| Titel: | Notiz, die Anwendbarkeit des Rübenzuckers zum Einmachen von Früchten u. dgl. betreffend; von Dr. C. Stammer. | 
| Autor: | Karl Stammer [GND] | 
| Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. XXXVI., S. 150 | 
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                        XXXVI.
                        Notiz, die Anwendbarkeit des Rübenzuckers zum
                           Einmachen von Früchten u. dgl. betreffend; von Dr. C. Stammer.
                        Stammer, über die Anwendbarkeit des Rübenzuckers zum Einmachen von
                           Früchten.
                        
                     
                        
                           Es ist eine viel verbreitete Ansicht, die auch besonders durch eine, so viel mir
                              bekannt noch unwiderlegt gebliebene Bemerkung in diesem JournalBd. CXLV. S. 78. erhalten worden ist, daß der aus Runkelrüben gewonnene Zucker sich nicht zum
                              Einmachen und Conserviren von Früchten und dgl. eigne, daß vielmehr eine fremde
                              Substanz darin enthalten sey, welche in der Regel das Verderben der eingemachten
                              Gegenstände herbeiführe. Man hört vielfach, daß sich zu diesem Zwecke der
                              Colonialzucker allein anwenden lasse, und es wird daher dieser nicht selten trotz
                              der größeren Kosten ausschließlich angewandt. Man sollte glauben, daß schon der
                              Umstand allein diese Ansicht längst widerlegt haben müsse, daß von zahlreichen
                              unmittelbar auf Runkelrübenzucker angewiesenen Hausfrauen Jahr aus, Jahr ein Früchte
                              eingemacht werden, ohne daß ein nicht aus anderen Ursachen
                                 erklärbares Verderben der Conserven die Anwendung fremden Zuckers veranlaßt
                              hätte; allein wir haben hier eines der merkwürdigen Beispiele, wie sich ein
                              Vorurtheil vielfach verbreiten und erhalten kann, dem es durchaus an richtiger
                              Begründung fehlt und gegen das täglich zahllose Beispiele sprechen.
                           Es ist nicht zu läugnen, daß unvollkommen gereinigter, d.h. nicht blendendweißer und
                              geruchloser Zucker, wie er da und dort von Fabriken geliefert wird, die keine
                              vorzügliche Waare darstellen wollen oder können, fremde Stoffe enthalten kann, die bei Anwendung dieses Zuckers eine schädliche
                              Wirkung äußern; allein ebenso richtig ist es, daß die vortreffliche Waare, wie sie
                              die besseren Fabriken als Raffinade, feinere Melissorten an den Markt bringen, in
                              allen denjenigen Fällen, wo sonst mit Sorgfalt und Vorsicht verfahren wird, ein
                              Verderben der damit eingemachten Früchte nicht veranlaßt.
                              Ich spreche hiermit nicht allein meine eigene Erfahrung aus, sondern kann auch
                              versichern, daß vor einer größern Versammlung von mit diesen Verhältnissen und
                              Vorkommnissen sehr wohl Vertrauten, nicht ein einziger Fall namhaft gemacht werden
                              konnte, der dieser Thatsache widerspräche, wohl aber daß zahlreiche Beispiele, unter
                              andern auch einer namhaften größeren Fabrik von Conserven angeführt wurden, in denen
                              in jahrelanger Praxis sich der aus Rüben erhaltene feine Meliszucker durchaus bewährt habe. Im Interesse
                              des inländischen Productes wäre es sehr zu wünschen, wenn nach und nach jenes
                              Vorurtheil verlassen würde, wobei aber nochmals auf den oben angeführten Vorbehalt
                              der Anwendung des reinsten und schönsten Zuckers, den man ja auch bei Colonialzucker
                              wählt, aufmerksam gemacht werden muß. Erfahrungen, die das Gegentheil zu beweisen
                              scheinen, dürften mit Sicherheit auf andere Umstände, wie mangelhafte Sorgfalt in
                              der Manipulation, feuchte Aufbewahrungsorte u.s.w., zurückzuführen seyn.