| Titel: | Dampfkessel, nebst Maschine und Oberflächencondensator, für sehr hohen Druck und starke Expansion, von A. W. Williamson und L. Perkins in London. | 
| Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. LXIII., S. 241 | 
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                        LXIII.
                        Dampfkessel, nebst Maschine und
                           Oberflächencondensator, für sehr hohen Druck und starke Expansion, von A. W. Williamson und L. Perkins in
                           London.
                        Aus dem Mechanics'
                                 Magazine, November 1861, S. 325.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.
                        Williamson's und Perkins' Dampfmaschine für sehr hohen Druck und
                           starke Expansion.
                        
                     
                        
                           Der Kessel, die Maschine und der Condensator, welche nachstehend beschrieben sind,
                              wurden in der Absicht ausgeführt, die Anwendung stark gespannten Dampfes mit großer
                              Expansion zu befördern. Die Maschine hat 60 Pferdekräfte und arbeitet mit 500 Pfd.
                              Druck auf den Quadratzoll; es sollten bei deren Construction von vornherein
                              Einrichtungen getroffen werden, welche höherem Druck als dem gewöhnlich angewandten
                              entsprächen. Obwohl man aber versuchte Kessel zu bauen, welche bei jedem möglichen
                              Druck sicher wären, so haben die Erfinder es doch nicht für nothwendig erachtet, bei
                              den bis jetzt an die Dampfmaschine gestellten Anforderungen, einen höheren Druck als
                              140–160 Pfd. auf den Quadratzoll anzuwenden, und es soll im Folgenden
                              dargethan werden, daß man vollkommen ruhig bei so mäßigem Druck arbeiten kann,
                              während bei dieser, von den gewöhnlichen Uebelständen der Expansionsmaschinen freien
                              Maschine nur 1–1 1/4 Pfd. Kohle für die Stunde und Pferdekraft verbraucht
                              werden.
                           Da die Anwendung von unreinem oder Salzwasser mit verschiedenen Schwierigkeiten
                              verbunden ist, die um so ernstlicher sind, je höher der benutzte Druck steigt, so
                              erscheint die Anwendung eines Oberflächencondensators für Hochdruckmaschinen
                              unumgänglich, damit aller verbrauchte Dampf als reines Wasser zum Kessel
                              zurückkehren kann: man erreicht zugleich noch einige Nebenvortheile durch diese
                              Einrichtung.
                           Der in Fig. 1
                              und 2
                              dargestellte Kessel besteht aus einer Anzahl horizontaler
                              gerader Röhren von Schmiedeeisen A, die an den Enden
                              geschlossen und unter einander durch engere verticale Röhren B verbunden sind. Diese Röhren enthalten das Wasser und den Dampf, und
                              sind vom Feuer umgeben. Die Röhren müssen ganz oder doch nahezu horizontalliegen und jede mit der
                              folgenden durch je zwei Verbindungsröhren communiciren. Der Kessel enthält 5 Reihen
                              Röhren von 2 1/4'' innerem und 3'' äußerem Durchmesser. Die Verbindungsröhren haben
                              einen inneren Durchmesser von 7/8'' und einen äußeren von 11/8''. Bei der Arbeit
                              steht das Wasser bis zur mittleren Röhrenschicht; es ist frei von den heftigen
                              Wellenbewegungen, welche in nicht abgetheilten Kesseln stattfinden. Wahrscheinlich
                              entsteht eine Circulation im Wasser, welches mit den Dampfblasen durch die
                              verticalen Röhren aufsteigt, und an der anderen Seite wieder herabfällt.
                           Die Feuergase gehen zwischen den Röhrenreihen hin und her, wie die Pfeile in Fig. 2
                              andeuten, und bleiben so lange mit denselben in Berührung, daß eine gute Wärmeabgabe
                              stattfindet. In dieser Weise wird der Kessel aus einer Anzahl verticaler, neben
                              einander stehender Abtheilungen gebildet, deren jede 5–8 parallele Röhren
                              enthält. Die einzelnen Theile stehen alle am Boden durch eine Querröhre C in Verbindung, welche mittelst der nach jeder
                              Abtheilung sich erstreckenden Zwischenröhren das gleiche Wasserniveau in allen
                              Theilen erhält. Der Dampf entweicht durch ein ähnliches Querrohr D im oberen Theil des Kessels, welches mit dem obersten
                              Rohre jeder Abtheilung in Verbindung steht. Diese sind sämmtlich bis zu einem Druck
                              von 3000 Pfd. auf den Quadratzoll mittelst Wasserpressung probirt.
                           Der Kessel hat etwa 12 Quadratfuß Rostfläche, mit einem freien Raum zwischen den
                              Stäben, der nicht größer ist als bei einer gewöhnlichen Rostfläche von 6 Quadratfuß;
                              das Feuer ist daher breit aber schwach. Die Gesammtheizfläche beträgt 882
                              Quadratfuß. Der Kesselinhalt ist etwa 40 Kubikfuß, wovon die Hälfte auf den
                              Wasser- und die andere Hälfte auf den Dampfraum kommt. Der ganze Kessel ist
                              durch starke eiserne Querstangen zusammengehalten und mit einer nicht leitenden
                              Hülle dadurch umgeben, daß vier Lagen dünnes Blech in Zwischenräumen von 3/4 Zoll
                              mittelst Klammern herumgelegt sind, so daß drei geschlossene Luftkammern die
                              Umfassung bilden. Diese Einrichtung eignet sich namentlich für Seeschiffe.
                           Der Feuercanal von dem Kessel geht durch eine Kammer E
                              (Fig. 3
                              und 4), welche
                              die drei Cylinder der Maschine enthält; er geht zuerst am kleinen oder
                              Hochdruckcylinder F hinab, dann am mittleren G hinauf, und endlich am Niederdruckcylinder H vorbei. Die Temperatur der Gase in dieser Kammer
                              beträgt 400–500° Fahrenh. (200–280° C.). Sie gehen von
                              hier durch einen senkrechten Canal von 10 Fuß Länge nach unten, und geben dabei den
                              Rest ihrer Wärme an das Speisewasser ab, welches durch eine schmiedeeiserne Schlange
                              von 7/8 Zoll Durchmesser indiesem Canal nach Oben geht, und so eine Heizfläche von
                              200 Quadratfuß darbietet. Am Boden dieses Canals treten die Gase in ein Verticalrohr
                              von Eisen, welches 24 Zoll Durchmesser und 40 Fuß Höhe hat. Die Hitze wird so
                              vollkommen absorbirt, daß die Temperatur am Grunde dieses Kamins nie höher als
                              100° Fahr. (38° C.) gefunden worden ist.
                           Diese geringe Wärme im Kamin gab einen hinreichenden Zug, um im Kessel die
                              Verdampfung von 8 1/2 Kubikfuß Wasser in der Stunde zu veranlassen; durch einen
                              kleinen, von der Maschine getriebenen Ventilator erhielt man aber in der Regel die
                              Verdampfung auf 15 Kubikfuß. Die Verdampfungskraft des Kessels wurde mittelst eines
                              Wassermessers geprüft und bei einem Versuch von 5 Stunden mit 390 Pfd.
                              Anthracitkohle 420 Gallons Wasser oder etwa 10 3/4 Pfd. per Pfd. Kohle verdampft. Ohne Zweifel würde ein größerer Kessel mit
                              verhältnißmäßig geringerem Strahlungsverlust ein noch besseres Resultat geben.
                           Die große Stärke dieser Kesselconstruction rührt daher, daß sie eigentlich eine
                              Verbindung von mehreren sehr kleinen Kesseln darstellt. Die Hitze des Feuers wird
                              mit der, einer eisernen Wand von 3/8 Zoll entsprechenden Leichtigkeit absorbirt,
                              ohne daß jemals ein Kesselsteinüberzug die Berührung des Wassers mit dem heißen
                              Metall erschwert; außerdem wird der Kessel bei hohem Druck weniger angestrengt, als
                              gewöhnliche Kessel bei geringerem Druck. So ist z.B. die Kraft, welche die Wand
                              eines cylindrischen Kessels von 5 Fuß Durchmesser oder von dem 26fachen Durchmesser
                              dieser Röhren zu zerreißen strebt, 26 Mal so groß wie die auf die Seiten dieser
                              Röhren bei gleichem Druck wirkende, d.h. jener wird bei einem Druck von 19 Pfd. eben
                              so angestrengt, wie diese bei 500 Pfd. Aber wenn Röhrenkessel auch wirklich so dünn
                              gemacht würden, daß sie eben so leicht nachgäben wie große Kessel, so würden sie
                              doch noch sicherer im Gebrauche seyn, denn beim Platzen eines Rohres würde das
                              Wasser der übrigen Röhren in einer Weise hinausgepreßt werden, die im Vergleich mit
                              einem ähnlichen Ereigniß bei einem großen Kessel als sehr langsam bezeichnet werden
                              kann. In der That sind Explosionen im gewöhnlichen Sinne des Wortes bei diesen
                              Röhrenkesseln unmöglich. Es ist bekannt, daß Röhren weit sicherer sind, wenn sie die
                              heißen Feuergase enthalten, und von dem Drucke des Dampfes äußerlich umgeben sind,
                              da die absolute Festigkeit des Schmiedeeisens größer ist als seine Steifigkeit. Auch
                              lassen sich Röhrenkessel leicht repariren, indem man eine schadhafte Abtheilung
                              herausnimmt und durch eine neue, oder durch neue Röhren ersetzt. Die Röhren dieser
                              Kessel nehmen so wenig Platz weg, daß man den Rosten und den Zügen mehr Oberfläche
                              alssonst zutheilen
                              kann, und der Gesammtraum beträgt kaum die Hälfte desjenigen, welchen Plattenkessel
                              von gleicher mechanischer Kraft einnehmen. Die Maschine
                              ist in Fig. 3
                              und 4
                              dargestellt; sie arbeitet mit 60 Pferdekräften und 500 Pfd. Druck auf den
                              Quadratzoll. Sie enthält drei einzeln wirkende Cylinder von 12 Zoll Kolbenschub;
                              diese stehen alle mit dem einen Kreuzkopf I und mittelst
                              der Verbindungsstange mit der Treibwelle K in
                              Verbindung. Der Dampf geht nacheinander durch die drei Cylinder, so daß der
                              niedergehende Kolbenschub gleichzeitig durch den ersten und dritten Cylinder F und H, der aufgehende
                              durch den mittleren Cylinder G allein bewirkt wird. Die
                              drei Cylinder wirken also auf die Welle wie ein einziger.
                           Der Durchschnitt Fig.
                                 6 stellt die drei Cylinder in vergrößertem Maaßstabe dar, und zeigt die
                              Stellung der Ventile während des aufwärtsgehenden Kolbenschubes. Nachdem der Dampf
                              sich bei der niedergehenden Kolbenbewegung oberhalb des Kolbens des ersten Cylinders
                              F von 6 Zoll Durchmesser expandirt hat, geht er in
                              Folge der Oeffnung des Ventiles M unter den Kolben des
                              zweiten Cylinders G von 15 Zoll Durchmesser, und
                              zugleich unter den ersten Kolben. Beim aufwärtsgehenden oder Arbeitsschub des
                              zweiten Kolbens ist also der erste im Gleichgewicht, und der Dampf expandirt sich im
                              zweiten Cylinder auf die 6fache Oberfläche. Alsdann schließt sich das Ventil M zwischen diesen beiden Cylindern und läßt die
                              Verbindung zwischen ihren beiden Untertheilen frei, während der erste Cylinder F durch das Dampfventil L
                              frischen Dampf empfängt. Zugleich hebt sich das Ventil N
                              zwischen dem zweiten und dritten Cylinder, und läßt den Dampf über beide Kolben
                              treten, wodurch der zweite Kolben im Gleichgewicht bleibt, und der dritte abwärts
                              getrieben wird. Beim Niedergang ist also der gleiche Dampfdruck im oberen Theile des
                              dritten Cylinders H, an beiden Enden des Cylinders G und am Boden des ersten F.
                              Der Untertheil von H ist in ununterbrochener Verbindung
                              mit dem Condensatorvacuum. Der dritte Cylinder ist von gleichem Durchmesser wie der
                              zweite, so daß zu Ende der niedergehenden Bewegung der Dampf sich auf sein 12faches
                              Volum expandirt hat. Am Ende derselben läßt das conische Ausströmventil O den Dampf aus dem Obertheil des zweiten und dritten
                              Cylinders in den Oberflächencondensator P, Fig. 3,
                              austreten, während das Ventil N, zwischen dem zweiten
                              und dritten Cylinder, auf seinen Sitz niederfällt, und die Verbindung zwischen dem
                              Boden des zweiten und dem Obertheil beider Cylinder absperrt. Die Wirkung der
                              ganzen, mit großer Einfachheit arbeitenden Einrichtung ist also die, daß beim
                              aufwärtsgehenden Schub der erste und dritte Kolben im Gleichgewichte sind, und der
                              zweite Kolben über seinem oberen Theildas Vacuum hat, während beim Niedergang der zweite Kolben
                              im Gleichgewicht ist, und der erste Kolben gegen einen Druck wirkt, welcher
                              demjenigen des Dampfes im Obertheil des dritten Cylinders entspricht.
                           Fig. 5 stellt
                              die Einrichtung der Condensatorröhren dar.
                           Wenn der Dampf sich im ersten Cylinder beim Niedergang des Kolbens zu seinem 4fachen
                              Volum ausgedehnt hat, so ist er am Ende des aufgehenden Schubes im zweiten Cylinder
                              auf sein 28faches Volum gekommen, und es findet daher eine beträchtliche
                              Wärmeabnahme des Dampfes statt, so daß an der inneren Wand des ersten und am Boden
                              des zweiten Cylinders viel Wärme weggeführt wird. Dieß wird noch dadurch vermehrt,
                              daß sich der Dampf im dritten Cylinder auf sein 48faches Volum ausdehnt. Außerdem
                              wirkt auch die Verdampfung desjenigen Wassers noch abkühlend, welches sich beim
                              aufgehenden Schube an den abgekühlten Cylinderwänden condensirt hat.
                           Man kann sich von dem Vorhandenseyn von Wasser am Boden des zweiten Cylinders dadurch
                              überzeugen, daß man einen Hahn in den Durchgang vom zweiten zum dritten Cylinder
                              einschraubt; außerdem beweist dieß der bemerkenswerthe Umstand, daß die Dampfmenge,
                              wie sie sich aus dem Indicator an jedem Cylinder berechnet, 6 3/4 Kubikfuß für den
                              ersten, 9 1/2 für den zweiten, und fast 14 für den dritten beträgt, woraus also
                              folgt, daß ein Theil des Dampfes beim Anfang des Kolbenhubes im ersten und zweiten
                              Cylinder condensirt und dann in dem folgenden verdampft wird. Der erste und zweite
                              Cylinder zusammen condensiren etwa die Hälfte des Dampfes, was wahrscheinlich das
                              Verhältniß der meisten Condensationsmaschinen mit weit geringerer Expansion nicht
                              übersteigt; dennoch beträgt, in Folge der höheren Anfangsspannung des Dampfes, der
                              Kohlenverbrauch nur etwa 1 1/2 Pfd. per Stunde und
                              Pferdekraft.
                           Die Maschine wurde für raschen Gang gebaut, damit nur wenig Zeit für die Verdampfung
                              der inneren Feuchtigkeit der Cylinder zwischen den einzelnen Kolbenzügen bleibt, und
                              sie spricht in jeder Beziehung für die Anwendung des Princips der starken Expansion
                              bei hohem Dampfdruck, mittelst einer Reihenfolge von unter einander verbundenen
                              Cylindern.
                           Um die Baumwollliederung des Dampfventils L zu schützen,
                              welche dem höchsten Druck ausgesetzt ist, befindet sich an der Ventilkammer oberhalb
                              des Cylinders eine horizontale gußeiserne Röhre von etwa 18 Zoll Länge, welche einen
                              Stahlstab mit einem Daumen an seinem inneren Ende enthält, der das Ventil hebt. Der
                              Stab füllt die Röhre beinahe aus, und alle Dampfentweichung wird durch eine
                              Baumwollliederung inder
                              Stopfbüchse am äußeren Ende der Röhre verhütet, welche stets kalt bleibt, da kein
                              Dampfdurchgang durch diese Röhre stattfindet.
                           Diese Art der Ventilbewegung hat sich als vollkommen sicher und zweckmäßig
                              bewährt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
