| Titel: | Ueber die Umwandlung des Schmiedeeisens durch Vibration im kalten Zustande von einer sehnigen Textur in eine grobkörnig-krystallinische und die damit verbundene Festigkeitsverminderung; von C. v. Mayrhofer. | 
| Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. CXIX., S. 446 | 
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                        CXIX.
                        Ueber die Umwandlung des Schmiedeeisens durch
                           Vibration im kalten Zustande von einer sehnigen Textur in eine
                           grobkörnig-krystallinische und die damit verbundene Festigkeitsverminderung; von
                           C. v. Mayrhofer.
                        Aus der österreichischen Zeitschrift für
                                 Berg- und Hüttenwesen, 1861, Nr. 47.
                        Ueber die Umwandl. des Schmiedeeisens von sehniger Textur in eine
                           grobkörnig-krystallinische.
                        
                     
                        
                           Nachdem der Verfasser durch eine Anzahl von Beispielen, bezüglich deren wir auf
                              unsere Quellen verweisen, gezeigt hat, daß die Umwandlung des Schmiedeeisens von
                              einer sehnigen Textur in eine grobkörnig-krystallinische bereits seit sehr
                              langer Zeit bekannt ist, spricht er sich über die Verhinderung dieses Uebelstandes
                              folgendermaßen aus:
                           Beim Schmiedeeisen, besonders beim reineren, findet der Fall statt, daß auch im
                              starren Zustande die Molecüle desselben unausgesetzt das Bestreben haben, sich nach
                              tessularischen Krystallformen zu ordnen und bei der Bewegung, welche ihnen die
                              Vibration gestattet, ihrem natürlichen Bestreben zu folgen; nun aber ist es bei der
                              Starrheit des Schmiedeeisens nicht möglich, daß alle Theilchen gleichmäßig dem Zuge
                              zur Krystallisation folgen können, und es müssen deßhalb im Inneren zwischen den
                              Flächen der Krystalle feine Rißchen entstehen, welche den Zusammenhang der Masse
                              mehr oder weniger aufheben. Ferner ist die Theilbarkeit, wenn sie auch so
                              unvollkommen vorhanden ist, daß sie der Krystallograph nicht verfolgen kann, eine
                              zweite Ursache die oben genannten Rißchen in der Masse zu vermehren, da angenommen
                              werden muß, daß die Krystall- und Theilungsflächen gewiß fester an einander
                              haften, wenn die Molecüle bei der Krystallbildung sich frei bewegen können, als bei
                              der Bewegung, welche ihnen die Vibration in der starren Masse gestattet, die
                              gleichsam nur ruckweise und deßhalb auch nur ungleichmäßig vor sich gehen kann.
                           Man war bis in die neuere Zeit herab, wenn nicht allgemein, sodoch sehr häufig und
                              insbesondere von Seite der Techniker der Ansicht, daß das weiche sehnige Eisen
                              absolut stärker als das harte körnige sey, was aber nicht der Fall ist, weil sich
                              das harte körnige Eisen unter allen Umständen weniger verändert, und somit seine
                              ursprüngliche, ohnehin fast immer größere absolute Stärke unverändert beibehält.
                           Nachdem nun die Erfahrung gemacht wurde, daß das harte, körnige, zähe, oder wie der
                              steiersche Arbeiter sagt: das gleime Eisen sich weniger verändert als das weiche, so
                              wendet man zu den Circularsägen keine Bleche aus weichem Eisen, sondern solche von
                              hartem Eisen oder weichem Stahle an. Klaviersaiten aus Eisen, besonders aus weichem
                              sehnigen Eisen, sind für stärkere Spannungen unbrauchbar, weil sie, abgesehen von
                              der ungleichen Ausreckung, der sie bei einer größeren Spannung unterliegen und dann
                              schrillern, durch die starke Vibration körnig werden, und dadurch die nöthige
                              Festigkeit verlieren. Die neueren Claviere mit 200 bis 220 Centner Saitenspannung
                              können nur mit guten Stahlsaiten bezogen werden, weil die Eisensaiten bei einer so
                              starken Spannung gleich schrillern und schnell reißen.
                           Um zu verhindern, daß die Textur des Eisens sich bei der Vibration im kalten Zustande
                              nicht ändere, braucht man nur das Eisen mit irgend einem Körper zu verbinden,
                              welcher mit demselben eine rhomboëdrische Krystallisation in dem Maaße
                              anstrebt, daß sie dem Bestreben des reineren Eisens, in tessularischen Formen zu
                              krystallisiren, das Gleichgewicht hält, und diese Gegenwirkung wird erreicht, wenn
                              das Eisen mit 0,5 bis 1,8 Kohle verbunden ist, und gerade die Kohle ist derjenige
                              Körper, welcher dem Eisen, außer der Verhinderung der Texturveränderung, noch andere
                              Eigenschaften ertheilt, die in der Technik von hohem Werthe sind. Unter 0,5 Procent
                              Kohle ist das Bestreben der Verbindung des Eisens mit der Kohle zur
                              rhomboëdrischen Form zu gering und über 1,8 Procent zu groß, wobei bemerkt
                              wird, daß die hier angegebenen Grenzen vielleicht noch eine kleine Correctur
                              zulassen, aber jedenfalls so weit richtig sind, daß sie dem Zwecke entsprechen.
                           Unter allen Stoffen, die bis jetzt mit dem Eisen verbunden werden konnten, ist es nur
                              die Kohle, welche der weiteren technischen Anwendung des Eisens nicht nur nicht im
                              Wege steht, sondern sie auf vielerlei Weise befördert oder gar ermöglicht; die
                              anderen Stoffe verschlechtern alle die Qualitäten des Eisens, sobald sie mit
                              demselben auch nur in geringeren Quantitäten verbunden sind. Die Verbesserungen des
                              Eisens durch Mangan, Wolfram, Natrium u. dergl. liegen nicht eigentlich in der
                              Verbindung derselben mit dem Eisen, – denn wird z.B. das Eisen mit Mangan
                              verbunden, dann ist es unfehlbar schlecht, – sondern die Verbesserungdes Eisens liegt in dem,
                              daß diese Körper sich in dünnflüssigem Roheisen mit Silicium, Schwefel, Phosphor
                              u.s.w. zu solchen Körpern verbinden, welche früher erstarren als das Roheisen, und
                              specifisch leichter als das flüssige Roheisen sind, und dadurch vor dem Erstarren
                              desselben, wenn es dünnflüssig genug ist, in ihm in die Höhe steigen müssen, und auf
                              diese Weise ausgeschieden und das Roheisen gereinigt wird; aber sobald von diesen
                              reinigenden Körpern, aus was immer für einer Ursache, etwas im Eisen zurückbleibt,
                              dann ist es unfehlbar schlechter, als wenn diese Körper fehlen. Von der Richtigkeit
                              dieses Vorganges, nämlich der besagten Ausscheidung, kann man sich auf chemischem
                              Wege überzeugen, indem man auf diesem die Zusammensetzung des Roheisens nahe an der
                              Oberfläche ganz anders findet, als in der Mitte.