| Titel: | Zapfenlager mit selbstthätiger Schmierung, von Ordinaire de Lacolonge. | 
| Fundstelle: | Band 167, Jahrgang 1863, Nr. XXII., S. 98 | 
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                        XXII.
                        Zapfenlager mit selbstthätiger Schmierung, von
                           Ordinaire de Lacolonge.
                        Aus Armengaud's
                              Génie industriel, Juli 1862, S. 21.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        de Lacolonge's Zapfenlager mit selbstthätiger
                           Schmierung.
                        
                     
                        
                           E. Bourdon hat im J. 1857 (polytechn. Journal Bd. CXLIV S.
                                 168) ein Zapfenlager mit selbstthätiger Schmierung angegeben, bei welchem das von einer
                              Schmierscheibe aufwärts geführte Oel von einem Abstreicher gefaßt und den zu
                              schmierenden Flächen zugeführt wird. Die Scheibe bringt aber bei sehr langsamer
                              Bewegung so wenig Oel mit, daß es fraglich erscheint, ob dasselbe noch von der
                              Welle, auf welche es abgestrichen wird, bis zum Zapfen zu gelangen vermag, was den
                              Erfinder veranlaßte, für kleine Geschwindigkeiten die Construction der Lager mit
                              selbstthätiger Schmierung etwas abzuändern.
                           In Figur 26
                              sey a b c d eine kleine Zelle, welche mit der
                              horizontalen Welle O fest verbunden ist und bei jeder
                              Umdrehung der Welle unter das Niveau eines Oelbehälters n,
                                 n' taucht. Wenn die Welle in Bewegung ist, so enthält die Zelle immer dann
                              das meiste Oel, wenn die Kante a im Niveau des
                              Oelspiegels liegt, vorausgesetzt daß das Oel in seinem Behälter in Ruhe und die
                              Centrifugalkraft so gering ist, daß das Oel in der Zelle und im Behälter in gleichem
                              Niveau sich befindet.
                           Zur Bestimmung des Krümmungshalbmessers, nach welchem der Wasserspiegel in einem
                              Wasserrade sich einstellt, dient bekanntlich die Formel OI = 894,6/N², wenn N die Umdrehungszahl in der Minute bezeichnet. Diese
                              Formel ist auch in unserem Falle anwendbar. Die größte Abweichung von der
                              Horizontalen bewegt sich immer noch in den Bruchtheilen eines Millimeters, wenn man
                              OI = 1 Meter setzt; und hiefür ist N = 1/894,6 = 29,91, also in runder Zahl 30. Setzt man
                              die Entfernung Oa = 90 Millim., so beträgt für N = 30 die Umfangsgeschwindigkeit 0,283 Meter. Bei
                              dieser Geschwindigkeit ist der Oelspiegel fast ohne Bewegung, und bei 0,236 Meter
                              Umfangsgeschwindigkeit, was 25 Umdrehungen entspricht, ist nach den hierüber
                              angestellten Versuchen gar keine Bewegung desselben mehr vorhanden.
                           Hiernach muß man die Umfangsgeschwindigkeit auf 0,24 Meter beschränken. Bei kleineren
                              Durchmessern könnte man allerdings N größer als 30
                              machen; allein es ist doch nothwendig, der Zelle so viel Fassungsraum zu geben, daß
                              immer eine für die Schmierung hinreichende Menge Oel in derselben enthalten ist.
                           Untersucht man jetzt den Vorgang beim Aufsteigen der Zelle. Da der Oelspiegel in der
                              Zelle horizontal steht, so kann, sobald die Fläche ac über das Niveau nn
                              ' herausgetreten ist, nach Außen kein Oel mehr
                              abfließen. Wenn aber die Steigung so weit fortgeschritten ist, daß die Kante b unter den Oelspiegel zu liegen kommt, so fängt das Oel
                              an nach innen abzufließen.
                           Das ausfließende Oel ist drei Kräften unterworfen, von denen jede ihm eine in ihrer
                              eigenen Richtung wirkende Geschwindigkeit ertheilt. Die eine dieser
                              Geschwindigkeiten ist die Drehungsgeschwindigkeit der Zelle und wirkt tangential;
                              die zweite geht aus der Schwerkraft hervor und wirkt vertical, und die dritte, eine
                              Folge der Centrifugalkraft, wirkt radial. Nachdem man nun durch Versuche den Punkt,
                              bei welchem die Zelle auszugießen beginnt, gefunden hat, verbindet man denselben mit
                              dem Mittelpunkt und mißt den Winkel, welchen dieser Halbmesser mit der verticalen
                              Richtung einschließt. Hieraus erhält man zugleich die Winkel, welche die
                              verschiedenen Geschwindigkeiten mit einander einschließen. Darauf zerlegt man die
                              Geschwindigkeiten nach horizontaler und verticaler Richtung, vereinigt dieselben
                              wieder und leitet nun hieraus die Curve ab, nach welcher das von der Kante b abfließende Oel sich bewegt. Man untersucht nun, ob
                              diese Curve die Welle trifft. Wiederholt man die Construction für mehrere Punkte, so
                              kann man auf diese Weise die äußersten Stellungen der Zelle bestimmen, in welchen
                              das ausfließende Oel die Welle trifft. Man kann dann immer leicht die Neigung der
                              Zelle gegen den Radius derart verändern, daß das Ausgießen nicht zu zeitig beginnt
                              und möglichst viel Oel der Welle zugeführt wird.
                           Ist das Oel auf diese Weise zur Welle gelangt, so ist es noch dem Zapfen zuzuführen.
                              Dieß geschieht dadurch, daß man die Zelle nach Art der Zellen an den Schöpfrädern
                              ausführt.
                           Auf Grund dieser Betrachtungen ist die Lagerconstruction entstanden, welche in Fig. 27 und
                              28 in
                              zwei Durchschnitten abgebildet ist. Oelkammer und Lagerbock bestehen aus Gußeisen
                              und sind aus einem Stück gegossen; durch den Lagerbock zerfällt die Oelkammer in
                              zwei Abtheilungen, welche durch die Durchbrechung im Bock mit einander in Verbindung
                              stehen. In den Seitenflächen der Oelkammer befinden sich kreisförmige Oeffnungen,
                              durch welche die Welle hindurch gelegt wird, mag sie nun in dem Lager endigen oder
                              durch dasselbe hindurch fortgesetzt seyn. Diese Oeffnungen erleichtern zugleich das
                              Putzen der Durchbrechung im Bock nach dem Guß und die Bearbeitung der Fläche, auf
                              welche das Lagerfutter aufgesetzt wird. Vor der Ingangsetzung werden die Oeffnungen
                              durch einen Deckel aus starkem Leder, welcher vermittelst eines aufgeschraubten
                              eisernen Halbringes gegen die Wandfläche der Kammer angedrückt wird, verschlossen.
                              An der Welle ist das Leder so viel ausgeschnitten, daß zwischen beiden ein kleiner
                              Spielraum bleibt.
                           Der Lagerdeckel ist so geformt, daß er mit einem Vorsprung bis unter die Zelle g reicht, und über diesem Vorsprung befindet sich eine
                              becherförmige Höhlung, durch welche das Oel den Zugang zum Zapfen findet. Das in dem
                              Becher sich ansammelnde Oel kann noch durch einen zweiten Canal zum Zapfen
                              gelangen und trifft hier zugleich den Anlauf des Zapfens.
                           Bei höchstens 30 Umdrehungen braucht man nicht zu befürchten, daß das Oel aus dem
                              Lager herausspritzt, und es wäre daher aus diesem Grunde eine Bedeckung des Lagers
                              nicht nothwendig. Trotzdem ist es, und zwar zur Abhaltung des Staubes, zweckmäßig
                              einen leichten Deckel aus Kupfer oder Zink anzuwenden. Dieser Deckel sitzt in zwei
                              Furchen, welche in den gußeisernen Lagerbock eingeschnitten sind, und auf den
                              viereckigen Köpfen der Schrauben, durch welche das Leder festgehalten wird. Zum
                              leichteren Regieren des Deckels kann man denselben mit Handhaben versehen.
                           Die Zelle g sitzt vermittelst eines Armes an einem Ringe,
                              welcher auf die Welle aufgekeilt ist, und besteht aus Messing. In der Bodenplatte
                              befindet sich eine Rinne mit geringer Neigung, durch welche das Oel abgelassen
                              werden kann; die Oeffnung ist für gewöhnlich durch einen Kork verschlossen. Das in
                              der Abbildung dargestellte Lagermodell eignet sich für Wellen von bis zu 100 Millim.
                              Stärke.
                           Ein Paar solcher Lager für 60 Millim. Zapfenstärke arbeiten seit Februar 1862 bei
                              Gebrüder Cousin in Bordeaux, und zwar vollkommen
                              zufriedenstellend. Es hat sich ergeben, daß in den Grenzen von 12 bis 30 Umdrehungen
                              die Neigung der Zelle gegen den Radius mit der Geschwindigkeit verändert werden muß;
                              bei 90° und 30 Umdrehungen fiel allerdings schon ein großer Theil des Oels
                              neben den Becher, aber derselbe nahm doch immer noch mehr auf, als zur Schmierung
                              nothwendig war. Der Stand des Oelspiegels in der Kammer hat natürlich auch einen
                              Einfluß auf die Menge des von der Zelle aufgenommenen Oels und den Punkt, bei
                              welchem das Ausgießen beginnt. Man konnte aber dieses Niveau um 20 Millim. senken,
                              ohne daß hierdurch die Schmierung im mindesten beeinträchtigt wurde. Eine Erneuerung
                              des Oels war bei Cousin nach zwei Monaten noch nicht
                              nothwendig.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
