| Titel: | Zur Anfertigung submariner Telegraphenleitungen. | 
| Fundstelle: | Band 159, Jahrgang 1861, Nr. XXX., S. 112 | 
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                        XXX.
                        Zur Anfertigung submariner
                           Telegraphenleitungen.
                        Aus dem Breslauer Gewerbeblatt, 1860, Nr.
                              24.
                        Ueber Anfertigung submariner Telegraphenleitungen.
                        
                     
                        
                           In der letzten Sitzung der British Association for the
                                 Advancement of Science zu Oxford hielt Herr W. Hall einen Vortrag über die Anfertigung dieser Taue, mit Hülfe des
                              Kautschuks statt der Gutta-percha, woraus wir nachfolgende Notizen
                              entnehmen.
                           Der Kautschuk wird nach England in sehr verschiedenen Handelsformen importirt. Der
                              Paragummi, der zu den besten Sorten gehört, wird meistens in der Form von Flaschen,
                              in neuerer Zeit auch in Form von dickwandigen Röhren eingeführt, die sich besonders
                              zur Anfertigung der vielfach zu elastischen Zeugen gebrauchten Fäden eignen. Man
                              reinigt die Flaschen zuerst durch Kochen mit Wasser von allem Sande und Schmutze,
                              schneidet dann das obere und untere Ende der Flaschen ab, und bereitet sie so zu dem
                              Schneiden in Streifen vor. Dieß geschieht mittelst einer dünnen kreisförmigen
                              Stahlplatte mit sehr scharf zulaufendem Rande, die gleich einer Circularsäge wirkt.
                              Parallel mit der Achse derselben ist eine zweite Achse gelagert, die außer der
                              drehenden auch in der Längenrichtung eine langsame Fortbewegung erhält, indem das
                              eine Ende derselben mit einem feinen Schraubengang versehen und in einer ähnlich
                              geschnittenen Schraubenmutter gelagert ist. Am anderen Ende ist eine Riemscheibe aufgekeilt, und wird
                              die Bewegung davon auch auf die Achse des kreisförmigen Messers übertragen.
                           Indem man auf die zweite Achse ein hölzernes Futter aufschiebt, auf welchem die
                              Kautschukflasche oder Kautschukröhre ausgespannt ist, dieses Futter dann an das
                              kreisförmige Messer andrückt und nun die Maschine in Bewegung setzt, wird die
                              Kautschukflasche in dünne, sehr gleichmäßige Fäden verwandelt, die im erwärmten
                              Zustande ausgespannt und dann erkalten gelassen werden. Sie verlieren dadurch einen
                              Theil ihrer Elasticität und können so mit Baumwolle etc. übersponnen und zu Geweben
                              verwendet werden, erhalten dieselbe aber bei abermaligem Erwärmen wieder –
                              ein Vorgang, wodurch eben die große Elasticität solcher Gewebe bedingt wird.
                           Damit die frischen Schnittflächen nicht zusammenkleben, fließt während des Schneidens
                              continuirlich ein dünner Strom kalten Wassers auf die Schnittstelle auf –
                              eine Vorsicht, die man überhaupt beim Schneiden des Kautschuks beobachten muß.
                           Unreinere Kautschuksorten erfordern eine andere Art von Bearbeitung. Man schneidet
                              sie in einem Strome von kaltem Wasser in kurze schmale Schnitzel, die gleichzeitig
                              von den beigemengten Verunreinigungen befreit werden. Ist dieß geschehen, so bringt
                              man sie in den sogenannten Knetapparat, um sie in einen soliden Block zu verwandeln.
                              Dieser Apparat, der schon vor 35 bis 40 Jahren in Anwendung gekommen, hat bis jetzt
                              noch keine wesentlichen Abänderungen erfahren. Er besteht aus einem starken
                              liegenden Cylinder von Gußeisen, der an beiden Enden durch Platten verschlossen und
                              am oberen Ende mit einer verschließbaren Oeffnung zum Einbringen des Kautschuks
                              versehen ist. In diesem Cylinder dreht sich eine starke eiserne Welle, welche auf
                              ihrer ganzen Oberfläche mit kurzen Hervorragungen von circa 1/2'' im Quadrat versehen ist. Sie geht dicht schließend durch
                              centrale Oeffnungen durch, welche in den Böden angebracht sind, und ist außerhalb in
                              stark befestigten Lagern gelagert. Durch eine breite Riemscheibe wird sie in
                              Umdrehung versetzt. Die Kautschukschnitzel werden sorgfältig gewaschen, gut
                              getrocknet und zwischen erwärmten eisernen Walzen durchgelassen, wodurch schon eine
                              anfangende Vereinigung bewirkt wird, und dann in passender Menge in den Cylinder
                              hineingebracht, der alsdann dicht verschlossen wird. Beabsichtigt man sogenannten
                              vulcanisirten Kautschuk darzustellen, so fügt man gleichzeitig den Schwefel, die
                              Schwefelmetalle, die Magnesia, kurz alle die Stoffe zu, die dem Kautschuk beigemengt
                              werden sollen. Wendet man eine nicht allzugroße Menge Schwefel an, so erhält man
                              eine Masse, die durch das Erwärmen auf 130 bis 150° C. eine ungemein große
                              Elasticität erlangt, die
                              sie selbst in der Kälte ziemlich unverändert beibehält. Wird außerdem noch Magnesia
                              etc. zugefügt, so erhält man den sogenannten gehärteten Kautschuk, der das Horn und
                              Schildpatt bei Kämmen etc. vollkommen ersetzt. Der hohe Preis des Kautschuks hat
                              dahin geführt, den Zusatz dieser vulcanisirenden Stoffe im Uebermaaß zu steigern,
                              und ist die Folge davon leider die, daß heutzutage Massen von unbrauchbarem Material
                              in den Handel kommen, die nach kurzer Zeit auf dem Lager alle Elasticität verlieren
                              und vollständig mürbe werden. Auch Gutta-percha ist auf diese Art vulcanisirt
                              worden, indem man sie gleichzeitig mit Kautschuk mengte, hat aber dadurch ebenfalls
                              an ihrer Haltbarkeit verloren, und dürfte gerade dieß auch der Grund seyn, warum die
                              im Boden oder im Wasser liegenden Telegraphendrähte so rasch ihren Dienst
                              versagen.
                           Wird der Knetapparat eine Stunde oder länger in Thätigkeit erhalten, so verbinden
                              sich durch die vereinigte Wirkung der Reibung und Pressung und die dadurch erzeugte
                              sehr beträchtliche Hitze die einzelnen Kautschukschnitzel in einen einzigen
                              länglichen Ball, von der Länge des Cylinders, der durch einen mächtigen Druck in
                              runde oder viereckige Massen verwandelt wird, welche etwa 6' lang, 12 bis 15'' breit
                              und 10 bis 12'' dick sind. Um dieselben in Blätter zu verwandeln, bringt man sie in
                              eine starke, gußeiserne Büchse, nachdem man ihre Seiten mit Seife schlüpfrig gemacht
                              hat. Der Boden der Büchse ist beweglich und kann durch eine Schraube gehoben werden.
                              Gleichzeitig ist die ganze Büchse in der Art beweglich, daß sie durch die Drehung
                              einer Schraube gegen ein langes gerades Messer geführt werden kann, das durch ein
                              Excentricum kräftig vorwärts bewegt wird. Es wäre vielleicht hier auch ein
                              kreisrundes, rasch sich drehendes Messer mit demselben Erfolge anwendbar. Durch
                              Hebung des Bodens der eisernen Büchse wird ein Stück des Kautschukblocks von der
                              Dicke des gewünschten Blattes herausgeschoben, das Messer in Bewegung gesetzt und
                              die eiserne Büchse demselben genähert. Daß auch hier das Auffließen von kaltem
                              Wasser nicht unterlassen werden darf, versteht sich von selbst.
                           Die so erhaltenen Platten können nun zum Belegen von Zeugen benutzt werden, am besten
                              indem man sie mit einer Auflösung von Kautschuk in Benzin anstreicht, einen leichten
                              Baumwollen- oder Seidenzeug aufdrückt, das Ganze trocknet und auch auf der
                              anderen Seite des Kautschuks dieselbe Operation vornimmt, endlich aber den Zeug
                              behufs der festeren Vereinigung zwischen glatten Walzen durchgehen läßt. Will man
                              aus den Platten für die oben und weiter unten angegebenen Zwecke Fäden herstellen,
                              so drückt man die Ränder der Platten zusammen, und bildet so weite Röhren, die auf die oben
                              angegebene Art ganz wie die Flaschen selbst in Fäden zerschnitten werden.
                           Die Gutta-percha, mit der man bisher die submarinen Telegraphendrähte meistens
                              überzogen hat, ist zuerst im Jahre 1843 von Dr. Montgommery und durch die Vermittlung der Society of Arts nach England eingeführt worden. Taucht
                              man dieselbe in nahezu kochendes Wasser, oder erhitzt man sie im trockenen Zustande
                              auf diese Temperatur, so wird sie knetbar und weich wie Butter, und kann dann in
                              beliebige Formen gebracht werden, die sie nach dem Erstarren beibehält. Durch
                              Ausziehen und Auswalzen in diesem Zustande nimmt sie eine gewissermaßen sehnige
                              Structur an, die sich besonders an dünnen Blättern erkennen läßt. Gleich dem
                              Eisenbleche verlaufen diese Fasern in der Richtung des Auswalzens, und zeigen sich
                              diese Blätter in dieser Richtung weniger zerreißbar, als in der Querrichtung der
                              Fasern. Die ganze Darstellungsart der mit Gutta-percha überzogenen
                              Telegraphendrähte läßt auch hier diese Faserbildung annehmen, und wäre es wohl
                              möglich, daß gerade die unmerklichen Zwischenräume zwischen denselben, bei dem
                              vorhandenen enormen Wasserdrucke, das Eindringen des Meerwassers erlaubten.
                           Bekanntlich fabricirt man die mit Gutta-percha überzogenen Drähte auf die Art,
                              daß man die erweichte Gutta-percha in einen Cylinder einführt, der auf der
                              einen Seite durch einen genau passenden Kolben, auf der anderen durch einen
                              angeschraubten Boden verschlossen ist. In diesem Boden ist eine runde Oeffnung an
                              dem Querschnitte, welcher den überzogenen Draht erhalten soll, vorhanden. Der Draht
                              wird durch eine enge seitliche Oeffnung in den Cylinder hinein-, und
                              möglichst genau in der Mitte der Bodenöffnung herausgeführt. Der Cylinder wird durch
                              Dampf warm gehalten. Wird nun der Kolben durch hydraulischen Druck oder
                              Räderübersetzung langsam vorgeschoben, so fließt die erweichte Gutta-percha
                              durch die Bodenöffnung heraus, indem sie den Draht umgibt und durch Adhäsion mit
                              sich führt. Sollen mehrere isolirte Drähte zu einem gemeinsamen Strang vereinigt
                              werden, so läßt man sie entweder durch nahe neben einander liegende Oeffnungen
                              desselben Cylinders heraustreten, oder man stellt sie mit mehreren nebeneinander
                              liegenden Cylindern dar, und vereinigt sie alsdann durch Durchpressen durch ein
                              gemeinsames weiteres Ziehloch. Durch Einführen in kaltes Wasser wird das
                              Zusammenkleben der einzelnen Windungen verhindert. Zum Schutze gegen äußere
                              mechanische Verletzungen werden die Telegraphendrähte noch mit Spiralen von starkem
                              Eisen- oder Stahldraht umgeben. Herr W. Hall
                              behauptet nun, daß einmal es völlig unmöglich sey, die Kupferdrähte immer genau in
                              der Mitte der Gutta-percha-Hülle zu halten, und daß es bei Biegungen
                              und Knicken leicht
                              vorkommen könne, daß die Drähte durch die Hülle durchdrängen. Er meint ferner, daß
                              die Gutta-percha bei längerem Liegen im Wasser sich in Bezug auf ihre
                              Isolirfähigkeit verschlechtere, und endlich den Zutritt des Wassers zum Drahte nicht
                              mehr verhindere. Er gibt endlich an, daß durch die Spiralform der schützenden
                              Drahtumhüllung es nicht ausbleiben könnte, daß beim Legen solcher Kabel in großen
                              Tiefen, wo ein langes Stück derselben frei hinge, diese Spiralen sich in die Länge
                              zögen, so daß der innere Draht vielfach gezerrt und gequetscht würde, wovon leicht
                              die Verletzung der Gutta-percha-Hülle die Folge seyn könnte.
                           Reinen Kautschuk hält er für ein bedeutend besser isolirendes Material, das auch bei
                              sehr langem Liegen in Wasser nichts von seiner isolirenden Eigenschaft einbüße.
                              Seine Methode, um Telegraphentaue anzufertigen, besteht nun in Folgendem. Er umgibt
                              den Kupferdraht zuerst mit einer Lage von Baumwolle, die mit Schellackfirniß
                              überzogen wird. Hierüber windet er nun dünne Kautschukstreifen, die vorher auf der
                              einen Seite mit einer Auflösung von Kautschuk in Benzin überzogen werden, um das
                              Zusammenhaften der übereinander greifenden Lagen und damit die Wasserdichtheit zu
                              bewirken. Hierüber kommt dann eine Lage von mit Baumwolle übersponnenen Fäden von
                              vulcanisirtem Kautschuk, und darüber endlich eine Lage von Hanfgarn, das mit dem
                              besten schwedischen Holztheer vollkommen getränkt ist. Alle diese Operationen werden
                              durch die angewendete Maschine gleichzeitig bewirkt, und der überzogene Draht
                              alsdann bei höherer Temperatur (von circa 51° C.)
                              getrocknet, wodurch die vollkommene Verbindung der isolirenden Schichten erreicht
                              wird.
                           Herr W. Hall umgibt diesen Draht alsdann mit Stahldraht,
                              der mit dem Kupferdrahte parallel läuft, und befestigt diesen durch eine geflochtene
                              Hülle von Hanf und feinem Drahte, indem er so die scharfen Biegungen und Zerrungen
                              der inneren Hülle vermeidet. So sehr auch die Untauglichkeit der mit
                              Gutta-percha überzogenen Drähte von Tag zu Tag mehr bewiesen wird, so ist
                              doch noch abzuwarten, ob die von Herrn Hall angegebene
                              Methode in der Praxis, selbst bei längerem Gebrauche, sich bewährt.