| Titel: | Ueber Heißwasserheizungen und Ventilation; von Johannes Haag, Civilingenieur und Besitzer einer Maschinen- und Röhrenfabrik in Augsburg. | 
| Autor: | Johannes Haag | 
| Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. XII., S. 50 | 
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                        XII.
                        Ueber Heißwasserheizungen und Ventilation; von
                           Johannes Haag, Civilingenieur und Besitzer einer Maschinen- und Röhrenfabrik in
                           Augsburg.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. I.
                        Haag, über Heißwasserheizungen und Ventilation.
                        
                     
                        
                           Schon vor vier Jahren habe ich in diesem Journal Bd. CXLVII S. 268 und 346 auf die
                              mechanische Ventilation (Pulsions- oder Stoßsystem) aufmerksam gemacht,
                              jedoch damals die von Schiele und Platt (zu Oldham bei Manchester) gebauten offenen Ventilatoren bei der
                              Kraftberechnung als Maaßstab angenommen, und daher die Betriebskosten viel höher
                              gefunden, als sie sich jetzt mit den von mir wesentlich verbesserten Ventilatoren
                              herausstellen. Seit dieser Zeit hatte ich Gelegenheit größere Anlagen solcher
                              Heizungs- und Ventilationsapparate herzustellen, nämlich in dem k. k.
                              Militärspitale in Wien und in dem neuen Concertsaalbau in Frankfurt a. M., und lasse
                              hier die mit diesen Apparaten erzielten Resultate folgen.
                           Im k. k. Militärspitale werden vier große Krankensäle, welche zusammen 100 Kranke
                              fassen, mittelst des Pulsionssystems ventilirt und erwärmt, sowie auch die daran
                              stoßenden Corridors und Abtritte. Bei der am 14. Februar 1861 in Gegenwart des Hrn.
                              Ingenieur Degen von München vorgenommenen Messung wurden
                              per Stunde in die vier großen Säle zusammen 406164
                              Kubikfuß, und in die zwei Corridors und zwei Abtritte 24048 Kubikfuß Luft von
                              26° R. mittlerer Temperatur eingetrieben.
                           Der Ventilator hat einen Durchmesser von 2,54 bayer. Fuß, und machte circa 400 Umdrehungen per
                              Minute. Es wurden somit in drei Stunden circa 1290636
                              Kubikfuß Luft von 26° R. eingetrieben, welche zur Erwärmung 100 Pfd. Kohlen
                              erforderten. Die Erwärmung geschieht durch einen Heißwasserheizungsapparat in
                              folgender, durch Fig. 14 verdeutlichten Weise. Die frische Luft wird durch einen
                              besonderen, circa 40 Fuß hohen Luftschlot vom Ventilator
                              a, der durch die Dampfmaschine b getrieben wird, angesaugt und in die beiden
                              horizontalen Röhren c, c eingetrieben, welche dieselbe
                              entweder in die Heizkammern d, d, oder durch die
                              Seitencanäle e, e direct (unerwärmt) in die Steigröhren
                              f, f und von diesen in die Säle führen. Durch die
                              Klappen x, x und y, y kann
                              die Luft entweder ganz oder theilweise in die Kammern d,
                                 d geleitet und somit zu jedem gewünschten Wärmegrade gemischt werden. Die
                              Einströmungsöffnungen in die zu heizenden und zu ventilirenden Säle sind mit
                              besonderen Regulatoren (Klappen oder Schiebern) und zugleich mit Indicatoren und
                              Thermometern versehen, so daß man stets die Quantität sowie den Erwärmungsgrad der
                              eintretenden Luft ersehen kann. Die Ausströmungsöffnungen für die schlechte Luft
                              sind in der Nähe der Decke (des Plafond) angebracht und mit selbstwirkenden Klappen
                              versehen, d.h. solchen, welche sich nur durch das Eintreiben der frischen erwärmten
                              Luft öffnen und so viel Luft entweichen lassen als eingetrieben werden kann.
                           Bezüglich der von mir ausgeführten Heißwasserheizung mit Ventilation im neuen
                              Concertsaalbau in Frankfurt a. M., wurde von einer Prüfungscommission am 26.
                              November 1861 eine Hauptprobe vorgenommen, welche folgende Resultate lieferte:
                           Bei einer Ventilationsdauer von 11 Uhr Vormittags bis 6 1/2 Uhr Abends, also während
                              7 1/2 Stunden, lieferten die zwei Ventilatoren, deren jeder 5 Fuß Durchmesser hatte
                              und circa 174 Umdrehungen per Minute machte, stündlich im Mittel 887364 Kubikfuß kalte Luft von 2
                              3/4° R., durch deren Erwärmung auf 30° R. ein Luftquantum von 950984
                              Kubikfuß per Stunde in den Saal geliefert wurde. Es
                              wurden daher in 7 1/2 Stunden 7,5 × 887364 = 6655230 Kubikfuß Luft von 2
                              3/4° R. auf 30° R. erwärmt, und zwar mit einem Aufwand von 550 Pfd.,
                              oder von 73 Pfd. Kohlen (Grieskohle) per Stunde. Die
                              Dampfmaschine verbrauchte circa 26 Pfd. Kohlen per Stunde, um dieses Luftquantum mittelst des
                              Ventilators anzusaugen und auf eine horizontale Länge von 250 Fuß und auf eine Höhe
                              von 50 Fuß fortzuschaffen. Es wurden also per Stunde
                              887364 Kubikfuß Luft von 2 3/4° R. auf 30° R. erwärmt, folglich im
                              Ganzen um 27 1/4° R. = 34° Celsius. Dieses Luftquantum erforderte
                              daher per Stunde 887364 × 34 × 0,018 =
                              543056 Wärmeeinheiten, welche durch 73 Pfd. Kohle erzeugt wurden; somit ergaben sich
                              für 1 Pfd. Kohle 7438 Wärmeeinheiten. Nach Schinz können
                              bei vollkommener Verbrennung mit 1 Pfd. Steinkohle 7710 W. E. als Maximum producirt
                              werden, daher nach obigem Resultate 96 Proc. Nutzeffect erzielt worden sind, somit
                              nur ein Verlust von 4 Proc. gegen das erreichbare Maximum stattfand. Hieraus ergibt
                              sich, daß dieses Heizungssystem dervollkommensten Verbrennung beinahe gleichkommt. Bei dieser
                              Anlage wird die Luft, wie im k. k. Armeespitale in Wien, durch
                              Heißwasserheitzungskammern geführt und erwärmt, dann, bevor sie in den Saal tritt,
                              mittelst eines ungeheizten Seitencanals mit nicht erwärmter Luft gemischt, man kann
                              also die Luft mit um so niedrigerer Temperatur einführen, je mehr ihre Wärme im
                              Saale durch die Personell und Lichter gesteigert wird, und somit in demselben durch
                              Regulirung der Zuführungs- und Abführungs-Klappen und Schieber die
                              gewünschte wohlthuende und angenehme Temperatur erzielen. Die Abzugscanäle sind am
                              Plafond angebracht, und entsprechen im Ganzen einem Querschnitt von circa 25 Quadratfuß, durch welche stündlich circa 700000 Kubikfuß schlechte Luft abgezogen sind.
                           In dem Concertsaale waren bei dem ersten Concerte 2600 bis 2700 Personen versammelt.
                              Die Wärme steigerte sich durchschnittlich nicht über 15 bis 16° R., wobei
                              auch das Vestibul und Treppenhaus hinreichend erwärmt wurden. Der Saal hat eine
                              Länge von 141, eine Breite von 55 und eine Höhe von 34 Fuß, und ist an beiden Seiten
                              mit zwei Reihen Corridors und Logen von 8 Fuß Breite und 24 Fuß Höhe versehen. Die
                              Wärme wird im ganzen Saale so zu sagen gleichmäßig vertheilt, indem sie nur um 1/4
                              bis 1/2° R. differirte.
                           Wenn man diese Resultate mit jenen vergleicht, welche van
                                 Hecke mittelst seines patentirten Ventilators und seiner Luftheizungsöfen
                              gewöhnlichen Systems erzielte, so stellt sich folgendes Ergebniß heraus:
                           Van Hecke hat 4000 Kubikmeter Luft per Stunde mit 5 Kilogr. Steinkohlen von 0° bis 15°C.
                              erwärmt; diese 4000 K. M. = 160000 K. F. erfordern dazu 160000 × 0,0187
                              × 15 = 44880 W. E.; es ergaben sich also pro 1
                              Kilogr. Steinkohlen 8976 W. E. oder pro 1 Pfd. 4488 W.
                              E.
                           Nach den oben mitgetheilten, von der Prüfungscommission in Frankfurt a. M. gemessenen
                              Resultaten wurden bei meiner Heißwasserheizungs- und
                              Ventilations-Einrichtung mit 1 Pfd. Grieskohle 7483 W. E. erreicht, wodurch
                              sich die große Vervollkommnung meiner Apparate erwiesen hat.
                           Die für den Ventilator erforderliche Triebkraft berechnet sich nach dem verbrauchten
                              Dampfquantum auf 1,4 Pferdekräfte. Aus obigen Daten ergibt sich, daß 950984 Kubikfuß
                              warme Luft per Stunde in den Saal eingetrieben wurden;
                              rechnet man hievon die natürliche Ventilation ab, welche durch die Erhitzung der
                              Luft in der Heizkammer erzeugt wird, und nach vorgenommener Messung sich pro Stunde auf 500000 K. F. herausstellte, so bleiben
                              für den Effect der Dampfmaschine von 1,4 Pferdekräften 450984 K. F., oder per Pferdekraft und Stunde 322131 K. F. Luft, angesogen und 50 Fuß hoch
                              gehoben, welches Ergebniß gewiß anerkennungswerth ist, wenn man es mit der Leistung
                              der von Platt und Schiele in
                              England construirten Ventilatoren (open fans, soft blast, for
                                 ventilating, drying, cooling and warming) vergleicht.
                           Ein solcher Ventilator für 1 Pferdekraft liefert
                           
                              
                                 per
                                    Minute
                                   1250 K. F., also
                                 
                              
                                 per
                                    Stunde
                                 75000 K. F. englisch
                                 
                              
                                 =
                                 84000 K. F. bayer.
                                 
                              
                           Um obiges Luftquantum von 450984 K. F. per Stunde oder
                              7516 K. F. per Minute mit dem Ventilatorsystem von Platt und Schiele zu liefern,
                              ist eine Kraft von 3 1/2 bis 4 Pferden erforderlich, also mehr als die doppelte der
                              von meinem Ventilator beanspruchten, wobei noch zu berücksichtigen ist, daß diese
                              7516 K. F. per Minute oder 450984 K. F. per Stunde von meinem Ventilator auf eine horizontale
                              Länge von 250 Fuß und auf eine verticale Höhe von 50 Fuß befördert wurden, wogegen
                              die erwähnte Leistung des Schiele'schen Ventilators nur
                              die am Apparat selbst gemessene repräsentirt.
                           Die Luftgeschwindigkeit wurde sowohl in Wien als in Frankfurt a. M. mittelst genauer
                              Anemometer gemessen, so daß die erhaltenen Resultate als ganz zuverlässig zu
                              betrachten sind.
                           Nach vorstehenden Ergebnissen ist dieses Pulsionssystem für alle Anstalten, wo große
                              Räume zu heizen und zu Ventiliren sind, als das zweckmäßigste und ökonomischste zu
                              empfehlen, insbesondere für Schulen, Krankenhäuser, Kasernen, Theater, Hörsäle,
                              Concertsäle etc. Durch meine Erfahrung bin ich auch in Stand gesetzt, für jede
                              Anlage sowohl das gewünschte Luftquantum als die verlangte Temperatur und die dazu
                              erforderliche Brennmaterialmenge zu garantiren, sowie mich für die größte Solidität
                              und Genauigkeit der Ausführung durch mein Etablissement verbindlich zu machen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
