| Titel: | Ueber löslichen Thonerde-Baryt und reine Thonerdesalze für die Industrie; von Gaudin. | 
| Fundstelle: | Band 164, Jahrgang 1862, Nr. CIII., S. 379 | 
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                        CIII.
                        Ueber löslichen Thonerde-Baryt und reine
                           Thonerdesalze für die Industrie; von Gaudin.
                        Aus den Comptes rendus, März 1862, t. LIV p.
                              687.
                        Gaudin. über löslichen Thonerde-Baryt u. reine Thonerdesalze
                           für die Industrie.
                        
                     
                        
                           Als ich meine Untersuchungen begann, glaubte ich mit allen Chemikern, daß der
                              Thonerde-Baryt (das Barytaluminat) unauflöslich sey, wie die Verbindungen der
                              Thonerde mit Kalk, Bittererde oder Zinkoxyd. Die Umstände, welche mich veranlaßten
                              diesen Punkt aufzuklären, sind interessant genug, um ihre Mittheilung zu
                              rechtfertigen.
                           Ein Fabrikant, welcher gar keine chemischen Kenntnisse besitzt, wollte das
                              Chlorbaryum durch die bloße Wirkung des Wasserdampfes in Baryt umwandeln, und
                              beauftragte mich diesen Versuch anzustellen. Ich machte ihm sofort den Einwand, daß
                              mir dieß um so schwieriger erscheine, weil das Chlorbaryum bei der Rothglühhitze
                              schmelzbar ist und man daher den Wasserdampf durch eine Flüssigkeit strömen lassen
                              müsse; dessen ungeachtet bestellte ich gebogene thönerne Röhren, indem ich hoffte
                              bis zu deren Empfang die Aufgabe dadurch zu lösen, daß ich Versuche mit Chlorbaryum
                              in Vermengung mit einer unschmelzbaren Substanz anstelle, welche die Rolle einer
                              kräftigen Säure zu spielen und daher die Chlorwasserstoffsäure zu verdrängen vermag.
                              Als solche wandte ich gleich anfangs die geglühte Thonerde an, und hoffte einen
                              unauflöslichen Thonerde-Baryt hervorzubringen, welcher nachher durch
                              anhaltendes Kochen in Thonerdehydrat und Barythydrat zersetzt werden kann.
                           Als ich Wasserdampf durch ein zum lebhaften Rothglühen erhitztes körniges Gemenge von
                              Thonerde und Chlorbaryum leitete, erfolgte wirklich eine reichliche Entbindung von
                              Chlorwasserstoffsäure und die Fritte, mit kochendem Wasser behandelt, gab nach dem
                              Filtriren eine farblose und klare, sehr alkalische Flüssigkeit, welche durch
                              Schwefelsäure und schwefelsaure Salze reichlich gefällt wurde. Ich glaubte also auf
                              diesem Wege den gewünschten Baryt erhalten zu haben; zu meiner großen Verwunderung
                              gab die Flüssigkeit aber auch einen reichlichen Niederschlag mit verdünnter
                              Salpetersäure und Salzsäure.
                           
                           Es war also kein Zweifel mehr, daß die Flüssigkeit Thonerde-Baryt in Auflösung
                              enthielt. Der Thonerde-Baryt ist eine lösliche Verbindung wie das
                              Thonerde-Natron und Thonerde-Kali, nur besitzt er eine geringere
                              Löslichkeit, wie auch der Baryt selbst im Vergleich mit dem Natron und Kali. Der
                              Thonerde-Kalk ist hingegen so unauflöslich, daß Kalkwasser, in eine Auflösung
                              von Thonerde-Baryt gegossen, darin nach einigen Secunden einen schillernden
                              Niederschlag von Thonerde-Kalk hervorbringt; setzt man daher der Fritte
                              Kalkmilch in Ueberschuß zu, ehe man sie kochen läßt, so ist die filtrirte
                              Flüssigkeit eine Lösung von vollkommen thonerdefreiem Barythydrat.
                           Da die Anwendung des Chlorbaryums zu kostspielig ist, so
                              ermittelte ich ein Verfahren dasselbe durch schwefelsauren
                                 Baryt zu ersetzen. Wenn man durch ein Gemenge von schwefelsaurem Baryt,
                              eisenhaltiger Thonerde (aus der Provence) und Kohle, bei lebhafter Rothglühhitze
                              Wasserdampf im Ueberschuß geleitet hat, so liefert die Fritte, mit kochendem Wasser
                              behandelt, ebenfalls eine klare und farblose Lösung von Thonerde-Baryt, worin
                              weder Schwefelcyankalium Eisen, noch essigsaures Blei Schwefelbaryum anzeigt. Bei
                              diesem Verfahren wird die Schwefelsäure des schwefelsauren Baryts in Form von
                              Schwefelkohlenstoff, Schwefel, schwefliger Säure und Schwefelwasserstoffgas von dem
                              Wasserdampf mitgerissen; in der Vorlage setzt sich oft krystallisirter Schwefel ab,
                              und man erhält eine große Menge eines milchichten Wassers, eine wirkliche
                              Schwefelmilch, welche ganz alkalifrei ist und durch das Papier vollkommen filtrirt,
                              ohne ihr Ansehen zu ändern.
                           Bekanntlich ist es kaum möglich, reine Thonerdesalze mittelst Alaun zu erhalten; denn
                              das Thonerdehydrat, welches aus eisenfreiem Alaun gefällt wurde, schließt nothwendig
                              einen Theil der salzigen Flüssigkeit ein, in welcher die Fällung erfolgte: es bildet
                              kleine Ballen, welchen die eingeschlossene salzige Flüssigkeit durch das Auswaschen
                              nicht vollständig entzogen werden kann. Wenn man hingegen einer Auflösung von
                              Thonerde-Baryt die zur Fällung des Baryts als schwefelsaurer Baryt genau
                              erforderliche Menge Schwefelsäure zusetzt, so wird alle Thonerde gleichzeitig
                              gefällt; setzt man hernach einen Ueberschuß von Schwefelsäure (oder von
                              Salpetersäure, Salzsäure, Essigsäure) zu, so bleibt der schwefelsaure Baryt auf dem
                              Filter, während das reine Thonerdesalz als klare Lösung durch das Filter geht und
                              dann bloß noch abgedampft zu werden braucht.