| Titel: | Ueber die Rectification des Schwefelkohlenstoffs und seine Anwendung zur Extraction von aromatischen Substanzen und von Farbstoffen aus verschiedenen Körpern; von Bonière Sohn in Ronen. | 
| Fundstelle: | Band 156, Jahrgang 1860, Nr. CXIII., S. 443 | 
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                        CXIII.
                        Ueber die Rectification des Schwefelkohlenstoffs
                           und seine Anwendung zur Extraction von aromatischen Substanzen und von Farbstoffen aus
                           verschiedenen Körpern; von Bonière Sohn in Ronen.
                        Aus Armengaud's Génie industriel, April 1860, S.
                              174.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Bonière, über die Rectification des Schwefelkohlenstoffs
                           etc.
                        
                     
                        
                           Unter dem Namen löslicher Gewürze (épices
                                 solubles) bereitet Bonière Producte, welche
                              das ganze Aroma, den wirksamen Theil der Gewürze enthalten; zur Darstellung seiner
                              Fabricate verarbeitet er aber nicht nur die eigentlichen Gewürze, sondern auch eine
                              große Anzahl anderer Eßwaaren oder zur Zurichtung der Speisen dienender
                              Naturproducte, als Knoblauch, Zwiebeln, Charlotten etc. Diese Fabricate sind, wie
                              schon ihr Name sagt, löslich und bestehen aus Kochsalz, Zucker, Gummi, Milchzucker
                              oder aus anderen neutralen, löslichen Stoffen, welche mit dem Safte oder dem Aroma
                              der Gewürze oder anderer Eßwaaren imprägnirt oder gesättigt sind.
                           Das Auflösungsmittel, welches der Patentinhaber zur Extraction dieser Säfte oder
                              Arome aus den holzigen Bestandtheilen der Gewächse anwendet, ist der
                              Schwefelkohlenstoff.
                           Um aber vollkommene Fabricate zu erhalten, welche von dem Schwefelkohlenstoff und
                              seinem schlechten Gerüche ganz frei sind, ist es erforderlich, dieses Agens in einem
                              Zustande vollkommener Reinheit und Flüchtigkeit anzuwenden.
                           Bonière hat deßhalb eine Methode und einen Apparat
                              ausgedacht, mittelst deren Anwendung eine vollständige Rectification des
                              Schwefelkohlenstoffs erreicht wird. Der so gereinigte Schwefelkohlenstoff wird nun
                              in den Apparat gebracht, in welchem einerseits die Gewürze oder Stoffe, aus denen
                              das wirksame Princip ausgezogen werden soll, andererseits das Salz oder der Zucker
                              sich befinden, welche damit imprägnirt werden sollen.
                           Fig. 26 ist
                              theils Seitenansicht, theils verticaler Längendurchschnitt des Apparates, mittelst
                              dessen die Rectification des Schwefelkohlenstoffs vor
                              dessen Benutzung bewirkt wird. Er besteht aus einem Reservoir H, in welches man den zu rectificirenden Schwefelkohlenstoff, wie er im
                              Handel vorkommt, bringt. Dieses Reservoir ist mit mehreren Vorrichtungen
                              ausgerüstet, nämlich mit einer graduirten Glasröhre J,
                              welche die Höhe der in demselben enthaltenen Flüssigkeit anzeigt, mit einer
                              Tubulatur 
                              L, welche mittelst eines Schraubenstöpsels verschließbar
                              ist und zum Einbringen des Schwefelkohlenstoffs dient, mit einem Lufthahne K und mit einem Abflußrohre P für den Schwefelkohlenstoff, welcher in das Wasserbad eines
                              Destillirapparates A', B' fließt; dieses Rohr P ist nämlich bei P' mit
                              einer Glasröhre und mit einem Hahne M versehen.
                           Wie der Apparat A' sind die folgenden Apparate A und B Wasserbäder, welche
                              mittelst der Bogenrohre F mit einander und mit dem
                              Schlangenrohre S communiciren. Die Unzahl dieser
                              Apparate ist verschieden, je nach dem beabsichtigten Grade der Vollkommenheit der
                              Rectification.
                           Diese Wasserbäder werden durch die Dampfleitung C
                              erhitzt, aus welcher die mit Hähnen versehenen Röhren C'
                              sich abzweigen, welche in die Gehäuse B', B ausmünden,
                              von denen so jedes mit einem besondern Dampfhahne versehen ist, um die Wirksamkeit
                              des Dampfes vermehren oder vermindern zu können.
                           Die sogenannten Wasserbäder A (Auflösungen von
                              verschiedenen Salzen oder anderen Agentien in Wasser) sind in den Dampfgehäusen
                              eingesetzt und mit Deckeln b von der Form eines Domes
                              geschlossen, an welchen zwei Bogenrohre angebracht sind (ausgenommen der erste
                              Apparat A', welcher nur eine
                              Röhre hat); das eine dieser Bogenrohre, welches vom vorhergehenden Apparate kommt,
                              schließt sich an ein Rohr I an, welches bis auf den
                              Boden des Wasserbades herunter tritt, und das andere Bogenrohr geht nach dem
                              folgendem Apparate oder dem Schlangenrohre. Diese Deckel können mittelst ansitzenden
                              Ohren durch Schraubenbolzen an den Dampfgehäusen B', B
                              befestigt werden. Letztere sind außerdem mit Thermometern c versehen, um den Temperaturgrad beobachten zu können, und mit
                              Tubulaturen D, durch welche das in Folge der
                              Condensation des Dampfes entstehende Wasser in das allgemeine Abflußrohr D' abzieht.
                           Die Verlängerungen F der Bogenrohre, welche in jedes
                              Wasserbad eintreten, sind am Ende O mit einer großen
                              Anzahl kleiner Löcher durchbohrt.
                           Der Apparat wird folgendermaßen betrieben:
                           Man öffnet den Hahn M. Der Schwefelkohlenstoff tritt
                              durch das Rohr P nach A und
                              fällt auf eine concentrirte Aetzkalilösung, welche auf 60 bis 65° C. erwärmt
                              ist. Er geht von da allmählich durch die Bogenrohre F in
                              die ganze Reihe von Apparaten A, welche Auflösungen von
                              geeigneten Kali-, Baryt-, Blei-, Kupfer-, Eisensalzen
                              etc. enthalten.
                           Nachdem der Schwefelkohlenstoff die längere oder kürzere Reihe der Apparate A durchströmt hat, condensirt er sich im Schlangenrohre
                              S und sammelt sich, unter destillirtem Wasser, in einem kleinen
                              gläsernen Gefäße, welches einer Florentiner Vorlage ähnlich ist.
                           Durch das beschriebene Verfahren scheidet man den Schwefelwasserstoff ab, welchen der
                              Schwefelkohlenstoff in großer Menge enthält und bekommt ein ätherisches Product,
                              welches dem Chloroform ähnlich riecht, ein weit größeres Lösungsvermögen besitzt als
                              der unreine im Handel vorkommende Schwefelkohlenstoff und bei der Verdunstung keine
                              Spur eines Rückstandes hinterläßt.
                           Der so rectificirte Schwefelkohlenstoff ist zur Fabrication der
                                 löslichen Gewürze außerordentlich geeignet, welche in dem in Fig. 27
                              dargestellten Apparate bewerkstelligt wird.
                           Das dabei zu beobachtende Verfahren ist folgendes, wobei wir annehmen, daß Pfeffer
                              verarbeitet werden soll. Die andern Gewürze und Naturproducte werden auf ähnliche
                              Weise behandelt.
                           Der zuvor gemahlene Pfeffer wird in Körbe oder Siebe P
                              aus Eisendraht in den Verdrängungsapparat B gebracht.
                              Diese Körbe werden aus zwei Reifen gebildet, welche vier senkrechte Stäbe
                              zusammenhalten, während das hierdurch erhaltene Gestell oder Gerippe mit einem
                              Metallgewebe umkleidet wird. Die oberen Enden der Stäbe sind zu Haken umgebogen, an
                              welchen der Korb gehandhabt wird. Der untere Korb ruht auf einem kreisförmigen
                              Ansatze im Innern des Apparates B, und die anderen Körbe
                              werden auf ihn aufgesetzt. Der letzte Korb P' hat nur im
                              Boden ein Sieb, dagegen eine volle Seitenwand mit nur einer Oeffnung für das Abfließen der Flüssigkeit durch das Rohr D; damit er durch die Flüssigkeit nicht gehoben werden
                              kann, wird er durch am Apparate B angebrachte Aufhalter
                              oder Haken A festgehalten, welche in Knöpfe am Korbe
                              eingreifen.
                           Nachdem der Pfeffer in die Körbe P gebracht worden ist,
                              läßt man aus einem Reservoir (welches ebenso wie das Reservoir H des Rectificirapparates angeordnet ist) den
                              rectificirten Schwefelkohlenstoff dadurch eintreten, daß man den Hahn H am untern Ende des Verdrängungsapparates B öffnet, während die Hähne J und V geschlossen sind. Der
                              Schwefelkohlenstoff steigt im Apparate, tritt durch die Siebe, löst das wirksame
                              Princip des Pfeffers auf und führt es durch das Rohr D
                              (an welchem bei E ein Glasrohr angebracht ist) in den
                              Kessel F, in welchem das Salz (statt desselben dient
                              auch ein Gemenge von Chlorkalium und Chlornatrium), oder je nach Beschaffenheit des
                              Körpers welchen man behandelt, Milchzucker, oder Zucker, Dextrin etc. sich
                              befindet.
                           Dieser Kessel F besteht aus emaillirtem Gußeisen oder aus
                              verzinktem Kupfer, und ist mit einem gußeisernen etc. Gehäuse oder Kessel G umgeben, um ein Wasserbad zu bilden. Ein Bogenrohr F' verbindet den Kessel F
                              mit einem Schlangenrohr. Im Innern des letztern ist ein Rührwerk oder Reibapparat
                              Z angebracht, welcher, wie aus Fig. 27 ersichtlich, aus
                              Walzen und Rechen besteht.
                           Indem man durch das Rohr V' den Dampf nach G treten läßt, bewirkt man bei 60 bis 65° C. die
                              Destillation im Kessel; die Salze oder Zuckerarten in diesem Kessel nehmen das
                              wirksame und aromatische Princip des Pfeffers oder der sonstigen angewandten
                              Substanz vollständig auf, und der Schwefelkohlenstoff, welcher sich vollständig
                              verflüchtigt, condensirt sich in einem Schlangenrohre, welches demjenigen des in
                              Fig. 26
                              abgebildeten Apparates ähnlich ist, und wird dann in einem Gefäße aufgefangen, worin
                              er sich in eben so reinem Zustande als er vor dem Gebrauche war, ansammelt, so daß
                              er von Neuem verwendet werden kann.
                           Nachdem die scharfen oder aromatischen Stoffe vollständig ausgezogen sind, was nach
                              der Farbe der Flüssigkeit in der Glasröhre E beurtheilt
                              werden kann, so schließt man die Hähne D' und H. Nach Oeffnen des Hahnes J
                              sammelt man den übergehenden Schwefelkohlenstoff, so lange derselbe abfließt. Sobald
                              er zu fließen aufhört, schließt man den Hahn J und
                              öffnet den Hahn V, durch welchen man Dampf einströmen
                              läßt, mittelst dessen der noch im Apparate B und in den
                              ausgezogenen holzigen Theilen des Pfeffers befindliche Schwefelkohlenstoff
                              abdestillirt wird. Dieser verdampfte Schwefelkohlenstoff entweicht durch ein
                              Bogenrohr in ein Schlangenrohr S' und wird so ebenfalls
                              gewonnen.
                           Die Salze, Gummi-, Zuckerarten etc., welche mit den Säften des Pfeffers oder
                              einer andern Substanz imprägnirt und gesättigt worden sind, halten nicht die
                              geringste Menge Schwefelkohlenstoff, und mithin keinen Übeln Geruch zurück.
                              Auch wird der Pfeffer oder das Naturproduct, welches man auf die beschriebene Weise
                              behandelt, in Folge des außerordentlichen Lösungsvermögens des rectificirten
                              Schwefelkohlenstoffs vollständig ausgezogen; sein ganzes Aroma, alle seine scharfen
                              Stoffe werden durch das Salz oder die sonstige angewandte Substanz aufgenommen und
                              daher ohne Verlust als lösliche Gewürze verwerthet.
                           Schließlich noch die Bemerkung, daß Knoblauch, Zwiebeln und ähnliche Vegetabilien
                              zuerst zerstampft und dann in einer hydraulischen Presse ausgepreßt werden. Der so
                              erhaltene Saft wird mit Schwefelkohlenstoff gemischt, welcher den wirksamen Stoff
                              aus demselben auflöst; der Schwefelkohlenstoff wird nun durch Decantiren
                              abgesondert. Hernach behandelt man den Preßkuchen der Zwiebeln etc. mittelst
                              Destillation wie den Pfeffer.
                           Die löslichen Gewürze können auf jeden gewünschten Grad concentrirt werden.
                           
                           Auf der Industrieausstellung in Ronen haben wir zahlreiche Proben dieser Gewürze
                              gesehen, welche durch die Jury ausgezeichnet wurden und welche die dafür sich
                              Interessirenden prüfen konnten, wenn sie ihr Mahl bei dem Restaurant des
                              Ausstellungsgebäudes einnahmen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
