| Titel: | Ueber die Prüfung und Beurtheilung von Ziegelmaschinen; von C. Schlickeysen. | 
| Autor: | C. Schlickeysen | 
| Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. LXVII., S. 261 | 
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                        LXVII.
                        Ueber die Prüfung und Beurtheilung von
                           Ziegelmaschinen; von C. Schlickeysen.
                        Schlickeysen, über die Prüfung und Beurtheilung der
                           Ziegelmaschinen.
                        
                     
                        
                           Es ist eine unbestreitbare Thatsache, daß für keine Fabrication so viele verschiedene
                              Lösungen durch Maschinen vergeblich unternommen worden sind, als für die der Ziegel.
                              Fast alle haben, wenn auch mit abwechselndem Glücke versucht, doch das Eine
                              gemeinsam: daß die Formen und Bewegungen der vorgeschlagenen Maschinen aus einem
                              stets gleichen, reinen, bildsamen, nicht klebrigen, nicht reißenden und nicht
                              schwindenden, so zu sagen also „idealen“ Ziegelmaterial,
                              saubere, scharfkantige Stücke von Ziegelgröße geben müssen, und nur der unbequeme
                              Umstand, daß das in der Wirklichkeit vorkommende Ziegel-Material fast stets
                              mit veränderten Eigenschaften auftritt, klebt, schwindet, sogar ruhig liegend reißt,
                              und daß selbst die fertig getrockneten, äußerlich tadellosen Ziegel, je nach Art der
                              geschehenen Verformung im Feuer, die nothwendige chemische Veränderung und Bindung
                              erleiden oder nicht, hat sie fast alle in der Praxis scheitern lassen.
                           Die von Zieglern unternommenen Versuche, und das waren die ersten, schon vor circa 100 Jahren beginnend, gehen meist darauf hinaus:
                              aus einem gleich Ziegelstreicherde bewässerten weichen Materiale zu formen, und sind
                              dann bei der in weichem Zustande eben so großen Kleberigkeit und schwierigen
                              Handtirbarkeit des Materiales, hauptsächlich wegen unzureichender
                              Form-Einrichtungen und mangelnder Pressung, bereits im ersten Stadio der
                              Fabrication, dem des Formens, gescheitert; des Hinwegkommens über den zweiten,
                              zugleich schwierigsten, und für den Konsumenten wichtigsten Punkt: Erzeugung
                              klangvoller, gebundener, witterungsbeständiger Masse, konnten sie nach Analogie des
                              Streichens erfahrungsmäßig im Voraus sicherer seyn.
                           Die von Mechanikern ausgegangenen Versuche, und das sind bei Weitem die meisten,
                              vermieden obige Klippe meistens von vornherein in der Betretung des
                              entgegengesetzten Weges, durch Verarbeitung möglichst trockenen Materiales. Viele
                              derselben sind denn auch über den ersten Punkt: das Erzielen der nöthigen äußeren
                              Formung und Sauberkeit, hinweggekommen, und das desto sicherer, je trockner sie
                              arbeiteten, dem entsprechend aber auch desto sicherer im zweiten Stadio der
                              Fabrication: dem Erzielen der nöthigen inneren Eigenschaften des fertigen Fabrikates
                              gescheitert.
                           
                           Hierdurch sind nun zwar in den Extremen die Fehler hervorgetreten, in die man bei
                              Construction einer Ziegelmaschine verfallen kann, und ist auch klar geworden, wie
                              Ziegler und Mechaniker, ganz nach ihrer Fachkenntniß, auf direct entgegengesetztem
                              Wege derselben Aufgabe nachgingen, indem sie die Erzielung entweder der inneren oder
                              resp. der äußeren Eigenschaften, durch zu viel oder zu wenig Wasserzusatz zu
                              gleichzeitiger Erreichung auch der anderen Eigenschaften versuchten. Doch ergeben
                              diese Bestrebungen, wie überhaupt alle bisher bekannt gewordenen Arbeiten, keinen
                              Anhalt zur Beurtheilung des richtigen Maaßes. Da nun aber von allen den Vortheilen,
                              welche man von der Maschinenziegelei erwartet, und ohne welche sie auch praktisch
                              werthlos ja gar nicht durchführbar ist, als: größere Steifigkeit und Handtirbarkeit
                              des frischen Ziegels, schnelleres und sicheres Trocknen, saubere Form, bessere
                              Präparation und Güte, die Erzielung jedes einzelnen von dem Maaße eines gegen die
                              alte Streichmethode veränderten, und für einzelne eben direct entgegengesetzt
                              wirkenden Wassergehaltes abhängig ist, so liegt auch der Hauptunterschied zwischen
                              Ziegel-Pressen und Streichen, aus dem sich alles Andere entwickelt, gerade in
                              diesem veränderten Wassergehalt des Materials, dessen richtige Abwägung und
                              Bestimmung also der Angelpunkt ist, um den sich die Möglichkeit und der Grad der
                              Nützlichkeit der Maschinenziegelei überhaupt dreht, ohne dessen Kenntniß die
                              Beurtheilung einer Ziegelmaschine also gar nicht denkbar ist. Ein richtiger
                              Standpunkt zur Prüfung von Ziegelmaschinen ist somit unbedingt nur hiermit, und je
                              nach der Genauigkeit der Beantwortung dieser Frage zu gewinnen.
                           Nachdem ich nun seit einer Reihe von Jahren auf meiner eigenen Ziegelei mittelst der
                              von mir construirten Patent-Universalziegelmaschine, als Mechaniker mit dem
                              letzteren, dem fast trocknen Arbeiten beginnend, praktisch ziegelnd dem ersteren
                              Verfahren allmählich näher gekommen bin, glaube ich, so wenig umfangreich und genau
                              in dieser Beziehung meine Erfahrungen nun auch seyn mögen, mich doch der Zustimmung
                              jedes aufmerksamen Thonwaarenfabrikanten und mit Ziegelmaschinen vertrauten Zieglers
                              versichert halten zu dürfen, wenn ich, zunächst allerdings noch sehr allgemein, mich
                              dahin auszusprechen versuche, daß ich sage:
                           
                              „Jeder Lehm oder Thon hat für Formung compacter Stücke eine gewisse, etwas
                                 näher an der von Ziegelstreichthon als von rohem Thon liegende Steifigkeit, bei
                                 welcher verarbeitet, zwei bis allerhöchstens drei Ziegel von gewöhnlicher Größe
                                 hochkantig übereinander stehen können, er am schnellsten mit der verhältnißmäßig
                                 geringsten Gefahr Risse zu bekommen, trocknet, und am sichersten klangvolle,
                                 gebundene Stücke nach dem Brennen giebt; größerer Wassergehaltbeeinträchtigt am meisten
                                 die Schnelligkeit, schon weniger die Sicherheit des Trocknens, am wenigsten die
                                 Güte des gebrannten Productes; jede Verminderung des Wassergehaltes dagegen über
                                 obigen Punkt, die Preßweiche, verzögert das vollkommene Austrocknen, und
                                 beeinträchtigt die Sicherheit des Trocknens und Güte des Productes so sehr, daß
                                 man schließlich beinahe ganz auf gebundene klangvolle Waare verzichten, oder
                                 mindestens jedes einzelne Stück mit der äußersten, noch über die der Töpferei
                                 und Thonwaarenfabrication hinausgehenden Aufmerksamkeit behandeln muß, ohne
                                 dennoch des Erfolges sicher seyn zu können.“
                              
                           Zu erklären ist diese anscheinende Abnormität unsicheren und langsameren Trocknens
                              solcher, mit geringerem Wassergehalt gepreßten Thonstücke leicht aus dem Umstande,
                              daß derartige Ziegel des geringeren Wassergehaltes halber sehr rasch auf der
                              Oberfläche ganz hart trocknen, also auch schwinden, im Inneren aber, der größeren
                              Dichtigkeit halber, die doch vorhandene Feuchtigkeit nur sehr schwer abgeben können,
                              also reißen müssen; dem entsprechend wird Winterfabrication von Ziegeln, mittelst
                              Trocknen durch warme Luftströmung, sogar nur bei sehr
                                 weich gepreßten Ziegeln möglich seyn, da nur bei diesen ein so rasches
                              Eindringen der warmen Luft in das Innere denkbar ist, daß die daraus entweichende
                              feuchte Luft ein zu rasches Trocknen der Außenseiten hindert. Aber auch ganz
                              abgesehen vom besseren oder schlechteren Trocknen des gepreßten Ziegels ist wohl zu
                              beachten, daß jeder Ziegel aus einer Menge vorher vereinzelter, lose neben einander
                              liegender Thonkrumen als ein klangvolles, in sich gebundenes Ganzes entstehen soll,
                              wozu es eben nur ein praktisch brauchbares Binde-
                              oder vielmehr Lösemittel, das Wasser gibt, und daß, gleich wie verschiedene Salze je
                              nach ihrer chemischen Zusammensetzung verschiedene Wassermengen zu ihrer Auflösung
                              bedürfen, aus welcher sie wieder als feste Körper krystallisiren, auch verschiedene
                              Thone je nach ihrer Zusammensetzung verschiedenen Wasserzusatz zu einer, eine innige
                              Bindung ermöglichenden Lösung bedürfen. Dem entsprechend kann auch nur diejenige
                              Maschine die Möglichkeit zu praktischem Werthe für den großen Ziegeleibetrieb offen
                              lassen, die nicht sowohl durch ihre Construction angewiesen ist auf eine gewisse
                              Derbheit, d.h. einen Wassermangel des zu verformenden Thones, sondern im Gegentheil
                              gestattet, mit allenfalls überschüssigem Wasserzusatz beginnend, bei jedem Wassergehalt zu formen, und das erst im Gebrauch
                              sich ergebende Minimum, welches je nach des Materials Zusammensetzung gerade zu
                              dessen Bindung und sicherer Trocknung ausreicht, später inne zu halten. Bei jeder
                              Beurtheilung der Nützlichkeit einer Maschine zur massenhaften Fabrication von
                              Ziegeln trittdaher ganz
                              aus der, mit deren Gebrauch unzertrennlich verknüpften Aufgabe, einen in seinen
                              inneren und äußeren Eigenschaften besseren, und für die Fabrication selbst
                              bequemeren Ziegel als die Handstreicherei herzustellen, zuerst die Frage auf:
                           1) Setzt die Construction der Maschine dem Wassergehalte der durch dieselbe zu
                              verarbeitenden Materialien Grenzen, und welche? Je enger diese sind, und je mehr sie
                              sich von dem der Streicherde über obigen Punkt (die Preßweiche) hinaus entfernen,
                              desto weniger wird sie gebundenes, von Rissen freies Fabricat geben, desto mehr
                              schließt sie ordinären nicht fetten Lehm und Thon aus, der meist nur weich formbar
                              ist, desto mehr muß das Material vor der Witterung geschützt werden, kurz: mit desto
                              größeren Hindernissen und Fabricationsverlusten ist deren Benutzung verknüpft; und
                              nur eine günstige Beantwortung dieser Frage, d.h. die Möglichkeit, sowohl etwas
                              trockener, wie auch viel nässer, als gerade am vortheilhaftesten ist, mit derselben
                              formen zu können, schließt auch die Möglichkeit in sich, mit einer Maschine in
                              großen Massen Ziegel von mindestens der Güte des Handfabricates ganz ohne, oder doch mit weniger
                              Fabricationsverlusten als beim Handstreichen, was für den Fabrikanten die Hauptsache
                              ist, herstellen zu können. Dann erst kann es von Werth seyn weiter zu fragen:
                           2) In wieweit entspricht dieselbe den Erfordernissen einer Maschine zum Ersetzen von
                              Handarbeit; ersetzt und übertrifft sie namentlich die Handarbeit in Bezug auf
                              Durcharbeitung, Formung und Pressung der Masse, werden in der That Hände dabei
                              gespart, ist die Summe der zu ihrer Bewegung und Bedienung erforderlichen Kraft und
                              Hände, auf ein Minimum reducirt, weniger kostspielig als die Handarbeit, und wie
                              diese überall durchführbar? Hiernach fragt sich erst:
                           3) In welchem Grade übertrifft deren Product an äußerer Schönheit das der
                              Handarbeit?
                           Selbstverständlich kann ein praktisches Vergleichen verschiedener Maschinen durch
                              Erproben derselben gegen einander und gegen Handarbeit immer nur beim gleichen
                              Material stattfinden, und zwar mindestens mit 2 Materialien für jeden Concurrenten,
                              und wenn z.B. von mehreren Maschinen die eine ordinäres Material, eine andere
                              plastischen Thon verarbeitet, so hat erstere für den praktischen Ziegler so lange
                              den Vorzug, bis die andere beweist, ein Gleiches thun zu können; ein anderes
                              Verfahren wäre so gut, wie die Fähigkeit zweier Pflüge auf eine saubere Furche mit
                              guter Bodenwendung gegen einander erproben zu wollen, indem man den einen Sand, den
                              anderen Thonboden pflügen ließe! –
                           Die Beantwortung der ersten obiger drei Fragen fällt hauptsächlichdem praktischen
                              Thonwaaren-Fabrikanten zu, dem nicht nur wie dem Ziegler das Verhalten
                              verschiedener Thone bei meist einem ziemlich gleichen, sehr großen Wassergehalt
                              compacter Stücke, sondern auch besonders das Verarbeiten und Verhalten eines Thones
                              in compacten Stücken bei verschiedenen Wasserzusätzen praktisch bekannt ist; die der
                              zweiten dem Ziegler und Mechaniker, die der dritten dem Baumeister; die Beurtheilung
                              von Ziegelmaschinen ohne die praktischen Erfahrungen dieser Fachmänner würde wieder
                              so gut seyn, wie wenn ein Landwirth, der nie mit Maschinen gesäet hat, und ein
                              Mechaniker der nie mit landw. Maschinen zu thun hatte, eine neue Säe-Maschine
                              beurtheilen sollten.