| Titel: | Verfahren zur Darstellung eines rothen und eines blauen Farbstoffs aus Phenylsäure, von Guinon-Marnas und Bonnet in Lyon. | 
| Fundstelle: | Band 167, Jahrgang 1863, Nr. XCIX., S. 390 | 
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                        XCIX.
                        Verfahren zur Darstellung eines rothen und eines
                           blauen Farbstoffs aus Phenylsäure, von Guinon-Marnas
                           und Bonnet in Lyon.Das hier mitgetheilte Patent begreift: 1) die Umwandlung der Phenylsäure
                                 (Phenylalkohol, Carbolsäure) in einen rothen Farbstoff; 2) die Umwandlung dieser
                                 unbeständigen Substanz in einen beständigen Farbstoff, welcher der Einwirkung
                                 der Säuren und anderer Agentien widerstehen kann; 3) die Anwendung dieser
                                 Substanz zum Färben und Drucken. Im Wesentlichen besteht die Erfindung in der
                                 technischen Benutzung der Eigenschaft welche die Phenylsäure besitzt, sich in
                                 Roth umzuwandeln.Die Patentträger fügen bei: „Nachdem wir so unsere Erfindung und deren
                                    Ausführungsweise beschrieben haben, unsere Verfahrungsarten aber durch
                                    äquivalente Operationen ersetzt werden können, um zu denselben Resultaten zu
                                    gelangen, so behalten wir uns ausdrücklich vor, anstatt der Phenylsäure oder
                                    gewöhnlichen Carbolsäure, auch die homologen, Körper (Kreosot, Cresylalkohol
                                    etc.) anzuwenden, sowie zur Umwandlung des unbeständigen rothen Farbstoffs
                                    in einen beständigen außer dem Aetzammoniak auch Ammoniaksalze oder andere
                                    stickstoffhaltige Körper (namentlich essigsaures und benzoesaures Ammoniak,
                                    Harnstoff etc) bei geeigneter Temperatur mit und ohne Druck zu
                                    benutzen.“
                                 
                           
                        Aus dem Répertoire
                                 de Chimie appliquée, Decbr. 1862, S. 450.
                        Guinon-Marnas' Verfahren zur Darstellung eines rothen u.
                           eines blauen Farbstoffs aus Phenylsäure.
                        
                     
                        
                           I. Rother Farbstoff.
                           Bereitung des rothen Farbstoffs. – Man nimmt:
                           
                              
                                 Phenylsäure
                                 
                                 10 Kilogr.
                                 
                              
                                 Oxalsäure
                                 4 bis
                                   8    „
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                 3 bis
                                   6    „
                                 
                              
                           Das Gemisch wird erhitzt, bis sich der Farbstoff gehörig gebildet hat, was man an der
                              Farbe des Gemisches oder an dessen Klebrigkeit (Consistenz) erkennt.
                           Wenn man die Operation als beendigt erachtet, wäscht man das Product mit kochendem
                              Wasser, um ihm die überschüssige Säure zu entziehen; es ist dann in einem etwas
                              pechigen Zustand und hat einen grünen Cantharidenreflex. Mit der Zeit oder im
                              Trockenapparat trocknet es aus und kann dann in Pulver verwandelt werden.
                           Umwandlung des unbeständigen rothen Farbstoffs in einen
                                 beständigen. – Man nimmt:
                           
                           
                              
                                 unbeständigen Farbstoff, auf angegebene Weise
                                    darestgellt
                                 1 Kilogr.
                                 
                              
                                 käufliches Ammoniak
                                 2 1/2  „
                                 
                              
                           Das Gemisch wird in einen mit Sicherheitsventil versehenen metallenen Kessel (Papin'schen Topf) gebracht und derselbe dann vollkommen
                              verschlossen; man erhitzt es darin mittelst eines Wasserbades beiläufig drei Stunden
                              lang auf höchstens 150ºC.; alsdann läßt man erkalten und öffnet hernach den
                              Kessel. Das Product, welches man hineinbrachte, hat sich im Ammoniak vollständig
                              aufgelöst und die sehr dichte Flüssigkeit besitzt ein beträchtliches
                              Färbevermögen.
                           Diese Flüssigkeit, mit Säuren behandelt, liefert einen dunkelrothen Niederschlag,
                              welcher der neue Farbstoff ist.
                           Das so erhaltene Product färbt die Seide, Wolle und anderen Faserstoffe roth.
                           
                        
                           II. Blauer Farbstoff.
                           Man benutzt zu dessen Darstellung den beständigen oder unbeständigen rothen
                              Farbstoff, welcher auf angegebene Weise durch Behandlung der Phenylsäure mit
                              Schwefelsäure und Oxalsäure gewonnen wurde, und den wir Peonin nennen. Man nimmt:
                           
                              
                                 Peonin
                                 
                                 5 Theile
                                 
                              
                                 Anilin
                                 6 bis
                                 8      „
                                 
                              
                           Das Gemisch wird auf eine dem Siedepunkt nahe Temperatur erhitzt, welche man einige
                              Stunden lang unterhält, bis zur vollständigen Umwandlung desselben. Dadurch entsteht
                              ein blauer Farbstoff; um denselben zu reinigen, wäscht man ihn in der Wärme mit den
                              Steinkohlentheerölen und den caustischen Alkalien.
                           Die so erhaltene Substanz wird mit angesäuertem kochendem Wasser behandelt und dann
                              getrocknet. Sie stellt nun ein Pulver mit dem Reflex des metallischen Goldes dar,
                              welches in Alkohol, Holzgeist etc. löslich ist, und dessen Lösungen direct zum
                              Färben und Drucken anwendbar sind.Die Erfindung, sagen die Patentträger, besteht in der Bereitung eines blauen
                                    Farbstoffs aus Phenylsäure. Sie beanspruchen für sich die ausschließliche
                                    Benutzung der verschiedenen Reactionen des Peonins aus die anderen
                                    natürlichen oder künstlichen Alkaloide, wie das Naphtylamin, Toluidin,
                                    Cumidin etc.
                              
                           Wir nennen diesen neuen Farbstoff, welcher die lebhaftesten blauen Farben liefert,
                              Azulin.Die neuen Farbstoffe aus Phenylsäure werden auch von Hrn. Th. Würtz in Leipzig fabricirt, der blaue unter dem
                                    Namen Azurin, der rothe unter dem Namen Corallin; man f. die Notizen über die
                                    Eigenschaften des rothen und blauen Farbstoffs im polytechn. Journal Bd.
                                       CLXVI S. 215 und 318.A. d. Red.