| Titel: | Ueber das Verwittern der Sandsteine und die Mittel zu dessen Verhütung. | 
| Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. LXIX., S. 285 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        LXIX.
                        Ueber das Verwittern der Sandsteine und die
                           Mittel zu dessen Verhütung.
                        Aus dem württembergischen Gewerbeblatt, 1860, Nr.
                              29.
                        Ueber das Verwittern der Sandsteine und die Mittel zu dessen
                           Verhütung.
                        
                     
                        
                           In einer im Mai 1853 der Phil. Society in Glasgow
                              mitgetheilten Abhandlung hat der Chemiker J. Napier
                              einige Untersuchungen über die Verwitterung von Sandsteinen veröffentlicht, aus
                              denen er zwar noch keine bestimmten Schlüsse zu ziehen wagt, die aber doch geeignet
                              sind, jetzt schon einiges Licht über diesen Gegenstand zu verbreiten.
                           Napier suchte sich zuerst durch eine Vergleichung der
                              Zusammensetzung von Sandsteinen, die schnell verwitterten, und von solchen, die sich
                              gut conservirten, über die Ursache der Verwitterung Aufschluß zu verschaffen.
                           Da der Sandstein keine chemische Verbindung, sondern bloß eine mechanische Mischung
                              von Bruchstücken chemischer Verbindungen ist, die durch ein Cement zusammengehalten
                              werden, so bediente er sich zur Bestimmung der Verhältnisse von Thon und Sand einer
                              mechanischen Abscheidung dieser Bestandtheile, und bestimmte nur Kalk, Eisen etc.
                              auf chemische Weise. Er pulverisirte die Sandsteinproben, rührte das Pulver mit
                              Wasser an, gab das Ganze auf ein Flanell-Filter und goß auf den Rückstand auf
                              dem Filter so lange Wasser, bis das letztere völlig klar ablief. Auf dem Filter
                              befand sich dann reiner Sand und Glimmer, und aus der durchgelaufenen trüben
                              Flüssigkeit setzte sich beim Stehen der Thon ab.
                           Aus einer auf diese Weise angestellten Vergleichung zahlreicher Proben von
                              Sandsteinen, die eine Verwitterung zeigten, und von solchen, die sich conservirten,
                              ergab sich das constante Resultat, daß die ersteren alle einen größeren Thongehalt
                              aufwiesen als die letzteren, und es läßt sich daher als wahrscheinlich annehmen, daß
                              ein größerer Thongehalt (bei geringem Kalkgehalt) der Sandsteine die bindende
                              Wirkung des Cements schwächt. Es ist aber klar, daß die Natur des Cements und die
                              Quantität desselben ebenfalls Berücksichtigung verdiente. Wenn ferner in dem einen
                              Falle der große Thongehalt die Ursache der Verwitterung bei einem Sandstein seyn
                              mag, so kann bei einem andern ein Gehalt von Schwefeleisen, von efflorescirenden
                              Salzen etc. eine solche hervorbringen.
                           Als Beispiel geben wir hier die Zusammensetzung eines verwitternden und eines sich
                              conservirenden Sandsteines nach Napier:
                           
                           
                              
                                 Verwitternd:
                                 Ausdauernd:
                                 
                              
                                 Sand und Glimmer
                                 73,6
                                 Sand und Glimmer
                                 90,2
                                 
                              
                                 Thon
                                 22,0
                                 Thon
                                 6,8
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 2,8
                                 Eisenoxyd
                                 0,8
                                 
                              
                                 Kalk
                                 1,2
                                 Kalk
                                 2,2
                                 
                              
                                 Magnesia
                                 Spur
                                 
                                 
                                 
                              
                                 ––––––
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 99,6
                                 
                                 100,0
                                 
                              
                           Der Thongehalt der Sandsteine scheint überdieß die Neigung derselben, Feuchtigkeit zu
                              absorbiren, bedeutend zu erhöhen – eine Eigenschaft, welche nicht nur die
                              Verwitterung befördern muß, sondern auch den Nachtheil feuchter Wohnungen nach sich
                              zieht. Wenn auch schon bei einem sehr viel Thon enthaltenden Sandstein die Menge
                              Wassers, die er aufzunehmen vermag, im Durchschnitt nicht größer ist als bei
                              Sandsteinen von geringerem Thongehalt, so geht doch die Aufsaugung bei dem ersteren
                              viel schneller von Statten, als bei den letzteren.
                           Napier setzte zwei dünne Sandsteinstücke, wovon das eine
                              20 Proc., das andere keinen Thon enthielt, während der Nacht einer feuchten
                              Atmosphäre aus und fand, daß das erstere 5 Proc. und das letztere bloß 1 Proc.
                              seines Gewichts Wasser aufgenommen hatte. Auch das Wachsthum von Pilzen und
                              Conserven kann durch den Thon- und Feuchtigkeitsgehalt nur begünstigt
                              werden.
                           Napier sagt weiter: „Die Quantität von Wasser,
                                 welche die Steine (frisch vom Bruche kommend) enthalten, ist wirklich
                                 außerordentlich: man sagt, es erfordere Jahre, bis ein Haus vollkommen trocken
                                 sey! Es hängt dieß zwar viel von der Qualität der Steine ab; wenn man aber
                                 erwägt, daß selbst im günstigsten Falle ein Stein 1 Gallon (circa 10 Pfd.) Wasser per Kubikfuß enthält, so kann man sich eine Vorstellung machen, was
                                 für eine außerordentliche Quantität Wasser verdampfen muß, bevor ein Haus völlig
                                 trocken ist; obgleich eine völlige Austrocknung eigentlich unmöglich ist, da die
                                 Steine immer wieder Wasser aus der Atmosphäre absorbiren. Außer dieser
                                 Wasseranziehung aus der Luft nehmen aber dieselben noch eine große Menge Wassers
                                 durch Capillar-Anziehung auf, ja selbst noch mehr, als beim wirklichen
                                 Eintauchen in Wasser, da in letzterem Falle die Luft weniger leicht aus den
                                 Poren entweichen kann.“
                              
                           Die bei theilweiser Eintauchung der Steine durch Capillarität aufgenommene Menge
                              Wassers betrug nach Napier als Mittel von 11 Versuchen 1
                              1/4 Gallon per Kubikfuß des Steins.
                           
                           Da auf diese Weise die Feuchtigkeit der Grundmauern oft bis an den zweiten Stock der
                              Gebäude aufsteigt, so wird eine Lage von Schieferplatten, in einiger Entfernung von
                              der Bodenfläche zwischen den Mauerlagen angebracht, als bestes Vorbeugungsmittel
                              empfohlen.
                           Was nun die Mittel zur Verhütung des Weitergreifens der an einem Gebäude eintretenden
                              Verwitterung der Steine betrifft, so hat man sich seither verschiedener
                              Verfahrungsweisen bedient, ohne jedoch vollkommen befriedigende Resultate zu
                              erreichen. Die eine besteht darin, daß man die Oberfläche der Steine mit gekochtem
                              Oel imprägnirt, wodurch in Folge der Verstopfung der Poren wenigstens der Einfluß
                              äußerer Agentien ausgeschlossen wird. Diese Methode soll ein gutes Resultat liefern,
                              wenn die Steine vor ihrer Behandlung mit Oel vollkommen ausgetrocknet werden;
                              – sie ist aber immerhin eine kostspielige. Wenn die Ursache des Zerfallens
                              von einem zu großen Thongehalt und zu geringem Kalkgehalt des Gesteins herrührt, so
                              wird nach Napier schon die Sättigung des Gesteins mit
                              Kalkmilch nach vorherigem Austrocknen gute Dienste leisten. Eine andere von Kuhlmann anempfohlene Methode hat den großen Erwartungen,
                              die man davon gehegt, nicht entsprochen. Sie besteht darin, die Steine mit einer
                              Auflösung von Wasserglas zu waschen oder zu imprägniren. Es zeigte sich bald, daß
                              bei Gesteinen von geringem Kalkgehalt die Zersetzung des Wasserglases und die
                              beabsichtigte Niederschlagung unlöslicher Kieselerde in die Poren des Gesteins nur
                              langsam von Statten ging, und daß der größte Theil der Wasserglas-Lösung
                              durch den Regen wieder ausgewaschen wurde, während auf der andern Seite bei seiner
                              Anwendung für kalkhaltige Gesteine und hauptsächlich zum Schutze von Kunstgebilden
                              das Effloresciren der durch die Zersetzung entstandenen Natronlösung höchst
                              nachtheilig wirkte. Die neueste Methode, wofür Hr. Ransome ein Patent in England ausgenommen hat, ist eine Modification der
                              letzteren und scheint nach dem Urtheile verschiedener Sachverständigen (siehe Journal of the Society of arts, 2. März 1860, Building Stones, the causes of their decay etc., by G.
                                 R.
                              Burnell) wirklich der Empfehlung werth zu seyn.
                              Dieser Methode gemäß wird die Oberfläche der Steine zuerst von den lose anhängenden
                              Theilchen gereinigt und dann mit einer möglichst großen Menge von Natron-
                              oder Kaliwasserglas imprägnirt (um das Absorptionsvermögen zu erhöhen, wäre wohl
                              eine vorherige Austrocknung des Gesteins von Nutzen). Wenn diese Lösung von dem
                              Steine eingesogen worden und getrocknet ist, wird er mit einer Auflösung von
                              salzsaurem Kalk oder salzsaurem Baryt gewaschen, wobei sich durch doppelte
                              Zersetzung unlöslicher kieselsaurer Kalk oder Baryt in die Poren niederschlägt,
                              während das gebildete salzsaure Natron oder Kali sich erfahrungsgemäß später leicht – ohne
                              gleichzeitige Ablösung von Steintheilchen – abwascht.Fr. Ransome, Civilingenieur in Ipswich, ließ sich
                                    dieses Verfahren im J. 1856 in England patentiren. Ueber diese Erfindung
                                    sagt er in einer Abhandlung „on waterglass,
                                          and its application to the Society of arts“, welche
                                    im Jahrgang 1859 des Journal of the Society of
                                       arts erschien: „Bei den Versuchen zum Conserviren der
                                       Steine mehrerer öffentlichen Gebäude mittelst Kali- oder
                                       Natron-Wasserglas erhielt man in England im Allgemeinen sehr
                                       unsichere Resultate, was offenbar hauptsächlich dem Umstand
                                       zuzuschreiben ist, daß das Silicat in löslicher Form aufgetragen wurde,
                                       daher durch Regen oder sogar durch die Feuchtigkeit der Atmosphäre vom
                                       Stein abgewaschen werden konnte, bevor das Alkali des Silicats aus der
                                       Luft hinreichend Kohlensäure zu absorbiren vermochte, um die Kieselerde
                                       in unlöslicher Form niederzuschlagen. Dieses Verfahren hatte aber noch
                                       einen andern großen Mangel, nämlich den, daß die Kieselerde, wenn deren
                                       Fällung bewirkt wird, dann doch nur ein gallertartiges Hydrat darstellt,
                                       welches für sich keine Cohäsion besitzt und daher dem Stein keinen
                                       großen Schutz gewähren kann. Ich hielt es daher für nothwendig, eine
                                       viel cohärentere Substanz als gefällte Kieselerde dem Steine
                                       einzuverleiben, und fand im Verlaufe meiner Versuche, daß durch
                                       Auftragen einer zweiten Lösung, aus Chlorcalcium bestehend, sich sofort
                                       im Stein kieselsaurer Kalk bildet, welcher eine sehr bedeutende Cohäsion
                                       besitzt und den atmosphärischen Einflüssen vollkommen widersteht. Mein
                                       Verfahren ist sehr einfach: die Bausteine werden zuerst gereinigt, indem
                                       man alle fremdartigen Materien von ihrer Oberfläche entfernt, und dann
                                       mittelst eines Pinsels mit einer Lösung von Kali- oder
                                       Natron-Wasserglas (welche man von verschiedener Dichtigkeit, je
                                       nach der Natur des Steins etc. anwendet) überstrichen; nachdem der Stein
                                       trocken ist, trägt man, ebenfalls mit einem Pinsel, eine Lösung von
                                       Chlorcalcium auf; es bildet sich dann sofort in den Poren des Steins
                                       kieselsaurer Kalk, und das außerdem erzeugte Kochsalz wird durch einen
                                       Ueberschuß von Wasser beseitigt. Die Erfahrung hat gezeigt, daß auf
                                       diese Art dem Stein einverleibte Kieselerde nur mit der Oberfläche des
                                       Steines selbst entfernt werden kann.“ A. d. Red.
                              
                           Ransome's Verfahren wurde auf einem Theil der Außenseite
                              der Parlamentsgebäude in London in Anwendung gebracht, welche nun während vier
                              Wintern dem Wetter ausgesetzt war, und Professor Ansted,
                              welcher den so behandelten Theil neuerdings einer Prüfung unterwarf, drückt sich
                              darüber folgendermaßen aus: „Die Oberfläche zeigte sich mit einer
                                 bemerkbaren Kruste überzogen, welche so hart war, daß man sie mit einem Messer
                                 nicht ritzen konnte, und obgleich sich auf dieser äußern Kruste eine
                                 beträchtliche Menge einer Salz-Efflorescenz befand, so konnte diese doch
                                 leicht von der Oberfläche abgewaschen werden; was daher diese vierjährige Probe
                                 anbelangt, so müssen die Resultate als befriedigend angesehen werden
                                 etc.“
                              
                           Ein anderer Theil der Parlamentsgebäude war nach Kuhlmann's Proceß behandelt worden, und Professor Tennant, der beide Proben einer vergleichenden Prüfung unterwarf, spricht
                              sich darüber in folgender Weise aus: „Von den nach Kuhlmann's Proceß behandelten Steinen ließen sich mittelst eines
                                 Messers mit der Efflorescenz auch große Quantitäten des Steins leicht in
                                 Pulverform ablösen; bei den nach Ransome's Verfahren
                                 behandelten Steinen löste sich überall, wo sich das Korn des Gesteins durch den
                                 Anstrich verhärtet hatte, die Efflorescenz auf der Oberfläche ohne Lostrennung
                                 irgendwelcher Steintheilchen ab.“
                              
                           Man wird leicht begreifen, daß auch Ransome's Methode
                              nicht alle Ursachen der Verwitterung der Gesteine entfernen kann, aber immerhin wird
                              sie die Ausdauer derselben bedeutend erhöhen, da mittelst derselben nicht nur die
                              Poren auf der Oberfläche des Gesteins dem Einfluß der Atmosphärilien verschlossen
                              werden, sondern sich auch ein weiter nach Innen gehendes, mit der Zeit sehr hart
                              werdendes Cement bildet. Sie wird um so wirksamer seyn, je mehr es gelingt, die
                              anzuwendenden Lösungen auch in das Innere des Gesteins eindringen zu machen, was bei
                              vorher ausgetrockneten Steinen nach Napier's Versuchen
                              vermittelst der Capillar-Anziehung ganz leicht zu bewerkstelligen seyn
                              sollte.
                           Daß das Verfahren von Ransome auch für feuchte Zimmerwände
                              das geeignetste und billigste Mittel abgeben wird, um durch außen oder innen
                              aufgetragene Anstriche die Feuchtigkeit zunickzuhalten, ist mit Sicherheit
                              anzunehmen. Wenn man solche mit Wasserglas- und Chlorcalcium Lösung
                              behandelte Wände zu tapezieren beabsichtigt, so wird es zweckmäßig seyn, nach
                              Erhärtung des Anstrichs die gebildete Salzefflorescenz abzuwaschen, ehe man an die
                              Aufklebung der Tapeten schreitet.