| Titel: | Repetir-Apparat am Jacquard-Webstuhl; vom Oberlehrer Seydel an der höhern Webschule in Glauchau. | 
| Fundstelle: | Band 159, Jahrgang 1861, Nr. V., S. 20 | 
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                        V.
                        Repetir-Apparat am
                           Jacquard-Webstuhl; vom Oberlehrer Seydel an der höhern Webschule in
                           Glauchau.
                        Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
                              1860 S. 253.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. I.
                        Seydel, über den Repetir-Apparat am
                           Jacquard-Webstuhl.
                        
                     
                        
                           Es wird hoffentlich willkommen seyn, von einer Vorrichtung am
                              Jacquard-Webstuhl Kenntniß zu haben, welche, trotzdem dieselbe nicht neu,
                              doch so Manchem noch unbekannt seyn dürfte, ebenso auch vielleicht von Manchen
                              vergessen seyn könnte. – Es werden durch diese Vorrichtung die Kosten der
                              Muster bedeutend beschränkt, da dieselbe gestattet, den Aufwand für
                              Jacquard-Muster-Karten durchschnittlich auf die Hälfte zu erniedrigen.
                              Ich halte es daher für meine Pflicht, nachstehende Beschreibung mit Bezug auf Fig. 28 im
                              allgemeinen Interesse zu veröffentlichen, und dieß um so mehr, als die betreffende
                              Vorrichtung nur mit einem sehr geringen, fast kaum nennenswerthen Kostenaufwands
                              verbunden ist. Außerdem entsteht dabei für den Weber der Vortheil, daß er immer nur
                              mit kleineren Mustern zu arbeiten hat, die kein großes Kartenlager erfordern, dessen
                              Anbringung wegen Mangel an Raum auch nicht immer zu ermöglichen ist. Erforderte
                              jetzt z.B. ein leinwandgrundiges Muster mit versetzter Broschürfigur 1200 Karten, so bedingt dasselbe nach Anbringung dieses
                              Apparats, je nach der Figur, nur noch 500 bis 700 Karten; denn
                              sämmtliche zwischen den Figuren befindliche Grund- (Leinwand-,
                              Tuch-, Musselin-, Taffet-) Karten kommen hierbei in Wegfall und
                              es bleiben zum Weben des glatten Grundes, der dann noch in ganz beliebiger Länge
                              gewebt werden kann, zwischen jeder Figur nur noch 3
                                 Karten, von denen die zweite mit einem vorher bestimmten Reserveloche
                              versehen ist, die anderen aber (die erste und dritte Karte) ohne dasselbe geschlagen sind. Dieser Umstand bewirkt durch den
                              angebrachten Apparat die Wendung des Cylinders nach vor- und rückwärts. Alle
                              zur Figur erforderlichen Karten müssen ohne das
                              betreffende Reserveloch seyn.
                           Diese Vorrichtung nun selbst bedingt nur das Anbringen des in Fig. 28 mit b, b' bezeichneten gleichnamigen Hebels, an welchem die
                              Schnüre a und c befestigt
                              sind. Die Schnur c ist an das eine Ende d des am obern Theil der Maschine angebrachten kleinen
                              Hebels d', d geknüpft, dessen anderes Ende durch die
                              Schnur e mit den Wendehaken in Verbindung steht. An eine
                              der letzten (an der Federkastenseite befindlichen) Reserveplatinen schlingt man die
                              Schnur a, und verbindet durch diese die Platine mit dem
                              Hebel b, und zwar so, daß das Ende desselben ungefähr 6
                              bis 7 Zoll unter dem Rechen, also 12 bis 13 Zoll unter dem Platinenboden der
                              Maschine zu stehen kommt.
                           Kommt nun beim Arbeiten nach der ersten Grundkarte die mit dem Reserveloch versehene
                              zweite Grundkarte an das Nadelbret zu liegen, so wird durch dieselbe die zum
                              Repetiren bestimmte Platine, da die Nadel derselben nicht zurückgedrängt wurde, in
                              Ruhe gelassen, wird beim Auftreten vom Messer gefaßt und gehoben, und hebt nun mit
                              sich das Hebel-Ende b; das andere Ende b' dieses Hebels biegt dadurch nieder, zieht durch die
                              Schnur e das Hebel-Ende d nach unten, wodurch dessen anderes Ende d'
                              aufbiegt und mittelst der Schnur e die Wendehaken hebt.
                              Diese Wendehaken werden nun so hoch gehoben, daß der obere derselben über die Laterne des Cylinders kommt, so, daß er seine
                              gewöhnliche Wirkung auf denselben nicht äußern kann, daß ferner der untere
                              Wendehaken dagegen an den unteren Theil der Laterne angedrückt wird, in dieselbe
                              greift und dadurch den Cylinder rückwärts bewegt. Durch
                              das Rückwärtsbewegen des Cylinders wird nun selbsterklärlich nach der zweiten
                              Grundkarte nicht die dritte, sondern die erste angelegt,
                              diese aber, weil ohne das Reserveloch, stößt die
                              betreffende Platine vom Messer zurück, der Repetir-Apparat (d.h. die Hebel)
                              bleibt in Ruhe, die Wendehaken werden nicht gehoben und es erfolgt, da der obere Wendehaken in die Laterne eingreift, eine
                              Vorwärtsbewegung des Cylinders, durch welche für das nächste Fach nun wieder die
                              zweite Karte an das Nadelbret kommt, diese bewirkt dann wieder die Rückwärtsbewegung
                              und so kommt ununterbrochen nach der zweiten Grundkarte die erste und nach der
                              ersten die zweite anzuliegen.
                           Es vertritt sonach diese einfache Vor- und Rückwärtsbewegung des Cylinders
                              oder vielmehr die erwähnten zwei Grundkarten mit und ohne dem betreffenden Reserveloch, die Stelle der, nach
                              der gewöhnlichen Weise, also bei ungehemmter Vorwärtsbewegung des Cylinders,
                              erforderlichen Anzahl sämmtlicher Grundkarten und wird somit die bereits erwähnte
                              Ersparniß an Karten überhaupt bewirkt, die allerdings um so bedeutender seyn muß, je
                              größer der Grund (der leinwandbindige Raum) zwischen den Figuren ist.
                           Ist nun der Grund fertig gewebt und will der Arbeiter von demselben zur Figur
                              übergehen, so hat er nach erfolgtem vollen Auftreten des Faches der ersten
                              Grundkarte den Tritt ein wenig locker zu lassen, so daß sich der Cylinder, ohne die
                              Nadeln zu berühren, so weit dem Nadelbret nähert, daß der Haken des obern
                              Wendehakens hinter das Laternensäulchen zu stehen kommt, alsdann ist wieder vollständig tief aufzutreten,
                              wodurch nun der Cylinder nochmals und zwar vorwärts, gewendet worden ist; die zweite
                              Karte ist dadurch weggelegt und an Stelle derselben die dritte, die in Hinsicht der
                              Bindung gleich der zweiten (also passend zur ersten), aber ohne das Reserveloch ist,
                              für das nächste Fach angelegt worden; die Repetition kann nun durch das
                              Nichtgeschlagen des betreffenden Reserveloches dieser dritten Karte nicht erfolgen,
                              der Cylinder bewegt sich vorwärts, und zwar so lange, bis die nächste mit dem
                              Reserveloche versehene Karte anzuliegen kommt, was allerdings erst die nächste
                              zweite Grundkarte ist, die alsdann wieder die oben angedeutete Vor- und
                              Rückwärtsbewegung bewirkt.
                           Die dritte Grundkarte hat, wie aus Vorstehendem ersichtlich, nur den Zweck: beim
                              Uebergang vom Grund zur Figur für die Fachbildung die Stelle der zweiten Grundkarte
                              zu vertreten und dabei den Repetir-Apparat außer Thätigkeit zu setzen.
                           Diese Vorrichtung, welche allerdings nur bei Stoffen mit Leinwandverbindung
                              (Musselin, Tuch, Taffet) anwendbar ist, ist schon ihrer Einfachheit und bequemen
                              Handhabung wegen zu empfehlen und bewährt sich bereits an einer ziemlichen Anzahl
                              Webstühle als äußerst praktisch.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
