| Titel: | Ueber ein neues Verfahren, Zeitbestimmungen genau von einem Orte nach einem andern zu übertragen; von A. Rodier. | 
| Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. VIII., S. 19 | 
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                        VIII.
                        Ueber ein neues Verfahren, Zeitbestimmungen genau
                           von einem Orte nach einem andern zu übertragen; von A. Rodier.
                        Aus den Comptes rendus, Mai 1860, Nr.
                              7.
                        Verfahren, Zeitbestimmungen genau von einem Orte nach einem andern
                           zu übertragen.
                        
                     
                        
                           Es gibt in der Uhrmacherkunst kein Mittel, eine Uhr in vollkommen gleichen Gang mit
                              einer andern zu bringen und mithin kein Verfahren, um Zeitbestimmungen genau auf
                              fernliegende Orte zu übertragen.
                           Das conische Pendel ist im Stande, diese Aufgabe zur Lösung zu bringen. Entsprechend
                              aufgehängt, gibt es Resultate, welche denen der besten Uhren mit seitwärts
                              schwingendem Pendel gleich kommen.
                           Die Uhren mit conischem Pendel, welche seit einiger Zeit (in Frankreich) ausgeführt
                              wurden, sind, mit Ausnahme der Aufhängungsvorrichtung des Pendels, auf gleiche Weise
                              construirt. Das unterhalb des Pendels angebrachte Gangwerk führt diesen mittelst des
                              letzten Triebrades des Räderwerkes, dessen verticale Achse einen leichten Arm trägt,
                              welcher einen schwachen Stift am Ende des Pendels leitet.
                           Ohne eines andern Mechanismus zu bedürfen, ohne Schwierigkeiten zu finden, ohne
                              Versuche anstellen zu müssen, kann man eine derartige Uhr beziehungsweise um irgend
                              einen Zeitabschnitt, von dem kleinsten Bruchtheile einer Secunde bis zur
                              unbegränzten Zahl ganzer Secunden vor- oder nachgehen machen. Ich sagte
                              beziehungsweise, weil es sich hier nicht darum handelt, den täglichen Gang der
                              Uhrbewegung zu reguliren, sondern um die Einstellung auf die Stunde.
                           Die Lösung der Aufgabe beruht auf der Eigenthümlichkeit des Pendels, seine
                              Schwingungsebene beizubehalten und auf dem Ergebniß der Versuche, welche Bravais früher im Observatorium zu Paris über dieselbe
                              Eigenschaft des conischen Pendels angestellt hat.
                           Wenn eine Uhr mit conischem Pendel von einer Länge, die so berechnet ist, daß jede
                              Kreisschwingung sich in einer Secunde vollzieht, auf eine horizontale Scheibe
                              gesetzt wird, welche sich um ihren Mittelpunkt dreht, so wird, sobald man diese
                              Scheibe in dem Sinne bewegt, in welchem das Pendel schwingt, man die Uhr aufhalten;
                              bewegt man die Scheibe im entgegengesetzten Sinne, so wird die Uhr vorgehen.
                              Schwingt das Pendel nach rechts um, so wird man bei einer Umdrehung der ganzen Uhr
                              nach der rechten Seite dieselbe um eine Secunde zurückhalten; bei zwei Umdrehungen um zwei
                              Secunden, bei einer Zehntel-Umdrehung um eine Zehntel-Secunde etc. Das
                              Gelingen dieses Versuches erfordert keine besondere Vorsicht. Ein gleiches Resultat
                              erfolgt, wenn man statt die ganze Uhr zu drehen, nur das Gangwerk derselben dreht.
                              Da aber die Nothwendigkeit auf diese Weise eine ganze Uhr zu verrücken, abgesehen
                              von anderen praktischen Schwierigkeiten, das Ablesen der Zeit sehr unbequem machen
                              kann, so sind die Uhren, welche ich der Akademie der Wissenschaften vorlege, mit
                              einem sehr einfachen Mechanismus versehen, welcher dieselbe Wirkung als die erwähnte
                              Verrückung hat. An diesem beigefügten Mechanismus sind die gewöhnlichen
                              Vorrichtungen zur elektrischen Fortpflanzung der Zeit nach entfernten Orten
                              angebracht.