| Titel: | Darstellung von Jodlithium, Jodcalcium, Jodkalium und Jodnatrium; von Justus v. Liebig. | 
| Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. CXVIII., S. 443 | 
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                        CXVIII.
                        Darstellung von Jodlithium, Jodcalcium, Jodkalium
                           und Jodnatrium; von Justus v. Liebig.
                        Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, 1862,
                              Bd. CXXI S. 222.
                        v. Liebig's Darstellung von Jodlithium, Jodcalcium, Jodkalium und
                           Jodnatrium.
                        
                     
                        
                           In neuerer Zeit wird von den Photographen häufig Jodlithium verlangt, und es ist für
                              Manchen vielleicht die folgende einfache Methode zu dessen Darstellung
                              willkommen.
                           Ein Theil fein zerriebener rother oder sogenannter amorpher Phosphor wird in einer
                              hinlänglich großen Porzellanschale mit der 40fachen Menge warmen Wassers übergossen,
                              und dazu nach und nach 20 Theile trockenes Jod gesetzt, welches durch Reiben mit dem
                              Pistille mit dem Phosphor in innige Berührung gebracht wird. Die Flüssigkeit wird
                              anfänglich tief dunkelbraun, welche Farbe bei längerer Berührung mit dem Phosphor,
                              schneller beim Erwärmen im Wasserbade sich verliert; wenn die Flüssigkeit farblos
                              geworden ist, so gießt man sie von dem kleinen Rückstande von Phosphor ab, und
                              sättigt sie vollständig mit Baryt, im Anfang mit kohlensaurem Baryt, zuletzt mit Barytwasser,
                              so daß sie eine schwach alkalische Reaction zeigt; zur Hälfte gesättigt, fängt sie
                              schon an dicklich zu werden vom gefällten phosphorsauren Baryt; ist sie vollkommen
                              neutralisirt, so filtrirt man sie vom Niederschlag ab, und wascht diesen vollständig
                              aus. Das klare Filtrat enthält jetzt Jodbaryum, welches beim Abdampfen durch
                              Anziehung von Kohlensäure den kleinen Ueberschuß von Aetzbaryt, der beigemischt seyn
                              konnte, verliert.
                           Sättigt man die durch Einwirkung des Jods auf Phosphor erhaltene saure Flüssigkeit
                              mit dünner Kalkmilch, so erhält man nach Absonderung des Niederschlags in dem
                              Filtrate Jodcalcium; aus beiden Lösungen läßt sich leicht durch Fällung mit
                              kohlensaurem Lithion Jodlithium darstellen.
                           Was hier vorgeht, bedarf kaum einer Erklärung: Jod und Phosphor in Wasser geben durch
                              Zerlegung des Wassers Jodwasserstoffsäure und Phosphorsäure; sättigt man die
                              Mischung beider Säuren mit Baryt oder Kalk, so entsteht phosphorsaurer Kalk oder
                              Baryt, der sich bei der Neutralisation abscheidet, und es bleibt Jodbaryum oder
                              Jodcalcium in Lösung.
                           Anstatt des amorphen Phosphors kann man auch gewöhnlichen Phosphor nehmen, die
                              Einwirkung ist dann rascher aber auch heftiger; ein Theil des gewöhnlichen Phosphors
                              geht hierbei in amorphen über. Durch einen kleinen Zusatz von Jod zu der klar
                              abgegossenen Flüssigkeit (Phosphorsäure und Jodwasserstoffsäure), so daß sich diese
                              eben nur gelblich färbt, vermeidet man die Bildung von phosphoriger Säure.
                           Auf sieben Unzen verbrauchtes Jod setzt man der Jodbaryum- oder
                              Jodcalciumlösung zwei Unzen kohlensaures Lithion mit Wasser fein abgerieben zu;
                              diese Mischung muß 12 bis 24 Stunden stehen, ehe alles Lithion den Kalk oder Baryt
                              gefällt hat, und an deren Stelle getreten ist. Einen kleinen Rest von Kalk oder
                              Baryt fällt man aus der Lösung mit einer kalten wässerigen Lösung von kohlensaurem
                              Lithion.
                           Man kann auch die Mischung von Phosphorsäure und Jodwasserstoffsäure, im Wasserbade
                              erwärmt, geradezu mit kohlensaurem Lithion sättigen, in welchem Falle man
                              phosphorsaures Lithion, welches sich vollkommen abscheidet, und Jodlithium erhält;
                              das phosphorsaure Lithion kann man durch Erwärmen mit Jodbaryum leicht in Jodlithion
                              überführen, wenn man der Mischung eine Spur Schwefelsäure zusetzt; das im Ueberschuß
                              bleibende Jodbaryum wird mittelst einer wässerigen Lösung von kohlensaurem Lithion
                              in Iodlithion übergeführt.
                           Es ist nicht nöthig, die Mischung von Phosphorsäure und Jodwasserstoffsäure ganz mit
                              Baryt oder Kalk zu sättigen, sondern es genügt, das erhaltene Volum der sauren
                              Flüssigkeit in zwei Theile zu theilen, dem einen Theil Kalk oder Baryt bis zur
                              Neutralisation zuzufügen, danndie andere Hälfte der sauren Flüssigkeit damit zu mischen
                              und mit kohlensaurem Lithion ohne weiteres zu neutralisiren. Der in der Flüssigkeit
                              vorhandene Kalk oder Baryt reicht mehr als hin, um die Phosphorsäure zu sättigen.
                              Man hat nach diesem Verfahren anstatt zwei Niederschläge nur einen auszuwaschen. Es
                              liegt auf der Hand, daß man Jodbaryum oder Jodcalcium durch Fällung mit kohlensaurem
                              Kali oder Natron in Jodkalium oder Jodnatrium verwandeln kann.
                           Wenn irgend eine Schwierigkeit in den sonst so bequemen Methoden mit Eisen besteht,
                              so liegt diese für den Fabrikanten darin, daß er genöthigt ist, einen merklichen
                              Ueberschuß von Kali zur Fällung zuzusetzen und daß er kein reines Kali, wegen des
                              hohen Preises desselben, dazu benutzen kann; die Folge der Anwendung von Kali,
                              welches Chlorkalium und schwefelsaures Kali enthält, ist eine Verunreinigung des
                              Jodkaliums mit diesen Salzen, oder er behält eine Menge Mutterlauge zurück, die er
                              wieder auf Jod bearbeiten muß. Ich habe darum Hrn. Michael
                                 Pettenkofer veranlaßt, aus dem nach obigem Verfahren dargestellten
                              Jodcalcium mittelst reinen schwefelsauren Kalis Jodkalium darzustellen; die von ihm
                              erhaltenen Resultate sind folgende:
                           
                              „Eine Unze Phosphor wurde in einer Porzellanschale mit ungefähr 36 Unzen
                                 heißem Wasser übergossen. In die den geschmolzenen Phosphor enthaltende
                                 Flüssigkeit trug man unter beständigem Umrühren so lange wohl zerriebenes
                                 englisches Jod (13 1/2 Unzen) ein, als dieses sich noch farblos löste. Es blieb
                                 nur eine geringe Menge von amorphem Phosphor zurück. Hierauf goß man die klare
                                 wasserhelle Flüssigkeit von dem wenigen rothbraunen Bodensatze ab, und wusch
                                 diesen mit etwas Wasser. Die vereinigten klaren Flüssigkeiten wurden so lange
                                 mit einer aus 8 Unzen gebrannten Kalkes bereiteten Kalkmilch versetzt, bis die
                                 Flüssigkeit alkalisch reagirte. Die Flüssigkeit brachte man sodann auf Leinwand.
                                 Der Rückstand von phosphorsaurem und phosphorigsaurem Kalk mit überschüssigem
                                 Kalkhydrate wurde gut ausgewaschen. Die Jodcalcium enthaltende Flüssigkeit
                                 versetzte man mit einer noch heißen Lösung von 9 Unzen krystallisirten
                                 schwefelsauren Kalis in ungefähr 48 Unzen Wasser, und ließ das Gemenge sechs
                                 Stunden lang stehen. Der ausgeschiedene schwefelsaure Kalk wurde von der
                                 Jodkaliumlösung mittelst Coliren durch Leinwand getrennt, der am Colatorium
                                 befindliche Niederschlag mit etwas Wasser ausgewaschen und ausgepreßt. Die klare
                                 Flüssigkeit wurde nun bis auf ungefähr ein Liter eingedampft, dann mit einer
                                 Auflösung von reinem kohlensauren Kali (sal tartari)
                                 so lange versetzt, als noch ein Niederschlag von kohlensaurem Kalk entstand.
                                 Nachdem der anfangs gallertartige Niederschlag sich verdichtet hatte, filtrirte
                                 man die Flüssigkeit, wuschden am Filtrum gebliebenen Rückstand aus, und
                                 verdampfte die Lauge zur Krystallisation. Die Krystalle wurden gesammelt,
                                 getrocknet und gewogen. Sie betrugen 13 Unzen. Die noch übrige Mutterlauge wurde
                                 zur Trockne verdampft, und lieferte noch 3 1/2 Unzen völlig reines
                                 pulverförmiges Jodkalium.“