| Titel: | Die Turbinen von Fontaine und Brault zu Chartres, auf der allgemeinen Londoner Industrie-Ausstellung im Jahre 1862. | 
| Fundstelle: | Band 167, Jahrgang 1863, Nr. XVIII., S. 81 | 
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                        XVIII.
                        Die Turbinen von Fontaine und Brault zu Chartres, auf der
                           allgemeinen Londoner Industrie-Ausstellung im Jahre 1862.
                        Aus Armengaud's
                              Génie industriel, October 1862, S. 169.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Ueber die von Fontaine und Brault.
                        
                     
                        
                           Die hydraulischen Motoren waren auf der Ausstellung nicht stark vertreten und die
                              vorhandenen nicht von sehr verschiedener Bauart. Man bemerkte daselbst eine Turbine
                              von 30 Pferdekräften nach dem System von Schiele, die von
                              der North Foundry Company in Oldham ausgestellt
                              war.Beschrieben im
                                    polytechn. Journal Bd. CLXIV S. 167. Eine andere, von Bryan, Donkin und Comp., nach
                              dem System von Jonval, besitzt bei einem Gefälle von 12
                              Meter und einer Geschwindigkeit von 150 Umdrehungen in der Minute eine Kraft von 36
                              Pferden. Richard Roberts hat ein kleines Modell für ein
                              umgekehrtes System von Jonval ausgestellt, dem er den
                              Namen „einer ins Gleichgewicht gesetzten Hochdruckturbine“
                              gibt. Die Gebrüder Williamson in Kendal haben mehrere
                              Räder nach dem Thomson'schen System ausgestellt.
                           Fontaine und Brault endlich,
                              welche sich speciell mit der Anfertigung von TurbinenUeber die bisherigen Verbesserungen der Fontaine'schen Turbinen durch Fontaine und
                                    Brault sehe man die Abhandlung von Prof. Zeuner im polytechn. Journal, 1858, Bd. CXLIX S.
                                    82. in ihrer Maschinen-Bauanstalt zu Chartres beschäftigen, haben
                              ausgestellt:
                           1) eine Doppel-Turbine für niedrige Gefälle, von H.
                              Fontaine erfunden;
                           2) eine einfache Turbine für hohe Gefälle, ebenfalls von
                              H. Fontaine construirt.
                           1. Die Doppelturbine. – Dieselbe ist so construirt,
                              daß sie bei einem Gefälle von 1,3 Meter einen Nutzeffect von 4 Pferdekräften gibt und diese Kraft auch
                              dann behält, wenn das Gefälle auf 0,70 Meter vermindert wird.
                           Um ein solches Resultat zu erlangen, welches bei dem häufig sehr veränderlichen
                              Wasserzuflusse von Wichtigkeit ist, wird die Turbine in zwei ungleich große
                              concentrische Abtheilungen abgetheilt, von denen die äußere nur zur Benutzung der
                              während des Winters, wenn das Gefälle am größten ist, verfügbaren Wassermenge
                              bestimmt ist, während die innere gemeinschaftlich mit der äußeren zur Nutzbarmachung
                              der ganzen im Sommer verfügbaren größeren Wassermenge dient, in Folge deren das
                              Gefälle am kleinsten ist.
                           In Fig. 6 ist
                              zwar nur die einfache Turbine dargestellt; die Anordnung der Welle und des
                              Schützenwerkes ist aber dieselbe wie bei der ausgestellten Doppelturbine.In Armengaud's
                                    Traité des Moteurs hydrauliques ist die
                                    Zeichnung und vollständige Beschreibung dieses Systems von Turbinen mit zwei
                                    Abtheilungen enthalten.
                              
                           Bei der Betrachtung der verschiedenen Theile, welche diese Turbine bilden, erkennt
                              man sogleich, daß dieselbe der Hauptsache nach aus einem unbeweglichen Theile, dem
                              sogenannten Leitschaufelapparate, und einem beweglichen besteht, welcher die
                              eigentliche Turbine ist. Diese letztere ist an eine hohle Welle befestigt und
                              überträgt ihre rotirende Bewegung auf dieselbe. Die Welle trägt an ihrer Spitze in
                              einem Auge einen in einer Pfanne oder einem Oelbehälter sich umdrehenden Zapfen, von
                              dessen richtiger Stellung man sich nicht allein überzeugen, sondern den man auch
                              leicht mit Oel versehen und nöthigenfalls herausnehmen kann, ohne daß zu diesem
                              Zwecke noch ein anderer Maschinentheil entfernt werden muß. Der Oelbehälter ist an
                              das obere Ende einer unbeweglichen massiven Säule von Schmiedeeisen befestigt,
                              welche durch die hohle Welle hindurchgeht und unten in einen gußeisernen Stuhl
                              eingezapft ist, der auf einem hierzu bestimmten, in der Sohle des Abflußgerinnes der
                              Turbine angebrachten, harten Stein dauerhaft befestigt ist.
                           Bei der ausgestellten Turbine mußten die Constructeure diesen Stein durch eine
                              gußeiserne Fundamentplatte ersetzen, auf welche vier gußeiserne Säulen befestigt
                              waren, die den ganzen Apparat trugen. Diese Säulen müssen in der Wirklichkeit durch
                              Mauer- oder Zimmerwerk ersetzt werden, je nach der Lage und Beschaffenheit
                              des Gebäudes, mit welchem die Räumlichkeit für die Turbine in Verbindung steht.
                           An den Leitschaufelapparat ist ein gußeiserner Teller befestigt, welcher die
                              Turbinenkammer wasserdicht abschließt und so eingerichtet ist, daß seine Nabe der
                              hohlen Welle als Lager dient.
                           
                           Das Anhalten und das Ingangsetzen der Turbine wird mittelst zweier starken, biegsamen
                              Streifen von Kautschuk oder Gutta-percha bewirkt, von denen jeder mit dem
                              einen Ende an den Leitschaufelapparat, mit dem anderen dagegen an eine von zwei
                              gußeisernen conischen Rollen befestigt ist, die sich frei um ihre Achsen drehen.
                              Diese Rollen werden mit Hülfe einer halbkreisförmigen Zahnstange in Bewegung
                              gesetzt, in deren Zähne ein, auf einer verticalen Welle festsitzendes Getriebe
                              eingreift. Diese Welle wird durch den Fußboden der Werkstätte oder einer jeden
                              anderen Räumlichkeit geführt, je nachdem es der Betrieb der betreffenden Anlage
                              erfordert.
                           Die erwähnte Zahnstange ist an einen gußeisernen Kranz befestigt, welcher auch die
                              Achsen der conischen Rollen aufnimmt und sich ungehindert um die Nabe des
                              Leitschaufelapparates drehen kann.
                           Diese einfache Beschreibung genügt, um vollständig einzusehen, daß die conischen
                              Rollen, je nach der Umdrehungsrichtung, die man der Zahnstange mittheilt, die
                              Gutta-percha-Streifen entweder auf- oder abwickeln und
                              hierdurch die Einlaufcanäle des Leitschaufelapparates öffnen oder schließen. Zum
                              gleichmäßigen Aufwickeln dienen Getriebe mit sehr hohen Zähnen, welche vor die
                              Rollen befestigt sind und in eine, oben am Ring des Leitschaufelapparates
                              angebrachte Zahnstange eingreifen.
                           Die Gutta-percha-Streifen bedecken sehr genau die ringförmige
                              Oberfläche, in welcher die Ausflußöffnungen liegen. Zum Isoliren der äußeren
                              Abtheilung von der inneren während des höchsten Gefälles werden die Einlaufcanäle
                              der inneren Abtheilung durch kleine Platten wasserdicht geschlossen, die man ganz
                              einfach auf die obere Fläche dieser Abtheilung auflegt. Auf diese Weise können sich
                              die Rollen vorwärts oder rückwärts bewegen und die Einlaufcanäle der äußeren
                              Abtheilung unabhängig von denen der inneren, die vollständig geschlossen bleiben,
                              entweder öffnen oder schließen.
                           Vor dem Eintritt der Hochwasser, wo folglich das Gefälle am kleinsten wird, steigt
                              man in die Turbine hinab, und nimmt die aufgelegten kleinen Platten ab, wodurch die
                              Einlaufcanäle beider Abtheilungen bei der Bewegung der Rollen entweder zu gleicher
                              Zeit geöffnet oder geschlossen werden.
                           Das Abnehmen der Plättchen ist leicht zu bewirken, weil es sich hierbei nur um ein
                              Hinabsteigen in die Turbine handelt, welche in diesem Falle trocken gelegt werden
                              muß. Das Verfahren beim Trockenlegen ist sehr einfach und besteht darin, daß man die
                              Schütze herabläßt, welche vor der Turbinenkammer angebracht ist und das rückständige
                              Wasser durch die Turbine selbst abfließen läßt. Das Hinabsteigen zur Turbine ist übrigens nicht nur zu
                              diesem Zwecke, sondern auch zum Nachsehen und zeitweisen Reinigen derselben
                              nothwendig.
                           Durch diese Einrichtung der Rollen zum Oeffnen und Schließen der Einlaufcanäle, eine
                              Erfindung von Fontaine und Brault, können alle Canäle, mit alleiniger Ausnahme von zweien, sich
                              diametral gegenüberliegenden, geöffnet werden. Auch vermeidet man durch eine
                              abgerundete Form, welche man bei dieser Anordnung dem oberen Theile der
                              Einlaufcanäle geben kann, die Nachtheile der Contraction des Wassers bei seinem
                              Eintritt in den Leitschaufelapparat.
                           Diese Turbine, welche ihre Constructeure als ein Modell zur Benutzung der niedrigen
                              Gefälle ausgestellt haben, mußte in Folge des geringen Flächenraumes, welcher den
                              französischen Ausstellungsgegenständen eingeräumt worden war, in einem kleinen
                              Maaßstabe für eine geringe Wassermenge ausgeführt werden.
                           Solche Turbinen sind von den genannten Constructeuren in viel größeren Dimensionen
                              (bis zu 4 Meter Durchmesser) für beträchtliche Aufschlagmengen und niedrige Gefälle
                              von 0,5 bis 0,4 Meter Höhe ausgeführt worden. Die Mächtigkeit mehrerer dieser
                              Umtriebsmaschinen betrug 100, 200 und sogar 300 Pferdekräfte.
                           Auf Eisenhütten dienen diese Turbinen zum Betriebe von Walzwerken, Schwanzhämmern und
                              anderen Apparaten, welche schwierig in Bewegung zu setzen sind und eine unter allen
                              Umständen genügende Dauerhaftigkeit der Umtriebsmaschinen bedingen. Es muß hier
                              bestätigt werden, daß diese Doppelturbinen überall wo sie eingeführt wurden, sehr
                              befriedigende Resultate ergeben haben.
                           2. Turbine für hohe Gefälle. – Diese kleine, in
                              Fig. 7 im
                              Vertical- und in Fig. 8 im
                              Horizontaldurchschnitt abgebildete Turbine wurde für eine Kraft von 7 Pferden, ein
                              60 Meter hohes Gefälle und eine Geschwindigkeit von 800–1000 Umdrehungen in
                              der Minute construirt. Dieselbe zeichnet sich durch einen eigenthümlichen Verschluß
                              der Ausflußöffnungen aus, welcher mittelst einer kleinen kreisrunden drehbaren
                              Schütze o stattfindet; letztere ist so eingerichtet, daß
                              die Größe ihrer Oeffnung zwar immer ein und dieselbe bleibt, daß man aber durch ein
                              angemessenes Verschieben oder vielmehr Drehen derselben die Ausflußöffnungen mehr
                              oder weniger sowie gänzlich verschließen kann. Das Verschieben dieser Schütze wird
                              mit Hülfe des Hebels L und der Stange t bewirkt, welche an ihrem unteren Ende mit einem
                              gezahnten Sector versehen ist, der in eine gezahnte Stange eingreift, welche an die
                              Innenfläche des die Schütze bildenden durchbrochenen Kranzes befestigt ist. In dem
                              ausgestellten Modelle waren nur zwei sich diametral gegenüberliegende
                              Ausflußöffnungen angebracht, um recht wenig Wasser zu verbrauchen; die Zahl derselben kann aber je
                              nach der aufzuwendenden Wassermenge und je nach dem Zwecke, zu dem die
                              Umtriebsmaschine dienen soll, vermehrt werden. Die Construction der Maschine ist im
                              Uebrigen sehr einfach; das eigentliche Rad A ist mit
                              Schaufeln a versehen und mit seiner Nabe an die
                              verticale Welle D befestigt, die an ihrer Spitze oben
                              die Riemenscheibe für die Transmission trägt. Ueber dem Rade ist das Reservoir B mit den Ausflußöffnungen angebracht, welches in seinem
                              Inneren die Schütze aufnimmt; dasselbe ist ebenso wie die Röhre, welche die Radwelle
                              umschließt, von Gußeisen. Die Röhre ist oben mit einem Lager aus Bronze versehen,
                              das durch Stellschrauben an die Welle angedrückt, und durch welches letztere genau
                              vertical gestellt werden kann. Die Welle ist unten mit einem Stahlzapfen versehen,
                              der in einer Pfanne ruht, welche auf passende Weise mit dem Turbinengehäuse
                              verbunden ist.
                           Fontaine und Brault haben
                              Turbinen dieser Art für verschiedene Gefälle von 8 bis zu 25 Meter Höhe construirt,
                              welche ausgezeichnete Resultate lieferten.
                           
                        
                     
                  
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