| Titel: | Der Gasprüfer, ein Instrument zur Werthsbestimmung des Leuchtgases; von Prof. O. L. Erdmann in Leipzig. | 
| Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. XLIV., S. 185 | 
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                        XLIV.
                        Der Gasprüfer, ein Instrument zur
                           Werthsbestimmung des Leuchtgases; von Prof. O. L. Erdmann in Leipzig.
                        Aus dem Journal für praktische Chemie, 1860, Bd. LXXX S.
                              241.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Erdmann's Gasprüfer.
                        
                     
                        
                           Bei Gelegenheit von Versuchen über Leuchtgasgewinnung, welche ich in großem Maaßstabe
                              auszuführen Veranlassung hatte, habe ich mich überzeugen müssen, daß die gewöhnlich
                              zur Werthsbestimmung des Leuchtgases angewendeten Mittel Vieles zu wünschen übrig
                              lassen. Was zunächst die photometrischen Versuche anlangt, so ist bekannt, wie
                              schwierig dieselben gut auszuführen sind, und an welchen Unsicherheiten in mehr als
                              einer Beziehung ihre Ergebnisse leiden. Ein Umstand besonders macht es überaus
                              schwierig, die Qualität eines Gases, nach photometrischen Bestimmungen, mit
                              Sicherheit zu beurtheilen. Es ist dieß der sehr große und von den Gastechnikern kaum
                              hinreichend gewürdigte Einfluß, welchen die Beschaffenheit der Brenner auf die
                              Lichtentwicklung beim Brennen des Gases ausübt. Vergleicht man die Lichtstärken,
                              welche zwei verschiedene Gase entwickeln, indem sie aus gleichen Brennern brennen, so
                              erhält man durchaus nicht immer das wahre Verhältniß ihrer Werthe. Ein Gas, welches
                              vielleicht aus einem für ein anderes Gas gut geeigneten Brenner mit wenig
                              leuchtender bläulicher Flamme brennt, kann bei Anwendung eines anderen für die
                              Qualität des Gases richtig ausgewählten Brenners ein schönes weißes Licht geben.
                              Jedes Gas fordert, um es kurz auszusprechen, seinen besondern, d.h. den seiner
                              Eigenthümlichkeit angepaßten Brenner, der durch Versuche ermittelt werden muß. Somit
                              können photometrische Bestimmungen nur insofern zur Vergleichung verschiedener Gase
                              dienen, als für dieselben zugleich durch Versuche die ihnen entsprechenden Brenner
                              ermittelt worden sind. Derartige Ermittlungen sind zeitraubend und schwierig. Die
                              Gastechnik braucht aber ein einfaches, schnell und leicht ausführbares Verfahren zur
                              Ermittlung der verhältnißmäßigen Werthe verschiedener Gase, der Producte aus
                              verschiedenen Materialien u.s.w. Als ein solches benutzt man häufig die Bestimmung
                              des specifischen Gewichts der Gase. Dieses Mittel ist sehr unzuverlässig. Enthielte
                              das Leuchtgas nur Kohlenwasserstoffe im Gemenge mit Wasserstoff, so würde das
                              specifische Gewicht unter gewissen Voraussetzungen wohl annähernd die Werthe
                              verschiedener Gase angeben. Aber das Leuchtgas enthält, abgesehen von Kohlensäure,
                              auch Kohlenoxyd und Stickgas, die nahe gleiches specifisches Gewicht haben wie das
                              ölbildende Gas. Besonders da wo Thonretorten und kräftig wirkende Exhaustoren bei
                              der Gasbereitung angewendet werden, möchte es bedenklich seyn, aus dem specifischen
                              Gewicht der Gase Schlüsse auf den Leuchtwerth derselben zu ziehen. Unter diesen
                              Umständen darf ich hoffen, daß das einfache Instrument zur Prüfung des Leuchtgases,
                              welches ich im Folgenden als „Gasprüfer“ beschreiben will, sich
                              der Gastechnik wie den Gasconsumenten nützlich bewähren werde. Der Gasprüfer mißt
                              die Leuchtkraft nicht direct, er gibt aber die Fähigkeit eines
                                 Leuchtgases an, beim Brennen aus der dafür geeignetsten Brennereinrichtung Licht
                                 zu entwickeln. Ich glaube, daß der verhältnißmäßige Werth eines Leuchtgases
                              nach keiner der bekannten Methoden so genau und so schnell ermittelt werden kann als
                              mittelst des Gasprüfers. Ist auch die Methode nicht fehlerfrei und mancher
                              Verbesserungen fähig, so dürfte sie doch für die Praxis hinreichende Genauigkeit
                              gewähren. Sie wird besonders, wie ich glaube, in Verbindung mit photometrischen
                              Messungen dem Gastechniker bei der Wahl der Brenner als guter Führer dienen
                              können.
                           Die Einrichtung des Gasprüfers gründet sich auf die bekannte Thatsache, daß die
                              Flamme des Leuchtgases durch Beimischung von atmosphärischer Luft zum Gase an
                              Leuchtkraft verliert und endlich bei einer gewissen Luftbeimischung mit nicht
                              leuchtender blauer Flamme brennt. Die Luftmenge, durch welche die Leuchtkraft einer
                              Gasflamme vernichtet wird, ist bei Weitem nicht genügend, um das Gas vollständig zu
                              verbrennen, vielmehr tritt der Sauerstoff zunächst und vorzugsweise an den freien in
                              der Flamme schwebenden und die Leuchtkraft derselben bedingenden Kohlenstoff. Erst
                              bei einer Beimischung von 4–6 Volumen Luft und darüber zum Leuchtgase beginnt
                              das Gemenge explosiv zu werden.Vergl. die von W. Weber und mir angestellten
                                    Versuche: polytechn. Journal Bd. CX S.
                                       436. Beobachtet man eine Bunsen'sche Gaslampe, welche
                              so eingerichtet ist, daß man den Luftzutritt zum Gase allmählich vermehren kann, so
                              sieht man bei Beobachtung der Flamme, welche man zu diesem Zwecke unter einem
                              Glascylinder brennen läßt, den leuchtenden Theil derselben immer kleiner werden; er
                              bildet zuletzt nur eine weißliche Spitze über dem inneren blauen Kegel, bis auch
                              diese endlich verschwindet. Der Zeitpunkt des Verschwindens dieser letzten Spur von
                              Leuchtkraft der Flamme ist ziemlich scharf begrenzt. Es ließ sich erwarten, daß
                              einem Leuchtgase in dem Maaße mehr Luft beigemischt werden müsse, um seine
                              Leuchtkraft zu vernichten, als das Gas mehr Kohlenstoff in der Form von schweren
                              Kohlenwasserstoffen enthält.
                           Ich habe durch Versuche gefunden, daß dieß bis zu einem gewissen Grade und unter den
                              gewöhnlichen Umständen wirklich der Fall ist. Da nun aber die schweren
                              Kohlenwasserstoffe wesentlich den Werth des Leuchtgases bedingen, so gibt die Menge atmosphärischer Luft, welche einem
                                 Leuchtgase beigemischt werden muß, um dessen Leuchtkraft zu vernichten, ein Maaß
                                 für den Werth, welchen das Gas als Leuchtmaterial besitzt.
                           Nach dieser Darlegung des benutzten Principes lasse ich die Beschreibung des
                              Instrumentes selbst folgen:
                           Der in Fig. 17
                              in perspectivischer Ansicht, Fig. 18 im Durchschnitt
                              dargestellte Gasprüfer hat in der Hauptsache die Einrichtung einer Bunsen'schen Lampe, deren 18 Millimeter weites, 195
                              Millimeter langes Rohr a, unterhalb der Stelle, wo die
                              Luft sich mit dem Gase mischen soll, zu einem 96 Millimeter weiten, 11 Millimeter
                              hohen Hohlcylinder b, b sich erweitert.
                           Um die Luft eintreten zu lassen, ist in der Wand dieses Hohlcylinders ein nahe um den
                              halben Umfang laufender 1 Millimeter weiter Schlitz c
                              angebracht. Ueber den weiten Cylinder ist ein Ring d
                              aufgeschliffen, welcher, wie der Cylinder, von einem nahe 3/4 Millimeter weiten,
                              ebenfalls um den halben Kreisumfang laufenden, überall gleich weiten Spalte
                              durchbrochen ist. So kann mittelst des durch den Handgriff e drehbaren Ringes der Schlitz im Cylinder geschlossen oder beliebig weit geöffnet und der
                              Luft Zutritt gegeben werden. Auf der oberen Fläche des weiten Cylinders ist eine um
                              den halben Umfang laufende Kreistheilung angebracht. Der drehbare Ring aber ist mit
                              einer Marke versehen, welche auf 0 eingestellt wird, wie Fig. 17 zeigt. Dreht man
                              dann den Ring, so daß die Marke sich an der Theilung hinbewegt, so öffnet sich der
                              Schlitz und man kann an der Scala die Grade ablesen, um welche die Oeffnung erfolgt
                              ist. Der Größe dieser Oeffnung aber entspricht die Menge der in die Flamme
                              strömenden Luft. Ueber dem Brennerrohr ist ein 80 Millimeter weiter und 20
                              Centimeter hoher Cylinder von geschwärztem Messingblech mittelst einer Stellschraube
                              befestigt. In die vordere Seite desselben ist eine 30 Millimeter breite Glasplatte
                              eingesetzt zur Beobachtung der Flamme. In 10 Centimeter Höhe ist vorn in der
                              Glasplatte eine Linie, und derselben genau gegenüber in der inneren Wand des
                              Cylinders eine zweite Linie eingerissen, um die Höhe der Flamme genau reguliren zu
                              können. f und g stellen das
                              Rohr, durch welches das Gas in das Brennerrohr einströmt, von der Seite und von oben
                              gesehen in natürlicher Größe dar.
                           Die angegebenen Dimensionen, namentlich die Weite des Brenners, des Cylinders u.s.w.
                              haben sich bei vielfachen Versuchen und Abänderungen als die zweckmäßigsten ergeben.
                              Ein engeres Brennerrohr gewährt der Luft nicht hinreichenden Zutritt bei
                              kohlenstoffreichen Gasen; ein engerer Cylinder erzeugt zu viel Zug und dieser
                              vermehrt sich bei fortgesetztem Gebrauche des Apparates, indem sich der Cylinder
                              erwärmt, wodurch die zuströmende Luftmenge vergrößert wird. Der Cylinder hat nur den
                              Zweck, die Flamme ruhig brennen zu lassen. Um die Flamme ganz ruhig zu machen und
                              damit die sichere Einstellung zu erleichtern, ist unterhalb des Cylinders ein
                              Trichter von nicht zu eng gewebter Drahtgaze so angebracht, daß die Luft nur durch
                              die Maschen desselben zur Flamme gelangen kann. Ist die Drahtgaze zu dicht gewebt,
                              so wird die Flamme zitternd. Der Trichter greift mit seinem oberen Rande etwas über
                              den unteren Rand des Cylinders. Er ist unten mittelst eines Ringes auf dem
                              Brennerrohre verschiebbar, so daß man ihn, um zur Flamme zu gelangen, etwa einen
                              Zoll weit niederschieben kann. Fig. 19 zeigt diesen
                              Trichter und seine Befestigung. Die Maschen des Gewebes sind absichtlich zu groß
                              dargestellt, um die Zeichnung deutlicher erscheinen zu lassen.
                           Der Gebrauch des Apparates geschieht nun in folgender Weise:
                           Nachdem man die Marke des Ringes auf 0 der Scala gestellt hat, wird der Apparat an
                              einem möglichst dunklen Orte durch einen Gummischlauch mit der Gasrohre verbunden,
                              worauf man das zu prüfende Gas in den Apparat einströmen läßt, anzündet, und die
                              Flamme mittelst des Hahnes so regulirt, daß ihre Spitze genau die in 10 Centimet.
                              Höhe angebrachte Linie trifft. Hierbei stellt man, um Fehler der Parallaxe zu
                              vermeiden, das Auge so, daß die Linie im Glase genau die gegenüber auf der
                              Innenseite des Cylinders angebrachte Linie deckt. Bei ruhiger Luft und Abhalten des
                              Athems von der Flamme, welches durch den Trichter sehr erleichtert wird, ist das
                              Einstellen ohne Schwierigkeit zu bewirken. Nachdem die Einstellung erfolgt ist,
                              dreht man den Ring mittelst des Handgriffes sehr langsam von Rechts nach Vorn und
                              Links. Indem man hierdurch den Spalt öffnet, drängt die einströmende Luft in den
                              ersten Augenblicken die Flamme hoch empor. Da hierdurch das Auge geblendet und für
                              die späteren Beobachtungen unempfindlicher wird, so ist es am besten, während dem
                              das Auge zur Seite zu richten. Bald sieht man wie bei weiter fortgesetzter langsamer
                              Drehung, wobei man immer kleine Pausen macht, die Flamme ihre Leuchtkraft verliert.
                              Nur über dem inneren blauen Kegel zeigt sich noch eine leuchtende Spitze. Auf diese
                              richtet man jetzt seine Aufmerksamkeit. Bei einer gewissen Oeffnung des Spaltes
                              verschwindet die letzte Spur derselben. Der helle Contour der inneren Flamme,
                              welcher nach Oben in die leuchtende Spitze übergieng, rundet sich jetzt ab, und die
                              Flamme erscheint scharf begrenzt. Dreht man von diesem Punkte aus wieder rückwärts,
                              so zeigt sich bald wieder am oberen Theile des blauen Kegels ein weißlicher Schein
                              oder ein leuchtendes Spitzchen. Der durch einige Versuche leicht zu findende Punkt,
                              von welchem aus die geringste Drehung rückwärts einen weißen Schein über dem blauen
                              Kegel hervorbringt, muß festgehalten werden. Nachdem man ihn erreicht hat, zündet
                              man an der Flamme ein dünnes Wachsstöckchen an und liest die Zahl der Grade ab, um
                              welche man den Spalt hat öffnen müssen, um die Leuchtkraft der Flamme zu zerstören.
                              Der Gebrauch des Apparates ist bei einiger Aufmerksamkeit leicht einzuüben und die
                              Messungen geben bei mehrmaliger Wiederholung immer sehr nahe übereinstimmende
                              Resultate. Eingeübt freilich muß das Verfahren werden,
                              und es ist nöthig das Auge an die Beobachtung der kleinen Lichtverschiedenheiten zu
                              gewöhnen, um welche es sich handelt. Im Beobachten geübte Personen erhalten schon
                              nach wenigen Versuchen übereinstimmende Zahlen. Ich will noch einige Details, welche
                              bei der Gasprüfung zu berücksichtigen sind, angeben.
                           Zunächst muß man den Ring sehr langsam drehen und, nachdem
                              das erste Aufflammen vorüber ist, nach jedem Fortrücken um ungefähr 1° einige
                              Augenblicke innehalten, damit das Gasgemisch, welches sich durch das Eintreten der Luft im Rohre
                              gebildet hat, Zeit erhält zur Flamme zu gelangen. Eine Flamme, welche sofort nach
                              vergrößerter Oeffnung des Spaltes noch eine weißliche Spitze zeigt, kann dieselbe
                              natürlich erst verlieren, nachdem das Gas, welches sich noch im Brennerrohre
                              befindet, nach Oben ausgeströmt und verbrannt ist. Ist man durch langsames Vorrücken
                              zu dem Punkte oder über denselben hinausgekommen, wo die leuchtende Spitze
                              verschwunden ist und der Contour der inneren Flamme scharf begrenzt erscheint, so
                              versucht man sehr langsam zurückzugehen, um genau den Punkt zu ermitteln, bei
                              welchem so eben die erste Spur eines hellen Scheines über dem inneren Flammenkegel
                              erscheint. Man sucht diesem Punkte so nahe als möglich zu kommen, ohne ihn jedoch zu
                              erreichen. Ich pflege, nachdem die erste Ablesung erfolgt ist, die ich als eine
                              vorläufige betrachte, den Ring zurückzudrehen, bis die Marke auf 0 steht, und dann
                              zunächst die Höhe der Flamme zu controliren. Dieß fordert längere Zeit, denn bei der
                              Enge der Oeffnung, aus welcher das Gas in den Brenner einströmt, vergehen mehrere
                              Minuten, bis die Flamme ihre ursprüngliche Höhe wieder erlangen kann. Ist die
                              Einstellung der Höhe richtig befunden oder berichtigt worden, so drehe ich den Ring
                              rasch so weit, daß die Marke auf die bei der ersten Beobachtung gefundene Zahl zu
                              stehen kommt. Jetzt lasse ich einige Zeit vergehen, und sehe, ob die Flamme keine
                              leuchtende Spitze mehr zeigt. Ist dieß nicht der Fall, so gehe ich sehr langsam
                              zurück, um mich zu überzeugen, daß die erste Ablesung kein zu hohes Resultat gegeben
                              hat. Die Resultate der zweiten Beobachtung und ihre Wiederholungen pflegen genauer
                              zu seyn als die der ersten. Jedenfalls wiederholt man die Beobachtungen bis sie
                              mindestens auf einen Grad genau übereinstimmen. Hierbei ist man vor
                              Selbsttäuschungen dadurch geschützt, daß man die Scala während der Einstellung nicht
                              sehen kann, und die Zahl, auf welche man eingestellt hat, immer erst nach dem
                              Anzünden des Wachsstockes oder Zündhölzchens abgelesen wird. Sehr wesentlich ist,
                              daß die Luft des Raumes, in welchem man die Gasprüfung vornimmt, staubfrei sey.
                              Staubtheilchen, welche in die nicht leuchtende Flamme gelangen, erzeugen darin
                              leuchtende Fünkchen und Flämmchen, welche die Wahrnehmung des Punktes, bei dem die
                              leuchtende Spitze über dem blauen Flammenkegel verschwindet, erschweren und die
                              Messung ungenau machen. Schwebt Ruß in der Luft, indem z.B. eine Gasflamme mit Rauch
                              gebrannt hat, so erscheint der blaue Kegel mit einer rothgelben Hülle umgeben,
                              welche die genaue Einstellung unmöglich macht.
                           Die Grade der Scala des Gasprüfers drücken keine absoluten Werthe aus, ihre Größe ist
                              willkürlich bestimmt und sie geben nur Verhältnißzahlen. Ein Gas ist um so mehr fähig
                              Licht zu entwickeln, je weiter der Spalt geöffnet werden muß, um das Leuchtvermögen
                              der Flamme zu vernichten. In einer ausführlicheren Beschreibung des Gasprüfers,
                              welche im dritten Bande der Abhandlungen der
                              naturwissenschaftlich-technischen Kommission bei der königl. bayerischen
                              Akademie der Wissenschaften in München erscheinen wird, habe ich die Versuche
                              beschrieben, aus welchen sich ergibt, daß die zur Zerstörung des Leuchtvermögens
                              eines Leuchtgases erforderliche Luftmenge diesem Leuchtvermögen sehr nahe
                              proportional ist. Einige dabei erhaltene Resultate will ich im Folgenden kurz
                              anführen.
                           Das Leuchtgas der Stadt Leipzig forderte zur Zeit der Versuche, welche ich zur
                              Begründung des Gasprüfers ausführte, 35–38° Spaltöffnung des
                              Apparates. Ich drücke diese Beschaffenheit aus, indem ich das Gas als 35 bis
                              38grädig oder als Gas von 35° oder 38° bezeichne. Mit Leuchtgas,
                              dessen Grädigkeit jeden Tag bestimmt und nach seinem Gehalte in Rechnung gebracht
                              wurde, mischte ich reines ölbildendes Gas. Es ergab sich
                              aus zahlreichen Versuchen, daß die Beimischung von je 5 Proc. ölbildendem Gas zum
                              Leuchtgase dessen Grädigkeit um 5,5° erhöht. Die Uebereinstimmung der
                              gefundenen Zahlen und der nach diesem Wirkungswerthe berechneten ersieht man aus
                              folgender Zusammenstellung:Die Decimalen ergeben sich aus der Berechnung der Mittel, die Messung ist nur
                                    bis auf 1° genau auszuführen.
                              
                           
                              
                                 
                                 Gef. Mittel.
                                 Berechnet.
                                 
                              
                                 95
                                 Leuchtgas
                                 von
                                 35° mit  5
                                 ölbildendem
                                 Gas
                                 38,5°
                                 38,7°
                                 
                              
                                 90
                                 „
                                 „
                                 35°   „  10
                                 „
                                 „
                                 42,7°
                                 42,5°
                                 
                              
                                 87,5
                                 „
                                 „
                                 36°  
                                    „  12,5
                                 „
                                 „
                                 45,2°
                                 45,3°
                                 
                              
                                 85
                                 „
                                 „
                                 35°   „  15
                                 „
                                 „
                                 46,5°
                                 46,2°
                                 
                              
                                 80
                                 „
                                 „
                                 35°   „  20
                                 „
                                 „
                                 50,3°
                                 50,0°
                                 
                              
                           In einer zweiten Versuchsreihe wurde die Leuchtkraft des Gases durch Zusatz von
                              Wasserstoffgas vermindert, um zu sehen ob auch bei geringhaltigeren Gasen die
                              beobachtete Proportionalität noch stattfinde.
                           
                              
                                 
                                 Gef. Mittel.
                                 Berechnet.
                                 
                              
                                 90
                                 Leuchtgas
                                 von
                                 38° mit 10
                                 Wasserstoffgas
                                 34,1°
                                 34,2°
                                 
                              
                                 80
                                 „
                                 „
                                 36°   „   20
                                 „
                                 29,2°
                                 28,8°
                                 
                              
                                 70
                                 „
                                 „
                                 36°   „   30
                                 „
                                 26,5°
                                 25,2°
                                 
                              
                                 60
                                 „
                                 „
                                 36°   „   40
                                 „
                                 24°
                                 21,6°
                                 
                              
                           Die beiden ersten Versuche zeigen die gleiche Proportionalität, welche sich in der
                              ersten Versuchsreihe herausgestellt hat. Die beiden letzten Mischungen sind nicht
                              mehr als Leuchtgase zu betrachten. Man sieht aus den dabei erhaltenen Zahlen, was
                              sich auch bei anderen Mischungen ergeben geben hat, daß die Messungen unterhalb 28° nicht
                              mehr mit gleicher Schärfe ausführbar sind, wie die der reicheren Gase, und zwar
                              immer um so weniger je minder leuchtend die Flammen sind.
                           Bei Versuchen mit Leuchtgas, welchem durch ein Gemisch von rauchender und
                              wasserfreier Schwefelsäure die leuchtenden Bestandtheile mehr oder weniger
                              vollständig entzogen waren (decarburirtes Gas), wurden ähnliche Resultate erhalten.
                              Gas, welchem die schweren Kohlenwasserstoffe vollständig entzogen waren, zeigte am
                              Prüfer ungefähr 20–21°.
                           80 dieses decarburirten Gases von circa 21° mit 20
                              ölbildendem Gas gab 39°, berechnet 38,8°.
                           70 desselben mit 30 ölbildendem Gas gab 48°, berechnet 47,7° u.s.w.
                           Mischungen von ölbildendem Gas mit Wasserstoffgas gaben keine große Schärfe,
                              z.B.:
                           
                              
                                 
                                 Gefunden.
                                 Berechnet.
                                 
                              
                                 80
                                 Wasserstoffgas
                                 mit 20
                                 ölbildendem
                                 Gas
                                 24°
                                 22°
                                 
                              
                                 75
                                 „
                                   „  25
                                 „
                                 „
                                 28,5°
                                 27,5°
                                 
                              
                                 70
                                 „
                                   „  30
                                 „
                                 „
                                 36,4°
                                 33° u.s.w.
                                 
                              
                           Im Allgemeinen zeigt sich, daß diese Gemenge im Verhältniß zu viel Sauerstoff zur
                              Verbrennung von Wasserstoff verbrauchten, wodurch die Proportionalität gestört
                              wird.
                           Von besonderem Interesse sind die Versuche, welche ich mit Sumpfgas angestellt habe.
                              Decarburirtes Gas, ein wenig leuchtendes Gemenge von Sumpfgas mit Wasserstoffgas
                              u.s.w. braucht mehr Luft zur völligen Zerstörung seiner Leuchtkraft als ein Gemenge
                              von ölbildendem Gas mit Wasserstoffgas von gleicher Leuchtkraft. Ein solches Gas
                              zeigte z.B. 22°. Dieß würde einer Mischung von Wasserstoff mit 18 Proc.
                              ölbildendem Gas entsprechen, aber sein Leuchtvermögen ergab sich bei photometrischer
                              Prüfung viel geringer als das der letzteren Mischung.
                           Reines Sumpfgas, durch Erhitzen von essigsaurem Natron mit Kalk erhalten, brennt im
                              Gasprüfer mit einer Flamme die nicht scharf begrenzt ist, und an welcher nach dem
                              Aufdrehen des Spaltes das Verschwinden des letzten Scheines über dem kaum
                              erkennbaren inneren Kegel nur schwierig zu beobachten ist. Das gefundene Mittel
                              vieler Beobachtungen ergab 26°. Dieß würde einer Mengung von circa 20 Proc. ölbildendem Gas im Gemenge mit
                              Wasserstoff entsprechen. Allein die Leuchtkraft eines Gemenges von 20 ölbildendem
                              Gas mit 80 Wasserstoff ist meinen Versuchen zufolge mindestens 13 Mal größer als die
                              des Sumpfgases, obwohl letzteres die procentische Zusammensetzung eines Gemenges aus
                              gleichen Raumtheilen Wasserstoff und ölbildendem Gas besitzt.
                           
                           Leuchtgas mit Sumpfgas gemengt gab Resultate, welche den aus der Zusammensetzung zu
                              berechnenden entsprechen, z.B.:
                           
                              
                                 
                                 Gefunden
                                  Berechnet
                                 
                              
                                 90
                                 Leuchtgas
                                 von 35° mit  10
                                 Sumpfgas
                                      34,1
                                       34
                                 
                              
                                 80
                                 „
                                   „   39°  
                                    „   20
                                 „
                                      38
                                       37
                                 
                              
                           Aus diesen Versuchen ergibt sich die Unmöglichkeit die Leuchtwerthe verschiedener
                              Gase, welche der Gasprüfer angibt, in Procenten an ölbildendem Gas auszudrücken,
                              denn 100 Sumpfgas würden dem Prüfer zufolge entsprechen 22 ölbildendem Gas, demnach
                              30 Proc. desselben in einem Leuchtgase als 6,5 Procent ölbildendes Gas berechnet
                              werden, während ihre Leuchtkraft nur = 0,5 ölbildendem Gas ist.
                           Der Gasprüfer kann hiernach nur dazu dienen, die relativen Werthe verschiedener
                              Leuchtgase zu bestimmen. Auch hierbei veranlaßt das Sumpfgas einen Fehler, derselbe
                              kann aber jedenfalls, wie sich leicht darthun läßt, nur sehr gering seyn.
                           Vergleicht man die nach zuverlässigen Methoden ausgeführten Analysen von Leuchtgasen
                              aus Steinkohle, so findet man, daß die Gehalte derselben an Sumpfgas zwischen 35
                              Procent und 45 Procent schwanken. Im Mittel aus Frankland's
                              Polytechn. Journal Bd. CXXV S. 260
                                    und 345. zahlreichen Analysen von Leuchtgasen aus den verschiedensten englischen
                              SteinkohlenGas aus Bogheadkohle ausgenommen, das für sich nicht wohl anwendbar ist. (abgesehen von den Wassergasen), ferner aus Landolt's Analysen des Heidelberger GasesUeber die chemischen Vorgänge in der Flamme des Leuchtgases,
                                    Habilitationsschrift etc. Breslau 1856., so wie aus Wunder's Analysen des Chemnitzer
                              Gases, im Mittel demnach aus Analysen, welche Gase der verschiedensten Qualität von
                              den vorzüglichsten bis zu sehr geringhaltigen umfassen, so ergibt sich ein
                              durchschnittlicher Gehalt von 40 Procent Sumpfgas im Steinkohlengase.Die Analysen von Verver (L'éclairage au gaz à l'eau à Narbonne etc.
                                       Liège 1859) geben zwar Gehalte von 54–57 Procent
                                    Sumpfgas an, selbst bei Wassergasen, es läßt sich
                                    aber kaum bezweifeln, daß diese hohen Gehalte in den angewendeten Methoden
                                    der Analyse, namentlich in der Art, wie das Kohlenoxydgas durch
                                    ammoniakalische Lösung von Kupferchlorür bestimmt wurde, ihren Grund haben.
                                    Ebenso habe ich geglaubt von den älteren nach unvollkommenen Methoden
                                    ausgeführten Analysen Henry's absehen zu
                                    müssen. Nimmt man nun einen Gehalt von 40 Proc. als den normalen an, so kann der
                              Fehler in der Werthsbestimmung eines Leuchtgases, der durch einen größeren oder
                              geringeren Gehalt desselben an Sumpfgas herbeigeführt wird, nicht bedeutend seyn.
                              Enthielte z.B. ein Gas 50 Proc. Sumpfgas, also 10 Proc. mehr als angenommen wird, so
                              würde dieß etwas über 2° zu viel am Gasprüfer geben und umgekehrt. Das von Frankland analysirte Gas aus Peltonkohle, z.B. mit dem
                              niedrigen Gehalt von 32,9 Proc. Sumpfgas, würde um etwas über 1° zu gering am
                              Gasprüfer erscheinen. Nur an schweren Kohlenwasserstoffen sehr reiche, bei niederer
                              Temperatur dargestellte Gase werden einen den angenommenen Durchschnitt
                              übersteigenden Gehalt an Sumpfgas enthalten können, und in diesem Falle um etwas zu
                              hochgrädig am Gasprüfer erscheinen. Die geringhaltigen, bei sehr hoher Temperatur
                              erzeugten, an Wasserstoff reichen Gase dagegen, insofern sie unter 40 Proc. Sumpfgas
                              enthalten, würden etwas zu geringen Gehalt am Prüfer zeigen, wenn nicht dieser
                              Fehler durch den oben angegebenen Umstand aufgehoben und wahrscheinlich überwogen
                              würde, daß wasserstoffreiche Flammen etwas mehr Luft fordern als ihren Gehalten an
                              Kohlenwasserstoffen entspricht.
                           Für Wassergase und Holzgas, welche weniger Sumpfgas als die gewöhnlichen
                              Steinkohlengase enthalten, wird die Scala des Gasprüfers etwas modificirt oder es
                              werden die Angaben desselben zufolge des Durchschnitts der Analysen beider Arten von
                              Gas reducirt werden müssen, weil sie am Gasprüfer im Vergleich mit gewöhnlichem
                              Kohlengas um einige Grade zu geringhaltig erscheinen würden.
                           Bei Versuchen mit Kohlenoxyd und Stickgas, um keines der mitwirkenden Elemente außer
                              Acht zu lassen, habe ich gefunden, daß beide auf die Resultate ohne Einfluß sind.
                              Die Flamme eines Gemenges aus 70 Vol. Stickgas mit 30 Vol. ölbildendem Gas ist sehr
                              scharf begrenzt und zu genauer Einstellung der Höhe besonders geeignet. Beim Oeffnen
                              des Schlitzes bildet sie einen schönen inneren Kegel, dessen leuchtende Spitze genau
                              bei 25° Spaltöffnung verschwindet. Ich empfehle diese Mischung zur Bestimmung
                              eines festen Punktes der Scala und zur Prüfung eines Gasprüfers auf die
                              Uebereinstimmung mit meinem Originale.
                           Aus einer Reihe von Versuchen, welche in meiner größeren Abhandlung über den
                              Gasprüfer mitgetheilt werden sollen, hat sich ergeben, daß die Höhe der Flamme ein
                              hinreichend genaues Maaß des Consums für das zu prüfende Gas ist, mindestens bei
                              Leuchtgasen, deren Grädigkeit zwischen 30 und 50° liegt. Die Differenzen,
                              welche durch die verschiedene Ausflußgeschwindigkeit verschieden schwerer Gase
                              bedingt sind, werden, wie es scheint, bei den gewählten Dimensionen des Apparates
                              durch anderweite Umstände vollständig compensirt, wie schon die oben mitgetheilten
                              Zahlen beweisen. Bei Gasen von ungewöhnlicher Zusammensetzung wird die Anwendung
                              einer kleinen Gasuhr, um das Consum des Gases zu bestimmen, von Nutzen seyn
                              können.
                           
                           In meiner größeren Abhandlung werde ich einiges über das Verhältniß der Angaben des
                              Gasprüfers zu photometrischen Bestimmungen mittheilen. Ich habe diesen Gegenstand
                              nicht so weit erledigen können als ich wünschte, indem hierbei in Bezug auf Wahl und
                              Abänderung der Brennervorrichtungen die wissenschaftliche Untersuchung mit der
                              Mechanik Hand in Hand gehen muß. Einige Versuchsreihen haben aber genügend
                              nachgewiesen, daß die Angaben des Gasprüfers den Lichtstärken, welche das geprüfte
                              Gas bei richtiger Wahl des Brenners entwickelt, vollkommen entsprechend sind. So
                              ergab ein Gas aus Zwickauer Kohle in der ersten, zweiten und dritten Stunde die
                              Lichtstärken:
                           18,3 : 16,9 : 12.
                           Ein Prüfer (mit engerem Spalt als der jetzt gewählte) gab das Verhältniß dieser Gase
                              zu einander:
                           62 : 56,3 : 40.
                           Die nach der ersten Stunde für die beiden letzten aus der Lichtstärke berechneten
                              würden seyn:
                           62 : 57 : 40,6.
                           Endlich will ich als Beispiele einiger Gasprüfungen folgende mittheilen:
                           Dresden, am 14. März 1860, gemeinschaftlich mit Herrn
                              Prof. Stein zum Theil von diesem selbst, im Laboratorio
                              der königl. polytechnischen Schule bestimmt:
                           33,3°, 34°, 34°, 34° =
                              34°.
                           Riesa, Gas des Bahnhofes:
                           43°, 42,5°, 42,5°, 42° =
                              42,5°.
                           Chemnitz, den 16. März, mit Hrn. Dr. Wunder im Laboratorio der königl.
                              Gewerbeschule bestimmt:
                           32°, 32°, 32°, 31 2/3° =
                              32°.
                           (Das Gas wurde vergleichweise auch photometrisch geprüft. Es ergab, aus einem
                              Argandbrenner mit 32 Löchern brennend, bei 6 1/4 Kubikfuß sächs. (= 5 Kubikf. engl.)
                              stündlichem Consum, mit der 44 Millim. hohen Flamme einer englischen Normalkerze
                              verglichen 16 1/2 Lichtstärken.)
                           
                              
                                 Leipzig,
                                 Mittel
                                 der Beobachtungen vom 8. Februar bis 9. März 35°.
                                 
                              
                                 
                                 Mittel
                                 der Beobachtungen vom 17. März bis 18. April 37°.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 Den 23. April 35°, 35°, 35°.
                                 
                              
                                 
                                 
                                    „  
                                    27.    „   35°,
                                    35°, 35°.
                                 
                              
                           Bei Anfertigung mehrerer Exemplare des Gasprüfers hat sich ergeben, daß es unmöglich
                              ist den Spalten zweier Instrumente ganz gleiche Weite zu geben. Ich habe deßhalb von
                              Angabe eines Maaßes der Weite des Spaltes absehen müssen. Um die Scalen
                              verschiedener Apparate übereinstimmend herzustellen, muß entweder mittelst eines Gasgemisches,
                              welches eine recht genaue Beobachtung zuläßt, wie ich ein solches oben angegeben,
                              ein Punkt der Scala fixirt und von diesem aus die Theilung bewirkt oder es muß jedes
                              Exemplar mit einem Normalinstrumente unter Anwendung des gleichen Leuchtgases
                              verglichen und dadurch ein fester Punkt für die Scala gewonnen werden. So sind die
                              mit meinem Originale übereinstimmenden Instrumente hergestellt, welche die HHrn. Hugershoff, Mechanicus in Leipzig, und Blochmann in Dresden liefern.
                           
                        
                     
                  
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