| Titel: | Ueber einen neuen Apparat zum Ausbrüten von Eiern; von Dr. Robert Schmidt, Civilingenieur in Berlin. | 
| Autor: | Robert Schmidt | 
| Fundstelle: | Band 164, Jahrgang 1862, Nr. LXXXIII., S. 308 | 
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                        LXXXIII.
                        Ueber einen neuen Apparat zum Ausbrüten von
                           Eiern; von Dr. Robert
                              Schmidt, Civilingenieur in Berlin.
                        Schmidt, über neuen Apparat zum Ausbrüten von Eiern.
                        
                     
                        
                           Das künstliche Ausbrüten der Eier des Federviehes, besonders der Hühner, ist in
                              volkswirthschaftlicher Beziehung insofern von Wichtigkeit, als dadurch die Production
                              sowohl der Eier als auch des Federviehes in beträchtlicher Weise vergrößert, und
                              zugleich billiger als auf natürlichem Wege bewerkstelligt werden kann; die erwähnten
                              Producte aber nicht bloß ein treffliches Nahrungsmittel für den Menschen bilden,
                              sondern außerdem auch die Eier zu vielen Fabricationszwecken gebraucht werden.
                           Als Gründe für die mögliche Vergrößerung der erwähnten Production lassen sich
                              anführen, daß einerseits jede Henne etwa fünfmal soviel Eier per Jahr legt, als sie auszubrüten im Stande ist, anderseits manche
                              Hühnerarten wohl gut zum Legen, aber desto schlechter zum Brüten geeignet sind;
                              endlich aber, daß beim künstlichen Ausbrüten von Eiern, falls der Apparat in
                              geeigneter Weise construirt ist, viel weniger Eier verloren gehen, als dieß bei dem
                              oftmaligen Eigensinn der Brüthennen der Fall ist. – Der letzterwähnte Umstand
                              möchte zugleich darthun, daß die künstliche Ausbrütung von Eiern sich billiger als
                              die natürliche bewerkstelligt; als Grund hiefür kommt aber noch hinzu: daß für die
                              größere Production von Eiern und Federvieh sich die künstliche Ausbrütung der
                              ersteren viel mehr als die natürliche empfiehlt, und, wie bei jedem größeren
                              Betrieb, sich dabei durch vielerlei Umstände Ersparnisse machen lassen, welche auch
                              noch dadurch sich besonders ergeben, daß man die Hühner zur Mästung in Herden auf
                              Stoppelfelder schickt, woselbst sie nicht bloß alle Getreidekörner, sondern auch den
                              meisten Samen von Unkrautgewächsen, sowie schädliche Insecten und Würmer
                              entfernen.
                           Beachtenswerth möchte, außer dem Gesagten, noch seyn, daß man durch derartige größere
                              Etablissements es sehr leicht in seiner Gewalt hätte, zu jeder Jahreszeit frische
                              Eier und junge Hühner produciren zu können.
                           Ein Brütapparat, von dem man für die Praxis günstige Resultate erwarten will, muß
                              folgenden Anforderungen genügen:
                           1) Die auszubrütenden Eier müssen die Brützeit hindurch auf einer constanten
                              Temperatur erhalten werden können, so zwar, daß sich die Wärme den Eiern von oben
                              aus mittheilt, wie dieß auch bei den Brüthennen der Fall ist.
                           2) Die ganze Atmosphäre in der die Eier sich befinden, muß einerseits feucht seyn, um
                              die Transspiration der Brüthenne zu ersetzen, anderseits aber auch der frischen Luft
                              den Durchgang gestatten, um das Fortleben der Embryonen nicht zu gefährden.
                           3) Die auszubrütenden Eier müssen jederzeit beobachtet und aus dem Apparat genommen
                              werden können, um einerseits, wenn es Noth thut, dem Küchlein bei der Geburt zu
                              Hülfe eilen, sowie dasselbe, nach dem Auskriechen, aus dem Brütraume entfernen zu
                              können; andererseits um sowohl den Eiern die nöthige Wendung geben, als auch dieselben in den
                              verschiedenen Entwickelungsstadien in Bezug auf ihre Brauchbarkeit untersuchen zu
                              können.
                           4) Der Apparat muß die nöthigen Räume enthalten, um den Küchlein sowohl nach dem
                              Auskriechen als auch später einen Aufenthalt zu gewähren, der die Wärme enthält, die
                              der Entwicklungsgrad verlangt.
                           5) Die ganze Bedienung des Apparats muß. so einfach und billig wie möglich seyn.
                           Ein Herr, der seinen Wohnsitz in der Nähe von Berlin hat, construirte nun in neuester
                              Zeit einen Brütapparat, bei welchem allen unter 1) bis 5) erwähnten Anforderungen
                              Rücksicht getragen wurde, und der – nach meiner persönlichen Ueberzeugung an
                              Ort und Stelle – die günstigsten Resultate liefert. – Der Apparat hat
                              die Form und Größe einer Kommode; die Zahl der Eier, welche derselbe mit einem Mal
                              zum Ausbrüten aufzunehmen vermag, beträgt 150, die erforderliche Kohlenmenge zur
                              Erzeugung der Wärme per Tag etwa 8 Pfennige; die
                              Mittheilung der Wärme an die Eier geschieht durch Wasser, welches auf der Temperatur
                              von 35° R. erhalten wird; die Ausbrütezeit ist die gewöhnliche, kann aber
                              durch Erhöhung der Temperatur des Wassers um etwas verkürzt werden. Der Erfinder
                              beabsichtigt übrigens die Anlegung von Hühnerhof-Etablissements im größeren
                              Maaßstabe, und hat gegenwärtig die Patentirung seines Apparats in den größeren
                              Staaten Europa's beantragt; nach Erlangung dieser Patente werde ich die Construction
                              des in Rede stehenden Apparats speciell mittheilen, und werden etwaige Anfragen in
                              Bezug auf den Verkauf ausländischer Patente auch durch mein „Bureau für die mechanischen Gewerbe“
                              beantwortet werden.