| Titel: | Patentirter entlasteter Schieber mit Doppelschluß; von C. Schaltenbrand, Ingenieur in Cöln. | 
| Autor: | C. Schaltenbrand | 
| Fundstelle: | Band 165, Jahrgang 1862, Nr. LXXXII., S. 330 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        LXXXII.
                        Patentirter entlasteter Schieber mit
                           Doppelschluß; von C. Schaltenbrand, Ingenieur in
                           Cöln.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              V.
                        Schaltenbrand's entlasteter Schieber mit Doppelschluß.
                        
                     
                        
                           Erklärung der Zeichnung. – Fig. 6 zeigt einen
                              Längenschnitt des Schiebers im Schieberkasten, bei seiner äußersten Stellung nach
                              links; Fig. 7
                              einen Querschnitt; Fig. 8 zeigt oben einen Horizontalschnitt, unten einen Grundriß nach
                              Hinwegnahme des Muscheldeckels C, C, beide zur Hälfte
                              gezeichnet; Fig.
                                 9 endlich zeigt dieselbe Construction bei Meier'scher Expansionsvorrichtung.
                           Das Muschelgewände A, A ist im Grundriß betrachtet ein
                              rechteckiges rahmenförmiges Gußstück, welches mit einem nach Innen überspringenden
                              Flantsch o, o', r', r, s, s', m', m (zur Hälfte im
                              Horizontalschnitt) auf der Schieberfläche sitzt. Das Gewände erweitert sich nach
                              Oben und hat dort einen zweiten Flantsch (a, a', l', l, k,
                                 k', b', b im Grundriß) mit vier Schraubenösen an den vier Ecken und einer
                              Vorrichtung zur Befestigung der Schieberstange G, G.
                           Der Tisch B, B besteht aus einer rechteckigen Platte (c, c', i', i im Grundriß), welche sich mittelst zweier
                              Füße an die Schieberfläche stützt und mit dieser durch die Schrauben F, F zu einem festen Ganzen verbunden ist. Die Längen
                              des Tisches c, i und der Füße p,
                                 q sind um den Hub und Schiebraum kleiner als die lichten Weiten b, l und o, r des Gewändes,
                              während die entsprechenden Breiten gleich sind.
                           Der Muscheldeckel C, C paßt in seinen äußeren Umrissen
                              auf den oberen Flantsch des Muschelgewändes und hat in der Mitte eine rechteckige
                              Oeffnung (d, d', f', f im Grundriß punktirt).
                           Die Länge d, f derselben ist um den Hub und die Dichtung
                              c, d kleiner als die Tischlänge c, i, während die Breite v,
                                 w nur um 2 × cd kleiner als u, x ist. Der Muscheldeckel ist mittelst vier
                              Eckschrauben mit dem Gewände zu einem dampfdichten Ganzen der dunkler schraffirten
                              Muschel verbunden.
                           Punkte, denen die Bearbeitung entsprechen muß:
                           
                              1) Muschelgewände und Deckel müssen ein durchaus dampfdichtes Ganze bilden;
                              2) Tisch und Schieberfläche müssen ein ganz festes und dampfdichtes Ganze bilden;
                              3) die Muschel muß in jeder Stellung
                                 dampfdicht auf Tisch und Schieberfläche schließen. Dieses kann nur der Fall
                                 seyn, wenn die beiden Schlußflächen mathematisch genau parallel zu einander
                                 sind;
                              4) die Muschel muß sich um ihren Hub bewegen lassen ohne an den
                                 Tisch zu stoßen;
                              5) die Muschel muß sich in u, x, α,
                                    β im Querschnitt am Tische führen.
                              
                           Vortheilhafteste Bearbeitung. – Die Bearbeitung,
                              welche auf den ersten Augenblick schwierig erscheint, ist richtig angegriffen, eine
                              rein mechanische Arbeit. Der Monteur lasse den unteren Flantsch des Muschelgewändes,
                              die Stehfläche der Tischfüße und die untere Seite des Muscheldeckels abhobeln, und
                              mittelst einer Schmirgelplatte verschmirgeln. Er passe den Tisch in das
                              Muschelgewände seitlich ein. Sobald die Theile so weit vorbereitet sind, bringt er
                              die Schieberfläche auf die Hobelmaschine, hobelt und schmirgelt sie auf derselben
                              ab. Nachdem er nun das Gewände darauf nachgeschmirgelt hat, setze er es in seiner
                              mittleren Stellung hin, lege bei φδ
                              und ξσ im Querschnitt elastische
                              Holzunterlagen von der Stärke des Spielraumes hinein, setze den Tisch darauf und
                              schraube ihn mittelst provisorischer Schrauben F, F (mit
                              versenkten Köpfen) so fest an, daß er mit den Fußflächen fest auf der Schieberfläche
                              steht. Nun hoble er die Tischfläche und den oberen Gewändeflantsch zugleich ab,
                              wobei die Schneide ihren Weg über ab-ce-gi und kl nimmt. Auf
                              diese Weise werden die beiden Schlußflächen mathematisch genau parallel. Nun wird
                              das Ganze von der Hobelmaschine herabgebracht, der Muscheldeckel zugleich auf
                              Gewände und Tisch aufgeschmirgelt, dann werden die Schrauben eingepaßt und
                              befestigt.
                           Nachweis der Entlastung. – Vorausgesetzt:
                           
                              a) Auf die äußeren Wände der Muschel
                                 drücke der Dampf mit d Pfd. = 1 pro Quadratzoll. Der Quadratinhalt der äußersten
                                 Begrenzung des Muscheldeckels sey I, der Inhalt der
                                 bedeckten Schieberfläche Sch und derjenige der
                                 Oeffnung im Muscheldeckel O; so ist der Druck auf
                                 die Muschel in der Richtung nach der SchieberflächeD³ = I – Ovon der SchieberflächeD⁴ = I – Sch Die Muschelbelastung als Resultirende ist gleich D¹ = D³ – D⁴ = I – O
                                    – I + Sch =
                                    Sch – O. Das heißt: die Muschelbelastung für äußeren Druck ist gleich
                                 dem Inhalt der bedeckten Schieberfläche, minus dem
                                 der Oeffnung im Muscheldeckel. Es kann nun seyn: Sch
                                 ⋚ als O, also D¹ = . Das heißt: die Muschel fliegt ab, ist ganz entlastet
                                 oder theilweise belastet.
                              b) Im Innern der Muschel wirke ein Druck
                                 von d Pfd. = 1 pro
                                 Quadratzoll. Es sey der Inhalt der größten lichten Weite (bk × φσ) des Muschelgewändes = L,
                                 der Oeffnung (or × αβ) = W und der des vom Tisch bedeckten Theils, der unteren Deckelfläche ch × ux = T; so ist der Druck auf die Muschel
                                 in der Richtung nach der Schieberfläche =D⁵ = L – Wvon der SchieberflächeD⁶ = L – T
                                 
                              
                           Die Muschelbelastung als Resultirende ist gleich D¹ = D⁵ – D⁶ = L – W – L + T = T – W. Das heißt: die Muschelbelastung für inneren Druck ist
                              gleich dem durch den Tisch bedeckten Theil des Muscheldeckels minus dem Inhalt der Oeffnung an der Schieberfläche. Es kann werden T ⋚ als W, also D¹ = . Das heißt: die Muschel fliegt ab,
                              ist total entlastet, oder theilweise belastet.
                           Ueber das Untertreten des Dampfes bei fg im Längenschnitt. – Betrachten wir einen Hub des
                              Schiebers von Links nach Rechts und nennen die Zeit: des Dampfeintrittes rechts das
                              erste, der Expansion das zweite, des Dampfaustrittes das dritte 1/3 Theil des Hubes,
                              ferner den Inhalt des Canalquerschnittes Q, den vom
                              Dampf berührten Querschnitt des Muscheldeckels bei fg = E, d = 1, fg = der Canalbreite, so folgt: bei der gezeichneten Stellung tritt unter
                              fg eine einseitige Entlastung = E ein. Während des ersten 1/3 des Hubes nimmt dieses E ab und wird 0, während zugleich Dampf unter rs entlastend wirkt, welche Entlastung gleichmäßig
                              von 0 bis Q wächst. Diese beiden Entlastungen ergänzen
                              sich also constant zu Q, wenn Q = E ist.
                           Während des zweiten 1/3 Hubes bleibt Q unter rs constant oder nimmt durch Expansion ab und wird
                              dann links unter mo durch Compression ersetzt.
                           Beim Anfang des dritten 1/3 Hubes hört die Entlastung unter rs beim Dampfaustritt auf und tritt unter mo beim Dampfeintritt plötzlich in der Stärke Q auf, welche während des dritten 1/3 zu 0 wird, während
                              unter cd die fg
                              entsprechende Entlastung von O bis E = Q wächst.
                           Eine einseitige Entlastung unter dem Muscheldeckel im Maximum E = Q ergänzt also die unwillkürliche
                              Entlastung unter den Schieberlappen zu einer fast constanten Größe und vermindert
                              die Belastung beim Hubwechsel.
                           Ueber theilweise Belastung für äußeren Druck. –
                              Die zur Dichtung erforderliche Belastung ist durch eine theilweise Entlastung zu
                              erzielen.
                           
                           So lange die Compressionen nicht größer werden als der Dampfdruck, muß die Belastung
                              wenigstens = 2 × Q (der doppelten unwillkürlichen
                              Entlastung) seyn. (Sie greift am halben Hebelarm an.) Sobald aber regelmäßige
                              Compressionen von größerer Stärke eintreten, muß die Belastung doppelt so groß seyn
                              als diese. Eine genaue Berechnung ergibt für folgende Fälle nach constructiven
                              Verhältnissen:
                           
                              
                                 1) Maschinen ohne Ueberlappung und Voreilung,
                                 langsam gehende,
                                 20 Proc.
                                 
                              
                                 2)      
                                    „          
                                    „                
                                    „            
                                    „          „
                                 schnell gehende,
                                 25   „
                                 
                              
                                 3)       „
                                    mit
                                    schwacher      „            
                                    „          „
                                 langsam gehende,
                                 25   „
                                 
                              
                                 4)      
                                    „          
                                    „                
                                    „            
                                    „          „
                                 schnell gehende,
                                 30   „
                                 
                              
                                 5) Locomotiv. mit Stephenson's Steuerung, bei offenen Stangen,
                                 30   „
                                 
                              
                                 6)      
                                    „          
                                    „              „                        „          „  
                                    gekreuzten   „
                                 50   „
                                 
                              
                           der ursprünglichen Belastung, oder mit anderen Worten: die
                              Oeffnung im Muscheldeckel ist gleich (100 – x)
                              Proc. der bedeckten Schieberfläche zu nehmen, wenn für x
                              obige Werthe eingesetzt werden. Die auf Reibung wirkende wirkliche Belastung ist
                              noch um Q (die unwillkürliche Entlastung) kleiner und
                              beträgt ungefähr 9 Procent weniger als obige Sätze, abgesehen von der regelmäßigen
                              Compression. Auf unregelmäßige Compressionen unter der Ueberlappung, welche durch
                              fehlerhafte Handhabung von Umsteuerungen entstehen und eine enorme Größe erreichen,
                              so daß sie selbst den vollbelasteten Schieber abwerfen, kann hierbei keine Rücksicht
                              genommen werden. Wenn eine so große Compression eintritt, so hebt sich die Muschel
                              um den Spielraum φδ und ξσ im Querschnitt. Nachdem die
                              Compression aufgehört hat, kehrt derselbe ohne heftigen Schlag von selbst an die
                              Schieberfläche zurück.
                           Belastung bei innerem Druck. – Wenn bei innerem
                              Druck die Muschel einmal die Schieberfläche verläßt, kehrt sie (für gewöhnliche
                              Verhältnisse) nicht von selbst zurück. Es ist deßhalb rathsam, die Belastung hier
                              theilweise oder ganz durch bei φδ
                              und ξσ angebrachte Federn zu
                              erzielen und die Muschel fast ganz zu entlasten. Diese Federn brauchen nicht stärker
                              zu seyn, als obige Procent-Belastung. Vermöge der Entlastung resp.
                              theilweisen Belastung der Muschel bei innerem Druck, eignet sich der Schieber zur
                              Umsteuerung mittelst Verwechslung der Dampf-Zu- und Abströmröhren ganz
                              besonders; ferner überall, wo Dampfdruck von beiden Seiten kommen kann, zum Beispiel
                              zur Absperrung einzelner Kesselgruppen von einander (in Walzwerken), zu Regulatoren
                              bei Locomotiven etc.
                           Abnützung. – Der Schieber schleift sich von selbst
                              dicht und bedarf keiner Nachstellung. Das ungleichförmige Abschleißen der
                              Schieberfläche, insofern weiche Stellen darin sind, ist durch die doppelte
                              Schlußfläche vermittelt. Die Anwendung verschiedener Metalle hat auf das gleichförmige Abnutzen keinen
                              Einfluß. Tisch und Gewände müssen immer aus demselben Metall bestehen, wegen der
                              Ausdehnung bei der Erwärmung.Wenn Tisch und Schieberfläche nicht von demselben Metalle sind, wird die
                                    Belastung sich proportional der Metallhärte auf sie vertheilen. Wollte man
                                    annehmen der Tisch schlisse sich um ein Δx mehr ab als die Schieberfläche, so wird der Druck auf
                                    ihm nachlassen und auf der Schieberfläche zunehmen, bis ersterer
                                    beigeschlissen ist.
                              
                           Meier'sche variable Expansionsvorrichtung. – Fig. 10 bedarf
                              keiner weiteren Erklärung. Der mittlere Theil, die Muschel, ist genau wie oben
                              entlastet. Das Ausschweifen der Canäle nach Außen ist schon durch vollkommene
                              Variabilität allein bedingt.
                           Eine größere Erweiterung der oberen Partie ist nicht zulässig. – Es tritt der
                              Dampf noch an der einen Seite unter dh, welche
                              Entlastung derjenigen bei fg das Gleichgewicht
                              halten muß; erstere heiße M, letztere Q, so muß M × (do + ho)/2 = Q × (mg + fm)/2 seyn.
                           Die Muscheldeckel-Schrauben finden ihren Platz neben den Canälen im
                              Vertheilungsschieber.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
