| Titel: | Ueber den elektrischen Chronograph von Prof. Gloesener in Lüttich; Bericht von Graf du Moncel. | 
| Fundstelle: | Band 164, Jahrgang 1862, Nr. X., S. 41 | 
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                        X.
                        Ueber den elektrischen Chronograph von Prof.
                           Gloesener in
                           Lüttich; Bericht von Graf du Moncel.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, December 1861, S. 705.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        Gloesener's elektrischer Chronograph.
                        
                     
                        
                           Chronographen nennt man bekanntlich genaue Instrumente zur Messung sehr geringer
                              Zeitintervalle. Schon früher hat man die Elektricität als bewegende Kraft für solche
                              Instrumente angewandt, und namentlich hat der Apparat von Navez Anwendung bei ballistischen Untersuchungen gefunden.
                           Die elektrischen Chronographen sind mehrfacher Art: entweder bezeichnen sie auf einem
                              mit gleichförmiger Geschwindigkeit sich drehenden Cylinder Punkte, deren Entfernung
                              unter Berücksichtigung der Geschwindigkeit der Drehung des Cylinders die zu
                              messenden Zeitintervalle angibt; oder sie liefern diese Angaben mittelst eines
                              Pendels, dessen Bewegung bekannten Gesetzen unterworfen ist, und durch Messung der
                              durchlaufenen Bogen Zeitwerthe geben kann; bei anderen benutzt man die mehr oder
                              weniger großen Ausschläge eines Galvanometers; noch andere endlich enthalten einen
                              Zählapparat mit Räderwerk, der durch Elektricität ein- und ausgeschaltet wird
                              und die Zeit auf einem Zifferblatt angibt.
                           Auch die Art der Wirkung der Elektricität ist eine sehr mannichfaltige: bald enthält der Apparat einen
                              Elektromagnet, dessen Anker beim Niederfallen mittelst einer Spitze oder dergl. ein
                              Zeichen liefert; bald hängt der Elektromagnet ein Uhrwerk ein oder aus; bald wird
                              die Elektricität zum Schreiben in der Art des elektrischen Telegraphen angewandt
                              u.s.w.
                           Das System, welches Hr. Gloesener angewandt hat, ist
                              dasjenige der Chronographen, welche durch die Elektricität selbst Zeichen geben.
                           Die Hauptschwierigkeit bei dieser Art von Instrumenten ist bekanntlich die, daß der
                              im Magnet verbleibende Rückstand von Elektricität, welcher je nach der
                              Stromintensität verschieden groß ist, die regelmäßige und gleichförmige Loslösung
                              des Ankers verhindert, und also Zeitverschiedenheiten in dem Fallen bewirkt, die
                              bisweilen größer sind, als die zu messenden Intervalle selbst. Hr. Gloesener ist dem Gedanken gefolgt, daß man durch
                              Anwendung von galvanometrischen Multiplicatoren statt der Elektromagnete und durch
                              Hervorbringung der verschiedenen zum Studium der Ballistik nothwendigen Angaben
                              mittelst eines einzigen Multiplicators, mehr Genauigkeit mit den
                              elektrochronographischen Apparaten erreichen könne, und diese Idee hat ihn zur
                              Ausführung der hier zu beschreibenden beiden Apparate geführt.
                           Der erste und wichtigere dieser beiden Apparate besteht
                              aus einem horizontalen Cylinder, welchen ein Uhrwerk in Bewegung setzt, und auf
                              welchen im Moment der Stromunterbrechung eine Feder oder eine Spitze drücken kann,
                              welche der magnetisirte Stab eines verticalen Multiplicators trägt. Dieser Stab ist
                              an seiner Mitte auf einem horizontalen Zapfen befestigt, der mit zwei Hebeln, einem
                              horizontalen und einem verticalen, versehen ist. Der erste trägt ein mittelst einer
                              Schraube verschiebbares Gegengewicht, um die Empfindlichkeit des Apparates vermehren
                              oder vermindern zu können; der zweite ist mit einem Sperrrad versehen, das auf einen
                              besonderen Stromunterbrecher wirkt, und bewirkt, daß der Stab nach seinem
                              Niedergange unter dem Einfluß der Stromunterbrechung, augenblicklich wieder in die
                              Höhe gehoben wird, um bei der nächsten Unterbrechung wieder niederzugehen.
                           Es folgt daraus, daß die Zeichen hintereinander liegen und daß sie, als von demselben
                              elektromagnetischen Organe herrührend, den Abwechselungen der Trägheit nicht
                              ausgesetzt sind, wie dieß für verschiedene Apparate der Fall ist. Da außerdem bei
                              dieser Art von elektrischen Apparaten keine Elektricität zurückbleibt, so übt der
                              Unterschied im Leitungswiderstand bei Verbindung mit Scheiben keinen Einfluß
                              aus.
                           Da Hr. Gloesener erwog, daß die Genauigkeit der
                              Zeitangaben solcher Apparate besonders von der Gleichförmigkeit der Bewegung
                              abhängt, so hat derselbe
                              besondere Aufmerksamkeit aus die Regulirung dieser Bewegung verwendet, und zu diesem
                              Zwecke an dem Bewegungsmechanismus einen Centrifugalregulator angebracht, der durch
                              seine Wirkung auf einen gekrümmten Hebel eine Federspitze mehr oder weniger stark
                              auf den sich drehenden Cylinder drücken läßt, je nachdem derselbe sich schneller
                              oder langsamer dreht.
                           Besondere Versuche haben die Gleichmäßigkeit der so regulirten Bewegung constatirt
                              und dargethan, daß die möglicherweise vorkommenden Differenzen kleiner sind, als
                              diejenigen Irrthümer, welche von den Störungen in chronographischen Beobachtungen
                              selbst herrühren.
                           Diese Versuche sind von Hrn. Gloesener, Hrn. Hardy und Hrn. König
                              ausgeführt worden, und es sind dabei drei Verificationsmethoden angewandt
                              worden:
                           Zuerst wurden die sich drehenden Cylinder mit einem durch Ruß geschwärzten
                              Papierstreifen umwickelt und daneben auf einem kleinen Wagen in passender Weise eine
                              Normal-Stimmgabel aufgestellt, an deren einem Ende ein Pferdehaar oder ein
                              Federfähnchen angebracht war. Diese Stimmgabel machte 870 einfache Schwingungen in
                              der Secunde.
                           Als der Cylinder sich 6–7 Minuten umgedreht hatte, wurde die Stimmgabel durch
                              einen Bogen zum Tönen gebracht und parallel mit der Achse des Cylinders
                              fortgeschoben. Da also die Schwingungen in der Richtung der Cylinderlänge geschahen,
                              so mußten sie auf der schwarzen Fläche eine spiralförmige Linie erzeugen, deren
                              Beugungen in allen Windungen einander correspondiren mußten, wenn der Cylinder sich
                              gleichförmig bewegte. Genaue Messungen zeigten, daß die Spirale den Erwartungen
                              vollkommen entsprach.
                           Nach der zweiten Methode wurde ein elektrisches Normal-Secunden-pendel
                              mit dem Galvanometer b (s. Fig. 1) so in Verbindung
                              gesetzt, daß dasselbe auf dem Cylinder N
                              Secundenanzeigen lieferte. Wenn also der Cylinder seine Drehung in einer halben
                              Secunde vollendete, so müssen bei gleichförmiger Bewegung alle Punkte an den beiden
                              Enden eines Durchmessers auf einander fallen; hat aber der Cylinder eine andere
                              Geschwindigkeit, so fallen sie in gleichen Entfernungen hintereinander. Der Versuch
                              zeigte, daß die Entfernungen stets gleich waren, und zwar sowohl unter sich, als
                              auch an beiden Enden des Durchmessers.
                           Bei der dritten Versuchsreihe endlich wurde am Apparat ein Zähler angebracht, der
                              jedesmal einen Schlag gab, wenn der Cylinder acht Umdrehungen gemacht hatte, und
                              dann die Zahl der Schläge per Minute mittelst eines
                              Chronometers gezählt. Bei einer ersten Reihe von Experimenten wurden viermal 31 und
                              einmal etwas über 30 Schläge gezählt; dann viermal 31 und einmal 31 1/6. Nimmt man nun 31 an, so
                              machte also der Cylinder 248 Umdrehungen in der Minute, oder 4,13 in der Secunde,
                              folglich eine Umdrehung in 0'',242; eine seiner Abtheilungen geht also in 0'',00048
                              vorbei. Nimmt man aber 31 1/4 Schläge für den Zähler an, so ergibt dieß eine
                              Umdrehung in 0'',2439; nimmt man endlich 32 Schläge an, so ergibt dieß eine
                              Umdrehung in 0'',234 oder für eine Abtheilung 0'',000468. Man findet also selbst für
                              einen (unmöglichen) Irrthum von 1 Schlag oder von 8 Cylinderumdrehungen nur sehr
                              geringe Unterschiede für die Geschwindigkeit einer Cylinderabtheilung, nämlich nur
                              von 1/50000.
                           Bei den Chronographen mit Cylindern kann man gewöhnlich nur eine sehr geringe
                              Zeitdauer messen, und muß daher bei Versuchen von etwas größerer Ausdehnung den
                              Cylinder allmählich in der Richtung seiner Achse fortrücken lassen. Hr. Gloesener glaubte, daß die Schraube mit Mutter, welche zu
                              dieser Bewegung erforderlich ist, die Gleichförmigkeit der Bewegung hindern würde,
                              und hat daher bei seinem Apparate einen zweiten Cylinder angebracht, der sich
                              achtmal langsamer als der erstere umdreht, und der also mittelst eines ähnlichen von
                              gleichem Strom durchflossenen Multiplicators die verschiedenen Abschnitte der
                              Experimente angeben kann, indem er andeutet, ob der Punkt auf dem ersten Cylinder
                              zur 2, 3.... 8ten Umdrehung gehört.
                           Der zweite von Hrn. Gloesener
                              construirte Apparat ist ein Pendel-Chronograph, dessen Schreibapparat aus
                              einem dem eben beschriebenen ähnlichen Multiplicator besteht, welcher fest vor einem
                              beweglichen am Pendel angebrachten Limbus aufgestellt ist. Es ist dieß also nur eine
                              Verkleinerung des ersteren Apparates, und seine Angaben werden mit Hülfe der
                              bekannten Formeln für das Pendel berechnet.
                           Diese von Hrn. Hardy ausgeführten Apparate sind sehr gut
                              und richtig construirt und bei chronographischen Untersuchungen leicht
                              anwendbar.
                           
                        
                           Beschreibung des in Fig. 1 und 2 im Aufriß
                                 und Grundriß dargestellten Chronographs.
                           A Messingcylinder von 0,12 Met. Länge und 0,10 Met.
                              Durchmesser, dessen Oberfläche in 500 gleiche Theile getheilt ist.
                           B Achse des Cylinders, auf vier Röllchen C nach Art der Welle an der Atwood'schen Maschine ruhend. D Kurbel, die
                              dem Cylinder die Bewegung mittheilt, welche sie durch das von dem Gewichte E und dem Rade F getriebene
                              Uhrwerk empfängt. G, G regulirendes Flügelrad dieses
                              Uhrwerkes. H Centrifugalregulator, durch Uhrwerk bewegt
                              und dazu bestimmt, der
                              Cylinder A mittelst zwischenliegender Hebel in
                              gleichförmiger Bewegung zu erhalten; diese Hebel sind bei I,
                                 J, K, L angegeben. Der Hebel I, J, K treibt das
                              Stück I, M gegen die Wange des Cylinders A, sobald die Kugeln des Regulators auseinander gehen,
                              und die Federspitze I, M bildet so zu sagen einen Zaum,
                              indem sie um so mehr gegen den Cylinder drückt, je größer die Geschwindigkeit des
                              Apparates ist.
                           N ist der zweite Registrircylinder; er sitzt an der
                              Welle des dritten Rades des Uhrwerkes, und hat 400 Abtheilungen; seine
                              Geschwindigkeit ist 1/8 von derjenigen des Cylinders A.
                           O, O Stellschrauben zum Horizontalstellen des
                              Apparates.
                           P Galvanometer, als Punktirapparat dienend.
                           Q Magnetstab, der an seinem Mittelpunkt an einem
                              horizontalen, auf zwei Punkten R, R oscillirenden Stift
                              befestigt ist.
                           S Punktirspitze am Ende des Magnetstabes Q (Fig. 2).
                           T kleiner Hebel mit Gegengewicht, der den Stab gegen den
                              Cylinder drückt, wenn der Apparat sich selbst überlassen ist.
                           U verticaler Stab mit einem Sperrhaken, welcher in das
                              Rad V eingreift und zwischen zwei Stützen oscillirt.
                           W, W', W'' sind Federn, die mit dem Rade V den eingeschalteten Stromunterbrecher bilden; er hat
                              den Zweck, den Strom nach und nach von einer Leitung in die andere zu führen, so oft
                              dieselben unterbrochen worden und für jede Leitung im Moment ihrer Unterbrechung
                              neue Zeichen zu liefern.
                           Zu diesem Zwecke trägt das Rad V drei Platinstifte a, a', a'', gegen welche nach einander die Federn W, W', W'' drücken, wenn, in Folge von drei
                              nacheinanderfolgenden Bewegungen des Sperrhakens U, drei
                              Zähne des Rades vorbeigegangen sind. Beim Beginne des ersten Versuches muß der Stift
                              a mit der Feder W in
                              Contact seyn, welche mit dem Knopf 1 in Verbindung steht und daher den Strom durch
                              die Leitung der Scheibe Nr. 1 und das Galvanometer P
                              führt. Wird nun die Scheibe von der Kugel zerschossen, so wird der Strom
                              unterbrochen, die Spitze S des Magnets fällt auf den
                              Cylinder A, und hinterläßt auf dessen geschwärzter
                              Oberfläche ein Zeichen.
                           Zugleich rückt ein Sperrhaken X das Rad V um einen Zahn weiter und bringt somit den Stift a' in Contact mit der Feder W', während der Stift a ausgelöst wird; der
                              Strom geht also nun durch den Knopf 2 nach der zweiten Scheibe, und nach deren
                              Zerstörung in derselben Weise nach der dritten u.s.w.
                           b ist das zweite verticale Galvanometer, genau dem
                              ersten P gleich; es wirkt auf den Cylinder N zu gleicher Zeit wie P auf
                              A, indem beide Apparate in dieselbe Leitung eingeschaltet sind. Da der
                              Cylinder N sich achtmal langsamer umdreht als der erste
                              A, so sind die Zeichen auf demselben näher
                              aneinander, und gestatten daher die Beobachtung der Scheibenbrüche in der
                              stattgefundenen Reihenfolge.
                           Später hat Hr. Gloesener noch einige Verbesserungen an
                              seinem Apparat angebracht, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann. Sie
                              beziehen sich auf den Cylinder N, welchen er so
                              eingerichtet hat, daß derselbe ausgedehntere Zeichen geben kann, so wie auf den
                              Stromunterbrecher, den er vereinfacht und empfindlicher gemacht hat, indem er als
                              Zwischenglieder galvanische Relais mit in Quecksilber getauchten Gabeln, ähnlich den
                              von Wheatstone für die Telegraphen angegebenen, an
                              wandte.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
