| Titel: | Ueber die Bereitung des Anilinroths nach Hofmann's Verfahren mittelst Zweifach-Chlorkohlenstoff. | 
| Fundstelle: | Band 167, Jahrgang 1863, Nr. LXXIX., S. 308 | 
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                        LXXIX.
                        Ueber die Bereitung des Anilinroths nach Hofmann's Verfahren mittelst
                           Zweifach-Chlorkohlenstoff.
                        Aus dem Bulletin de la
                                 Société industrielle de Mulhouse, 1862. t. XXXII p.
                              503.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.
                        Ueber die Bereitung des Anilinroths nach Hofmann's
                           Verfahren.
                        
                     
                        
                           Ein Handlungshaus in Frankreich, welches dort zuerst ein Patent auf die Bereitung des
                              Anilinroths erhielt, wollte auf Grund desselben das ausschließliche Recht der
                              Fabrication dieses Farbstoffes beanspruchen, indem es behauptete, daß die von dem
                              Entdecker des Anilinroths, Prof. A. W. Hofmann in London,
                              angewandte DarstellungsweisePolytechn. Journal Bd. CLIX S. 391., welche im J. 1858 veröffentlicht wurde (sechs Monate früher als in
                              Frankreich ein Patent auf diesen Farbstoff ertheilt wurde), nur selten gelinge und
                              mit größter Gefahr verbunden sey, daß ferner von der Justiz gewählte Experten den
                              Versuch ohne Erfolg wiederholt hätten.
                           Dieß veranlaßte die HHrn. Dollfus-Mieg und Comp., Steinbach-Koechlin und Comp., und Gebrüder Koechlin, die
                              Industriegesellschaft zur Entscheidung der Frage aufzufordern, ob das Hofmann'sche Verfahren, so wie es veröffentlicht wurde,
                              sowohl im Großen als im Kleinen leicht ausführbar ist.
                           Der Ausschuß für Chemie wurde daher mit der Beantwortung folgender zwei Fragen
                              beauftragt:
                           1) kann man nach Hofmann's Verfahren das Anilinroth ohne
                              Gefahr bereiten, und
                           2) kann man nach diesem Verfahren das Anilinroth eben so gut im Großen wie im Kleinen
                              darstellen?
                           Eine aus zwölf Mitgliedern bestehende Commission des Ausschusses begab sich in das
                              Laboratorium des Professors der Chemie, Hrn. Schneider,
                              wo in ihrer Gegenwart und mit ihrer Beihülfe, folgende Versuche ausgeführt
                              wurden:
                           A) Eilf Glasröhren (Fig. 15) von
                              verschiedenen Durchmessern (um zu setzen ob der Versuch eben so gut in kleinen wie
                              in großen Röhren gelingt), wurden zu fünf Sechsteln mit einem Gemisch von drei
                              Gewichtstheilen Anilin und einem Theil Zweifach-Chlorkohlenstoff gefüllt,
                              dann am Löthrohr zugeschmolzen und im Oelbade nach und nach erhitzt, bis die
                              Temperatur von 170 bis 180°C. erreicht war, auf welcher man sie erhielt, bis
                              die Operation dreißig Stunden gedauert hatte.
                           B) Um nachzuweisen, daß der Druck bei der Einwirkung des
                              Zweifach-Chlorkohlenstoffs auf das Anilin keine Rolle spielt, gab man
                              beiläufig 400 Gramme des erwähnten Gemisches von Anilin und
                              Zweifach-Chlorkohlenstoff in einen Glaskolben von 1 Liter Inhalt, über
                              welchem hernach eine Payen'sche Kühlvorrichtung
                              angebracht wurde (Fig. 16). Dieser Kolben wurde in einem Oelbade 1 1/2 – 2 Stunden
                              lang auf einer Temperatur zwischen 130 und 135°C. erhalten. Es zeigte sich im
                              Innern eine schwache Reaction, und alle Verflüchtigung des
                              Zweifach-Chlorkohlenstoffs hörte auf. Der Kolben wurde hernach 1 1/2 –
                              2 Stunden lang zwischen 170 und 180°C. erhitzt. Dieser Versuch wurde dreimal mit gleichem Erfolge
                              wiederholt.
                           C) In der zweiten Periode dieser Operationen beobachtete
                              man, daß die anfänglich flüssige Masse, welche in den Röhren und im Kolben enthalten
                              war, zunehmend klebriger wurde. Der Inhalt der Gefäße war nach dem Erkalten
                              vollkommen fest und schwärzlichbraun. Als man ihn mit kochendem Wasser behandelte,
                              erhielt man eine saure Flüssigkeit (durch die gebildete Chlorwasserstoffsäure),
                              welche viel chlorwasserstoffsaures Anilin und eine gewisse Menge der von Hofmann erwähnten weißen Base enthielt. Eine neue
                              Behandlung der Masse mit kochendem Wasser, das mit einem Alkali versetzt war,
                              lieferte eine fast farblose Lösung, welche nach dem Filtriren, Abdampfen und
                              Neutralistren des Alkalis sich in eine stark roth gefärbte Flüssigkeit verwandelte,
                              worin sich eingetauchte Seidensträhne augenblicklich prachtvoll carmoisinroth
                              färbten. Der nach dieser Behandlung mit alkalischem Wasser verbliebene harzige
                              Rückstand enthielt nur noch sehr wenig Farbstoff.
                           Wenn man, anstatt direct in dieser wässerigen Lösung zu färben, dieselbe Zur Trockne
                              verdampft und den Rückstand mit Alkohol behandelt, so erhält man eine satt
                              carmoisinrothe Lösung, welche sich eben so gut zum Färben eignet wie die wässerige
                              Lösung und zur Verwendung für den Zeugdruck hinreichend concentrirt ist.
                           Das vollständige Gelingen aller dieser Operationen hatte den Anwesenden bewiesen, daß
                              die Bereitung des Anilinroths nach Hofmann's Verfahren,
                              weit entfernt ein gefährlicher Versuch zu seyn, im Gegentheil eine sehr leichte und
                              sehr einfache Operation ist, welche stets gelingt.
                           Der Ausschuß erklärte daher einstimmig:
                           1) daß man nach Hofmann's Verfahren das Anilinroth ohne
                              Gefahr und mit sicherem Erfolge bereiten kann, und daß dasselbe die nämlichen
                              färbenden Eigenschaften wie das käufliche besitzt;
                           2) daß der Anwendung des Hofmann'schen Verfahrens im
                              Großen kein Hinderniß entgegensteht, ferner daß man bei Befolgung desselben
                              Verfahrens mit Beihülfe von Payen's Kühlvorrichtung in
                              einem offenen Gefäße und folglich ohne allen Druck operiren kann.
                           Diese neuen Versuche bestätigen also die bereits im December 1860 von einer
                              Commission der Industriegesellschaft mitgetheilten Thatsachen (polytechn. Journal
                              Bd. CLIX S. 390).
                           
                        
                           Beschreibung der
                                 Abbildungen.
                           Fig. 15 zeigt
                              den von Hofmann angewandten Apparat mit geschlossenen
                              Glasröhren, wobei also unter Druck operirt wird.
                           
                           Fig. 16 zeigt
                              den abgeänderten Apparat, um mit Beihülfe der Payen'schen
                              Kühlvorrichtung ohne Druck operiren zu können.
                           Fig. 17 zeigt
                              einen geschlossenen Kessel zur Anwendung des Hofmann'schen Verfahrens im Großen.
                           In diesen Figuren bezeichnet:
                           A Glaskolben, welcher das Gemisch enthält;
                           B Schlange von Glas oder von Metall;
                           C Kühlvorrichtung;
                           D Rohr zum Speisen mit kaltem Wasser;
                           E Ueberlaufrohr;
                           F gußeiserne Töpfe, mit Oel gefüllt;
                           G am Löthrohr geschlossene Glasröhren, welche das
                              Gemisch enthalten;
                           H Platte von Holz;
                           I geschlossener Kessel oder Papin'scher Topf, welcher das Gemisch enthält;
                           J kupfernes Rohr, oben offen, welches das Thermometer
                              aufnimmt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
