| Titel: | Ueber die Legirungen des Wolframs mit Eisen und einigen anderen Metallen; von Dr. F. A. Bernoulli. | 
| Fundstelle: | Band 159, Jahrgang 1861, Nr. XCVIII., S. 360 | 
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                        XCVIII.
                        Ueber die Legirungen des Wolframs mit Eisen und
                           einigen anderen Metallen; von Dr. F.
                              A. Bernoulli.
                        Aus Poggendorff's Annalen der Physik, 1860, Bd. CXI S.
                              573.
                        Bernoulli, über die Legirungen des Wolframs mit Eisen und einigen
                           anderen Metallen.
                        
                     
                        
                           In der Technik fanden bisher nur sehr vereinzelte und mißglückte Versuche statt, die
                              Oxyde des Wolframs als gelbe und blaue Farbe in den Handel zu bringen, bis zu Ende
                              des Jahres 1858 Mushet
                              Polytechn. Journal Bd. CLV S.
                                       316. in England ein Patent auf die Anwendung des Wolframs bei der
                              Stahlfabrication nahm, durch welches dem bisher als werthlos betrachteten Metall,
                              dessen Erze kaum als Wege-Pflasterungs-Material benutzt wurden, in
                              kurzer Zeit ein nicht unbedeutender Werth beigelegt wurde.
                           Je mehr die Technik aber einen Körper in ihr Bereich zieht, um so mehr muß auch die
                              Wissenschaft bemüht seyn, Licht über einzelne Vorgänge zu verbreiten, und durch
                              genaues Erforschen der verschiedenen Eigenschaften, der Technik neue Fingerzeige zu
                              geben, den betreffenden Körper womöglich naturgemäßer, also besser zu benutzen.
                           Von diesem Gesichtspunkt ausgehend, war die erste Idee für meine Untersuchungen die,
                              verschiedene Legirungen des Wolframmetalles darzustellen und zu untersuchen, und
                              hierzu schien es zunächst wichtig, und als Ausgangspunkt fast nothwendig, das reine Metall nicht wie
                              bisher in pulverförmigem, sondern in geschmolzenem Zustande zu erhalten, um so die
                              chemischen und physikalischen Eigenschaften besser kennen zu lernen, als dieß bei
                              fein vertheiltem Staube möglich ist. Wenn ich die zu diesem Zwecke angestellten
                              Versuche hier beschreibe, so geschieht dieß nur um nachzuweisen, daß die bisherigen
                              Angaben über etwaige Schmelzbarkeit des Wolframmetalles, wenn auch in den kleinsten
                              Körnern, wohl auf Irrthümern beruht haben müssen, da mir Mittel zur Erzeugung von
                              Temperaturen zu Gebote standen, die wenigen zugänglich sind, und ich dennoch eine
                              nur zusammengesinterte, keineswegs geschmolzene Masse erhielt. Die betreffenden
                              Schmelzversuche wurden auf der königlichen Eisengießerei zu Berlin angestellt, deren
                              Betriebsvorrichtungen mir zu diesem Zwecke mit liberalster Bereitwilligkeit vom Hrn.
                              Bergrath Schmidt zur Disposition gestellt waren, und zwar
                              wurden Tiegelöfen von vorzüglicher Beschaffenheit mit dahinterliegenden 36 Fuß
                              hohen, weiten Essen benutzt.
                           Bei sämmtlichen Versuchen wurde eine Wolframsäure angewandt, die chemisch rein
                              dargestellt war. Von dieser wurde nach der ursprünglichen Angabe der Gebrüder de Luyart
                              Gmelin, Lehrbuch der Chemie Bd. II S. 466. zunächst eine gewogene Quantität mit etwas mehr reinen Kienrußes gemengt als
                              zur Reduction nöthig war, und dieß Gemenge einer ziemlich intensiven Weißglühhitze
                              ausgesetzt, bei welcher der Tiegel nach Verlauf einer Stunde erweichte, und deßhalb
                              aus dem Feuer genommen werden mußte.
                           Bei dem Oeffnen zeigte sich ein von beigemengter Kohle schwarz gefärbtes Pulver, das
                              ich durch Aufbereitung auf nassem Wege von der Kohle nicht vollständig zu befreien
                              vermochte, und keine Spur von beginnender Schmelzung zeigte.
                           Um die Beimengung der Kohle zu vermeiden, fütterte ich zum zweiten Versuch einen
                              hessischen Tiegel mit Kohlenstaub aus, der mit Wasser zu einem Teig angerührt war,
                              trocknete ihn sorgfältig, brachte in die Höhlung die Wolframsäure, bedeckte dieselbe
                              mit Kohlenstaub, verschloß den Tiegel mit einem passenden Chamotte-Deckel,
                              und erhielt auf diese Weise nach 3/4stündigem Weißglühen eine zwar von Kohle freie
                              aber auch nicht geflossene metallische Masse.
                           Die Temperatur war im Ofen inzwischen so gesteigert worden, daß bei dem dritten auf
                              dieselbe Weise angestellten Versuch nach 1/2stündigem Glühen der hessische Tiegel
                              vollständig zerflossen war, so daß nur noch der an den zur Unterlage dienenden
                              Chamottestein angeschmolzene Boden mit einem Minimum von Wolframsäure zu finden war.
                              Dieß nöthigte mich vor allen Dingen auf feuerfestere Materialien zu denken, und
                              wandte ich demzufolge bei noch drei anderen Versuchen die besten neuen
                              amerikanischen Schmelztiegel an; doch widerstanden auch diese einer lange andauernde
                              Weißglühhitze nicht, und mußte ich nach 2 1/2stündigem Glühen dieselben aus dem
                              Feuer nehmen. Die durch diesen Versuch erhaltene zusammengesinterte graue Masse mit
                              lebhaftem Metallglanz wurde nun, um eine möglichst innige Berührung der Theilchen zu
                              erzielen, und die Vereinigung zu Tropfen dadurch zu erleichtern, wiederum in einen
                              mit Kohle ausgefütterten Tiegel gebracht, und darin festgestampft. Den Tiegel umgab
                              ich mit Chamottemasse, und stellte ihn so in einen größeren amerikanischen Tiegel,
                              den ich nochmals mit einer 1 1/2'' dicken Chamotteschicht umgab. Dieß ganze gegen
                              eine möglichst lange Hitze gesicherte Tiegelsystem wurde endlich mit einem eigens
                              dazu geformten Chamottedeckel von 2 1/2'' Dicke und etwas conischer Form bedeckt,
                              und, um ein Zerspringen zu vermeiden, 2 Tage lang vorsichtig getrocknet. Die Hitze
                              steigerte sich allmählich in dem Ofen, in welchen der Tiegel gesetzt wurde, und
                              hatte nach Verlauf von 2 Stunden bereits eine Intensität, wie ich sie selbst in
                              Puddlings- und Schweißöfen noch nicht gesehen habe. Leider standen mir keine
                              Pyrometer zu Gebote, indessen kann ich anführen, daß die von dem Kohks gebildeten
                              Schlacken in dünnen Strahlen durch den Rost tropften, daß eine über 1'' dicke Stange
                              von Schmiedeeisen wenige Minuten in die Gluth gehalten, vollständig verbrannt und
                              verschwunden war, und man im Innern des Ofens vor blendender Helligkeit erst nach
                              langem Hineinblicken irgend etwas unterscheiden konnte.
                           Nach 8stündigem Feuern zeigte sich der Ofen in seinen oberen Theilen so verschlackt,
                              daß auf ein Fortsetzen dieses Versuches verzichtet werden mußte, indem die aus
                              Chamotte bestehenden Ofenwände im Innern abschmolzen, und sich mit dem Tiegel
                              vereinigten. Letzterer zeigte sich bei dem Herausnehmen als eine formlose Masse, in
                              welcher nur der innerste Tiegel noch vollkommen erhalten war; das Wolframmetall aber
                              zeigte sich durchaus nicht geflossen, wenn auch in einem ziemlich fest
                              zusammengebackenen Zustande. Auch mit einem Zuschlag von Borax gelangte ich zu
                              keinem besseren Resultate, und später setzte ich ein Stück des so erhaltenen Metalls
                              der intensiven 18stündigen Hitze eines Porzellan-Gutbrennofens aus, ohne eine
                              Spur von Veränderung in der Structur zu bemerken. Der Hitzegrad in den Porzellanöfen
                              wird zwar für den stärksten länger anhaltenden gehalten, der zu erzielen ist;
                              indessen glaube ich behaupten zu dürfen, daß die Hitze bei den früheren Versuchen
                              eine bei Weitem höhere
                              gewesen ist, und bin daher berechtigt als sicher anzunehmen,
                           daß das Wolframmetall bei unseren jetzt vorhandenen Mitteln
                                 als unschmelzbar zu betrachten ist.
                           Das spec. Gewicht des Wolframmetalles wurde auf zweierlei Weise ermittelt, und
                           
                              
                                 für das mit Kohle reducirte
                                 17,1–17,3
                                 
                              
                                 für das mit Wasserstoff reducirte
                                 17,9–18,2
                                 
                              
                                 gefunden. Früher wurde es auf
                                 17,22
                                 
                              
                                 von Allen und Aiken, auf
                                 17,4  
                                 
                              
                                 von Bucholz, und auf
                                 17,6  
                                 
                              
                                 von den Gebrüdern de Luyart
                                    bestimmt.
                                 
                                 
                              
                           
                        
                           1. Legirungen mit Eisen.
                           Da die Legirungen des Wolframs mit Eisen bereits Anwendung bei der Stahlfabrication
                              gefunden haben, so schien mir das Studium derselben zunächst am wichtigsten, und ich
                              versuchte daher ein Zusammenschmelzen desselben mit Wolfram in den verschiedensten
                              Verhältnissen, bei den bedeutenden Temperaturen, die ich mit den
                              Schmelzvorrichtungen der königl. Eisengießerei zu Berlin erzielen konnte. Die bei
                              diesen Versuchen angewandten Eisensorten waren:
                           
                              1) Englisches, graues, gahres Roheisen mit ziemlich viel
                                 ausgeschiedenem Graphit.
                              2) Graues bei Holzkohlen erblasenes, sehr reines siliciumfreies
                                 Roheisen.
                              3) Weißes bei Kohks erblasenes Roheisen.
                              4) Spiegeleisen von der Saynerhütte bei Sayn.
                              5) Rohstahleisen ebendaher.
                              6) Gewöhnliches weißes Roheisen ebendaher.
                              
                           Die Wolfram-Zusätze bestanden aus: 1) Wolframsäure, 2) Wolfram-Metall,
                              3) Wolfram, 4) Scheelit.
                           Die bisherige technisch angewandte Methode den Wolframstahl zu bereiten, erfordert
                              bereits eine Legirung mit Eisen vor der eigentlichen Stahlbereitung. Diese Legirung
                              wurde auf eine ziemlich umständliche Weise dadurch bereitet, daß Wolframerz in
                              Stücken von Wallnußgröße in Kästen abwechselnd mit Kohle geschichtet, in einem
                              Cementirofen 72 bis 96 Stunden geglüht und dann, von der anhängenden Kohle befreit,
                              mit Eisen zusammengeschmolzen wurde.Polytechn. Journal Bd. CLV S.
                                       316. Ich ging bei der Darstellung von Wolfram-Eisen-Legirungen von dem Grundsatze
                              aus, daß die Wolframsäure bei sehr hoher Temperatur dem Eisen den Kohlenstoff
                              entziehen, und dadurch reducirt werden könne: in wie weit diese Ansicht
                              gerechtfertigt erschien und wie sie modificirt wurde, werden die nachstehend
                              beschriebenen Versuche und Analysen darthun.
                           1. Graues gahres Roheisen wurde in Form von Drehspänen,
                              die ich direct unter großen Drehbänken auffing, und die vollkommen rein (ganz frei
                              von Fett) waren, mit 1, 2, 3, 4, 5, 10, 15, 20, 30, 40 und 50 Proc. Wolframsäure
                              innig gemengt, in amerikanischen Graphitschmelztiegeln einer heftigen Weißglühhitze
                              ausgesetzt, und bei den Versuchen bis zu 20 Proc. zunächst keine Kohle dem Gemenge
                              beigefügt, um dem Eisen möglichenfalls allen Kohlenstoff zu entziehen, dann aber
                              wurde auf den Boden des Tiegels und über das Gemenge eine dünne Schicht Kohlenstaub
                              gestreut, wenn mehr Wolframsäure zugesetzt wurde als zu reduciren bei dem
                              Kohlegehalt des Eisens überhaupt möglich war. Bei 1 bis 3 Proc. Zusatz von
                              Wolframsäure ist wenig Veränderung des Eisens wahrzunehmen, ein wenig mehr bei 4 und
                              5 Proc.: bei 10 Proc. Zusatz erhält das Eisen stahlartige Eigenschaften, klingt sehr
                              hell, ist hellgrau und äußerst feinkörnig im Bruch, und ein wenig schmiedbar; bei 15
                              Proc. Zusatz ist es fast reiner Stahl zu nennen, der indessen noch nicht die
                              vollkommene Geschmeidigkeit hat, um als solcher verwandt werden zu können, die Härte
                              aber in hohem Grade besitzt. Ich ließ eine eiserne Form für dünne quadratische Stäbe
                              machen, diese wärmte ich gut an, und goß die Proben hinein, um eine annähernde
                              Gleichmäßigkeit in der Beurtheilung zu erzielen. Einen solchen quadratischen Stab,
                              welcher durch Zusammenschmelzen von 15 Proc. Wolframsäure mit 85 Proc. Drehspänen
                              von grauem Gußeisen erhalten war, konnte ich im Schmiedefeuer ziemlich gut vorn zu
                              einem Hartmeißel ausstrecken, mit welchem ich, nachdem er angeschliffen und wie
                              gewöhnlicher Stahl gehärtet war, Guß- und Schmiedeeisen mit Leichtigkeit,
                              ohne daß er stumpf wurde, bearbeiten konnte. Bei den Proben mit 20 Proc. Zusatz von
                              Wolframsäure zeigten sich dieselben Eigenschaften; die Härte war größer, die
                              Geschmeidigkeit geringer; letzteres steigerte sich bei den weiteren Proben bis zu 50
                              Proc., wo ein Ausschmieden nicht mehr möglich war. Wenn bei einem bedeutenden Zusatz
                              von Wolframsäure zu wenig Kohle vorhanden war, um Alles zu Metall zu reduciren, so
                              griff die überschüssige Wolframsäure die Wandungen des Tiegels an, und bildete mit
                              der Thonerde derselben und den im Eisen etwa befindlichen Unreinigkeiten eine grüne,
                              poröse, ziemlich schwere Schlacke. Wurde das Gußeisen in größeren compacten Stücken
                              mit der Wolframsäure zusammengeschmolzen, so erhielt ich stets, auch wenn ich bis 30 Proc. Wolframsäure
                              zusetzte, ein weißes, dem Rohstahleisen, wie es in Saynerhütte bei Sayn erzeugt
                              wird, ähnliches Product, welches, obgleich sehr hart und spröde, doch ausgeglüht
                              sich ein wenig schmieden ließ. Das graue, bei Holzkohlen erblasene Roheisen zeigt im
                              Allgemeinen dasselbe Verhalten als das bei Kohks erblasene, nur liefert es wegen
                              seiner größeren Reinheit auch ein besseres Product. Ganz anders verhält es sich
                              dagegen mit dem weißen Roheisen, sey dieß nun an
                              Kohlenstoff reicher (Spiegeleisen) oder ärmer (gewöhnliches weißes Roheisen). Die
                              äußerst feinen Drehspäne von Hartwalzen, deren durch eiserne Formen abgeschreckte
                              Oberflächen abgedreht wurden, und die sich daher sehr gut zum Zusammenschmelzen mit
                              Wolframsäure eigneten, wurden in denselben Verhältnissen wie bei dem grauen
                              Gußeisen, mit 1, 2, 3, 4, 5, 10, 15, 20, 30, 40, 50 Proc. Wolframsäure
                              eingeschmolzen und es stellte sich dabei heraus, daß nur eine Legirung mit Wolfram
                              entstand, wenn Kohlenstaub zugesetzt wurde, sonst aber die Wolframsäure fast
                              sämmtlich verschlackte, und nur ein kleiner Theil mit in das Eisen übergieng. Bei
                              einem Zusatz von Kohlenstaub, den ich am passendsten auch hierbei theils auf den
                              Boden, theils auf das Eisen streute, resultirten stets Legirungen wie bei dem
                              Zusammenschmelzen mit grauem Eisen ganz homogener Beschaffenheit, aber stets von
                              nicht stahlartigem Ansehen, sondern weiß im Bruch, von derselben Structur wie das
                              angewandte Eisen, und nur unmerklich schmiedbar. Ganz dasselbe Resultat erhielt ich
                              bei der Anwendung von Spiegeleisen, Rohstahleisen und gewöhnlichem bei Kohks
                              erblasenen weißem Roheisen, welche drei Sorten mir zu den Versuchen von der
                              Saynerhütte geschickt wurden.
                           Ehe ich zu den aus diesen Schmelzversuchen zu ziehenden Schlüssen übergehe, muß noch
                              angeführt werden, daß auch, um den Grenzpunkt der Schmelzbarkeit der
                              Wolfram-Eisen-Legirungen kennen zu lernen, ein Zusammenschmelzen des
                              Eisens bis zu 80 Proc. versucht wurde. Bei 75 Proc. Wolframsäurezusatz waren bereits
                              1 1/2 Stunden der intensivesten Weißglühhitze, bei der zwei in einandergestellte
                              Tiegel angewendet werden mußten, nöthig, um einen geflossenen regulus zu erhalten; bei einem Zusatz von 80 Proc. gelang es mir nach
                              dreistündigem heftigstem Glühen nicht einen regulus,
                              sondern nur eine unregelmäßig sich an die Wände anlegende blasige Masse zu erhalten,
                              die im muschligen Bruch eine schöne silberartige weihe Farbe zeigte, und so hart
                              war, daß ich mit nicht einmal sehr scharfen Ecken Glas und Quarz mit Leichtigkeit
                              ritzen konnte.
                           Um die technische Anwendbarkeit der so hergestellten Legirungen zu erproben, die bei
                              der Anwendung von reiner Wolframsäure wegen der ziemlich schwierigen und darum
                              kostspieligen Darstellungsweise nicht gut denkbar ist, wiederholte ich die Schmelzversuche sowohl
                              mit gepulvertem Wolframerz als auch mit Scheelit unter den oben angegebenen
                              Verhältnissen, und erhielt im Wesentlichen dieselben Resultate, nur daß das im
                              Wolfram enthaltene Mangan einen nicht unbedeutenden Einfluß auf die Legirungen
                              ausübte, und daß bei Anwendung von Scheelit eine innigere Mengung nothwendiger war
                              als bei Anwendung von Wolframsäure und Wolfram, aber die Kalkerde auch ein
                              Verschlacken der vorhandenen Kieselerde bewirkte, und die Legirung auf diese Weise
                              reiner ward.
                           Wurde endlich statt eines Zusatzes von Wolframsäure oder Wolframerzen metallisches
                              Wolfram angewandt, so zeigte sich dasselbe Verhalten, das graue Roheisen blieb grau,
                              das weiße weiß.
                           Nach Angabe obiger Versuche springt durch das ganz andere Verhalten des weißen und
                              des grauen Roheisens die Ursache dieser Verschiedenheiten schon von selbst in die
                              Augen: daß der im Eisen chemisch gebundene Kohlenstoff nämlich
                                 nicht zur Reduction der Wolframsäure zu Metall hergegeben wird, sondern nur der
                                 mechanisch ausgeschiedene, und daß in Folge dessen durch Zusammenschmelzen
                              von grauen gußeisernen Drehspänen mit einer passenden Menge Wolframsäure direct ein
                              Gußstahl erzeugt wird, der durch die Legirung mit Wolfram eine besondere Härte
                              erlangt, daß zweitens bei Anwendung weißen Eisens diesem kein Kohlenstoff durch die
                              Wolframsäure entzogen, also auch auf diese Weise kein Stahl, sondern nur auf Zusatz
                              von Kohle eine Legirung erzeugt werden kann. Daß ferner bei Anwendung von grauem
                              Gußeisen in Stückchen kein Stahl erhalten wurde, erklärt sich dadurch, daß die
                              Wolframsäure nicht in inniger Berührung mit dem mechanisch ausgeschiedenen Graphit
                              treten kann, und bei dem Flüssigwerden des Eisens der vorher mechanisch beigemengte
                              Kohlenstoff wieder chemisch aufgenommen (gelöst) wird, sich also der reducirenden
                              Einwirkung der Wolframsäure entzieht. Dieß alles wurde durch die Analyse vollkommen
                              bestätigt, und schon bei dem alleinigen Auflösen von verschiedenen Stücken der
                              dargestellten Legirungen in Salzsäure zeigte sich, auch wenn keine Kohle und mehr
                              Wolframsäure zugesetzt war, als reducirt werden konnte, ein intensiver Geruch nach
                              Kohlenwasserstoff, ein Zeichen, daß, trotzdem sich Wolframsäure als nicht reducirt
                              verschlackt hatte, ein Theil des Kohlenstoffs vom Eisen festgehalten wurde.
                           Die Analysen dieser Legirungen waren aus dem Grunde schwierig, weil die gewonnenen
                              Producte größtentheils so außerdentlich fest und hart sind, daß ein Zerkleinern oder
                              gar Pulvern unausführbar ist, und daß in Folge dessen nur größere Stücke analysirt
                              werden konnten. Aus diesem Grunde konnten auch zur Bestimmung des ganzen
                              Kohlenstoffs nur drei Methoden angewandt werden, von denen die mit Chlorsilber und Kupferchlorid von Berzelius,H. Rose's ausführliches Handbuch der analytischen
                                    Chemie Bd. II S. 752 und Poggendorff's Annalen
                                    Bd. XLVI S. 42. die dritte mit Jod erst in neuester Zeit angegeben wurde. Im ersten Falle
                              wurden einige Gramme der Legirung aufeinen Kuchen von geschmolzenem Chlorsilber
                              gelegt und so mit dem Porzellautiegel, in dem sich letzteres befand, in ein, mit
                              destillirtem Wasser gefülltes Gefäß gestellt, das mit einer Glasplatte bedeckt
                              wurde. Die Zersetzung dauerte meist über 14 Tage, während ich von Zeit zu Zeit
                              wenige Tropfen Salzsäure hinzufügte, um die Bildung von Eisenoxydhydrat zu
                              verhindern. Nach erfolgter gänzlicher Zersetzung wurde die zurückgebliebene Kohle
                              mit dem metallischen Wolfram auf einem Asbestfiltrum gesammelt, und in einer
                              Glasröhre mit Kupferoxyd verbrannt, aus der mit dem bekannten Kaliapparat
                              aufgefangenen Kohlensäure aber der Gehalt an Kohle berechnet. Wurde vor der
                              Verbrennung das Gemenge von Kohle und metallischem Wolfram sorgfältig ausgewaschen
                              und gewogen, so war hierdurch ein Mittel gegeben, das in der Legirung enthaltene
                              Wolfram zu bestimmen. Zweitens wurde zur Bestimmung des ganzen Kohlegehalts ein
                              Stück der betreffenden Legirung mit einer sehr mäßig erwärmten Lösung von
                              Kupferchlorid behandelte, und die nach längerer Zeit abgeschiedene Kohle von dem
                              ausgefällten metallischen Kupfer durch Digestion mit concentrirter
                              Kupferchloridlösung und Salzsäure befreit. Das Residuum wurde dann weiter, wie oben
                              beschrieben, behandelt. Die dritte Methode bestand darin, daß ich Stücke von 5 bis 6
                              Grm. der zu untersuchenden Legirung mit ausgekochtem destillirtem Wasser übergoß,
                              und nach und nach in die Schale Stückchen festen Jods brachte, bis das Ganze völlig
                              zersetzt war.
                           Der mechanisch ausgeschiedene Kohlenstoff wurde nach der zuerst von Karsten
                              H. Rose, ausführliches Handbuch der analytischen
                                    Chemie Bd. II S. 758. angegebenen Methode bestimmt, daß das Eisen in Salpetersäure unter Zusatz
                              von etwas Salzsäure gelöst, und das Residuum mit Kalihydrat ausgezogen wurde. Es
                              genügte dieß stets, da die auf mechanisch beigemengten Kohlenstoff überhaupt zu
                              untersuchenden Substanzen nur aus grauem Roheisen bestanden. Bei Untersuchung des
                              gewöhnlichen zu den Legirungen angewandten Eisens auf seinen ganzen Kohlegehalt
                              wurde direct eine Verbrennung im Glasrohr gemacht, da hierbei ein Pulvern im
                              Stahlmörser oder ein feines Abfeilen mit sehr harten Feilen je nach der
                              Beschaffenheit des Roheisens leicht war.
                           Folgendes sind die Resultate dieser Analysen:
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 159, S. 367
                              Nr.; Angewandtes Eisen;
                                 Wolframsäure-Zusatz; Im Eisen enthaltener Kohlenstoff; mechanisch
                                 beigemengt. Proc.; chemisch gebunden. Proc.; Summe Proc.; In der Legirung
                                 enthaltener Kohlenstoff; Physikalische Eigenschaften der Legirungen; Graues
                                 Roheisen; Spiegeleisen; Gewöhnliches weißes Roheisen; Grau im Bruch, nicht
                                 schmiedbar; Stahl; Grau, sehr hart u. fest, nicht schmiedbar; Weiß, sehr hart
                                 und spröde
                              
                           Die oben gemachten Angaben über die verschiedene procentische Zusammensetzung der
                              dargestellten Legirungen schließen nicht zugleich die über die Anzahl der Versuche
                              überhaupt in sich, denn ich habe zu einzelnen Legirungen zuweilen 5 bis 6 Versuche
                              gemacht, um die zuerst schwer verständlichen Eigenthümlichkeiten kennen zu lernen;
                              berücksichtigt man aber, daß die Festigkeit und Härte der Wolframlegirungen mit
                              Eisen eine so außerordentlich bedeutende ist, und daß deßhalb die Anwendung
                              derselben bei der Stahlfabrication vollkommen gerechtfertigt erscheint, so ergibt
                              sich für die Technik aus vorstehend beschriebenen Versuchen ein nicht unbedeutender
                              Vortheil der Art, daß man die in großen Fabrikanlagen fast
                                 nutzlos abfallenden Drehspäne der Gußwaaren, die fast durchgehends aus grauem
                                 Eisen bestehen, zur directen Darstellung von Wolframlegirungen im Großen
                                 verwenden kann, und hierdurch 1) das Material erhält,
                                 das bei der Bereitung des Gußstahles sonst auf eine sehr umständliche (oben angeführte) Weise bereitet
                                 wurde, oder daß man sogar 2) wenn das verwendete
                                 Eisen nur nicht durch Phosphor, Schwefel oder Silicium zu sehr verunreinigt ist,
                                 durch einen, dem Gehalt an mechanisch beigemengten Kohlenstoffs des Eisens
                                 entsprechenden Zusatz von gepulvertem Wolfram, direct einen Rohgußstahl erzielt, der
                              durch Raffinirung vollkommen brauchbar gemacht werden kann.
                           
                        
                           2. Legirungen mit Kupfer, Blei
                              etc.
                           Das Wolfram mit Kupfer zu legiren, wurden acht Versuche
                              gemacht, drei mit metallischem Wolfram und Kupfer, und fünf mit den Oxyden, welche
                              zusammen reducirt wurden. Die Versuche durch Zusammenschmelzen der Metalle
                              Legirungen zu erhalten, mißglückten insofern, als zwar hierbei reguli entstanden, diese aber keine homogene Masse
                              bildeten, sondern beide Metalle der Art getrennt zeigten, daß in der geflossenen
                              Kupfermasse die hellgrauen, fast silberweißen Flecke des Wolframs deutlich
                              hervortraten. Auch bei lang anhaltendem Schmelzen fand keine innige Vereinigung
                              statt. Anders verhält sich das Kupfer, wenn es als Oxyd mit der Wolframsäure gemengt
                              reducirt wird. Auch hier, wie bei den ersten Versuchen, die Wolframsäure zu Metall
                              zu reduciren, wurde das Gemenge der Oxyde mit etwas mehr fein vertheilten Kienrußes
                              als nach der Berechnung zur Reduction nöthig war, innig gemengt, einer intensiven
                              Weißglühhitze ausgesetzt. Das Resultat war ein äußerlich unverändertes schwarzes
                              Pulver, indem unter einer starken Loupe kleine Körner der reducirten Metalle zu
                              erkennen waren. Bei den folgenden drei Versuchen wurden die Gemenge von chemisch
                              reinem Kupferoxyd mit reiner Wolframsäure in einem mit Kohle ausgefüttertem
                              Graphittiegel der heftigsten Weißglühhitze ausgesetzt, und es gelang mir auf diese
                              Weise allerdings wahre Legirungen zu erhalten. Bei dem ersten dieser Versuche wurden
                              90 Proc. Kupferoxyd mit 10 Proc. Wolframsäure (63 und 7 Grm.) zusammengeschmolzen,
                              und erhielt ich nach 1 1/2stündigem Glühen einen regulus
                              (56 Grm.) von nur wenig hellerer Farbe als die des Kupfers, und keiner besonderen
                              Härte. Die Geschmeidigkeit schien mir etwas geringer als die von reinem Kupfer zu
                              seyn, und fand ich mit der hydrostatischen Waage das specifische Gewicht = 9,01,
                              also nicht viel höher als das des Kupfers. Die zweite derartige Legirung von 80
                              Proc. Kupferoxyd mit 20 Proc. Wolframsäure, wozu respective 56 und 14 Grm. angewandt
                              wurden, zeigte ein anderes Verhalten, indem nach 1/2stündigem Glühen sich kein regulus sondern eine, sich an die Tiegelwandungen
                              anlegende dünne Schicht einer Legirung zeigte, welche von weit hellerer Farbe als
                              die des Kupfers, eine bedeutendere Härte, aber keine so große Geschmeidigkeit
                              zeigte. Die ebenfalls versuchte Legirung mit 75 Proc. Kupferoxyd und 25 Wolframsäure
                              schließt sich ganz und gar in ihrem Verhalten an die vorigen an, und endlich wurden
                              noch, um die etwaige Schmelzbarkeit der letzten beiden Legirungen zu prüfen, einige
                              Stückee beider noch einmal der stärksten zu erzielenden Weißglühhitze ausgesetzt;
                              indessen zeigten sich nach erfolgtem Erkalten die einzelnen Stücke vollkommen
                              unverändert und an den Berührungsstellen nur leicht zusammengefrittet, ohne Zeichen
                              einer auch nur beginnenden Schmelzung.
                           Die Legirungen des Wolframs mit Blei zeigten ein, denen
                              mit Kupfer am Nächsten stehendes Verhalten, indem bei dem Zusammenschmelzen der
                              Metalle keine homogene Masse, sondern ein unter der Loupe noch deutlich erkennbares
                              Gemenge beider erhalten wurde; bei dem dreimal versuchten Zusammenreduciren der
                              Oxyde trat aber ein ganz abnormes Verhalten ein, der Art, daß zwar die leicht
                              erfolgende Reduction des Bleioxydes auch die der Wolframsäure beschleunigte, daß
                              aber der Gehalt an Wolfram, selbst bei sehr intensiver Hitze das Entstehen eines regulus verhinderte und sich nach 1/2stündigem Glühen
                              eine poröse, schwärzlich graue Masse ohne bedeutenden Metallglanz zeigte, welche
                              noch einmal 1 1/2 Stunde einer starken Weißglühhitze ausgesetzt, fast ganz reines
                              metallisches Wolfram hinterließ, indem sich das Blei gänzlich verflüchtigt hatte.
                              Die Verhältnisse des Bleies zu Wolfram waren bei Anwendung der Oxyde ungefähr den
                              Aequivalenten entsprechend PbW und Pb₂W. Nach diesen Versuchen, Legirungen
                              mit Blei darzustellen, scheint die oben erwähnte Bemerkung von Berzelius auf einem Irrthum zu beruhen.
                           Mit Silber wurden zwei Legirungen darzustellen versucht,
                              eine mit 42 Grm. Silber und 14 Grm. metallischem Wolfram, die zweite mit 14 Grm. und
                              1,5 Grm. also resp. 75 und 25 Proc. erstens, und 90 und 10 Proc. zweitens. Im
                              letzteren Falle entstand ein regulus, der etwas spröder
                              war als reines Silber, und bei dem man wegen der sehr ähnlich aussehenden Metalle
                              selbst mit der Loupe eine vollkommen homogene Masse erblickte. Eine angefeilte, und
                              mit verdünnter Salpetersäure behandelte, glatte Fläche ließ indessen bald das Silber
                              von dem nur sporadisch beigemengten Wolfram unterscheiden. Die erste Legirung mit 25
                              Proc. Wolfram gab keinen regulus, sondern eine nur
                              zusammengesinterte Masse ähnlich der Kupferlegirung mit über 10 Proc. Wolfram. Die
                              noch einmal versuchte Schmelzung bei stärkerer Hitze gelang ebenfalls nicht.
                           Zur Darstellung einer Legirung des Wolframs mit Gold
                              wurden 8 Grm. dünnen Goldbleches in kleinen Splittern mit 2 Grm. Wolframmetall innig
                              gemengt, in einem kleinen Porzellantiegel, dessen innere Seite nicht glasirt war,
                              und welcher mit Kohlenstaub umgeben und bedeckt in einem größeren Schmelztiegel
                              stand, heftig geglüht. Bei dem Oeffnen zeigte sich, wie bei der Legirung des
                              Silbers, kein regulus, sondern eine blasige Masse.
                           
                           Metallisches Zink und Wolfram erschien, bei Rothglühhitze
                              längere Zeit in Berührung, vollständig getrennt; bei stärkerer Hitze verflüchtigt
                              sich das Zink metallisch, und metallisches Wolfram bleibt als zusammengesinterte
                              Masse zurück. Mit Zinkoxyd zeigt sich ein, dem Bleioxyd ähnliches Verhalten, der
                              Art, daß ein Zusatz von 10 Proc. bereits das Zusammenschmelzen zu einem regulus, selbst bei vorsichtig geregelter Temperatur
                              verhindert, und daß bei erhöhter Hitze das sämmtlich reducirte Zink sofort flüchtig
                              wird. Es wurden vier Versuche, zwei mit den Metallen und zwei mit den Oxyden
                              angestellt, unter Zusatz von 10 und 20 Proc. Wolframsäure.
                           Um Wiederholungen zu vermeiden, will ich kurz anführen, daß ich auf ganz ähnliche
                              Weise Legirungen mit Antimon, Wismuth, Kobalt und Nickel
                              darzustellen versuchte, daß aber bei sämmtlichen dieser Metalle keine positiveren
                              Resultate erzielt wurden, als bei den vorher genannten, und daß daher als Endfactum
                              aus den beschriebenen Versuchen sich ergibt: Kupfer, Blei,
                                 Zink, Antimon, Wismuth, Kobalt und Nickel legiren
                                 sich nur mit Wolfram bei gleichzeitig erfolgender Reduction beider Metalle;
                                 diese Legirungen sind indessen so schwer schmelzbar, daß bei einem Zusatz von
                                 über 10 Proc. Wolfram keine reguli mehr entstehen, und bei einem
                                 höheren Hitzegrad sich die flüchtigen so zersetzen, daß nur metallisches Wolfram
                                 zurückbleibt, so daß sämmtliche Legirungen der genannten Metalle niemals
                              Wichtigkeit für die Technik haben können. Das Eisen allein
                                 zeigt ein abnormes Verhalten, und ist in jedem Verhältniß mit Wolfram zu
                                 legiren, bis man unter Zusatz von 80 Proc. Wolfram eine bei unseren
                              Temperaturen unschmelzbare Masse erhält.
                           Wenn nun die gewonnenen Resultate auch meist negativer Natur sind, so dürfen
                              dieselben doch nicht unberücksichtigt bleiben, da sich in dem ganzen Verhalten eine
                              gewisse gemeinsame Aehnlichkeit ausspricht, und da die Legirungen mit Eisen ferner
                              ganz besondere Wichtigkeit für die Technik haben. Sie zeigen zunächst, daß das
                              Wolfram elektro-negativer ist als das Eisen, und geben ferner eine Anleitung,
                              wie das Wolfram am vortheilhaftesten bei der Stahlfabrication zu benutzen sey. Alle
                              diese Resultate konnten nur durch so viele und mühsame Versuche und durch Benutzung
                              von Hülfsmitteln erlangt werden, welche mir durch Benutzung besonders günstiger
                              Umstände zu Gebote standen.In unserer Quelle folgen nun die Untersuchungen des Verfassers über die
                                    Oxydationsstufen des Wolframmetalles, die wolframsauren Salze, sein
                                    Verfahren zur Darstellung reiner Wolframsäure und zur quantitativen
                                    Bestimmung der Wolframsäure bei Analysen.A. d. Red.