| Titel: | Lang's Verfahren zum Verschmelzen von Eisenfrischschlacken. | 
| Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. XXXII., S. 116 | 
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                        XXXII.
                        Lang's Verfahren zum Verschmelzen von
                           Eisenfrischschlacken.
                        Lang's Verfahren zum Verschmelzen von
                           Eisenfrischschlacken.
                        
                     
                        
                           In der Versammlung von Berg- und Hüttenmännern (Abtheilung für Hüttenwesen) zu
                              Wien am 3. April v. J. sprach der Hütteningenieur Hr. Lang über das Verschmelzen von Frischschlacken.
                           Die ungeheure Menge von Frischschlaken, welche bei dem Betriebe der Stabeisen-
                              und Stahlwerke alljährlich abfällt, ist bisher nur zum geringsten Theile benützt
                              worden, und wo sie verschmolzen werden, erhält man daraus nur minder gutes Roheisen.
                              Die Betrachtung, daß die Frischschlaken in ihrem Halte den reichsten Eisenerzen
                              gleichkommen, und daher bedeutende Mengen Eisen in ihnen unbenützt verloren gehen,
                              während ihre Gestehung mit keinen Unkosten verbunden ist, veranlaßte Hrn. Fr. Lang zu fortgesetzten Versuchen um ein Mittel ausfindig
                              zu machen, wie sie mit Vortheil auf Roheisen verschmolzen werden könnten. Er hat in
                              Verbindung mit dem Director des Eisenwerkes zu Storé, Hrn. C. A. Frei dieses Ziel auch wirklich erreicht, und das nunmehr
                              durch Privilegien geschützte Verfahren der beiden Genannten ist bereits auf mehreren
                              Eisenwerken mit vollkommenem Erfolge in Anwendung.
                           Im Wesentlichen besteht Hrn. Lang's Verfahren darin, daß
                              die schwer reducirbaren Frischschlaken in inniger
                                 Berührung mit der zur Reduction und Kohlung des Eisens erforderlichen Kohle
                              und den nöthigen Verschlackungsmitteln verschmolzen
                              werden. Um dieß zuerreichen, wird gebrannter Kalk gelöscht, und in den noch warmen Brei die auf
                              Linsen- bis Hirsengröße zerpochte Schlacke zugleich mit gepulverter Kohle
                              eingerührt, die dickbreiige Masse zum Abtrocknen auf kleine Haufen gestürzt, und
                              später in faustgroßen Stücken ausgestochen, welche sofort zum Verschmelzen geeignet
                              sind. Als Kohle kann hiebei die im Kohlschoppen abfallende Lösche, welche sonst
                              ohnedieß wenig verwendbar ist, ebenso auch reines Klein von Braunkohlen, Steinkohlen
                              oder Torf verwendet werden. Im Eisenwerke zu Mißling in Steiermark werden 66
                              Gewichtstheile Schweißofenschlaken mit 22 Theilen Kalk und 12 Theilen
                              Holzkohlenlösche gemengt, welches Mischungsverhältniß übrigens an anderen Orten nach
                              der Beschaffenheit der Materialien etwas modificirt werden kann. Durch diese
                              Behandlung werden die Schlacken mit der Reductionskohle und dem zur Bildung des
                              nothwendigen Silicates erforderlichen Kalk in die innigste
                                 Berührung gebracht, und das Präparat ist fest genug, um den Druck der
                              Schmelzsäule auszuhalten.
                           Diese Vorbereitung der Schlacken ist eine höchst einfache, ohne besondere Aufsicht
                              von jedem Arbeiter auszuführende Manipulation. Nicht weniger einfach ist die
                              Einrichtung zum Verschmelzen des fertigen Präparates. Im Eisenwerke zu Storé
                              bei Chilli in Steiermark wurde hiezu ein Schachtofen von 17 Fuß Höhe nach Art eines
                              Cupolofens erbaut, dessen Herstellung 2000 st. östr. W. kostete: ein solcher
                              Schmelzofen ist im Stande jährlich 12000–15000 Ctr. Roheisen aus
                              Frischschlaken zu erzeugen. Nebstdem ist zur vollständigen Einrichtung nur noch ein
                              Pochhammer zum Zerkleinern von Schlacken und Kohlen, und ein kleines Gebläse
                              erforderlich, insoferne nicht das ohnedieß vorhandene Gebläse den nöthigen Wind
                              abgeben könnte. Die Gesammtkosten der ganzen Einrichtung mit einem eigenen Gebläse
                              kommen unter unseren Verhältnissen nicht über 10000 st. zu stehen. Unter denselben
                              Verhältnissen stellen sich die Erzeugungskosten des Schlacken-Roheisens auf 2
                              1/2 bis höchstens 3 fl. öfter. Währ., während das in Hohöfen aus Erzen erblasene
                              Roheisen, zu den Puddlingshütten gestellt, durchschnittlich nicht unter 4 fl. zu
                              stehen kommt.
                           In Mißling werden die Schlacken nach diesem Verfahren im Hohofen (von 31 Fuß Höhe und
                              7 1/2 Fuß Kohlensackweite) verschmolzen, und bei einem Aufwande von 14 1/2 Kubikfuß
                              oder 100 Pfd. weicher Schmelzkohle 53 Proc. Eisen ausgebracht; die Wochenerzeugung
                              betrug durchschnittlich 400 Ctr.; das Product war Spiegeleisen, weißes und halbirtes
                              Roheisen von sehr guter Beschaffenheit, welches zu Bandeisen mit nur einer
                              Schweißhitze verarbeitet wurde.
                           Die chemischen Analysen von vier verschiedenen nach Lang's
                              Methode aus Puddel- und Schweißofenschlacken erzeugten Roheisensorten
                              beweisen, daß durch
                              dieses Verfahren ein sehr gutes Product erhalten werde. Die vier Roheisensorten
                              bestehen aus:
                           
                              
                                 
                                 Spiegeleisen.
                                 Strahl. weiß.Roheisen
                                 WeißesRoheisen.
                                 
                                 GrauesRoheisen.
                                 
                              
                                 Eisen 
                                 94,03
                                 95,32
                                 96,88
                                 
                                 99,50
                                 
                              
                                 Kohle (chem. gebunden)Kohle (frei)
                                   5,14  0,00
                                   3,50  0,00
                                   2,40  0,00
                                 
                                    
                                    
                                   2,50
                                 
                              
                                 Silicium 
                                   0,40
                                   0,62
                                   0,50
                                 
                                   2,46
                                 
                              
                                 Phosphor 
                                   0,32
                                   0,27
                                   0,22
                                 
                                   0,11
                                 
                              
                                 Schwefel 
                                   Spur
                                   Spur
                                   Spur
                                 
                                   0,06
                                 
                              
                                 Mangan 
                                   0,00
                                   0,00
                                   Spur
                                 
                                   Spur
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Summe
                                 99,89
                                 99,71
                                   100,00
                                 
                                 99,63
                                 
                              
                           Die beiden letzten Analysen sind im k. k.
                              General-Probiramte zu Wien ausgeführt worden.
                           In Storé und in Mißling sind nach Lang's Verfahren
                              bereits mehrere Campagnen anstandslos durchgeführt worden; in Witkowitz wird eben
                              ein Versuch im großen Maaßstabe abgeführt. Jedenfalls empfiehlt sich dieses
                              Verfahren für alle Puddlingswerke, welchen kein Hohofen zur Verschmelzung ihrer
                              Puddel- und Schweißschlacken zu Gebote steht, um diese mit kleinen Oefen ohne
                              bedeutende Vorauslagen in vortheilhafter Weise zu verwerthen.
                           Die Tragweite des Lang'schen Verfahrens ist jedoch weit
                              ausgedehnter.
                           Dasselbe empfiehlt sich für alle schwer reducirbaren, dann
                              insbesondere für mulmige und sandige Eisenerze (Eisenglimmer, Magneteisensand), welche nach dem
                              gewöhnlichen Verfahren zum Theile gar nicht verschmolzen werden können, während sie
                              für Lang's privilegirte Methode gerade das erwünschteste
                              Material sind, da sie nur einer geringen oder gar keiner Verkleinerung bedürfen.
                              Dasselbe ist der Fall mit den durch Gangarten (Schwerspath, Quarz etc.) mechanisch verunreinigten Eisenerzen, welche nach dem
                              Verpochen sehr leicht durch einfache Aufbereitung von der Beimengung befreit werden
                              können. Für diejenigen, welche etwa bezweifeln sollten, ob die angegebene
                              Vorbereitung bei Eisenerzen auch lohnend sey, diene zur Notiz, daß Hr. Fr. Lang das Schmelzen von Erzen nach seinem Verfahren
                              wirklich mit bestem Erfolge ausgeführt hat, daß das Kleinpochen, welches bei
                              Schweißschlacken nur einen Neukreuzer per Ctr. kostete,
                              bei Erzen in der Regel weit geringere Auslagen verursacht, und daß die ganze
                              Kostenerhöhung durch Lang's Methode gegenüber dem
                              allgemein üblichen Verfahren bei entsprechender Einrichtung nur 9, bei mangelhafter
                              Einrichtung 15 Neukreuzer auf den Centner Roheisen beträgt, so daß die Steigerung
                              derAufbereitungskosten von dem durch verminderten Verbrauch an Gichtenkohle und durch
                              bessere Beschaffenheit des Roheisens erhöhten Gewinne weit übertroffen wird.
                           Weiter ist bei Lang's Verfahren die Beschickung durchaus
                              gleichartig, daher auch von gleicher Schmelzbarkeit, was
                              bei den gewöhnlichen Beschickungsmethoden nie ganz erreicht werden kann.
                           Durch die innige Vermengung der Materialien wird die Reduction des Eisens befördert;
                              daher kann auch eine sonst schwer reducirbare Beschickung, wie z.B. mit
                              Puddel- und Schweißschlacken, bei einer niedrigeren
                                 Temperatur verschmolzen, und bei leichter reducirbaren Beschickungen der
                              Satz verhältnißmäßig erhöht werden. In beiden Fällen ergibt sich im Vergleiche zum
                              gewöhnlichen Verfahren eine merkliche Ersparung an Gichtenkohle.
                           Bei der gewöhnlichen Beschickungsmethode wird roher Kalkstein als Zuschlag verwendet,
                              dessen Kohlensäure auf Kosten der Gichtenkohle zu Kohlenoxyd reducirt werden muß;
                              ebenso wird die Reduction und Kohlung des Eisens durch die gute Gichtenkohle
                              bewirkt. Bei Lang's Verfahren werden für den letzteren
                              Zweck nur kohlenhaltige Stoffe von geringem oder gar keinem Werthe verwendet; die
                              Reduction der Kohlensäure fällt aber ganz fort, weil diese gar nicht in die
                              Beschickung kommt.
                           Hrn. Lang's Verfahren muß daher auch für alle jene Fälle
                              empfohlen werden, in welchen aus minder guten Erzen gutes Roheisen erzeugt werden
                              soll, oder wo die Anlage eines Hohofens wegen unzureichender Erze oder Kohlen oder
                              auch wegen unzulänglicher Kapitalien nicht ausführbar erscheint.
                           Hr. Fr. Lang gab noch einige Modificationen seines eben
                              beschriebenen Verfahrens an, wodurch dasselbe unter den verschiedensten
                              Verhältnissen mit Vortheil anwendbar wird.
                           Auf Eisenwerken, welche im Besitze von Torflagern sind,
                              könnte die schlammige Torfmasse unmittelbar zum Einbinden der zerkleinerten Erze und
                              Zuschläge verwendet, und hierdurch eine wesentliche Ersparniß an Holzkohle, in Folge
                              derselben aber eine erhöhte Roheisenproduction erzielt werden. Könnte dieses
                              Verfahren z.B. bei den k. k. Eisenwerken zu Eisenerz und Hieflau, welche gegenwärtig
                              etwa 500000 Ctr. Roheisen jährlich erzeugen, angewendet werden, so würde hierdurch
                              – die zur Reduction und Kohlung des Eisens erforderliche Kohle auf 1/5 des
                              gesammten Kohlenaufwandes bei der Roheisenerzeugung gerechnet – die
                              Möglichkeit geboten seyn, die jährliche Production um 100000 Ctr. zu erhöhen.
                           An Orten wo backende Steinkohlen vorkommen, könnte das Klein derselben als
                              Bindemittel für Erze und Zuschläge dienen, indem es mitdenselben wohl gemengt verkohlt
                              werden könnte, und die erzeugten Kohks dann die vollständige Beschickung enthalten
                              würden.
                           Die Vortheile, welche sich durch allgemeine Anwendung des Lang'schen Verfahrens zur Verwerthung der Frischschlacken (von den Erzen
                              ganz abgesehen) in national-ökonomischer Hinsicht ergeben würden, sind sehr
                              beträchtlich. Rechnet man die österreichische Stabeisen- und Stahlproduction
                              auf 3,500000 Ctr. jährlich, so ergibt sich der Calo an Eisen auf 900000 Ctr., welche
                              jährlich in die Schlacken gehen.
                           Nimmt man auch an, daß 200000 Ctr. davon auf anderen Wegen wieder gewonnen werden, so
                              bleiben doch 700000 Ctr. Roheisen im Werthe von wenigstens zwei Mill. Gulden
                              jährlich verloren, welche durch Lang's Verfahren
                              größtentheils wieder gewonnen werden können.
                           Hr. Fr. Lang legte Muster der einzelnen Producte seines
                              Verfahrens zur Ansicht vor, und schloß mit dem Ausdrucke aufrichtigen Dankes für die
                              thätige Unterstützung, welche ihm bei seinen Versuchen von Seite des Hrn. Paul von
                                 Putzer, Eigenthümers des Eisenwerkes zu Storé,
                              und des dortigen Directors Hrn. C. A. Frei zu Theil
                              geworden war.