| Titel: | Wie ist die Beobachtung zu erklären, daß mit Kupfervitriol imprägnirtes Holz der Fäulniß länger widersteht, als nicht imprägnirtes? Von C. Weltz in Norwegen. | 
| Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. LXXVIII., S. 306 | 
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                        LXXVIII.
                        Wie ist die Beobachtung zu erklären, daß mit
                           Kupfervitriol imprägnirtes Holz der Fäulniß länger widersteht, als nicht imprägnirtes?
                           Von C. Weltz in Norwegen.
                        Aus der berg- und hüttenmännischen Zeitung,
                              1862, Nr. 5.
                        Weltz, über den Grund weßhalb mit Kupfervitriol imprägnirtes Holz
                           der Fäulniß länger widersteht als nicht imprägnirtes.
                        
                     
                        
                           Unter den bekannten Holzconservationsmitteln ist wahrscheinlich der Kupfervitriol
                              dasjenige, wodurch bis jetzt die besten Resultate erlangt sind. Ueber die Erklärung
                              dieser Erscheinung ist mir indeß bis jetzt nichts weiter zu Gesicht gekommengekommmen, als eine Abhandlung von Dr. Chr. R. König im polytechn. Journal Bd. CLX S. 48 mit der
                              Ueberschrift: „Ueber die chemischen Vorgänge welche beim Imprägniren des
                                 Holzes mit Kupfervitriol stattfinden.“
                           In dieser Abhandlung ist die hier als Ueberschrift benutzte Frage folgendermaßen
                              beantwortet:
                           
                              „Wir haben gesehen, daß die stickstoffhaltigen Bestandtheile vorzugsweise
                                 als Fäulnißerreger wirken; entfernen wir diese, wie es durch Behandlung des
                                 Holzes mit Kupfervitriol geschieht, so ist dem Holze der Bestandtheil genommen, welcher als sein gefährlichster Feind beim
                                 Lagern in der Luft und Feuchtigkeit auftritt.“
                              
                           Diese Beantwortung scheint mir etwas unvollkommen, und erschöpft die gestellte Frage
                              keineswegs, weßhalb es mir erlaubt seyn mag, eine Ergänzung derselben hierdurch
                              mitzutheilen.
                           Um nicht mißverstanden zu werden, schicke ich hier die vorläufige Erklärung voraus,
                              daß es keineswegs meine Absicht ist, weder die Fäulniß erregende Eigenschaft des
                              Stickstoffs in den Organismen zu läugnen, noch die Wirkung des Kupfervitriols auf
                              das Holz, den Stickstoff daraus abscheiden zu können, zu bezweifeln. Dahingegen sey
                              es mir aber erlaubt daran zu erinnern, daß die stickstofffreien Organismen bei, wenn auch erst ängerer Einwirkung von
                              Luft, Wasser und Gegenwart von Wärme ebenso wenig der Fäulniß vollkommen zu widerstehen vermögen,
                              als die stickstoffhaltigen organischen Stoffe wirklich
                              mehr oder weniger vor Fäulniß bewahrt werden können, sobald die eben bezeichnete
                              Einwirkung, je nach den Umständen, entweder erschwert oder vielleicht ganz
                              ausgeschlossen wird. Dr. König ist bei seinen Versuchen über das Verhalten des Kupfervitriols zu
                              dem Holze bei dem ersten Stadium der Einwirkung stehen geblieben, und es scheint ihm
                              zu genügen, nachweisen zu können, daß die albuminartigen,
                              also vorzugsweise Fäulniß erregenden Körper durch Behandlung mit Kupfervitriol aus
                              dem Holze entfernt werden können. Allerdings wird nun der Zeitpunkt für den Eintritt
                              der Fäulniß hierdurch weiter hinaus gerückt werden müssen, aber die Dauer des
                              Zeitraums, in welchem das Holz hierdurch vor Fäulniß gesichert erscheint, wird
                              wieder abhängig seyn von den Einflüssen, welche von außen auf das Holz einwirken,
                              und wodurch nachgerade selbst in dem stickstofffreien
                              Holze Fäulniß erregt werden muß. Da nun aber, wie wir weiter unten sehen werden, das
                              mit Kupfervitriol behandelte Holz der Fäulniß, so zu sagen vollkommen, widersteht,
                              so fragt es sich, auf welche Weise der Kupfervitriol das Holz auch vor den
                              Einflüssen der Luft, des Wassers und der Wärme zu bewahren vermag.
                           Dr. König erwähnt in seiner
                              Abhandlung und in dieser Beziehung, wenn auch etwas zweifelnd, doch Folgendes:
                           
                              „Es mag aber die Conservation durch Kupfervitriol auch noch dadurch
                                 bedingt werden, daß die entstehende Kupfer-Harzverbindung die Poren des
                                 Holzes mehr oder weniger erfüllt, die Holzfaser umkleidet und so den Zutritt des
                                 Sauerstoffes abhält, sowie ferner das Holz weniger zugänglich für die Insecten
                                 macht.“
                              
                           Hiernach sollte man glauben, daß, nachdem der Kupfervitriol die Ausscheidung des
                              Stickstoffes aus dem Holze bewirkt und die entstandene Kupferharzverbindung die
                              Poren des Holzes erfüllt hat, auch die chemische Reaction
                              zwischen Holz und Kupfervitriol als abgeschlossen anzusehen sey. Daß dieß indessen
                              keineswegs der Fall ist, ergibt sich schon aus den häufigen Beobachtungen, wonach
                              das Kupfer des Kupfervitriols bei längerer Berührung mit Holz regulinisch
                              ausgeschieden wird, und das Holz selbst mehr oder weniger geschwärzt erscheint.
                              Diese Erscheinungen erklären sich auch vollkommen genügend, einestheils aus der
                              reducirenden Einwirkung der Organismen auf das Kupferoxyd und andererseits aus der
                              großen Verwandtschaft der Schwefelsäure zu Wasserstoff und Sauerstoff, um Wasser zu
                              bilden, wodurch das Holz dann wieder in einen bis zu einem gewissen Grade verkohlten
                              Zustand versetzt werden wird.
                           Die Wirkung dieser chemischen Reactionen auf die vollkommeneConservation des Holzes läßt
                              sich übrigens sehr leicht wie folgt erklären. Indem nämlich die Fasern und
                              vielleicht auch Poren des Holzes durch die Reduction des Kupferoxydes mit einer
                              entsprechenden metallischen Kupferhaut umkleidet werden, wird auch dem Fäulniß
                              erregenden Einflusse der Luft und des Wassers mehr oder weniger Einhalt geschehen
                              müssen. Insofern aber durch diesen Umstand allein das Holz vor diesen, von Außen
                              kommenden Einwirkungen nicht vollkommen beschützt werden sollte, so wird doch die
                              durch die Schwefelsäure bewirkte Art der Verkohlung der Holzfaser jedem Fäulniß
                              erregenden Einflusse widerstehen können.
                           Daß ein solcher Erfolg auch wirklich eintritt, davon konnte ich mich vor nicht langer
                              Zeit durch eigene Anschauung hinlänglich überzeugen. Bei einem Besuche der schon von
                              den alten Römern betriebenen Kupfergruben von Riotinto im
                              südlichen Spanien hatte ich nämlich Gelegenheit, daselbst der Eröffnung eines alten
                              römischen Stollens beizuwohnen, der sich, ohne auf Hindernisse zu stoßen, sogleich
                              befahren ließ. Dieser Stollen, der ganz in Zimmerung stand, zeigte sich beinahe noch
                              ganz in demselben Zustande, wie er sich wahrscheinlich schon vor circa 1800 Jahren befand. Die Zimmerung war allerdings
                              geschwärzt und theilweise mit den wunderlichsten Formen ausgeschiedenen
                              regulinischen Kupfers nebst Kupfervitriolkrystallen geschmückt, aber übrigens
                              merkwürdig gut erhalten. Ein schlagender Beweis also, daß der Kupfervitriol das Holz
                              nicht sehr schnell verfaulen läßt. Was kann man außerdem mehr verlangen, als das
                              Holz vorläufig 1800 Jahre hindurch vor Fäulniß bewahren zu können. Daß dieser
                              Zeitraum keineswegs zu groß angegeben ist, ergibt sich daraus, daß einige Jahre
                              früher in der Nähe dieses Stollens und zwar in einem maschenartig ausgearbeiteten
                              Raume eine Kupfertafel mit folgender Inschrift gefunden wurde:
                           IMP . NERVÆDer römische Kaiser Nerva starb im Jahre 97 nach
                                    Christi Geburt. . CÆSARIAC.
                           
                              PONTIFI . MAXIMO . TR.
                              
                           
                              POTEST . P . P . COS . III
                              
                           
                              AUG . ĪĪĪĪ .
                                 PVDENS . AUG . LIB.
                              
                           
                              PROCVRATOR.
                              
                           
                              SVO . POSVIT.
                              
                           
                              (Original)
                              
                           
                              
                              
                           
                              IMPERATORI NERVÆ CÆSARI
                                 AVGVSTO
                              
                           
                              PONTIFICI MAXIMO,
                                 TRIBVNICIÆ
                              
                           
                              POTESTATIS, PATRI PATRIÆ, CONSVLI
                                 III.
                              
                           
                              AVGVSTO IIII. PVDENS AVGVSTI
                                 LIBERTVS
                              
                           
                              PROCVRATORI
                              
                           
                              SVO POSVIT.
                              
                           (Erklärung.)
                           Diesen Betrachtungen zufolge möchte nun die oben aufgestellte Frage etwa
                              folgendermaßen zu beantworten seyn:
                           Durch die erste Einwirkung des Kupfervitriols werden dem Holze die stickstoffhaltigen
                              Bestandtheile entzogen, welche sonst den Eintritt der Fäulniß beschleunigen würden.
                              Damit zugleich werden die Poren des Holzes durch die entstehende
                              Kupfer-Harzverbindung erfüllt, die Holzfaser umkleidet, dadurch vorläufig der
                              Zutritt des Sauerstoffes erschwert und schädliche Insecten abgehalten. Weiter wird
                              bei längerer Berührung mit dem Holze das Kupferoxyd zu regulinischem Kupfer
                              reducirt, welches die Holzfaser so zu sagen hermetisch verschließt. Endlich aber
                              macht die freigewordene Schwefelsäure ihre Verwandtschaft zum Sauer- und
                              Wasserstoff des Holzes geltend, und versetzt dieses dadurch in einen, bis zu einem
                              gewissen Grade verkohlten Zustand, wobei überhaupt von keiner Fäulniß mehr die Rede
                              seyn kann.
                           Aus Vorstehendem möchte sich das Resultat ableiten lassen, daß der Kupfervitriol
                              unter allen bis jetzt bekannten Conservationsmitteln für Holz wahrscheinlich das
                              beste ist.