| Titel: | Ueber die Verbrennung von nassem Brennmaterial in den Thompson'schen Oefen; von B. Silliman jun. | 
| Fundstelle: | Band 159, Jahrgang 1861, Nr. XXVIII., S. 104 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XXVIII.
                        Ueber die Verbrennung von nassem Brennmaterial in
                           den Thompson'schen Oefen;
                           von B. Silliman
                           jun.
                        Aus 
                           Silliman's american Journal of Science and Arts, September 1860, S. 243.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Silliman, über die Verbrennung von nassem Brennmaterial in den
                           Thompson'schen Oefen.
                        
                     
                        
                           Bekanntlich ist bei allen gewöhnlichen Ofenconstructionen die Anwendung von nassem
                              Brennstoff, in Folge der bei der Verdampfung des Wassers latent werdenden Wärme, von
                              großem Verlust begleitet. Selbst das vollkommen lufttrockene Holz enthält noch etwa
                              25 Proc. Wasser und es müßte also streng genommen die Bezeichnung
                              „naß“ für jeden Brennstoff, mit Ausnahme der Holzkohle und
                              der Steinkohle, gelten. In der Technik rechnet man jedoch nur Torf und solche
                              Substanzen zu den nassen Brennmaterialien, welche, wie gebrauchte Lohe, Farbhölzer
                              und Bagasse, wenigstens ihr halbes Gewicht oder noch mehr an Feuchtigkeit enthalten.
                              Alle Versuche, diese Materialien mit Nutzen zu verwerthen, sind bis auf die neueste
                              Zeit als gescheitert zu betrachten.
                           Es soll nun in Folgendem eine Ofenconstruction beschrieben werden, welche, zum Theil
                              in Folge von bisher noch nicht benutzten chemischen Wirkungen, jene Substanzen mit
                              Vortheil anzuwenden gestattet und daher vom praktischen wie vom wissenschaftlichen Standpunkte aus
                              alle Beachtung verdient.
                           In den ersten Perioden der Zersetzung von nassem Brennstoff sind die Hauptproducte
                              Wasserdampf, Rauch oder verflüchtigter Kohlenstoff, und Kohlenoxyd mit einer
                              wechselnden Menge von Kohlensäure und Kohlenwasserstoff. Diese Substanzen gehen bei
                              allen gewöhnlichen Heizvorrichtungen unbenutzt in den Schornstein und führen die bei
                              ihrer Bildung latent gewordene Wärme noch mit sich. Bei der in Rede stehenden
                              Feuerung soll diese nun wieder gewonnen werden, was dadurch erzielt wird, daß man
                              den Zutritt der Luft fast ganz abschließt und den nassen Brennstoff zwingt, den
                              Verbrennungssauerstoff aus der Zersetzung des Wasserdampfes, und zwar in Folge der
                              in hoher Temperatur stattfindenden Reaction zwischen diesem und Kohlenstoff oder
                              Kohlenoxyd, zu entnehmen.
                           Die praktische Lösung dieses Problems scheint zuerst dem verstorbenen Moses Thompson im Jahr 1854 gelungen zu seyn. Derselbe hatte
                              keineswegs eine genaue Kenntniß der Principien, auf denen seine Ofenconstruction
                              beruht, sondern ging von dem Gedanken aus, daß sich die Verbrennungsproducte nasser
                              Brennstoffe, wenn man sie zusammen in einen heißen von der atmosphärischen Luft
                              abgeschlossenen Raum brächte, einander „gegenseitig verzehren“
                              würden. Diesen Gedanken verwirklichte er und nannte den Raum, wo die gegenseitige
                              Zersetzung der eben genannten Substanzen vor sich ging, die
                              „Zersetzungskammer.“ Dieselbe soll nur die Bedingung
                              erfüllen, daß ein sehr hoher Hitzegrad darin herrscht und daß keine Luft
                              hineingelangen kann, die nicht erst durch die brennenden Stoffe hindurch gegangen
                              ist. Auf Gestalt und Construction dieser Kammer kommt es dann nicht weiter an. Es
                              wird darin, in Folge der unerläßlich hohen Temperatur, der Wasserdampf so zersetzt,
                              daß dessen Sauerstoff mit dem vorhandenen Kohlenstoff und Kohlenoxyd Kohlensäure
                              bildet, während etwa überschüssiger Wasserstoff mit Kohlenstoff zu Sumpfgas
                              zusammentritt. Auf diese Weise entwickelt der Sauerstoff des Wasserdampfes nicht
                              allein durch Verbrennung der übrigen Producte Hitze, sondern es wird hierbei auch
                              ein großer Theil der beim Verdampfen des Wassers latent gewordenen Wärme wieder
                              frei. Endlich werden alle in dem Gemisch noch vorhandenen verbrennlichen Producte
                              beim Uebergang desselben über die Feuerbrücke in einen der atmosphärischen Luft
                              zugänglichen Raum auch noch vollständig verbrannt.
                           Die erzeugte Hitze in den betreffenden Theilen des Ofens ist eine solche, daß nur die
                              feuerfestesten Materialien derselben widerstehen können und die Temperatur die volle
                              Weißglühhitze erreicht. Tritt Luft in die Zersetzungskammer, so wird durch deren hohen Gehalt an
                              unwirksamem aber Hitze absorbirendem Stickstoff die Temperatur augenblicklich so
                              herabgedrückt, daß die ganze Zersetzung aufhört und die helle Gluth durch dichte
                              Rauchmassen ersetzt wird. Bei vollkommenem Abschluß der Luft von dieser Kammer und
                              gutem Gange des Ofens ist dagegen keine Spur von Rauch zu bemerken, und es entweicht
                              nicht einmal Wasserdampf, während zu Anfang des Feuerns, ehe die Zersetzungskammer
                              ihre gehörige Temperatur erlangt hat, sowohl Wasser wie Rauch durch den Kamin
                              entweicht. Je nach der Beschaffenheit des zu verwendenden Brennmaterials weicht auch
                              die Construction des Ofens etwas ab. Diese soll in Folgendem für die einzelnen Fälle
                              beschrieben werden.
                           
                        
                           1. Feuerung für nasse Lohe, Sägespäne u.
                                 s. w.
                           Fig. 7 stellt
                              einen Grundriß und Fig. 8 einen verticalen Durchschnitt nach xy des Ofens dar, wie derselbe in Thompson's
                              erstem Patent (vom 10. April 1855) angegeben ist.
                           Diese Feuerung besteht aus drei quadratischen oder rechteckigen Feuerkammern A, A', A'', welche nebeneinander liegen; diese Anzahl
                              darf nicht verringert werden, wohl sind aber auch mehrere Kammern anwendbar.
                              Dieselben haben Rostböden B, B', B'' aus Feuerziegeln
                              und sind oben gewölbt. Jede Kammer hat vorn bei C eine
                              Arbeitsthür, die man, nachdem die Feuerung in Thätigkeit ist, nur selten gebraucht,
                              weil das nasse Brennmaterial durch die obere Oeffnung D
                              zugegeben wird. E ist eine Oeffnung, die nach dem Fuchs
                              oder der Zersetzungskammer F führt; sie kann mit einer
                              Klappe K aus feuerfestem Thon versehen seyn. Jede
                              Feuerkammer hat ihren eigenen Aschenfall G mit seiner
                              Oeffnung H; der Zweck desselben ist namentlich, die
                              brennenden Kohlenstücke, welche von oben herabfallen, aufzunehmen, wie später
                              erklärt wird.
                           Dient die Feuerung zum Erhitzen eines Dampfkessels, so bringt man diesen am besten
                              über dem Fuchs I an. Wendet man nasse Lohe oder ein
                              anderes sehr nasses Material an, so soll die Flamme zwischen der Zersetzungskammer
                              und dem eigentlichen Heizraum unter einer Brücke hindurch gehen, welche die Hälfte
                              der Tiefe des Feuerraums zwischen Rost und Gewölbe erreicht, und dann erst wieder
                              zum Heizraum aufsteigen. Bei trockenem oder doch nahezu trockenem Brennmaterial
                              tritt die Flamme direct nach dem Heizraum.
                           Das Feuer wird wie folgt geleitet: Nachdem in allen drei Kammern mit trockenem
                              Brennmaterial das Mauerwerk stark erhitzt worden, bringt man in zwei derselben
                              nassen Brennstoff und schließt die Aschenthüren. Erst wenn der nasse Brennstoff über
                              die ganze Rostfläche hin in Brand gerathen ist, gibt man auch in die dritte Kammer von
                              demselben Brennmaterial und schließt dann auch deren Aschenthür, worauf man
                              abwechselnd bei allen Feuerräumen mit Zusetzen des betreffenden Brennstoffs
                              fortfährt. Es nimmt alsdann die Zersetzungskammer F
                              vollkommene Weißglühhitze an und keine Spur von Rauch ist am Schornstein
                              sichtbar.
                           
                        
                           2. Feuerung für feuchte
                                 Zuckerrohr-Bagasse.
                           Fig. 9 zeigt
                              den Querschnitt, die innere und äußere Form und einzelne Theile der Feuerung nach
                              Thompson's Patent vom 15. December 1857. Fig. 10 zeigt
                              einen Längendurchschnitt von zwei verbundenen Doppelöfen. Fig. 11 gibt eine
                              Darstellung des Rostes und seiner Verbindung mit der Zersetzungskammer M und dem Fuchs F.
                              
                           Der Erfinder beschreibt diese Feuerung folgendermaßen:
                           
                              „Ich baue zwei fast quadratische Oefen nebeneinander. Die Umfassungsmauern
                                 werden nach Oben zu einer Art von Dom zusammengezogen, durch dessen Oeffnung die
                                 Bagasse zugegeben wird. Die Hauptmauer muß 24–30 Zoll dick und möglichst
                                 wenig die Wärme ableitend seyn, die oberen und die nach dem hinteren Feuerraum
                                 führenden Theile können dünner seyn. Jeder Feuerraum wird durch eine fast bis
                                 zur Spitze gehende Ziegelwand in zwei gleiche Theile getheilt; der ganze innere
                                 Raum wird mit feuerfesten Ziegeln ausgemauert. Jeder Feuerraum wird ferner in
                                 einen unteren und einen oberen Raum durch einen Rost aus feuerfesten Ziegeln
                                 getheilt, welcher etwa in einem Fünftel der Höhe angebracht und nach hinten
                                 etwas niedriger ist. Den Boden des unteren Raumes kann ein Rost mit Aschenfall
                                 oder auch, was viel besser ist, ein Herd bilden. Jeder einzelne Feuerraum hat
                                 unmittelbar unter dem Rost eine Thür zum Einlegen von Holz oder anderem
                                 trockenen Brennstoff, unter welcher sich, über der Sohle des untersten Raumes,
                                 stellbare Zugöffnungen für die Verbrennung in diesem untersten Raume
                                 befinden.
                              
                           
                              Sämmtliche Feuerräume münden in den quer dahinter sich erstreckenden
                                 Zersetzungsraum, wo sich alle Gase gegenseitig verbrennen und eine sehr hohe
                                 Temperatur hervorbringen. Diese Kammer soll etwa den halben Rauminhalt aller
                                 Feuerkammern zusammen haben und sich nach Unten bis zur Tiefe des hinteren
                                 Rostendes erstrecken. Der Fuchs, welcher die Gase aus der Zersetzungskammer
                                 ableitet, muß einen Quadratfuß Fläche auf jede vierzig Kubikfuß des Inhaltes der
                                 Zersetzungskammer haben.
                              
                           
                              Die Thüren zur Beschickung des Feuers müssen sich von Oben durch den Druck des
                                 Brennmaterials öffnen, von Unten aber selbst verschließen und nicht durch den
                                 innern Druck geöffnet werden können.
                              
                           
                           
                              Für Bagasse müssen die inneren Seiten des Feuerraums uneben ausgeführt werden,
                                 damit sich die Hitze besser nach Oben verbreiten und das dort befindliche
                                 Material erreichen kann; für Lohe oder Sägespäne können die Wände glatt
                                 seyn.
                              
                           
                              Der Zwischenraum der Roststäbe muß zwischen 6 Zoll für die feinste und 20 Zoll
                                 für die gröbste Bagasse betragen; für Sägespäne und Lohe darf er nicht über
                                 3/4–1 Zoll breit genommen werden. Der Rost muß aus feuerfesten Ziegeln
                                 bestehen.
                              
                           
                              Zur Beschickung des Ofens wird zuerst im untersten Raume ein Feuer mittelst
                                 trockenen Brennmaterials angezündet, und wenn das Mauerwerk gehörig erhitzt
                                 worden, das nasse Brennmaterial von Oben zugegeben. Dieses starke Feuer in der
                                 untern Feuerkammer, namentlich vorne unter der Hauptmasse des feuchten
                                 Brennstoffes, muß während der ganzen Operation unterhalten werden. Die
                                 gebildeten Dämpfe und Zersetzungsproducte mischen sich sämmtlich in der
                                 Zersetzungskammer und bringen daselbst eine intensive Hitze hervor; dabei müssen
                                 die Zugthüren der untern Feuerkammern theilweise geschlossen seyn. Die unteren
                                 Theile des nassen Brennstoffs fallen nach und nach in getrocknetem und
                                 halbverbranntem Zustande durch den Rost, und ersetzen dann zum Theil das
                                 daselbst brennende trockene Material. Bei der schließlichen Verbrennung aller
                                 Producte wird der Sauerstoff von dem Wasser des nassen Brennstoffes geliefert.
                                 Durch richtige Regulirung des Zuges, wie der Zugabe von nassem oder auch von
                                 trockenem Material gelingt es bald, den Gang richtig zu leiten und namentlich
                                 die Anwendung von trockenem Holze etc. im untersten Raume, nachdem einmal die
                                 Operation eingeleitet ist, ganz zu umgehen. Die erzeugte Hitze ist viel höher,
                                 als bei Anwendung von trockener statt nasser Bagasse von gleichem Volum. Je mehr
                                 Wasser sie enthält, desto weniger Luft braucht auch dem untern Feuerraum
                                 zugeführt zu werden.
                              
                           
                              In den Zeichnungen stellt D die Feuerräume für das
                                 trockene, W diejenigen für das nasse Brennmaterial,
                                 M die Zersetzungskammer dar; P sind die Zwischenwände, F die Oeffnungen für die Bagasse, B ist
                                 der zu heizende Dampfkessel, b die Feuerbrücke. Der
                                 Dampfkessel soll nicht oder nur sehr wenig über der Zersetzungskammer liegen,
                                 weil sonst die Hitze daselbst (in Folge der Abkühlung) nicht die zu der
                                 Zersetzung der Verbrennungsproducte erforderliche Höhe erreichen kann. Die
                                 gehörige Größe dieses Raumes ist ebenfalls von der größten Wichtigkeit, sowie
                                 die vollständige Absperrung eines Ueberschusses von atmosphärischer Luft in
                                 demselben. Für trockenes Brennmaterial muß daher die Zersetzungskammer auch
                                 größer als für nasses genommen werden, damit der Mangel an Wasserdampf durch Luft
                                 ersetzt werden kann. Genauere Regeln hierüber lassen sich, der Natur des
                                 Gegenstandes nach, nicht wohl geben.
                              
                           
                              Die Rostöffnungen sind absichtlich so weit genommen, damit möglichst viel
                                 halbverkohlte Bagasse hindurchfalle und das untere Feuer unterhalten kann, so
                                 daß die ganze Operation mit möglichster Ersparniß von anderm Brennmaterial
                                 ausgeführt werde.“
                              
                           So weit Thompson's Patentbeschreibung. Theoretisch steht
                              nun zwar fest, daß nicht mehr Hitze bei diesem ganzen Zersetzungsproceß erzeugt
                              werden kann, als zur Verdampfung des Wassers und zur Umwandlung der festen Producte
                              in flüchtige erfordert wird. Aber es ist keineswegs gleichgültig, ob der Sauerstoff
                              zur vollständigen Verbrennung aus der Atmosphäre oder von der Zersetzung des Wassers
                              mittelst Kohle und Kohlenoxyd herrührt, indem einerseits der wirkungslose Stickstoff
                              viel Hitze absorbirt und andererseits der concentrirtere Sauerstoff auch höhere
                              Hitze entwickeln muß, als der mit Stickstoff verdünnte. Daher bemerkt Thompson schon in seinem ersten Patent: „Nach
                                 vielfachen Versuchen habe ich mich überzeugt, daß alle Erfolge, welche mit
                                 trockenem Brennstoff erreicht werden können, den nach meinem Verfahren mit
                                 gleicher Brennstoffmenge erzielten nachstehen, und daß Hitzegrade wie im
                                 vorliegenden Fall nur durch nasses Brennmaterial, in einen sehr heißen Raum
                                 gebracht, erzeugt werden können, wobei, ohne daß die Verbrennung im geringsten
                                 unvollständig bliebe, keinerlei Zug mit seinen nachtheiligen Eigenschaften
                                 erforderlich ist.“
                              
                           Obwohl die beschriebene Feuerungsmethode mit nassem Brennstoff in vielen
                              Zuckerpflanzungen Louisiana's und in einigen Gerbereien in Pennsylvanien und
                              New-York in Anwendung ist, wurde davon meines Wissens in den
                              wissenschaftlichen Zeitschriften keine Notiz genommen. Ich selbst habe im Jahre 1857
                              einen dreitheiligen Thompson'schen Ofen für nassen Torf
                              in Thätigkeit gesehen; dieses Material enthielt über 75 Proc. Wasser und war für
                              sich zur Anwendung auch hier zu naß; allein mit 1/4 trockenem Holze konnte auch
                              dieses äußerst nasse und fast ganz werthlose Brennmaterial nutzbar gemacht werden.
                              Es brachten nämlich 3 Klafter nasser Torf (von je 128 Kubikfuß) und 1 Klafter
                              trockenes Holz dieselbe Wirkung auf einen Dampfkessel hervor wie 4 Klafter trockenes
                              Brennholz.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
