| Titel: | Beschreibung der für Preußen patentirten hemisphärischen Sonnenuhr von H. Schmeißer in Berlin. | 
| Autor: | H. Schmeißer | 
| Fundstelle: | Band 156, Jahrgang 1860, Nr. CIX., S. 425 | 
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                        CIX.
                        Beschreibung der für Preußen patentirten
                           hemisphärischen Sonnenuhr von H. Schmeißer in
                           Berlin.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Schmeißer's hemisphärische Sonnenuhr.
                        
                     
                        
                           Diese Sonnenuhr ist in der beigegebenen Skizze in zwei Ansichten, in Fig. 5 im
                              Verticaldurchschnitt und in Fig. 6 in der Ansicht von
                              Oben gezeichnet; in beiden Figuren sind die Zahlen und Buchstaben correspondirend.
                              Sie besteht im Wesentlichen aus einer aus Metall ausgeführten sehr genauen halben Hohlkugel; über den Rand derselben ist in rechten
                              Winkeln ein Fadenkreuz
                              a, b–d, e ausgespannt, so daß der Kreuzpunkt desselben c genau
                              im Centrum der innern Kugelfläche liegt. Von diesem
                              Punkte c hängt ein kleines Pendel
                              c, o herab, welches zur richtigen Aufstellung der
                              Halbkugel dient. Die Halbkugel ruht auf einem Fuße und derselben kann mittelst drei Schrauben eine beliebige Aufstellung gegeben
                              werden.
                           Wenn nun diese halbe Hohlkugel im Sonnenschein fest aufgestellt ist, so wird beim
                              Fortschreiten der Sonne der Schatten des Fadenkreuzes
                              c auf der innern Kugelfläche einen bestimmten Weg
                              beschreiben, der genau dem Weg entspricht, welchen die Sonne im Lauf des Tages, resp. des Jahres, am sichtbaren Himmel
                              beschreibt. Diesem Lauf der Sonne entsprechend, ist nun die Zeichnung auf der innern
                              Kugelfläche ausgeführt.
                           Die ganze Halbkugel ist durch eine Linie dce in
                              zwei gleiche Theile getheilt, und diese entspricht dem Meridian; auf diese Linie ist 52 1/2° von d entfernt (Polhöhe von Berlin) ein Punkt p
                              angenommen, der dem Nordpol entspricht; um diesen Punkt
                              p ist 90° entfernt ein halber größter Kreis
                              afb beschrieben, der dem Aequator entspricht;
                              23 1/2° von beiden Seiten dieser Linie sind um p
                              zwei andere Kreisbogen ghi und klm beschrieben, die Wendekreise des Krebses und des Steinbocks. Ferner ist der Aequator afb in 12 gleiche Theile getheilt, die den Tagesstunden von früh 6 Uhr bis Abends 6 Uhr entsprechen,
                              und von diesen Punkten sind rechtwinkelig Linien bis an die Wendekreise gezogen (6
                              bis 12 und 1 bis 6). Die Zwischenräume zwischen den einzelnen Linien sind wieder in
                              vier und diese wieder in drei gleiche Theile getheilt, so daß dadurch Zwischenräume
                              von 5 zu 5 Minuten markirt werden. Für die Stunden vor 6 Uhr früh und nach 6 Uhr
                              Abends ist die Theilung gleichmäßig fortgesetzt – von a bis g und von b
                              bis i. Der Schatten des Fadenkreuzes c wird nun beispielsweise am 21. December von k über l nach d rücken, am 20. März und 23. September von a über f nach b, und am 21. Juni von g
                              über h nach i, und zwar
                              stets mit gleichmäßiger Geschwindigkeit den Linien auf
                              der Zeichnung folgend und Stunden und Minuten dabei angebend.
                           Was nun die übrigen Tage des Jahres betrifft, so ist von dem Punkte m nach g ein halber größter
                              Kreis beschrieben, der in n durch den Aequator genau
                              halbirt wird; diese Linie entspricht der Ekliptik; auf
                              derselben ist der scheinbare Lauf der Sonne vom kürzesten Tage, wo sie sich in m befindet, bis zum längsten, in g, und wieder rückwärts bis zum kürzesten genau (nach einer astronomischen
                              Tabelle) verzeichnet und sind von 3 zu 3, resp. von 5 zu 5 Tagen, durch diese
                              Theilpunkte in der Ekliptik eine Anzahl Parallelkreise
                              (um p) zwischen ghi
                              und klm gezogen (auf der Skizze nicht weiter
                              ausgeführt) so, daß jeder von ihnen immer zwei ganz bestimmten
                                 Tagen im Jahr entspricht, die dabei genau benannt sind, z.B. dem 29. März
                              und 14. Septbr., dem 1.
                              April und 11. Septbr., dem 4. April und 8. Septbr., u.s.f. – Auf diese Weise
                              ist dem Schatten des Fadenkreuzes das ganze Jahr hindurch gewissermaßen der Weg
                              vorgeschrieben und sehr gut zu beobachten.
                           Da die Sonnenzeit häufig mit der mittleren Zeit nicht übereinstimmt, so ist um den
                              Pol p herum zugleich eine Tabelle beigefügt, die diese
                              Differenz genau angibt.
                           Die Vorzüge dieser hemisphärischen
                                 Sonnenuhr sind nun besonders folgende:
                           1) Man braucht zur richtigen Aufstellung derselben den Meridian nicht zu kennen, sondern nur allein den
                                 jedesmaligen Datum. Wenn man sie nämlich zuerst horizontal aufgestellt hat,
                              d.h. so, daß das Pendel genau auf 0 fällt, so dreht man sie so lange horizontal herum, bis der Schatten des Fadenkreuzes c genau in den Parallelkreis
                              fällt, der dem jedesmaligen Datum entspricht; alsdann muß jedesmal die Linie dce in die Richtung des wirklichen Meridians
                              fallen und man kann sofort Stunde und Minute ablesen – vorausgesetzt, daß man
                              nicht die falsche (Vor- oder Nachmittags-) Seite angewendet hat, was
                              sich beim Fortrücken der Sonne sehr bald zeigen würde, indem dann das Schattenkreuz
                              die Parallellinien schneiden würde, anstatt parallel in ihnen fortzurücken.
                           2) Die beschriebene Sonnenuhr ist zwar für eine bestimmte geographische Breite (52 1/2°) gezeichnet, aber durchaus nicht an
                              dieselbe gebunden, sie kann vielmehr sehr gut an Orten
                              benutzt werden, die 5–10° nördlicher oder südlicher als Berlin liegen;
                              nur muß dann die Aufstellung gleich anfänglich so erfolgen, daß das Pendel nicht auf
                              0, sondern auf denjenigen Grad des Quadranten pf (der deßhalb in 90 Grade eingetheilt ist)
                              fällt, der dem Breitegrade des resp. Ortes entspricht, in
                              St. Petersburg also z.B. auf den 60sten Grad. – Ist die geographische Breite
                              sehr verschieden, so muß die Zeichnung in der
                              Hohlkugel eine andere Lage haben; auf der südlichen
                              Hemisphäre müssen die Tagesstunden nach der entgegengesetzten Richtung bezeichnet
                              seyn.
                           3) Die Beobachtung ist auf derselben eine viel genauere, als auf allen auf einer
                              Ebene gezeichneten Sonnenuhren, weil der zu beobachtende Schatten stets senkrecht auf die Fläche fällt, daher sich immer
                              scharf markirt, und stets von Sonnen-Aufgang bis zum Untergang mit
                              gleichmäßiger Geschwindigkeit fortschreitet.
                           4) Diese Sonnenuhr hat vor allen übrigen den Vorzug der Natürlichkeit, da sie das Himmelsgewölbe gleichsam in einem Bilde
                              darstellt, auf dem der Lauf der Sonne förmlich vorgezeichnet ist, so daß man ihren
                              Stand für jede Minute des Jahres bestimmt angeben kann. Aus gleichem Grunde wird sie
                              auch für jeden Laien leicht verständlich seyn.
                           Endlich empfiehlt sich diese Sonnenuhr durch eine gefällige
                                 Form und wegen der vollkommensten Transportfähigkeit namentlich auch für
                              Reisen, denn man hat immer nur auf zweierlei zu achten: daß das Pendel auf denjenigen Grad des Meridians dpcfe fällt, der dem jedesmaligen Breitegrade
                              entspricht, und daß der Schatten des Fadenkreuzes
                              c genau auf demjenigen Parallelkreise läuft, der dem jedesmaligen Datum entspricht.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
