| Titel: | Ueber eine Modification des Watt'schen Parallelogrammes; mitgetheilt von M. H. v. Jacobi. | 
| Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. CI., S. 403 | 
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                        CI.
                        Ueber eine Modification des Watt'schen Parallelogrammes; mitgetheilt von M. H. v. Jacobi.
                        Mit Abbildungen.
                        v. Jacobi, über eine Modification des Watt'schen
                           Parallelogrammes.
                        
                     
                        
                           In der Sitzung der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg vom
                              18/30. October 1861 hielt Hr. P. Tschebyscheff einen
                              Vortrag über eine Modification des Watt'schen
                              Parallelogrammes, wodurch dessen Aufgabe: durch eine Combination von Kreisbewegungen
                              eine der geraden Linie sich nähernde Bewegung hervorzubringen, mit viel größerer
                              Schärfe erfüllt wird, als durch die bisherige Anordnung dieses Mechanismus. Bedenkt
                              man, daß das Watt'sche Parallelogramm zwei Gelenke mehr
                              hat als die einfache Geradführung durch einen Gegenlenker, und dennoch in Bezug auf
                              Genauigkeit nicht mehr leistet als letztere, so kann man nicht umhin zu erkennen,
                              daß der Watt'sche Mechanismus noch viel zu wünschen übrig
                              läßt. Denn in der That hat man bei demselben vier Gelenke zu seiner Disposition,
                              welche, da sowohl ihre Länge als Richtung unbestimmt ist, Veranlassung geben, acht Bestimmungsstücke in die Formel einzuführen, und die
                              Möglichkeit darbieten, eine Curve zu construiren, welche von der geraden Linie bei
                              weitem weniger abweicht, und namentlich mit derselben acht Elemente gemein hat,
                              während bei dem Watt'schen Parallelogramm dasselbe nur in
                              höchstens fünf Elementen geschieht.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 163, S. 403
                              
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 163, S. 403
                              
                           Das Diagramm Fig. 1 stellt diese Combination dar, die
                              aus nicht mehr Stücken besteht als das gewöhnliche Parallelogramm. AB ist der halbe Balancier, A seine Achse. BC, DE, CF
                              Gelenkstangen, FG derContrebalancier oder
                              Gegenlenker, G seine Achse. C ist der Befestigungspunkt der Kolbenstange, deren Bewegung, wie die
                              Aufgabe verlangt, von der Verticalen V
                              V₁ möglichst wenig abweichen soll. Was den Punkt
                              G betrifft, so erhält er eine solche Lage, daß, wie
                              Fig. 2 zeigt, bei der horizontalen Lage des
                              Balanciers, die Lenker BC und DE, welche eine gleiche Länge besitzen, eine
                              verticale, und die Lenker FC und FG, welche ebenfalls gleich lang sind, eine
                              horizontale Lage annehmen, wonach also der Punkt G in
                              der Verticalen V
                              V₁ selbst zu liegen kommt. Macht man bei diesem
                              Parallelogramm BD = EG = (√5 – 1)/2 AB, und
                              CF = FG =
                              (√5 + 1)/4 AB, so ist die Linie BD das mittlere Verhältniß zwischen AB und AD, und
                              es wird zugleich FE = 1/2 AD. Die Dimensionen der gleich langen Gelenke BC und DE sind
                              willkürlich, nur dürfen sie die Hälfte des Kolbenhubes nicht merklich
                              überschreiten.
                           Eine unter diesen Bedingungen construirte Geradführung hat, wie man sich durch
                              Construction oder Rechnung leicht überzeugen kann, mit der geraden Linie acht
                              Elemente gemein. Nimmt man das von Prony in seiner
                              bekannten Note über das Watt'sche Parallelogramm (Annales des mines, tome XII) gewählte Beispiel, wonach
                              AB = 2m,515, BC = 0m,762 und der größte Neigungswinkel des
                              Balanciers = 17° 35' 30'', so gibt das modificirte Parallelogramm nur
                              Abweichungen unter 0mm,05, während bei dem
                              Watt'schen diese Abweichungen 40mal größer sind, also
                              2 Millimeter betragen, eine Größe die zu beträchtlich ist, als daß sie
                              vernachlässigt werden dürfte.
                           Da nun die Construction des modificirten Parallelogrammes des Hrn. Tschebyscheff keine größeren Schwierigkeiten darbietet
                              als die des gewöhnlichen, so ist dasselbe der besonderen Aufmerksamkeit der
                              Ingenieur-Mechaniker zu empfehlen.