| Titel: | Skizzen aus der allgemeinen Londoner Industrie-Ausstellung im Jahre 1862; von Max Eyth. | 
| Fundstelle: | Band 167, Jahrgang 1863, Nr. XXXIII., S. 161 | 
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                        XXXIII.
                        Skizzen aus der allgemeinen Londoner
                           Industrie-Ausstellung im Jahre 1862; von Max Eyth.
                        (Fortsetzung von S. 9 dieses Bandes.)
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Eyth, Skizzen aus der allgemeinen Londoner Ausstellung. Bentall's
                           Dynamometer.
                        
                     
                        
                           Bentall's Dynamometer.
                           In unseren Berichten über den Standpunkt der Dampfcultur wurde mehrmals die Kraft
                              erwähnt, welche die Bewegung vom Pflügen und Cultivatoren erfordert. Eine Reihe von
                              hierher gehörigen authentischen Versuchen wurde von der Royal
                                 Agricultural Society ausgeführt, welche dabei fast ausschließlich den für
                              diesen Zweck construirten Bentall'schen Dynamometer
                              benützt.
                           Für rohere Versuche wurde früher gewöhnlich ein Instrument benutzt, welches in zwei
                              an den Enden zusammengeschraubten bogenförmigen Federn bestand, in deren Mitte je
                              ein Haken angebracht war, so daß sie bequem zwischen Pferd und Pflug, zwischen
                              Maschine und Cultivator eingeschaltet werden konnten. Ein an der einen Feder
                              befestigter Pfeil, mit einer Scale versehen, maß in jedem Augenblick durch die
                              Pfeilhöhe der gebogenen Federn die erforderliche Zugkraft. Das beständige Schwanken
                              jedoch und namentlich die zuckenden Bewegungen des Pferdes machten das Ablesen
                              unsicher und schließlich die Resultate einer Reihe punktweiser Beobachtungen sehr
                              unzuverlässig.
                           Bentall hat neben seinen bekannten, eben so einfachen als
                              schönen Häckselschneidmaschinen zwei ausgezeichnet gearbeitete Dynamometer
                              ausgestellt, von welchen der eine den oben erwähnten Uebelständen beim Messen der
                              Zugkraft für landwirthschaftliche Verrichtungen begegnen soll. Derselbe besteht nach
                              Fig. 1 und
                              2 aus
                              einem auf vier Rädchen stehenden schmiedeeisernen Rahmen, der aus drei
                              Längenschienen und zwei Querschienen gebildet wird. Sämmtliche Räder sind in der
                              Höhenrichtung bequem verstellbar, indem die Achsen der drei kleineren Räder an
                              verschiebbaren geraden Stangen befestigt sind, die selbst wieder mit Schrauben und Stegen am
                              Gestellrahmen festgehalten werden. Die Achse des einen großen Rades läuft
                              schwalbenschwanzförmig geführt in einer kreisförmig gebogenen Coulisse, die fest mit
                              dem Gestell verbunden ist, und kann auf diese Weise ebenfalls in jeder beliebigen
                              Höhe festgestellt werden.
                           Eine starke Stange a, a' ist nun, in horizontaler
                              Richtung verschiebbar, im Gestell gehalten und trägt, an aufgesteckten Scheiben
                              befestigt, eine starke, gewöhnlich aus zwei Theilen bestehende Spiralfeder. Am einen
                              Ende hat die Stange eine Oese, am andern ist sie frei, indem dort ein solider Bügel
                              und ein Haken zum Befestigen des Zugseils dient, der Bügel aber direct am Gestell
                              des Apparates angeschraubt ist. Fest an der Stange ist ferner ein Arm b, welcher direct nach oben weist und ein zweites
                              Stängchen, parallel mit der Zugstange, packt und mit dieser hin und her bewegt. Auf
                              letzterem sitzt ein Arm, ebenfalls nach oben gehend, und dieser faßt endlich die
                              eingedrehten Flantschen einer kleinen Messingbüchse, welche die Fortsetzung der Nabe
                              eines Messingscheibchens c bildet, auf dessen äußerem
                              Rande ein dünner Kautschukring aufgespannt ist. Das Scheibchen dreht sich mit der
                              Welle, auf der es sitzt, ist aber auf derselben mittelst einer Feder gehalten und
                              somit in horizontaler Richtung verschiebbar. Die Welle dreht sich auf zwei
                              Stahlspitzen, von welchen die eine – rechts in der Zeichnung – fest
                              ist, während die andere mittelst einer Feder immer nach einer Seite hin gedrückt
                              wird. Dieß geschieht, wie in Fig. 6 zu sehen, dadurch,
                              daß das Stahlschräubchen in einem seitlich verschiebbaren, supportartigen Schlitten
                              steht und der Zweck ist, die Metallscheibe bei c immer
                              gegen eine zweite Metallscheibe anzupressen, welche das Ende einer weiteren Welle
                              d bildet. Letztere, in festen Lagern laufend, trägt
                              am anderen Ende eine kleine Riemenscheibe, welche mit dem an dem großen Laufrad
                              angegossenen kleinen Riemenscheibchen in Verbindung steht. Zwischen den Lagern ist
                              in die Welle ein feines Gewinde eingeschnitten, das sich in einer mit einem längeren
                              Arme versehenen Mutter dreht. Das Ende dieses Arms ist zur Aufnahme eines Bleistifts
                              gespalten. Die Spitze des Bleistiftes wird bei der richtigen Bewegung des Apparates
                              sanft gegen eine gußeiserne Trommel gedrückt, über welche Papier gespannt ist,
                              ähnlich wie dieß bei Indicatoren der Fall ist. Auf der in festen Lagern laufenden
                              Welle der Trommel, deren Feststellung auf der Welle mittelst einer langen von der
                              Hand angezogenen oder aufgedrehten Mutter am besten aus dem Durchschnitt Figur 4 zu
                              ersehen ist, sitzt ein mit feinen Zähnen versehenes Wurmrädchen, welches ein
                              entsprechender Wurm auf der Welle c in Bewegung
                              setzt.
                           Die Wirkungsweise des Apparates ist nun leicht zu verfolgen. Um z.B. die Kraft welche
                              ein Pflug erfordert, zu indiciren, werden die Pferde bei m angeschirrt und
                              der Pflug an die Oese der Stange a angehängt. Das reine
                              Papier, gewöhnlich zuvor schon mit durch Versuche bestimmten, strahlenförmig von
                              einem Punkte auslaufenden Linien versehen, deren Neigung den verschiedenen
                              Spannungen im Zugseile entspricht, ist auf der Trommel befestigt, und das den
                              Bleistift haltende Hebelchen so gestellt, daß die Spitze desselben auf dem Punkte
                              ruht, von dem aus die verschiedenen Linien ausgehen. Ein bei n befindlicher kleiner Ausrückhebel setzt die Welle d außer Verbindung, so daß, wenn die Pferde zu ziehen anfangen, das große
                              Rad mit Riemen und Riemenscheiben ohne alle weitere Consequenzen herumgeht.
                           Der Zug bei a' preßt nun die Feder entsprechend zusammen
                              und zieht damit die Stange a, a' aus dem Gestellrahmen
                              heraus, bewegt also auch nothwendig Hebel und Stange b,
                              und zieht das Messingscheibchen c, welches zuvor die
                              Scheibe f in der Nähe ihres Centrums berührte, mehr der
                              Peripherie dieser Scheibe zu.
                           Angenommen, die Pferde ziehen nach einiger Zeit hübsch stetig und der Zug sey ein
                              nahezu constanter, wie er sich in gleichförmigem Boden ergeben wird, so rückt man
                              durch die Schraube bei n die Riemenscheibe ein. Das
                              große Laufrad setzt dann alsbald die Welle d in stetige
                              Bewegung und der Bleistift in Folge der Schraubenmutter die ihn führt, läuft mit
                              gleichförmiger, d.h. dem zurückgelegten Weg des Pfluges entsprechender
                              Geschwindigkeit über die Trommel weg. Diese aber ist nicht ruhig, sondern dreht
                              sich, durch Wurm- und Wurmrad und namentlich durch die beiden
                              aneinandergepreßten Scheiben f und e in Bewegung gesetzt. f
                              dreht sich stetig, c aber geht um so schneller, je mehr
                              die Scheibe in Folge des Widerstandes des Pfluges gegen die Peripherie von f gezogen wird. Bleibt der Zug constant, d.h. f während des Versuchs an der gleichen Stelle, so wird
                              nothwendig der Bleistift eine schräg über das Papier laufende gerade Linie
                              aufzeichnen. Aendert sich der Zug, so wird die relative Lage und damit die
                              Geschwindigkeit von e und somit auch von der Trommel
                              geändert, d.h. es wird sich die Richtung der Bleistiftlinie ändern. Ueberhaupt gibt
                              bei einer unregelmäßigen Kraftäußerung die Richtung der Tangente hiernach an jedem
                              Punkte der entstehenden krummen Linie die Größe des Zuges im entsprechenden
                              Augenblicke an und man erhält auf diese Weise ein vollständiges Bild der geleisteten
                              Arbeit.
                           Der beschriebene Apparat findet natürlich nur eine sehr beschränkte Anwendung und ist
                              speciell für landwirthschaftliche Untersuchungen von Bedeutung. Von viel größerem
                              praktischen Werth scheint uns eine Vorrichtung zu seyn, welche die Kraft
                              aufzeichnet, die durch einen beliebigen Riemen von der Transmission eines Fabrikbetriebes auf eine
                              einzelne Hülfs- oder Werkzeugmaschine übergetragen wird. In Spinnereien
                              werden derartige Fragen gewöhnlich in der Weise erörtert, daß die Dampfmaschine
                              gebraucht wird, und zwar sowohl zuerst beim vollen Fabrikbetrieb, als auch nachher
                              nach dem Aushängen der betreffenden Stühle etc. Die Kosten und Umständlichkeiten
                              sind dabei aber zu sehr in die Augen springend und gestatten deßhalb die Anwendung
                              des Verfahrens nur in ausnahmsweise Fällen. Ueberdieß machen mitlaufende oder
                              stehenbleibende Transmissionen die einzelnen Resultate zum mindesten unsicher.
                           Der zweite Dynamometer, welchen uns Bentall vorführt, und
                              der auf den gleichen Grundprincipien beruht wie sein ausgezeichnet arbeitender
                              landwirthschaftlicher Apparat, sucht diesem mehr rein technischen Bedürfnisse zu
                              entsprechen. Derselbe, Fig. 7, ist auf einem
                              hübschen gußeisernen tafelförmigen Gestell aufgebaut, auf welchem zunächst die Lager
                              der Hauptwelle a aufgeschraubt sind. Fliegend auf
                              derselben sitzen zwei Riemenscheiben, welche so in den Betriebsriemen der zu
                              untersuchenden Maschine eingeschaltet werden, daß die Kraft durch die Welle a geht, indem Scheibe b mit
                              der Transmission, Scheibe c mit der Maschine verbunden
                              wird. b ist in gewöhnlicher Weise auf die Welle a aufgekeilt. Die Scheibe c
                              läuft lose auf der Welle; ihre Nabe verlängert sich röhrenförmig, tritt durch das
                              Lager und hat auf der andern Seite desselben ein kleines conisches Rädchen
                              angegossen. Fest am äußersten Ende der Welle sitzt jedoch eine schmiedeeiserne
                              Traverse, deren beide Enden durch Spiralfedern mit entsprechenden Speichen des Rades
                              verbunden sind, so daß die Riemenscheibe mittelst des Armes und der Federn durch die
                              Welle a fortgezogen wird.
                           Das erwähnte conische Rädchen am Ende der Nabe von c
                              greift in ein zweites ein, welches auf einer kleinen, lose durch die Welle a gehenden Achse sitzt. Wo diese Achse aus der Welle
                              austritt, hat sie ein Hebelchen, das mittelst eines Gelenkstücks mit einer
                              messingenen Büchse in Verbindung steht. Diese Büchse ist auf einer Feder
                              verschiebbar und dreht sich somit mit der Welle. Auf dem dem Angriffspunkt des
                              Gelenkstückes entgegengesetzten Ende der Büchse greifen zwei hohe Flanschen das
                              drehbare Gleitstückchen im Ende eines Hebels an, welcher die hin und her gehende
                              Bewegung der Büchse durch die Drehung um einen festen Punkt einer zweiten, auf der
                              Welle d ebenfalls verschiebbar laufenden Büchse
                              mittheilt. Diese ist mit einem Scheibchen f
                              zusammengegossen, welches durch die ähnlich wie in Fig. 6 construirte
                              Lagerung der Welle d beständig gegen eine sich drehende
                              Scheibe g gepreßt wird. Ein Wurm auf der Welle d greift in ein Wurmrad und setzt die Achse in langsam
                              drehende Bewegung, welche die Trommel trägt, auf der das Papier zum Aufzeichnen der Kraftcurven
                              aufgespannt ist.
                           Um diesen ganzen Theil des Apparates in drehende Bewegung zu setzen, ist auf der
                              Welle a ein conisches Rad aufgekeilt, welches in ein
                              zweites auf einer Welle h sitzendes eingreift. Letztere
                              trägt lose ein kleines Stirnrädchen, dessen Nabe die eine Hälfte einer
                              Klauenkuppelung bildet, und welches direct die mit einem Zahnkranz versehene Scheibe
                              g dreht. Die Welle dieser Scheibe ist mit einem
                              feinen Gewinde versehen, das bei seiner Drehung den, einen Bleistift führenden Arm
                              in Bewegung setzt. Ein Wurm auf der Welle h greift in
                              ein Wurmrädchen, welches auf einer mit einem festen Zeiger versehenen Achse sitzt
                              und mit einer Theilung versehen ist, so daß der Zeiger die Umdrehungen der Welle a registrirt.
                           Die zweite Hälfte der Klauenkuppelung, welche die Scheibe g in Betrieb setzt und die sich natürlich durch eine Feder sammt der Welle
                              dreht auf der sie verschiebbar ist, wird durch eine mit einem breiten Fuß auf der
                              Tischplatte schleifenden Gabel verstellt. Auf einem ganz ähnlichen Fuß ist die Achse
                              des die Umdrehungen zählenden Wurmrades angebracht. In der Tischplatte befinden
                              sich, im ersten Falle parallel, im zweiten senkrecht zur Richtung der Welle h, Schlitze, durch welche flach angefeilte
                              Verlängerungen dieser Füße treten. Auf der untern Seite der Platte sind diese
                              Verlängerungen durch Gelenke gepackt und stehen mit einem Hebel i in Verbindung. Eine Bewegung dieses Hebels zieht im
                              gleichen Momente die Muffe der Kuppelung sowohl als das Zählrad außer Eingriff, und
                              dieß ist der wesentliche Zweck der kleinen Kurbel k (s.
                              Fig. 4
                              oder 5). Sie ist auf einem verticalen Wellchen aufgekeilt, an dessen unterem Ende,
                              den Hebel i berührend, eine excenterförmige Scheibe
                              sitzt, gegen welche der Hebel mittelst einer Feder gepreßt wird. Eine Drehung des
                              Handgriffs um 90° bewegt i und verschiebt damit
                              die Füße des Rades, und die Gabel für die Muffe rückt somit die sämmtlichen
                              Bewegungen genau im selben Augenblicke ein oder aus (s. Fig. 5).
                           Nachdem nun das Papier und der Bleistift an der Trommel und dem Arm befestigt sind,
                              der Riemen von der Transmission auf die Scheibe b,
                              derjenige von der Scheibe c auf die zu untersuchende
                              Maschine gebracht und diese eingerückt ist, werden sich natürlich die Federn, mit
                              welchen der Arm der Treibwelle und die Speichen der treibenden Scheibe
                              zusammenhängen, der Zugkraft entsprechend dehnen und sich damit die Scheibe gegen
                              die Welle, d.h. das an der Nabe der ersteren angegossene conische Rad gegen die
                              Achse, auf der das zweite Rad und der Hebel steckt, verdrehen. Hierdurch bewegt
                              sich, unter fortwährender Drehung des Ganzen, die Messingbüchse und damit das
                              Scheibchen f, und gelangt in eine der Spannung des Riemens
                              entsprechende Stellung. Dieß hat jedoch noch keine weitere Wirkung, da die Kuppelung
                              auf der Welle h ausgerückt bleibt bis die Maschine in
                              regelmäßigem Betrieb ist. Sobald dieß der Fall ist, wird mittelst des Hebels k der Mechanismus in Betrieb gesetzt. Das Wurmrädchen
                              fängt an im nämlichen Augenblicke die Umdrehungen zu zählen, in welchem die Scheibe
                              g zu rotiren beginnt und folglich der den Bleistift
                              haltende Arm denselben langsam über das Papier auf der Trommel wegführt. Diese
                              selbst wird langsam in eine drehende Bewegung gesetzt, deren Geschwindigkeit von dem
                              Berührungspunkt der Scheiben f und g abhängt, und welche selbst wieder ausschließlich von
                              der Verdrehung zwischen dem treibenden Arm und der getriebenen Welle c, also von der durch den Riemen gehenden Zugkraft,
                              bedingt ist.
                           Auf diese Weise wird, wie im Falle des erstbeschriebenen Dynamometers, eine gerade
                              Linie auf der Trommel verzeichnet, wenn die Zugkraft constant ist, deren Neigung
                              gegen die Mantellinien derselben die Größe des Zuges angibt. Ist die Kraftleistung
                              variabel, so mißt die Neigung der Tangente in jedem Punkte der entstehenden Curve
                              die geleistete Arbeit. Darin, daß die Apparate die Kraft in der Neigung einer
                              Tangente und nicht, wie z.B. bei den Dampfindicatoren, durch eine absolute Länge
                              ausdrücken, liegt vielleicht der einzige Nachtheil der hübsch construirten und
                              bequem anzuwendenden Apparate.Herr Ingenieur Max Eyth, welchem wir die
                                    schätzbaren Berichte über die Locomobilen, Dampfpflüge etc. auf der Londoner
                                    Industrie-Ausstellung verdanken, hat als Frucht seiner Mußestunden
                                    ein historisch-romantisch es Gedicht – „Volkmar“ – veröffentlicht
                                    (Leipzig, im Verlag von Friedr. Wilh. Grunow,
                                    1863), über welches sich bereits namhafte Dichter höchst anerkennend
                                    ausgesprochen haben; die Handlung desselben fällt in den Kaiserstreit
                                    zwischen Ludwig dem Bayern und Friedrich dem Schönen, von Oesterreich (um
                                    das Jahr 1322).A. d. Red.
                              
                           
                        
                     
                  
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