein eingetragen. Von diesem Zeitpunkt an wird die Arbeit wie
                              gewöhnlich ausgeführt.
                           Dieß Verfahren muß wegen der durch die kalten Schlacken bewirkten Abkühlung häufig
                              dieselben Uebelstände hervorrufen, die, wie bei der Betrachtung der dritten Periode
                              ausgeführt ist, aus einem zu heißen oder zu kalten Gange des Ofens entspringen, so
                              daß ein ungleichartiger eisenähnlicher Stahl entsteht und ein starker Abgang
                              stattfinden wird. Daß dieß nicht bloß eine theoretische Ansicht ist, hat dem
                              Verfasser die eigene Erfahrung bewiesen. – Außerdem wird durch die kalten
                              Schlacken der Satz zu einer Zeit abgekühlt und verdickt welche dadurch ausgezeichnet
                              ist, daß aus dem flüssigen Eisen die hauptsächlichsten Verunreinigungen austreten; es
                              tritt also gleichzeitig mit der Reinigung des Eisens die Entkohlung ein.
                           Reines Siegener Eisen zwar wird ohne großen Nachtheil für die Reinheit des Products
                              auf diese Weise verarbeitet werden können; für unreine Sorten ist aber ohne Zweifel
                              das gleichzeitige Einschmelzen des Eisens mit der Schlacke und das Umrühren bei
                              allmählich abnehmender Temperatur geeigneter, sowohl wegen der Qualität des
                              erhaltenen Productes, als auch in Betreff der Productionskosten.
                           
                              
                                 (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)