| Titel: | Regenerator zur Reinigung und Erwärmung des Speisewassers für Dampfkessel; von Friedr. Henckel, Civilingenieur in München. | 
| Autor: | Friedrich Henckel | 
| Fundstelle: | Band 165, Jahrgang 1862, Nr. XLV., S. 173 | 
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                        XLV.
                        Regenerator zur Reinigung und Erwärmung des
                           Speisewassers für Dampfkessel; von Friedr. Henckel,
                           Civilingenieur in München.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Henckel's Regenerator zur Reinigung und Erwärmung des Speisewassers
                           für Dampfkessel.
                        
                     
                        
                           In neuerer Zeit wurden durch die technischen Journale zwei Apparate veröffentlicht,
                              welche, auf dem Princip der Destillation beruhend, die Reinigung und Erwärmung des
                              Speisewassers für Dampfkessel bezwecken. Ihre Wirkung besteht im Allgemeinen darin,
                              daß das Speisewasser, bevor es in den Kessel gelangt, in fein zertheiltem Zustand
                              erhitzt und über ein System von heißen Platten geführt wird, welche den Niederschlag
                              aufnehmen. Der größere Theil der den Kesselstein bildenden Salze schlägt sich
                              nämlich in dem Zeitpunkt nieder, wo die Temperatur des Wassers dem Siedepunkt nahe
                              kommt oder denselben überschreitet.
                           Als Erfinder dieser Apparate sind die Herren Schau,
                              Director der Maschinenfabrik zu Neustadt bei WienZeitschrift des österreichischen Ingenieurvereins, 1860 S. 221; polytechn.
                                    Journal Bd. CLIX S. 461., und Wagner, Fabrikbesitzer zu ParisArmengaud'sGénie industriel, April 1862, S. 192;
                                    polytechn. Journal Bd. CLXIV S. 253., bezeichnet. Ich habe indeß einen solchen Apparat schon vor 10 Jahren
                              ausgeführt und nehme deßhalb, wenn die Sache überhaupt eine Erfindung genannt zu
                              werden verdient, die Priorität für mich in Anspruch. Zur Begründung meines
                              Prioritätsrechtes führe ich folgende Thatsachen an:
                           An meinem früheren Wohnsitze – Cassel – hatte ich zum Betriebe einer
                              Dampfmaschine einen Alban'schen Röhrenkessel von 6
                              Pferdekräften, für dessen Speisung mir nur stark kalkhaltiges Wasser zu Gebote
                              stand. Ich mußte denselben alle 8 Tage reinigen lassen, wobei sich jedesmal circa 70 Pfd. Kesselstein vorfanden. Häufige
                              Kesselreparaturen und öfteres Durchbrennen der unteren Rohre waren natürliche Folgen
                              dieses Uebels. Das einzige Mittel zu einer sicheren Abhülfe schien mir die
                              Reinigung, resp. Destillation des Speisewassers vor seinem Eintritt in den Kessel zu
                              seyn. Um diesen Zweck mit möglichst wenig Kosten und Uebelständen zu erreichen,
                              construirte ich den nachstehend beschriebenen Apparat, welchen ich Regenerator nannte, weil er bestimmt war das Wasser in
                              seiner
                              ursprünglichen Reinheit wieder herzustellen, zu regeneriren. – Jetzt war das
                              Uebel gehoben, die Platten des Regenerators wurden ohne Mühe und Kosten wöchentlich
                              zweimal ausgewechselt und mein Kessel blieb rein.
                           Auf diesen Apparat wurde mir unterm 25. December 1854 ein königl. preußisches Patent
                              auf 5 JahreUm Weitläufigkeiten zu vermeiden, ließ ich dieses Patent durch einen
                                    preußischen Fabrikanten, den Besitzer der Hummel'schen Maschinenfabrik Hrn. Bialon in
                                    Berlin nehmen, welcher mir dasselbe mit folgendem Brief zusandte:Herrn Fr. Henckel,
                                    Maschinenfabrikant in Cassel.Die mir heute von dem Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten
                                    zugegangene Ausfertigung des nachgesuchten Patentes überreiche ich Ihnen
                                    hierbei in Original und empfehle michmit Hochachtung ergebenstC. Hummel.        Berlin, den 30. December 1854.Patent.Mit allerhöchster Genehmigung Sr. Majestät des Königs ertheile ich dem
                                    Maschinen-Fabrikanten Herrn Bialon
                                    hierselbst nach dessen Ansuchen hierdurch ein Patent:auf einen durch Zeichnung und Beschreibung erläuterten, für
                                    neu und eigenthümlich erkannten Apparat zur Reinigung des zum Speisen von
                                    Dampfkesseln nöthigen Wassers.Dieses Patent ist von heute an fünf nacheinander folgende Jahre für den
                                    ganzen Umfang des preußischen Staates gültig etc. Berlin, den 23. December
                                    1854.Der Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche
                                    Arbeiten,van der Heydt., und unterm 12. Januar 1856 ein kurfürstl. hessisches Patent auf 10
                              JahreNachdem durch allerhöchste Entschließung Sr. königl. Hoheit des Kurfürsten
                                    vom 4. d. M. dem Maschinenfabrikanten Friedrich Henckel dahier das nachgesuchte Patent auf einen von demselben
                                    erfundenen Regenerator zur vollständigen Verhütung der Kesselsteinbildung
                                    bei Dampfkesseln und zur Erhitzung des Speisewassers bis auf 80° R.
                                    für das Kurfürstenthum Hessen auf die Dauer von 10 Jahren allergnädigst
                                    ertheilt worden ist, so wird demselben darüber diese Urkunde
                                    ausgefertigt.Cassel, am 12. Januar 1855.Kurfürstliches Ministerium des Innern.Hassenpflug. ertheilt.
                           Im Jahre 1857 wurde mein Regenerator durch den Hrn. Civilingenieur Robert Schmidt in Berlin ohne mein Wissen und Willen
                              veröffentlichtDie Fortschritte in der Construction der Dampfmaschine während der neuesten
                                    Zeit, von Robert Schmidt, Civilingenieur in
                                    Berlin. Leipzig 1857. A. Förstner'sche
                                    Buchhandlung. und dessen Anwendung für Hochdruckmaschinen empfohlen. Ich bemerke hierbei,
                              daß mir Hr. Schmidt bis zum heutigen Tage weder
                              persönlich noch brieflich bekannt ist.
                           Das meinen Patentgesuchen im Jahre 1854 beigefügte Exposé über meinen
                              Regenerator, welches in den hierauf bezüglichen Akten des königl.
                           
                           Handelsministeriums zu Berlin und des kurfürstl. Ministeriums des Innern zu Cassel
                              deponirt ist, lasse ich hier in unveränderter Wortfassung
                              folgen; es lautet:
                           
                              „Die sehr nachtheilige Einwirkung der Kesselsteinbildung auf den Effect,
                                 die Sicherheit und Haltbarkeit von Dampfkesseln dürfte wohl hinlänglich bekannt
                                 seyn, um deren specielle Anführung hier übergehen zu können. In Betracht der
                                 großen Wichtigkeit der Sache ist es daher auch nicht zu bewundern, daß schon so
                                 unendlich viele Versuche gemacht und zahllose Mittel in Vorschlag gebracht
                                 wurden, um diesen bösen Feind der Dampfkessel zu bekämpfen.
                              
                           
                              Von den bis jetzt bekannten mechanischen oder chemischen Mitteln bezwecken
                                 erstere theils durch Lubrification der inneren Kesselwände, theils durch
                                 Bewegung der niedergeschlagenen Masse oder durch öftere theilweise Entleerung
                                 der Kessel die feste Inkrustirung der inneren Kesselwände zu verhindern, während
                                 letztere dahin zielen, die im Wasser löslichen Kalksalze durch Zersetzung in
                                 solche unlösliche zu verwandeln, die keinen festen Niederschlag bilden.
                              
                           
                              Wenn es schon schwierig ist, Mittel dieser Art für jeden speciellen Fall zusammen
                                 zu setzen, so ist es völlig unmöglich, ein solches, für alle Fälle passendes s. g. Lösungsmittel herzustellen.
                              
                           
                              Mit allen diesen Mitteln wird jedoch der Zweck nicht erreicht. Der einzige
                                 Vortheil, den dieselben gewähren, ist die leichtere Reinigung der Kessel. Die Masse der dem Wasser chemisch oder mechanisch
                                    beigemengten fremden Bestandtheile bleibt dabei im Kessel, es wird
                                 sogar dieselbe durch jene Mittel, namentlich die mechanischen, noch bedeutend
                                 vermehrt.
                              
                           
                              Es ist daher leicht erklärlich, warum noch keines von allen diesen Mitteln eine
                                 allgemeine Verbreitung gefunden hat. Der größere Theil der Dampfkesselbesitzer
                                 zieht eine öftere Reinigung diesen, in seltenen Fällen nur einigen Vortheil
                                 gewährenden Mitteln vor.
                              
                           
                              Soll ein Mittel zur Verhütung der Kesselsteinbildung wirklichen Vortheil gewähren
                                 und in Folge dessen allgemeine Verbreitung finden, so muß es für alle Fälle anwendbar seyn, den
                                    Kesselstein aus dem Speisewasser entfernen, bevor dasselbe in den Kessel
                                    gelangt, dadurch die Reinigung der Kessel vermeiden, ohne technische
                                 Kenntniß von jedem Heizer leicht und bequem zu handhaben seyn, und in seiner
                                 Anwendung geringere Kosten verursachen, als alle seither angewendeten
                                 Mittel.
                              
                           
                              Ein solches Mittel zu erfinden, ist mir nach 8jährigen praktischen Versuchen und
                                 nach großen Opfern, welche mir dieselben verursachten, endlich gelungen. Die Resultate meiner
                                 Versuche berechtigen mich zur Aufstellung des Princips:
                              
                           
                              „Alle, dem Wasser chemisch oder mechanisch beigemengten, fremden
                                 Bestandtheile können vollkommen entfernt werden, wenn man dasselbe in kleinen
                                 Parthien unter schwachem Dampfdruck über 80° R. erhitzt, zu einem Staub
                                 zerschlägt und gegen heiße Flächen schleudert oder erhitztes Wasser in sehr
                                 dünnen Schichten über ein System von heißen Flächen führt.“
                              
                           
                              Einen nach diesem Princip construirten Regenerator, welcher ein combinirtes
                                 System von Zellen und Flächen enthält, in und auf welchen das Wasser erhitzt,
                                 zertrümmert, gegen heiße Flächen geschleudert, in dünnen Schichten über
                                 dieselben geführt und diese Manipulation so oft wiederholt wird, als noch fremde
                                 Bestandtheile in dem Wasser enthalten sind, stellen Fig. 1, 2 und 3 im
                                 Durchschnitt, Seitenansicht und Grundriß dar.
                              
                           
                              Der Apparat wird in das Exhaustionsrohr einer Dampfmaschine oder in irgend ein
                                 anderes Dampfrohr vor der Speisepumpe eingeschaltet
                                 und besteht aus einem mit einem Deckel C
                                 verschlossenen Kasten A, welcher mit dem
                                 Wasserreservoir B aus einem Stücke gegossen ist. In
                                 diesen Kasten wird ein System von Schaufeln a, a in
                                 einem Winkel von 20° gegen die Horizontale eingesetzt, deren unterste auf
                                 einem Ansatz b ruhend, als Stützpunkt für das ganze
                                 System dient und deren Zwischenräume die Zellen I
                                 bilden.
                              
                           
                              Durch das Rohr e wird das Speisewasser in gleicher Richtung mit dem bei c einmündenden Dampfstrom in den Apparat gefördert, muß das ganze
                                 System der Schaufeln und Zellen passiren, bevor es in den Wasserkasten B gelangt und wird auf diesem Wege in jeder Zelle
                                 beim Herabfallen von einer Schaufel auf die andere, durch den Dampfstrom in
                                 unendlich viele kleine Theilchen zertrümmert und an die von dem Dampf immer aufs
                                 Neue erhitzten Flächen geschleudert, an welchen sich alle dem Wasser
                                 beigemengten fremden Bestandtheile niederschlagen, bis das Wasser vollkommen
                                 rein in dem Wasserkasten B anlangt, von wo es durch
                                 das Saugrohr f in die Speisepumpe und von da in den
                                 Kessel geführt wird. Sollten sich Kesselsteinstückchen von den Schaufeln
                                 lostrennen und bis in den Wasserkasten gelangen, so schützt das Sieb g das Saugrohr, damit diese nicht in die Pumpe
                                 gelangen können.
                              
                           
                              Das Rohr d führt den Dampf wieder aus dem Apparat
                                 heraus. Das Wasserabflußrohr k, welches in seiner
                                 Verlängerung ein Knie erhält, dient zur Regulirung des Wasserstandes, damit
                                 derselbe nicht zu
                                 einer, die freie Abströmung des Dampfes hindernden Höhe heranwachse. Der
                                 dampfdichte Verschluß des Deckels wird, wie aus dem Grundriß Fig. 3 ersichtlich,
                                 durch einen Gummistreif m bewirkt.
                              
                           
                              Der Apparat kann während dem Gange einer Dampfmaschine in 3 bis 4 Minuten
                                 gereinigt werden, indem man die Klappen H, H
                                 schließt, i öffnet, den Deckel abnimmt, die
                                 Schaufeln auswechselt und den Apparat wieder verschließt.
                              
                           
                              Je nachdem das Speisewasser mehr oder weniger fremde Bestandtheile enthält,
                                 geschieht die Auswechselung der Schaufeln (deren 2 Satz vorhanden seyn müssen)
                                 nach 1, 2, 3 oder mehr Tagen.
                              
                           
                              Bei Speisewasser, welches sehr harten Niederschlag bildet, ist es bequem, den
                                 Apparat dadurch zu reinigen, daß man nach Abschluß des Dampfrohres noch eine
                                 kurze Zeit kaltes Wasser einspritzt, wonach sich der Kesselstein von selbst
                                 ablöst.
                              
                           
                              Cassel, im November 1854.“
                              
                           Aus den mitgetheilten Thatsachen wird man ersehen, daß die Apparate der Herren Schau und Wagner dem meinigen
                              im Principe vollkommen gleich sind. Wenn dieselben in der Ausführung auch von meiner
                              Construction unwesentlich abweichen, so können sie deßhalb nicht als neue
                              Erfindungen bezeichnet werden. Ich glaube vielmehr mein Prioritätsrecht in
                              Vorstehendem tatsächlich bewiesen zu haben und ersuche hiermit die verehrlichen
                              Redactionen der Zeitschrift des österreichischen Ingenieurvereins und des Génie industriel um gefällige Aufnahme dieses
                              Artikels in ihre Journale, damit die Herren Schau und Wagner Gelegenheit haben davon Kenntniß zu erlangen und,
                              im Fall sie sich dadurch in ihren Rechten als Erfinder verletzt fühlen, öffentlich
                              gegen mich auftreten.
                           Schließlich gebe ich hier noch die Beschreibung und Zeichnung meines Apparates wie
                              ich ihn für größere Kessel anwende. (Fig. 5 und 6).
                           Zu diesem Zwecke lege ich, je nach Größe der Kessel, zwei oder vier Plattensysteme in
                              einen Apparat zusammen, construire dieselben, je nach Erforderniß größer oder
                              kleiner, und verschließe je zwei Plattensysteme mit einer Thür d. Das Dampfrohr a ist für
                              alle Abtheilungen gemeinschaftlich, ebenso das Wasserzuführungsrohr b, welches nach unten gegen jede der obersten Platten
                              gekehrt mit einer Reihe kleiner Löcher versehen ist. Der so combinirte Apparat
                              mündet in einen gemeinschaftlichen Wasserkasten c.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
