| Titel: | Das Färben von arabischem Gummi zur Fabrication künstlicher Blumen; von Gustav Merz. | 
| Fundstelle: | Band 164, Jahrgang 1862, Nr. XLI., S. 154 | 
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                        XLI.
                        Das Färben von arabischem Gummi zur Fabrication
                           künstlicher Blumen; von Gustav
                              Merz.
                        Merz über das Färben von arabischem Gummi zur Fabrication
                           künstlicher Blumen.
                        
                     
                        
                           Seit kurzer Zeit verwendet man in der Fabrication künstlicher Blumen durchsichtig
                              grüne, glänzende Körner von arabischem Gummi, mit welchen sich, indem man sie auf
                              grün gefärbte Borsten aufklebt, Zweige und Blätter von einem krystallartigen, höchst
                              gefälligen Aeußeren herstellen lassen. Die Versuche des Verfassers, dieses zuerst in
                              Paris fabricirte, gefärbte Gummi darzustellen, haben nun Producte ergeben, welche
                              nicht nur in dem Farbenfeuer, sondern auch an Durchsichtigkeit und Glanz dem besten
                              Pariser Fabricat gleichstehen. In Folgendem erlaubt er sich, sein Verfahren
                              mitzutheilen:
                           Zuerst stellt man sich durch trockenes Stoßen von weißem oder gelblichem Senegalgummi
                              (für schlechtere Sorten wohl auch Capgummi) und durch sorgfältiges Sieben des
                              gröblichen Pulvers die Gummisplitter in der erforderlichen Größe dar. Man sieht, daß
                              es sich nur um ein Anfärben des Gummi handelt; aber eben dieß erfordert die
                              Anwendung eines besonderen Kunstgriffes, auf welchen man jedoch durch folgende
                              Betrachtung leicht verfällt. Die nach dem Stoßen und Sieben stark glänzenden
                              Gummisplitter verlieren durch die geringste Berührung mit Wasser oder wässerigen
                              Lösungen ihren Oberflächenglanz; kommt hierzu noch die Ablagerung eines
                              undurchsichtigen Farbstoffes auf der Oberfläche, so verschwindet auch die
                              Durchsichtigkeit des Gummi, und das Präparat ist unbrauchbar. Hiernach ist die
                              Anwendung eurer Deckfarbe, wenigstens zum Anfärben, ausgeschlossen, und als ebenso
                              unbrauchbar stellen sich wässerige Farbflüssigkeiten dar. Unter den Farbstofflösungen nun, welche das
                              arabische Gummi nicht lösen, daher auch dessen Oberfläche unverändert lassen, zeigen
                              sich die einfach zu bereitenden weingeistigen Lösungen als vorzüglich brauchbar. Um
                              dieselben zu bereiten, bedient man sich eines etwa 90procentigen Weingeistes (bester
                              Brennspiritus), mit welchem man die Farbstoffe nach Erfordern längere oder kürzere
                              Zeit kocht; da aber die Gegenwart von noch mehr Wasser, als in dem Weingeiste schon
                              enthalten ist, verändernd auf die Gummioberfläche wirken kann, so ist es zweckmäßig,
                              alle Farbstoffe vor der Lösung bei etwa 40 bis 50 Grad auszutrocknen. Von welchem
                              Gehalte die Lösungen zu bereiten sind, hat der Verfasser nicht ermittelt, da dieser
                              ohne Einfluß auf die Güte des Products, und es die Sache des Fabrikanten ist, durch
                              eine ganz leichte Ausprobirung kennen zu lernen, auf welche Weise sich ein
                              bestimmter Farbenton und ein immer gleiches Fabricat erzielen läßt. Mit den durch
                              Erkalten und Absetzenlassen völlig geklärten Lösungen übergießt man die etwa in
                              einer breiten Porzellanschale in nicht zu dicker Schicht befindlichen Gummisplitter,
                              so daß die letzteren ganz wenig bedeckt werden. Indem man nun, am besten über einer
                              stellbaren Lampe, die Flüssigkeit sehr allmählich bis zum schwachen Sieden erhitzt
                              und unter vorsichtigem Umrühren darin erhält, färbt sich in dem Maaße, als der
                              Weingeist verdampft, das Gummi an. Wenn der größte Theil der Flüssigkeit verdampft
                              ist, muß man das Feuer etwas verstärken, damit die letzten Reste möglichst schnell
                              in Dampf verwandelt werden und mit ziemlicher Heftigkeit entweichen. Dieser letzte
                              Kunstgriff trägt ganz besonders zur Erzielung eines recht glänzenden Products bei,
                              da die einzelnen Gummistückchen im Zustande des Trocknens durch den Dampf von
                              einander losgerissen werden und so der größte Theil ihrer Oberfläche freiliegend
                              trocknen kann. Endlich läßt man sie unter zartem Umwenden in der Schale völlig
                              trocken werden.
                           Der Verfasser hat außer grünem Gummi auch noch einige anders gefärbte Arten
                              dargestellt, die bei der Blumenfabrication recht wohl verwendbar seyn möchten.
                           Die für die einzelnen Farben mit Weingeist auszukochenden Materialien sind
                              folgende:
                           1. Für Gelb: käufliche Pikrinsäure.
                           2. Für Orange: ganzer Saffran.
                           3. Für Gelblichrosa (Fleischfarben): Safflor mit möglichst
                              wenig Essigsäure.
                           4. Für Carminroth: Cochenille, gröblich gepulvert, mit nur
                              so viel Zinnchlorid
                              (Zinncomposition), daß die Lösung deutlich scharlachroth gefärbt ist.
                           5. Für Violett (Hyacinth): Cochenille mit nur so viel
                              festem kohlensauren Ammoniak, daß die Lösung rothviolett ist.
                           6. Für Blau (in den dunklen Tönen mit schönem
                              Kupferglanze): indigoblauschwefelsaures Ammoniak.
                           7. Für Grün (lebhaftes Annagrün bis feuriges Stahlgrün)
                              stellt man sich erst mit Pikrinsäurelösung (wie in 1.) ein fertiges d.h. trocknes
                              gelbes Gummi dar, und behandelt dieses dann mit einer weingeistigen Lösung von
                              neutralem essigsauren Kupferoxyd (krystallisirter oder destillirter Grünspan). Für
                              die Nüance entscheidet natürlich das leicht zu findende Verhältniß zwischen den
                              Stärken der Lösungen von Pikrinsäure und Grünspan.
                           Zum Schlusse sey noch bemerkt, daß die Auskochungen der Farbstoffe in Gefäßen
                              vorgenommen werden müssen, aus denen sich möglichst wenig Weingeist verflüchtigt,
                              etwa in einem Glaskolben mit langem Aufsatzrohre. Ebenso selbstverständlich hat man
                              eine Entzündung der Weingeistdämpfe beim Färben zu vermeiden, z.B. durch Einhüllen
                              der Flamme in ein Drahtnetz. (Deutsche Industriezeitung, 1862, Nr. 14.)