| Titel: | Ueber die Silberspiegelfabrication. | 
| Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. L., S. 206 | 
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                        L.
                        Ueber die Silberspiegelfabrication.
                        Ueber die Silberspiegelfabrication.
                        
                     
                        
                           Wenn man die bejammernswürdigen Gestalten der zahlreichen Arbeiter und ihrer Familien
                              in Fürth und der Umgegend von Nürnberg gesehen hat, die ihre Gesundheit durch das
                              gewöhnliche Belegverfahren der Spiegelgläser mit Quecksilber eingebüßt haben und die
                              einem frühen Tode oder hülflosen Alter entgegensiechen, so wird man von Mitleiden
                              ergriffen; einsichtsvolle Aerzte dieser Gegend haben seit vielen Jahren sich bemüht,
                              den schädlichen Folgen der Quecksilberbelegung auf die Arbeiter-Bevölkerung
                              zu begegnen, aber die Schwierigkeit der nachhaltigen Durchführung
                              sanitätspolizeilicher Vorschriften machte bis jetzt ihre Anstrengungen erfolglos; in gleicher Weise hat
                              Dr. Beeg in Fürth,
                              bekannt durch seine ausgezeichneten Verdienste um die Industrie dieser Stadt, seit
                              langem schon seine Aufmerksamkeit der Silberspiegelfabrication nach Prof. von Liebig's Methode zugewendet und ihr Eingang zu
                              verschaffen gesucht, und es ist die Hoffnung, welche Liebig hegte, den Quecksilberbeleg mit allen Uebeln, die sich daran
                              knüpfen, durch den Silberbeleg zu verdrängen, ein mächtiger Antrieb für ihn
                              geworden, sein vor 7 Jahren bekannt gemachtes Verfahren durch mehrjährig
                              fortgesetzte Versuche zu vervollkommnen, so daß es für die Fabrication der
                              gemeinsten Soldaten- und Kinderspielzeug-Spiegel ebenso geeignet wie
                              für die kostbarsten optischen und Luxusspiegel ist; denn darauf kam es für diesen
                              Industriezweig in der erwähnten Gegend vorzugsweise an, in welcher Millionen kleiner
                              Spiegel jährlich für alle Länder der Erde fabricirt werden.
                           Die Spiegelfabrication in Fürth ist in den Händen von Unternehmern, von denen keiner
                              eine eigentliche Spiegelfabrik, wie man sie sich gewöhnlich vorstellt, besitzt, sie
                              besteht aus einer Anzahl von einander ganz getrennter Geschäfte; der Unternehmer
                              kauft die zugeschnittenen rohen Gläser von bayerischen, böhmischen oder sächsischen
                              Glashütten, und ebenso das Schleifen und Poliren dieser Gläser von zahlreichen
                              Schleifmühlen der Umgegend, er kauft das Belegen der Gläser von Arbeitern, die in
                              eignen Wohnungen mit Frau und Kindern sich damit beschäftigen, und bezahlt deren
                              Arbeit, zu welcher er das Quecksilber und die Zinnfolie liefert, stückweise;
                              Verhältnisse dieser Art, wie sie sich anderwärts wohl schwerlich finden, ließen
                              voraussetzen, daß die Erfindung des Silberbeleges gerade an diesen Orten das
                              lebhafteste Interesse erwecken und eine rasche und ausgebreitete Anwendung finden
                              würde; man konnte annehmen, daß schon die Rücksichten der Humanität die zahlreichen
                              Spiegelhändler in Fürth und Nürnberg veranlassen würden den Silberspiegeln, die bei
                              gleichem Preise den Quecksilberspiegel so sehr an Schönheit übertreffen, den Vorzug
                              zu geben, und von der Rührigkeit und Thätigkeit derselben ließ sich erwarten, daß
                              der Fürther Spiegelhandel, der an sich schon eine große Ausdehnung hat, einen noch
                              größern Aufschwung durch die Silberspiegel gewinnen und andern Spiegeln auf
                              ausländischen Märkten eine gefährliche Concurrenz bereiten würde.
                           Von diesen Betrachtungen ausgehend entschloß sich Hr. C. Crämer in Doos im Verein mit Dr. Schindling, einem tüchtigen Chemiker und Assistent von
                              Liebig, dessen Absichten zu verwirklichen; in voller
                              Berücksichtigung der bestehenden Verhältnisse errichteten sie eine Fabrik, in
                              welcher Silberspiegel nicht für eigene, sondern für Rechnung der Unternehmer
                              fabricirt werden
                              sollten, eine Beleganstalt, welche jeden Händler in den Stand setzen sollte anstatt
                              der Quecksilberspiegel Silberspiegel zu demselben Preise auf den Markt zu bringen
                              und sich daran zu betheiligen.
                           Bis jetzt hat aber der Spiegelhandel von der Existenz der Silberbeleganstalt keine
                              Notiz genommen; schon die Neuheit einer solchen Sache scheint dem Händler eine
                              Gefahr einzuschließen der er sich nicht gerne aussetzt, und es reicht für ihn hin,
                              daß keine Nachfrage nach Silberspiegeln besteht und das Publicum mit den
                              Quecksilberspiegeln zufrieden ist, um sein Interesse völlig auszuschließen. Eine
                              kurze Andeutung des Fabricationsverfahrens dürfte hier, um eine Vorstellung von dem
                              Preise der Silberspiegel zu gewinnen, von Interesse seyn. Die verschiedenen Methoden
                              Glas mit einer spiegelnden Silberschicht zu überziehen, lassen sich bekanntlich auf
                              die von Liebig entdeckte eigenthümliche Reduction der
                              Silbersalze aus einer ammoniakalischen Lösung durch Aldehyd zurückführen; später hat
                              man gefunden daß der Aldehyd in seiner reducirenden Eigenschaft durch eine Menge
                              anderer Substanzen: Zucker, Weinsäure, Schleimsäure, Zuckersäure etc. ersetzt werden
                              kann.
                           Die erste praktische Anwendung dieser Eigenschaft zur Fabrication von Spiegeln ist
                              von Drayton in London gemacht worden, der sich zur
                              Präcipitation des Silbers auf das Glas einer Mischung von ätherischen Oelen
                              bediente; es kamen damals Spiegel, die nach seiner Methode versilbert waren, im
                              Handel vor, allein sie verschwanden sehr bald wieder, indem sie nach wenigen Monaten
                              fleckig wurden; zwischen der. dünnen Silberschicht und dem Glase blieben nämlich
                              Spuren von den Oelen zurück, die sich nicht auswaschen ließen, und von ihrer
                              allmählichen Veränderung durch Licht und Luft rührte die Zerstörung der spiegelnden
                              Silberfläche her. Dieser erste Versuch zur Darstellung von Silberspiegeln begründete
                              ein allen späteren Versuchen schädliches Vorurtheil gegen diese Spiegel überhaupt,
                              welches jetzt noch besteht.
                           Entschieden bessern Erfolg hatten die später nach dem Verfahren von Petitjean in Paris, Brüssel, Genf und Erlangen
                              fabricirten Silberspiegel; das Glas wird nach demselben mit einer Lösung von
                              weinsaurem Silberoxyd-Ammoniak versilbert, welches auf die Glasfläche
                              gegossen beim Erwärmen auf 50–60° C., metallisches Silber auf das Glas
                              absetzt. Das Versilbern geschieht auf massiven eisernen Belegtischen, mit doppeltem
                              Boden und erhabenem Rande, welche durch Wasserdämpfe erwärmt werden. Das Glas liegt
                              auf einem über den Belegtisch gebreiteten Stücke Zeug, welches für die
                              Versilberungsflüssigkeit undurchdringlich ist. Die Silberschicht ist ziemlich dick
                              und der Unterschied des Preises zu Gunsten der Silberspiegel, verglichen mit dem der
                              Quecksilberspiegel, gering; die Versilberungsflüssigkeit von Petitjean zersetzt sich nach wenigen Tagen und kann nicht im Vorrath
                              angefertigt werden; in den warmen Sommertagen geschieht diese Zersetzung rascher als
                              an kalten und ist darum im Sommer ein die Fabrication störender Uebelstand; es
                              bleibt in der Flüssigkeit nach dem Versilbern des Glases eine gewisse Menge Silber
                              zurück, welches in einer besondern Operation wiedergewonnen werden muß, und wenn der
                              Nest derselben nicht vollkommen durch Waschen entfernt wird, so entstehen nach
                              einiger Zeit auf dem Spiegel weiße kleine Punkte, die sich concentrisch vergrößern,
                              so daß zuletzt die ganze Fläche mit weißen Flecken sich bedeckt: Fehler dieser Art
                              kommen übrigens in der neuern Zeit an den Spiegeln von Petitjean weit seltener vor als wie früher.
                           Die auf den Spiegeln von Petitjean häufig, aber nur bei
                              schwacher Beleuchtung, wahrnehmbaren dunklen oder flammigen Zeichnungen rühren von
                              einer ungleichförmigen Ablagerung des Silbers auf das Glas beim Aufgießen der
                              Versilberungsflüssigkeit her; da wo die Flüssigkeit auch nur einen Moment stehen
                              bleibt, bilden sich, wie bei dem Eintauchen der photographischen Platten in die
                              Silberlösung, sichtbare Ränder in dem Silberabsatz, und wenn zuletzt die
                              Versilberungsflüssigkeit irgend ein festes Körperchen aufgeschlämmt enthält, welches
                              sich auf die Glasfläche während der Versilberung absetzt, so entsteht rings um
                              dasselbe ein kleiner Hof, der sich nicht mit Silber ausfüllt; in eben dieser Weise
                              bringen feine Staubtheilchen, die dem Glase anhängen, feine Löcher in der
                              Versilberung hervor; alle diese kleinen kaum vermeidlichen Mängel werden auf den
                              Spiegeln von Petitjean durch einen dicken Ueberzug von
                              mit Mennig angeriebenem Oelfirniß zugedeckt, durch welchen das Silber ebenfalls vor
                              dem Einfluß schädlicher Gase geschützt wird.
                           Das Versilberungsverfahren von Prof. v. Liebig ist eine
                              Verbesserung seines früher bekannt gemachten Verfahrens, die wesentlich darin liegt,
                              daß sich die Versilberungsflüssigkeit ohne Veränderung aufbewahren und in Vorrath
                              anfertigen läßt; das Versilbern des Glases geschieht bei gewöhnlicher Temperatur und
                              geht sehr allmählich von Statten, so daß die Operation für jedes Glas 2 bis 2 1/2
                              Stunden dauert; das Silber bildet unter diesen Umständen eine zusammenhängende Haut,
                              was für die Schönheit wesentlich ist; es besteht in dieser Beziehung zwischen den
                              Spiegeln von Petitjean und Liebig ein merklicher Unterschied; hält man ein nach Liebig versilbertes Glas gegen die Sonne, so erscheint die Sonnenscheibe
                              mit scharfem Rande und rein blauer Farbe, durch die Silberspiegel von Petitjean sieht man sie roth oder gelb, wie durch ein mit
                              Ruß geschwärztes Glas, und hiernach zu schließen besteht die Silberschicht auf den
                              letztern nicht aus einer Haut, sondern aus einem unendlich feinen Pulver, dessen
                              Theile sehr nahe
                              aneinander liegen; für den Glanz des Spiegels, welcher von der mehr oder weniger
                              vollkommenen Reflexion des Lichtes abhängt, ist der Zusammenhang der reflectirenden
                              Silberfläche wesentlich. Ganz augenfällig zeigt sich dieß, wenn ein
                              Quecksilber- und ein Liebig'scher Silberspiegel an
                              einer Wand hängen, die kein directes Licht durch ein Fenster empfängt; der
                              Silberspiegel erscheint neben dem andern leuchtend, wie wenn derselbe von einer
                              besondern Lichtquelle Licht reflectirte.
                           Die Silberschicht auf den nach beiden Methoden dargestellten Spiegeln haftet sehr
                              fest; sie ist auf den Liebig'schen Spiegeln so dünn und
                              fest, daß sie sich mit dem Glase, wenn die Temperatur wechselt, ausdehnt und
                              zusammenzieht; selbst wenn der Spiegel zum schwachen Glühen in einem Ofen erhitzt
                              wird, zeigt sich keine Trennung des Glases von dem Metall, und es hat der
                              Sonnenschein, der die Quecksilberspiegel zerstört, indem das Zinnamalgam
                              krystallinisch wird, nicht den geringsten Einfluß auf seine Beschaffenheit.
                           Das nach Liebig versilberte Glas wird auf
                              galvanoplastischem Wege mit einer Schicht von metallischem Kupfer bedeckt, welche
                              hart genug ist um dem Abreiben mit dem Fingernagel zu widerstehen, und zuletzt wird
                              der Spiegel noch mit einem Firniß überzogen, welcher das Kupfer vor der Oxydation
                              schützt, die durch das Betasten mit schweißigen Händen an den Berührungsstellen sich
                              einstellt und das Verderben des Spiegels nach sich ziehen würde; nach fünf Stunden
                              ist der Spiegel zum Versenden fertig und ein dünner Papierstreifen zwischen 2 Gläser
                              gelegt, schützt sie vollkommen vor einer Beschädigung durch Reibung während des
                              Transports. Eine Schicht Silber von 1/16000 Millim. Dicke reicht hin zur Herstellung
                              eines Spiegels, welcher das Licht vollkommen reflectirt; eine größere Dicke macht
                              den Spiegel weit theurer, ohne seinen Werth für den Gebrauch zu erhöhen; was hinter
                              der reflectirenden Fläche liegt, kann irgend ein anderer Körper zum Schütze der
                              dünnen Silberhaut seyn, am besten eignet sich dazu ein galvanischer
                              Kupferniederschlag, welcher die Wirkung, schädlicher Gase, z.B. des
                              Schwefelwasserstoffgases in Wohnräumen ausschließt.
                           Ein Kistchen mit 60 Stück Judenmaaß Gläsern wird in der Fabrik in Doos, versilbert,
                              verkupfert und mit Firniß überzogen, fertig abgeliefert zu 3 fl. 15 kr., das Stück
                              mithin zu 3 1/4 kr.; jedes Stück hat eine Oberfläche von 567 Quadratcentimetern, die
                              60 Stück mithin eine Fläche von 3,4 Quadratmetern (54 hessische oder 37 bayerische
                              Quadratfuß), wonach also 1 Quadratmeter Glas (15 hessische oder beinahe 11
                              bayerische Quadratfuß) mit Silber, Kupfer und Firniß zu überziehen 57 1/3 kr.
                              kostet; dieß ist, wenn Bruch und Ausschuß in Anschlag gebracht wird, der Kostenpreis
                              derselben Sorte Quecksilberspiegel; in gleicher Weise stellte die Fabrik in Doos den
                              Belegpreis ihrer
                              größern Spiegel von 2, 4, 8, 16 und mehr Quadratfuß Fläche nicht höher als den
                              Kostenpreis der entsprechenden Quecksilberspiegel.
                           Die Stellung, welche die Spiegelhändler einnehmen, war nicht die einzige
                              Schwierigkeit, welche der Beleganstalt entgegenstanden, sie hatte es noch mit
                              directern zu thun, die darin lagen, daß sie nicht ihr eigenes Glas belegte sondern
                              im Anfange nur solches, was ihr ausnahmsweise von den Spiegelhändlern zum Belegen
                              zugesendet worden war; es waren dieß nicht nur Gläser von der verschiedensten
                              Qualität, sondern, wie sich jetzt mit aller Wahrscheinlichkeit voraussagen läßt,
                              absichtlich ausgewählte Gläser, die in der Politur, auf dem Lager oder durch die
                              Verpackung verdorben waren und die auch mit Quecksilber belegt, fehlerhafte Spiegel
                              gegeben haben würden, und es mußte die Bekanntschaft mit diesem fehlerhaften Glas
                              durch eine harte Schule erst erworben werden.
                           Die Darstellung eines fehlerfreien Spiegels setzt nämlich zunächst ein fehlerloses
                              Glas voraus und dieß ist viel seltner zu finden, als man vielleicht glaubt, und die
                              Versilberung des Glases ist ein Mittel um Fehler für das Auge erkennbar zu machen,
                              die sich sonst aller Wahrnehmung entziehen. Ein feuchter Papierstreifen, welcher
                              zwischen 2 Spiegelgläsern eine zeitlang liegt, macht daß diese Gläser fehlerhafte
                              Spiegel geben; die Stellen, wo das Papier das Glas berührte, erscheinen nach dem
                              Versilbern scharf abgegrenzt, in einer Figur von mattem Glanze, und wenn Glasplatten
                              durch einen Flanellstreifen getrennt in einer Kiste nur einige Tage lang platt
                              aufeinander liegen, so drückt sich der Flanellstreifen in das Glas scheinbar ab in
                              der Art, daß ein entsprechender Streifen in dem Spiegel nach der Versilberung zum
                              Vorschein kommt; durch das Wasser oder die schweflige Säure, womit das Wollenzeug
                              gebleicht worden war, wird offenbar das Glas angegriffen und die Oberfläche
                              verändert. Es ist den Käufern von Quecksilberspiegeln wohl bekannt, daß ein schöner
                              Spiegel, den man tadellos und fehlerfrei von der Fabrik oder dem Spiegelhändler
                              bezieht, sich sehr häufig nach Wochen oder Monaten verändert; es entstehen auf der
                              Spiegelfläche grau geränderte Stellen oder weiße langgezogene Flecken, wie wenn das
                              Zinn von dem Quecksilber abgeflossen wäre und dieses sich oxydirt hätte; andere
                              werden matt und bekommen helle und dunkle Streifen und erscheinen in gewissen
                              Richtungen gegen das Licht gehalten dunkel und hell marmorirt; es gibt kaum einen
                              Quecksilberspiegel der nicht mit einem solchen Fehler behaftet ist. Diese Fehler
                              rühren vom Glase und in der Regel von einer mangelhaften oder beschädigten Politur
                              an diesen Stellen her.
                           Bei der Fabrication der Quecksilberspiegel wird die Glasfläche mit einem amalgamirten
                              Zinnblatt bedeckt, welches an den vollkommen polirten Stellen sich fest an das Glas
                              anlegt und seinen Glanz dauernd behält; an den Stellen unvollkommener oder
                              verletzter Politur haftet das Zinnamalgam nicht, und diese nehmen nach einiger Zeit
                              die Beschaffenheit und Farbe an, welche die Rückseite, d.h. die Quecksilberseite des
                              Spiegels besitzt. Wenn auf der Glasfläche sich kleine Löcher befinden, welche durch
                              aufgeschliffene Luftbläschen entstehen, so sammelt sich in jedem ein
                              Quecksilbertröpfchen an, welches macht daß sich rund herum nach einiger Zeit die
                              Zinnfläche hebt.
                           Bei den frisch fabricirten Spiegeln deckt das amalgamirte Zinnblatt alle diese Fehler
                              zu, sie kommen aber nach und nach unabwendbar zum Vorschein. Der Fabrikant von
                              Quecksilberspiegeln hat in dieser Beziehung zum Schaden des Käufers einen Vortheil,
                              den der Fabrikant von Silberspiegeln völlig entbehrt, denn bei diesen kommen
                              sogleich alle Fehler, die im Glase und in der Fabrication liegen, zum Vorschein, und
                              wenn der Silberspiegel fertig ist, so verändert er sich nicht mehr; an Spiegeln, die
                              seit 3 Jahren im Gebrauche sind, hat man nicht die allermindeste Veränderung
                              wahrgenommen, so wie es sich denn nicht begreifen läßt, in welcher Weise sie sich
                              unter den gewöhnlichen Verhältnissen weiter verändern könnten.
                           Die HHrn. Crämer und Comp. in
                              Doos haben sich neuerdings entschlossen ihre Silberspiegel auf eigene Rechnung in
                              den Handel zu bringen. Voraussichtlich ist die Verbreitung derselben nur eine Frage
                              der Zeit, und man kann mit aller Sicherheit voraussagen, daß in einer Reihe von
                              Jahren, wenn das Publicum diese schönen Producte kennen gelernt hat, niemand mehr
                              einen Quecksilberspiegel kaufen wird; die Silberspiegel reflectiren nach v. Steinheil's Bestimmungen etwa 20 Procent mehr Licht als
                              die Quecksilberspiegel. Die Quecksilberspiegel geben den Bildern einen bleichen,
                              kalten, die Silberspiegel einen warmen Ton und sind deßwegen bei den Münchener
                              Künstlern in besonderer Gunst.
                           Wäre die Silberspiegelfabrication von jeher im Gebrauche und das Belegen mit
                              Quecksilber eine neue Erfindung, was die Silberbelegung in diesem Augenblicke ist,
                              so würde man die letztere als ein sehr mittelmäßiges Surrogat für die erstere
                              ansehen und kein Mensch würde auf den Gedanken kommen in seinem Schlaf- und
                              Wohnzimmer eine dauernd verdunstende Quecksilberfläche aufzuhängen, welche die Luft,
                              die er athmet, vergiftet; es ist zwar richtig, daß man bis jetzt ihren schädlichen
                              Einfluß nicht wahrgenommen hat, allein dieß ist kein Grund zu glauben, daß er in der
                              Wirklichkeit nicht besteht; in diesen Dingen genügt es häufig die Aufmerksamkeit
                              darauf zu lenken um die Schädlichkeit zu erkennen, ganz so wie dieß bei den grünen
                              arsenikhaltigen Tapeten der Fall gewesen ist, welche als directe Ursache von
                              Krankheiten und dauernden Leiden erst neulich, nach so vielen Jahren ihres
                              Gebrauches, durch die in Augsburg angestellten trefflichen Untersuchungen
                              nachgewiesen worden sind.