| Titel: | Ueber die Fabrication der massiven Glasperlen; von Dr. Sackur. | 
| Fundstelle: | Band 159, Jahrgang 1861, Nr. LIV., S. 214 | 
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                        LIV.
                        Ueber die Fabrication der massiven Glasperlen;
                           von Dr. Sackur.
                        Aus dem Breslauer Gewerbeblatt, 1860, Nr.
                              26.
                        Sackur, über die Fabrication der massiven Glasperlen.
                        
                     
                        
                           Die Fabrication der massiven Glasperlen (sog. Paterle's) ist eine Erfindung der
                              Bewohner des Fichtelgebirges, bis jetzt auch nicht weiter verbreitet und wenig in
                              anderen Ländern bekannt.
                           Die zur Herstellung der Perlen nöthigen Instrumente sind:
                           1) ein etwa 3 Fuß langes, halbzölliges, rundes Eisen, welches nach unten hin verjüngt
                              ist, oben in eine feine Spitze ausgeschmiedet und genau centrirt ist;
                           2) ein eiserner sogenannter Schlüssel.
                           Jeder Arbeiter hat einen Arbeitstiegel vor sich, der bis an den Rand mit Glas gefüllt
                              erhalten wird. Mit der Spitze des Eisens hebt er aus dem Tiegel ein Glaskügelchen
                              hervor, schiebt das Eisen tiefer hinein, und zwar um so tiefer, je größer die Perle
                              werden soll, und dreht mit großer Geschwindigkeit das Glaskügelchen um das Eisen
                              herum; darauf zieht er das Eisen heraus und gibt der weichen Perle durch Schwenken
                              und Drücken mit dem Schlüssel von oben und unten die erforderliche Form. Es hat nun
                              jeder Arbeiter zwei Eisen; während die Perle auf dem einen Eisen abkühlt, dreht er
                              an das andere Eisen eine neue Perle an.
                           Der Ofen muß zwei Bedingungen erfüllen:
                           1) es muß das Glas in anderen Tiegeln geschmolzen werden, als die sind, in denen es
                              verarbeitet wird;
                           2) es darf der Ofen wenig Hitze und wenig Flamme geben, damit der Arbeiter 12 Stunden
                              davor sitzen oder hineinsehen kann.
                           Es stehen nun auf einer oval gebauten Gallerie, die mit einem Gewölbe überdeckt ist
                              und in der Mitte von einem durchgehenden offenen Feuerungscanal durchzogen ist, die
                              Arbeitstiegel zu beiden Seiten, und die Schmelztiegel an den vordersten und
                              hintersten Theilen der Gallerie. Die Arbeitstiegel sind lange, rechteckige
                              Thongefäße von geringer Höhe, die etwa in der Mitte durch Zwischenwände in je zwei
                              Behälter getrennt sind, die beide durch eine in dem untersten Theile der
                              Zwischenwand angebrachte Oeffnung communiciren. Die Schmelztiegel sind Thongefäße
                              von ebenfalls rechteckigem Querschnitt, die etwa den vierfachen Inhalt der
                              Arbeitstiegel haben. Wenn das Glas in den Schmelztiegeln geschmolzen ist, wird es im
                              Wasser abgeschreckt und von der Vorderseite des Ofens aus in die hinteren Behälter der
                              Arbeitstiegel vertheilt, erleidet dort nochmalige Schmelzung und wird aus den
                              vorderen Behältern herausgearbeitet. Ueber jedem Arbeitstiegel befindet sich ein
                              Arbeitsloch, und jedes Arbeitsloch ist von je zwei Seitenwänden eingeschlossen,
                              welche die Arbeitsräume, die sogenannten Werkstätten, abtheilen. In jeder Werkstatt
                              befindet sich auch noch auf der Ebene der Gallerie ein dünnwandiges kleines
                              Thongefäß, das vom Ofen warm gehalten wird, und in welches die Glasperlen zur
                              allmählichen Abkühlung von der Spitze abgestreift werden.
                           Es wird mit Holz in einer langen Feuergasse geschürt, und täglich werden 1
                              1/4–1 1/2 Klafter verbraucht. Die durchsichtigen schwarzen, blauen und grünen
                              Gläser werden aus Glasscherben mit Zusatz der betreffenden Farbe und einer geringen
                              Menge Potasche geschmolzen.
                           Die krystallweißen und gelben durchsichtigen Gläser wurden aus einem Gemenge
                              geschmolzen und namentlich von gelber Waare schöne Fabricate hergestellt. Zu
                              Beingläsern wurden große Mengen arsenige Säure verbraucht; zu jedem Geschmelz, das
                              etwa 40 Pfd. Glas lieferte, 7 Pfd.
                           Ein guter Arbeiter fertigt in einer Schicht, also in 12 Stunden, etwa 5000 der
                              kleineren Perlen. In einer Woche werden auf einer Hütte etwa 500,000 Perlen aller
                              Größen fertig, welche etwa 8 bis 12 Cntr. Glas betragen. Da auf 12 Hütten der
                              dortigen Gegend diese Fabricate gefertigt werden, so gibt dieß eine wöchentliche
                              Production von 6 Millionen Perlen.
                           Die Perlen werden zu 100 auf eine Masche gefaßt, und die Arbeiter nach der
                              Maschenanzahl bezahlt. Der Artikel selbst ist zunächst ein Luxusartikel des
                              außereuropäischen Marktes.