| Titel: | Ueber den Ofen des Harburger Alaunwerks; von Carl Dittmar, technischer Director dieser Fabrik. | 
| Autor: | Carl Dittmar | 
| Fundstelle: | Band 167, Jahrgang 1863, Nr. XLVII., S. 199 | 
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                        XLVII.
                        Ueber den Ofen des Harburger Alaunwerks; von Carl
                              Dittmar, technischer Director dieser Fabrik.
                        Ditmar, über den Ofen des Harburger Alaunwerks.
                        
                     
                        
                           Herr Professor Jul. Thomsen nennt in seinem Aufsatz
                              „zur Geschichte der Kryolithindustrie“ (in diesem Journal
                              Bd. CLXVI S. 441) den Ofen der Harburger Fabrik deren schwache Seite, und bemerkt,
                              daß derselbe nicht nach demjenigen der Copenhagener Fabrik erbaut worden sey. Wenn
                              dieser Ofen, ein gewöhnlicher Flammofen, auch nicht so vollkommen ist als man sich
                              wünschen kann, so ist er doch ganz nach dem Ofen angelegt, welcher zur Zeit der
                              Erbauung hiesiger Fabrik in Copenhagen existirte. Der Ofen ist sogar von demselben
                              Manne erbaut, welcher ihn in Copenhagen nach Angabe des Hrn. Göker (techn. Director der Copenhagener Fabrik), der die früheren
                              Retortenöfen von Thomsen als unpraktisch verwarf,
                              angelegt hat. – Seitdem hat Hr. Professor Thomsen,
                              obwohl im Göker'schen Ofen mit gutem Kryolith ein gutes
                              Resultat erzielt worden war, einen anderen Ofen construirt, der sich wenigstens im
                              Sommer 1862 noch nicht als besser gegen den Göker'schen
                              Ofen herausgestellt hatte, da die gebrannte Mischung eine geringere Ausbeute an
                              Natron ergab als die unserige, wie ich aus wiederholten Vergleichsanalysen mit
                              Copenhagener Mischung ersehen habe.
                           
                           In Copenhagen findet jetzt die Zersetzung des Gemisches aus Kryolith und Kreide durch
                              Steinkohlenfeuer statt, welches einerseits über die auf Steinplatten ausgebreitete
                              Mischung hinwegstreicht, andererseits unter den Steinplatten hinweggeht, so daß die
                              Mischung jedenfalls gleichmäßiger erhitzt wird als bei uns und wenig oder gar keine
                              Klumpen entstehen.
                           Diese Klumpen bilden sich bei der größeren Hitze an der Feuerbrücke des Flammofens
                              durch Zusammensinterung des Gemisches, während weiter ab von der Feuerbrücke die
                              Zersetzung noch nicht vollständig erfolgt ist. Dieß wäre nun die schwache Seite der
                              Harburger Fabrik, da die Klumpen, wenn sie erkaltet sind, sehr hart werden und fast
                              gar nicht auszulaugen sind, daher die Gesammtmischung eine weit geringere Ausbeute
                              geben würde. Im glühenden Zustande sind die Klumpen aber weich, und werden
                              dieselben, wenn die Zersetzung im Ofen überall erfolgt ist, mit der übrigen
                              Mischung, oder auch einige Minuten früher, herausgezogen, zerdrückt und mit eisernen
                              Krücken durch ein vor dem Ofen ausgespanntes Drahtnetz gerieben, wodurch die Klumpen
                              eben so fein als die übrige Mischung werden. Was während des Durchreibens kalt und
                              hart wird, und nicht durch die Maschen des Netzes geht, wird gesammelt, unter den
                              Kollergängen zermalmt, nochmals einem schwachen Glühen unterworfen, und wieder durch
                              das Drahtnetz hindurchgerieben. Das Durchgefallene gibt ganz dieselbe Ausbeute als
                              gewöhnliche Mischung, ein Beweis, daß die Klumpenbildung eine geringere Ausbeute als
                              die garantirte durchaus nicht verschuldet.
                           Alle unsere Apparate sollen eine Copie der Erfindungen des Hrn. Professor Thomsen seyn; dieß ist jedoch ein Irrthum. So existirt
                              hier z.B. eine Vorrichtung, welche ein weit feineres und innigeres Gemisch von
                              Kryolith und Kreide liefert als dieß in Copenhagen der Fall ist, und durch welche
                              eine um circa 4 Proc. höhere Ausbeute als früher erzielt
                              wird. Es ist dieß ein großes eisernes Rollirfaß, in welches die Mischung, wenn sie
                              von den Kollergängen heruntergebracht ist, hineinkommt, um durch 25 eiserne
                              24pfünder Kanonenkugeln aufs Feinste zermalmt und weit inniger gemischt zu werden,
                              als es unter den Kollergängen möglich war. – Daß, je inniger die Mischung,
                              eine desto bessere Zersetzung stattfinden muß, wird man gewiß zugeben, und es ergab
                              mir daher auch die Copenhagener gebrannte Mischung eine größere Menge unzersetzten
                              Kryoliths als die unserige.
                           Sollte es dem Hrn. Professor Thomsen gelungen seyn, die
                              vielen Verunreinigungen des Kryoliths auch auf Soda und Alaun zu verarbeiten, oder
                              sie wenigstens auf einfache Weise vollständig vom guten Kryolith zu trennen, so wäre
                              die Veröffentlichung seines Verfahrens hierzu sehr wünschenswerth, und ich will es dann gerne als unsere
                              schwache Seite anerkennen, daß es uns nicht möglich ist aus schlechtem Kryolith eine
                              gute Ausbeute zu erhalten.
                           Wenn Hr. Prof. Thomsen der Urheber der ganzen
                              Kryolithindustrie ist, so hat er doch in seinem Aufsatze vergessen der großen
                              Verdienste zu erwähnen, welche Hr. Göker sich um die
                              Verbesserung der Verarbeitung des Kryoliths auf Soda und Alaun erworben hat.