| Titel: | Ueber die Kuhmelkmaschine des Nordamerikaners Colvin; von Professor Rühlmann. | 
| Fundstelle: | Band 167, Jahrgang 1863, Nr. CVI., S. 429 | 
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                        CVI.
                        Ueber die Kuhmelkmaschine des Nordamerikaners Colvin; von Professor Rühlmann.
                        Aus der landwirtschaftlichen Zeitung des
                                 Provinzialvereins zu Hannover, 1863, Nr. 18.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Rühlmann, über Colvin's Kuhmelkmaschine.
                        
                     
                        
                           Obwohl die vorjährige (1862) Londoner Weltausstellung (für
                              Industrie-Erzeugnisse und Landwirthschaftsgegenstände) Seitens der
                              nordamerikanischen Freistaaten, des heillosen Krieges wegen, nur sehr wenig
                              beschickt worden war, so fand sich doch unter den vorhandenen Dingen dieser Nation
                              so viel Neues, Originelles, Werthvolles oder doch mindestens Interessantes, daß die
                              Amerikaner verhältnißmäßig fast alle übrigen Aussteller übertrafen.
                           Unter Anderem gehörte Hieher auch Colvin's Kuhmelkmaschine
                              cow milking machine or apparatus) von Kershaw and Colvin, ohne
                              Catalognummer in der nordamerikanischen Abtheilung ausgestellt, welche Mechaniker
                              wie Landwirthe zu gleicher Aufmerksamkeit veranlaßte.
                           Fig. 5 zeigt
                              Colvin's Maschine in der äußeren Ansicht, wie sie
                              sich auf einem Ankündigungszettel vorfand, der in der Ausstellung vertheilt
                              wurde.Ein dem gedachten Zettel beigedrucktes Zeugniß der Nordamerikanischen
                                    Landwirthschafts-Gesellschaft (United States
                                       Agricultural Society) vom 20. Sept. 1860 lautete
                                    folgendermaßen:„Wir haben diesen Morgen Hrn. L. O. Colvin's Kuhmelk-Apparat einer Prüfung von
                                       Sachverständigen unterworfen und freuen uns hiernach bezeugen zu können,
                                       daß die ganze Operation schnell, bequem und
                                       überhaupt zufriedenstellend von Statten
                                       gieng. Ohne der Kuh die geringste Unbequemlichkeit zu verursachen,
                                       erhielt man durchschnittlich (?) in der Minute 1 Gallon
                                       Milch.“Ein Gallon = 0,16 Kubikfuß engl. = 0,18 Kubikfuß hannov. Dabei ist mit dem Buchstaben t, t ein Eimer aus
                              Weißblech bezeichnet, der sowohl zur Aufnahme der erhaltenen Milch, als zum Gestell
                              der eigentlichen Maschine dient, die, der Hauptsache nach, eine sogenannte
                              Schlauchpumpe (Sack-, Gebläs- oder Mönchs-Pumpe) bildet.
                           Die Hauptrolle an der Pumpen-Construction spielen Kappen oder Säcke c aus vulcanisirtem Kautschuk, wobei bemerkt werden mag,
                              daß aus letzterem
                              Materiale auch die im Innern der Pumpe befindlichen Ventilklappen gebildet sind. Zur
                              Aufnahme der sogenannten Strecken oder Zitzen (Strichen, teats, trayons) der zu melkenden Kuh dienen trichterförmige Röhren m, m, welche man zur Versteifung mit schwachen
                              Spiralfedern ausgerüstet hat.
                           Um die beim Melken erforderliche aus- und eingehende, ziehende und drückende
                              Bewegung der beiden Sackkolben c so viel wie möglich zu
                              erleichtern, sind zwei Hebel r vorhanden (für jeden
                              Kolben einer), welche sich um Ständer v drehen und bei
                              s mit entsprechenden Handgriffen versehen sind.
                           Die gerühmten Erfolge und das allgemeine Interesse der Sache gab Veranlassung, daß in
                              London ein Exemplar dieser Maschine auf Rechnung der königlichen
                              Landwirthschafts-Gesellschaft in Celle angekauft wurde.
                           Nach diesem Muster sind die Abbildungen gezeichnet, wovon Fig. 6 den
                              Verticaldurchschnitt des ganzen Apparates darstellt, Fig. 7 die geometrische
                              Seitenansicht, Fig.
                                 8 und 9 aber Zeichnungen der Haupttheile nach vergrößertem Maaßstabe sind und
                              Fig. 9
                              insbesondere den vorbemerkten Arbeitshebel r, s mit
                              völlig herausgezogenem Kolbensack c (aus vulcanisirtem
                              Kautschuk) erkennen läßt.
                           Die sonst bei Kolbenpumpen erforderlichen Stiefel werden hier durch die großen
                              Trichter (oder abgestutzten Hohlkegel) a, b gebildet,
                              deren äußere Kanten an der größeren Endfläche so umgebogen sind, daß ein kräftiger
                              und überhaupt passend geformter Rand d erzeugt wird,
                              über welchen sich leicht die (sehr elastische) Kappe oder der Gummisack c stülpen läßt, was Alles am besten aus der
                              gleichzeitigen Betrachtung von Fig. 8 und 9 klar werden dürfte. Die
                              Gummikappe c (gleichsam der Pumpenkolben) ist in ihrer
                              Mitte mit zwei Metallplatten f versehen, um außerhalb
                              einen zapfenförmigen Ansatz g bilden zu können, dessen
                              Oehse zur Aufnahme des äußersten Endes p eines (der
                              beiden) Betriebshebels dient, wie ebenfalls aus Fig. 5 ohne weiteres
                              erhellt.
                           Die kleine Endfläche eines jeden der beiden großen Stiefel-Kegel a ist seitlich an dem hohlen Blechkörper i befestigt, der zugleich mit dem Ausgußrohre k, l versehen ist, welches in das Innere des Eimers t hineinreicht. In der Wand zwischen i, k und a, b befinden sich
                              (in Fig. 7 mit
                              g bezeichnet) ferner kreisförmige Oeffnungen, welche
                              durch Gummiklappen h geschlossen werden können, die
                              zugleich die einzigen überhaupt vorhandenen Ventile sind. Anordnung, Lage und
                              Wirksamkeit aller dieser Theile erhellt besonders noch aus Fig. 8, wo der eine
                              Kolbensack c herausgezogen gezeichnet, der andere
                              (rechts) hineingedrückt dargestellt ist, so daß durch die Pumpe links aus
                              den Strecken und Trichter m Milch angesogen, durch die
                              Pumpe rechts aber Milch weggedrückt (nach k, l
                              getrieben) wird, welcher Stellung entsprechend das linke Klappenventil h geschlossen, das Ventil h
                              rechts aber geöffnet ist.
                           Aufmerksam machen möchten wir schließlich noch einmal auf Fig. 9, welche den Sack
                              oder Stellvertreter des Pumpenkolbens so darstellt, wie er sich zeigt, wenn er vom
                              Trichter a, b (als Stiefel der Pumpe) abgezogen wird,
                              was bei der großen Elasticität des Kautschuks ohne weitere Schwierigkeit eben so
                              schnell und sicher geschehen kann, wie das Wiederaufbringen desselben. Der über den
                              Trichterrand zu schlagende Theil d des Sackes bildet
                              einen cylindrischen Hals, dessen Gestalt vorzugsweise das erforderliche Festsitzen
                              während der Arbeit mit der Pumpe herbeiführt, so daß bei einiger Aufmerksamkeit ein
                              freiwilliges, ungehöriges Herabziehen des ganzen Sackes c,
                                 d leicht zu vermeiden ist. Der Drehpunkt des Arbeitshebels p, r, s liegt zwischen p und
                              r und gibt sich als eine kreisförmige Oeffnung zu
                              erkennen. Der in letztere Oeffnung passende Drehzapfen wird von dem Rundeisen v gebildet, welches sich vor der Pumpe in Fig. 5 und 7 als ein
                              bügelförmiges Gerippe darstellt, und wobei man die betreffende Eisenstärke etwas
                              weniger geringer genommen hat, als die Kreisöffnung des zwischen p und r liegenden
                              Hebeldrehpunktes, so daß beide Hebel r, s leicht
                              angebracht und entfernt werden können.
                           Der Ankaufspreis des ganzen Apparates in London betrug 2 Pfd. Strl. 10 Sh. oder 17
                              Thlr., wobei man sich offenbar das sogenannte Patentrecht mitbezahlen ließ.
                              Versuche, welche vom Referenten im Beiseyn einiger Mitglieder des Centralausschusses
                              der königl. Landwirthschafts-Gesellschaft auf dem v. Alten'schen Gute in Linden angestellt wurden, fielen insofern nicht ganz
                              unbefriedigend aus, als sich zeigte, daß die Arbeit (abgesehen von der großen
                              Reinlichkeit) rasch und sicher von Statten gieng und die Melkerinnen versicherten,
                              nicht so ermüdet zu werden, als bei dem jetzt gebräuchlichen Verfahren, ohne
                              Verwendung irgend welchen Hülfsapparates, als der Menschenhände. Unzweckmäßig zeigte
                              sich dagegen (in constructiver Hinsicht) die schlecht gewählte Uebertragung der
                              Bewegung des Druckes der Menschenhand vom Hebelgriffe s
                              aus auf die Sackscheibe f, f, welche bei gegenwärtiger
                              Anordnung einen schiefen Zug veranlaßt, was zur Folge hat, daß der Sack c, d entweder nicht vollständig aus dem Trichter a, b gezogen oder hineingeschoben wird, oder wenn dieß
                              der Fall ist, der ganze Sack sich vom Trichter leicht abzieht, so daß sich die Pumpe
                              momentan völlig unbrauchbar zeigt. Letzteren Uebelstand hofft man durch eine
                              veränderte Construction hinlänglich zu beseitigen, wobei man sich zugleich bestreben wird, den
                              sonst nicht unbrauchbaren, unter Umständen sehr nützlichen Apparat wohlfeiler
                              herzustellen. Seiner Zeit werden wir daher nicht unterlassen, weitere Mittheilungen
                              hierüber zu machen.Nach einem Berichte in Barral's Journal d'Agriculture pratique (vom 6. December
                                    1862) hat sich in Liancourt ein Original-Exemplar der amerikanischen
                                    Kuhmelkmaschine (machine à taire les
                                       vaches) ebenfalls nicht so zufriedenstellend gezeigt, wie man
                                    erwartet hatte. Doch scheint auch dort die Hauptursache in
                                    Constructionsübeln, minder in der Sache überhaupt zu liegen. In einem der
                                    Versuchsfälle stellte es sich heraus, daß die Trichter m, m zu groß waren, um die wahrscheinlich sehr
                                    dünnen Strecken (Zitzen) der Kuh gehörig dicht einbringen zu können.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
