| Titel: | Ueber Anwendung des Copir- oder Uebertragungs-Principes bei der Anfertigung und bei dem Ziehen von Feuerwaffen; von John Anderson, Inspector des Arsenals zu Woolwich. | 
| Fundstelle: | Band 169, Jahrgang 1863, Nr. I., S. 1 | 
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                        I.
                        Ueber Anwendung des Copir- oder
                           Uebertragungs-Principes bei der Anfertigung und bei dem Ziehen von Feuerwaffen;
                           von John Anderson, Inspector des Arsenals zu
                           Woolwich.
                        Aus dem London Journal of
                                 arts, Januar 1863, S. 40.
                        Anderson, über Anwendung des Copir-Principes bei der
                           Anfertigung und dem Ziehen von Feuerwaffen.
                        
                     
                        
                           Die in der Ueberschrift bezeichneten Mittheilungen von John Anderson zu Woolwich, welche in der Institution of
                                 Mechanical Engineers zum Vortrage kamen, geben zunächst eine Hinweisung auf
                              den im J. 1858 gelieferten Bericht dieses Ingenieurs, welcher „einige
                                 Anwendungen des Copir- oder Uebertragungs-Principes bei der
                                 Fabrication hölzerner Artikel“ zum Gegenstande hat und worüber im
                              Jahrgang 1859 dieses Journals Bd. CLIII S. 326 das Nähere zu finden ist. Hierauf
                              wird weiter gesagt, daß die Lösung des vorliegenden Problems lediglich in einer
                              fortgesetzten Anwendung desselben Principes auf Metallarbeiten und insbesondere auf
                              Fabrication gezogener Geschütze oder ähnlicher Gebilde bestehe, und der übrige
                              Inhalt dieser für genanntes Institut bestimmten Vorlesung ist dann etwa
                              folgender:
                           Der Grundzug aller neueren Bestrebungen zur Hervorbringung bestimmt vorgeschriebener
                              Formen und genauer Dimensionen ist die Einführung der verlangten Form in den die
                              Arbeit ausführenden Apparat, sey das nun durch Gleitsupports, Walzen, Prismas oder
                              in irgend welcher andern dergleichen Modification. Es handelt sich hierbei mit einem
                              Worte darum, der arbeitenden Maschine eine solche Einrichtung zu geben, daß der
                              durch sie hervorzubringende Artikel die verlangte Form erhält, ohne daß man dabei
                              von einer besonderen Geschicklichkeit des an der Maschine beschäftigten Arbeiters
                              abhängig ist. Von letzterem soll vielmehr weiter gar nichts verlangt werden, als
                              eine genaue Bekanntschaft mit den Grundsätzen der Metallbearbeitung im Allgemeinen
                              und ferner Kenntniß der zu bestimmten Zwecken dienenden, geeignetsten Formen von
                              Schneidinstrumenten etc. sowie überhaupt anderer dergleichen Details, von denen so
                              häufig die Beschaffenheit des Fabricats und die Kosten seiner Herstellung abhängen.
                              – Wirft man, mit Hinsicht hierauf, einen Rückblick auf die Drehbänke früherer Zeiten, in
                              denen von einer Einführung des Uebertragungs-Principes in den Gleitsupport
                              der Bank noch nicht die Rede war, so drängt sich hierbei die interessante Bemerkung
                              auf, daß die Drehbank schon damals ein zur Hervorbringung richtiger Copirformen
                              durch- aus brauchbares und insoweit vollkommenes Instrument war, als
                              dergleichen ältere Drehbänke mit vollkommen runden Spindelhälsen, wenn dergleichen
                              überhaupt existiren, dem in Arbeit befindlichen Gegenstande eine vollkommen runde
                              Gestalt geben mußten, wenn nur beim Drehen der Drehstahl oder das Schneideinstrument
                              fest und stetig gehalten wurde. In einem noch höheren Grade war unter dieser
                              Bedingung die Richtigkeit der Arbeit bei denjenigen Drehbänken älterer Art
                              gesichert, welche die Einrichtung zum Drehen zwischen festen oder todten Spitzen
                              hatten, vorausgesetzt, daß bei Anwendung derselben die in dem abzudrehenden
                              Gegenstande anzubringenden Vertiefungen für die Spitzen oder Körner mit der nöthigen
                              Sorgfalt hergestellt worden waren. Denn, stand bei ihnen das zu drehende Stück fest
                              zwischen den Spitzen der Bank, so mußte das fest und stetig gehaltene
                              Schneideinstrument auf der Oberfläche des in Rotation befindlichen Werkstückes mit
                              Nothwendigkeit und unter allen Umständen einen Kreis beschreiben, wie er genauer
                              selbst durch den Zirkel nicht herzustellen ist.
                           Dahingegen aber trat bei solchen Apparaten die Möglichkeit zu fehlen dennoch in
                              zahlreichen Gestalten auf, und eine der hauptsächlichsten Fehlerquellen lag
                              grundsätzlich immer in nicht vollkommen runden Spindelhälsen, deren Vorkommen selbst
                              bei den Drehbänken neuester Zeit weit häufiger ist, als man das gewöhnlich annehmen
                              zu müssen glaubt. Nach dieser Richtung hin anzustellende genaue Untersuchungen
                              werden gar bald ergeben, daß bei diesem Theile der Drehbank der genaue Kreis weit
                              seltener angetroffen wird, als die Polygonalform. Man wird dabei auch selbst unter
                              den Drehbänken neuester Anfertigung noch solche finden, welche nur zart genug
                              behandelt zu werden brauchen, um ihre hierauf bezügliche mangelhafte Beschaffenheit
                              bloßzulegen. Bis vor Kurzem konnten solche ledigliche Annäherungen an vollkommene
                              Rundheit allerdings wohl noch genügend erscheinen, in neuester Zeit aber hat eine
                              ausgedehnte Anwendung der Whitworth'schen MaaßeSchablonen- oder Lehrensystem von nach einer bestimmten Scala
                                    aufeinanderfolgenden Voll-Maaßen (he-gauges) mit zugehörigen Hohl-Maaßen (she-gauges).Anm. d. Uebers. nicht nur die hohe Wichtigkeit genauer Abmessungen schärfer herausgestellt,
                              sondern auch zugleich den Ingenieur mit Erlangung wahrer Kreise vertrauter gemacht.
                              Man weiß deßhalb eine
                              vollkommen genaue Arbeit überall da, wo sie von Wichtigkeit ist, jetzt auch besser
                              zu schätzen und in wohlgeleiteten Werkstätten tritt das Bestreben nach Erfüllung der
                              zu einer solchen Vollkommenheit führenden Bedingungen immer mehr hervor, so daß man
                              allmählich jeden Zugang zu versperren sucht, durch welchen sich etwa noch Fehler und
                              Irrthümer in der Arbeit einschleichen könnten.
                           Eine diesem Streben entsprechende außerordentliche Sorgfalt wird zuweilen für
                              kostspieliger, als ein weniger pünktliches Arbeitssystem gehalten; der
                              Berichterstatter ist aber vollständig zu einer dem entgegengesetzten Ansicht
                              gelangt, seit er sich durch Beobachtungen in anderen und in den unter seiner
                              Oberaufsicht stehenden Werkstätten davon überzeugen konnte, daß, wenn auch die
                              Anwendung einer außergewöhnlichen Genauigkeit im Anfange wegen Mangel an dazu
                              fähigen Arbeitern stets etwas kostspieliger ist als weniger genaue Arbeit, man doch
                              bei gehöriger Ausdauer die aus einer solchen größeren Genauigkeit entspringenden
                              Vortheile gar bald klar hervortreten sehen wird. Selbst anfangs ungebührlich hoch
                              erscheinende Kosten werden dann nach einiger Zeit sich in Wahrheit noch geringer
                              herausstellen, als diejenigen einer weniger vollkommenen Einrichtung. Manche Artikel
                              (Werkstücke) nämlich müssen, nachdem sie bereits sorgfältig abgedreht und abgehobelt
                              worden sind, gewöhnlich dann nachträglich erst noch einem langwierigen Feilen und
                              Schaben unterworfen werden, bis sie endlich zur verlangten
                              Oberflächen-Beschaffenheit gelangen, während, wenn nur ein kleiner Theil der
                              hieraus erwachsenden Unkosten dazu verwendet worden wäre, die genaue Formrichtigkeit
                              derselben schon auf der Drehbankspindel oder auf dem Hobeltische bewirken zu können,
                              die größeren Ausgaben für das nachfolgende Passendmachen sämmtlicher Werkstücke ganz
                              vermieden worden wären. – Von den mannichfachen Beispielen, welche, auf
                              diesen Punkt hinzielend, aufgeführt werden können, mag zur näheren Erläuterung der
                              Sache hier zunächst folgendes eine Stelle finden, welches dem Berichterstatter
                              selbst bei Geschütz-Anfertigungen in der Woolwich'schen
                              Geschütz-Factorei zur Kenntniß kam. In dem hierauf bezüglichen Falle handelte
                              es sich nämlich darum, Ringe von ungefähr einem Fuße im Durchmesser dergestalt auf
                              einen zugehörigen Cylinder aufzupassen, daß sie sich vollkommen leicht auf demselben
                              hin und her bewegen ließen, ohne dabei auch nur die mindeste schlotternde
                              Seitenbewegung zu gestatten, indem schon die geringste Lockerheit sie nutzlos
                              machte. Ring und Cylinder mußten also ganz in derselben Weise zu einander passen,
                              wie dieses von den Whitworth'schen Lehren selbst verlangt
                              wird. Vergebens wurde hierbei der Versuch mit verschiedenen neuen und für gut
                              gehaltenen Drehbänken gemacht; sie ergaben nicht den gewünschten Erfolg; –
                              endloses Schaben und Schleifen mußte ihrer Arbeit folgen. Der Berichterstatter war
                              jedoch überzeugt, daß, wenn die primitive Ursache der hervorgebrachten Rundung, also
                              die jene Form erzeugende Fläche der Maschine wirklich rund gewesen wäre, dann auch
                              das erhaltene Resultat ein dem entsprechendes hätte seyn müssen, und es wurden
                              deßhalb geeignete Maßregeln zur Erlangung vollkommener Rundheit und Festigkeit in
                              den betreffenden Theilen der Drehbank selbst getroffen. Die hierdurch entstehenden
                              Kosten betrugen nur wenig mehr als diejenigen, welche früher jedesmal zum
                              nachträglichen Passendmachen eines einzigen Ringes erforderlich gewesen waren. Es
                              wurden dadurch zugleich aber auch die Anfertigungskosten aller folgenden Ringe von
                              dem Geldwerthe nahezu dreier Arbeitstage auf den Arbeitslohn für weniger als eine
                              Stunde zurückgeführt, denn es war durch die getroffenen Einrichtungen nunmehr die
                              Drehspindel ein vollkommen formrichtiges Original und der Gleitsupport ein durchaus
                              correctes Medium der Uebertragung geworden, und die Combination beider mußte also
                              mit Nothwendigkeit die verlangte Genauigkeit und Rundheit der Arbeit hervorbringen.
                              – Aehnlich verhielt es sich auch bei Anfertigung einer Anzahl von für
                              Wasserrohren bestimmten Zapfen. Die Zapfen und die Zapfenlöcher wurden hierbei
                              sorgfältig auf der Drehbank bearbeitet; sie wollten dem Wasserdrucke aber ohne
                              nachträgliches Schleifen und Schaben nicht eher Widerstand leisten, als bis die
                              Drehspindel zu vollständiger Rundheit gebracht worden war, worauf die Zapfen dann zu
                              jenem Ende immer nur noch eines sehr geringen Nachschleifens bedurften. Die Drehbank
                              ist eben eine Copirmaschine, welche die Beschaffenheit ihrer führenden Oberflächen
                              auf die Formen des durch ihre Arbeit entstehenden Werkstückes vollständig
                              überträgt.
                           Bei Vorbereitung der verschiedenen Lagen von Röhren oder Cylindern nun, welche,
                              übereinandergeschoben, zur Herstellung der Armstrongkanone dienen, ist es
                              unumgänglich nothwendig und von wesentlichster Wichtigkeit, den einzelnen Theilen
                              derselben genau richtige Dimensionen und vollkommene Concentricität zu geben, damit
                              überall ein festes Aneinanderschließen der zum Aufliegen auf einander bestimmten
                              Gesammtoberflächen erhalten werde. Die Genauigkeit der Arbeit muß sich hierbei immer
                              mehr und mehr steigern, weil, je näher die einzelnen Theile, und somit auch das Werk
                              selbst, der Vollendung entgegenrücken, dann zugleich auch immer gebieterischer die
                              Forderung hervortritt, sich über die jedesmalige Genauigkeit und Formrichtigkeit
                              aller Oberflächen eine vollkommene Gewißheit verschafft zu haben. – Um diese
                              hohe Genauigkeit erreichen zu können, ohne dabei gänzlich von dem an der Drehbank
                              beschäftigten Arbeiter oder auch von der Beschaffenheit ersterer selbst abhängig zu
                              seyn, da dieselbe zuweilen
                              auch alt, oder nicht besonders zuverlässig seyn kann; – sowie um ferner das
                              in Arbeit befindliche Werkstück auch dann noch vor Entartung schützen zu können,
                              wenn seiner Bearbeitung nicht die erforderliche Aufmerksamkeit gezollt werden
                              sollte, – hat der Berichterstatter die in Folgendem zu beschreibende Methode
                              adoptirt, welche dazu dient, das gegebene Original durch höchst einfache Anordnungen
                              auf das jedesmalige Werkstück übertragen und insbesondere den einzelnen Theilen des
                              Geschützes ihre genau richtige Rundung auf das sorgfältigste sichern zu können. Die
                              dahin gehörigen besonderen Einrichtungen sollen nicht gerade als neue Erfindungen
                              bezeichnet werden, es dürfte deren Mittheilung aber denn doch nicht ohne Interesse
                              seyn.
                           Wie schon vorher bemerkt wurde, kann zwar durch das Drehen zwischen festen oder
                              todten Spitzen recht wohl ein vollkommener Kreis erzeugt werden, es hängt das dabei
                              wirklich erzielt werdende Resultat aber immer sehr von der besseren oder geringeren
                              Beschaffenheit der Spitzen oder Körner selbst ab. Letztere können polygonal seyn,
                              selbst wenn sie dem Auge als vollkommen rund erscheinen, und sind dann auch die, zur
                              Aufnahme der Körner oder Spitzen in dem Werkstücke selbst eingedrehten Vertiefungen
                              etwa nur ganz sorglos mit einem gewöhnlichen Bohrer ausgeführt worden, so ist bei
                              einer solchen Ausführung der Arbeit natürlich den Zufälligkeiten, welche einen
                              Mangel an Rundheit herbeiführen können, ebensowohl Thür und Thor geöffnet. Das
                              gedrehte Arbeitsstück wird unter solchen Umständen also auch nicht formrichtig
                              werden, denn es müssen seine Flächen immer als eine Combination der beiden
                              Oberflächen dastehen, durch welche sie hervorgebracht worden sind; und nur bei genau
                              runden führenden Flächen der Drehbank wird daher auch das gedrehte Stück vollkommen
                              rund werden müssen. Alles dieses ist bei Bearbeitung der zur Geschützanfertigung
                              bestimmten rohen Cylinder oder Röhren zu berücksichtigen, welche in dem Zustande,
                              wie sie aus der Schmiede geliefert worden sind, zunächst mit temporären Spitzen
                              versehen, und hierauf zwischen festen oder todten Spitzen abgedreht werden. Nach
                              hierauf erfolgender Beseitigung der temporären Spitzen werden die abgedrehten Enden
                              der Röhren auf der einen Seite in ein Futter eingespannt und auf der anderen Seite
                              in ein Lager eingelegt, um so die durch Abdrehen zwischen todten oder festen Spitzen
                              formrichtig gebildete Mantelfläche des Cylinders nunmehr das Muster und die Form für
                              die Seelenwand des Rohres abgeben zu lassen, indem man nun mittelst eines
                              Gleitsupports einen Theil der Seele des Rohr-Bodenstücks nach ihr ausbohrt.
                              Der auf diese Weise entstandene Theil der Seele dient dann wieder als Führer für
                              einen halbrunden Bohrer, und dieser Bohrer ist seinerseits wieder das Instrument,
                              wodurch endlich die
                              bereits gebildete runde Seelenöffnung auf die ganze Länge des Rohr-Cylinders
                              übertragen wird, was freilich, genau genommen, in einer nur unvollkommenen Weise
                              geschieht. Durch Wiederholung desselben Verfahrens, also abermalige Herstellung
                              eines Theiles der hinteren Seelenwand mit Anwendung eines zweiten Bohrers etc. wird
                              diese Bohrung zwar verbessert werden, aber, wie genaue Messungen nachweisen, dennoch
                              auch hiernach noch immer unvollkommen bleiben. Davon wird jedoch aus später zu
                              entwickelnden Gründen einstweilen abgesehen und deßhalb schon jetzt zur äußeren
                              Bearbeitung dieses inneren Cylinders geschritten, sobald die folgend zu
                              beschreibende Arbeit, welche die nächst äußere Cylinderröhre des Geschützrohres
                              angeht, fertig ist.
                           Bevor nämlich das äußere Abdrehen des ersten oder inneren Cylinders vollendet wird,
                              behandelt man zunächst die zweite nach außen hin auf sie folgende Cylinderröhre ganz
                              in derselben Weise wie dieß vorher für den inneren Cylinder angegeben wurde, führt
                              die Bohrung derselben aber noch sorgfältiger aus, indem man sie nach Möglichkeit auf
                              richtige Dimensionen bringt und alle Rauhheiten in derselben beseitigt. Dann wird
                              dieser äußere Cylinder in die Meßabtheilung abgegeben, wo die Abmessungen seiner
                              Bohrung von zwölf zu zwölf Zollen ihrer Länge mittelst eines Verniers bis auf
                              Tausendtheile des Zolles genau gemessen und auf einen Streifen Papier verzeichnet
                              werden. Diesen Maaßen fügt man dann auch noch die Beträge der Contractionen bei,
                              welche später für jeden der verschiedenen Punkte des Cylinders statthaben sollen und
                              stets durch Einheiten der dritten Decimale ausgedrückt werden. Es betragen dieselben
                              nämlich entweder 0,001, 0,002 oder 0,003 Zoll, und sie sind da am stärksten, wo der
                              äußere Cylinder sich zuerst auf den inneren fest aufsetzen soll, während sie von da
                              aus, nach dem Mündungsende der Rohre hin, allmählich immer mehr und mehr abnehmen,
                              um so der Longitudinal-Contraction der auf den inneren Cylinder
                              aufzuziehenden äußeren cylindrischen Röhre freien Spielraum zu lassen.Soll hiernach die aufzuziehende äußere Cylinderröhre beispielsweise etwa
                                    zuerst am Bodenstücke des inneren Cylinders ihren festen Aufschluß erhalten,
                                    so wird letzterem an dieser Stelle ein um 0,003 Zoll größerer Durchmesser
                                    als der entsprechenden Bohrstelle des äußeren Cylinderrohres gegeben, und
                                    diese Durchmesser-Differenz nimmt nach der Mündung des Geschützrohres
                                    hin dann allmählich ab, bis sie am vorderen Ende der äußeren Röhre nur noch
                                    0,001 Zoll beträgt.Anm. d. Uebers.
                              
                           Es dürfte nicht ohne Nutzen seyn, die Aufmerksamkeit der Ingenieure bei dieser
                              Gelegenheit auch auf die Anwendung des VerniersNonius. zu genauen Messungen hinzulenken. In den königlichen
                              Geschütz-Factoreien ist der selbe ein sehr bekanntes Meßinstrument und jetzt, nachdem
                              sein Werth erkannt worden ist, muß es überraschend erscheinen, daß seine Anwendung
                              fast nur auf mathematische Instrumente beschränkt seyn soll, während doch bei seinem
                              Gebrauche der tausendste Theil eines Zolles noch eben so leicht abgelesen werden
                              kann, als größere Abmessungen. Gar manche Maschinen-Werkzeuge der Neuzeit
                              sind lediglich nach dicken, groben Linien abgetheilt, vermittelst deren es unmöglich
                              ist, der Maschine ohne vorausgegangene Versuche und Irrthümer die erforderliche
                              Genauigkeit zu geben. Hätten diese Maschinen einen Vernier, so würden jene Irrthümer
                              auf ihre Hunderttheile zurückgeführt werden können, ohne deßhalb den Gebrauch des
                              Mikroskopes zu erfordern; denn man braucht zu diesem Ende nur den Schieber der in
                              Zehntel-Zolle eingetheilten Maschinen-Theilscala mit einem Vernier von
                              99 Zehntel oder 9,9 Zoll Länge zu versehen, welcher für sich wieder in hundert
                              gleiche Theile getheilt ist. Jeder Theil des Verniers beträgt dann 0,099 Zoll, und
                              folglich 0,001 Zoll weniger als die 0,1 Zoll betragende Unterabtheilung der Scala
                              selbst, wodurch also Dimensionen von Tausendtheilen eines Zolles abgelesen werden
                              können, ohne deßhalb feinere Abtheilungen als Zehntelzolle beobachten zu müssen.
                           Mittelst eines solchen Verniers erhält man nun auch über die wirklichen Dimensionen
                              der Bohrung des äußeren Cylinders den genauesten Ausschluß. Es werden diese
                              Abmessungen freilich, selbst bei einer sehr großen, auf das Bohren verwendeten
                              Sorgfalt, nur höchst selten oder auch wohl nie genau so seyn, wie sie beabsichtigt
                              worden waren; denn schon ein einfacher Versuch mit genau gearbeiteten Whitworth'schen Schablonenmaaßen einer selbst nur kleinen
                              Scala wird vollkommen genügend seyn, die einem solchen Unternehmen entgegenstehenden
                              Schwierigkeiten aufzudecken. Ja man braucht selbst bei solchen Schablonenmaaßen,
                              wenn sie von anderen Arbeitern geliefert worden sind, häufig nur das Vollmaaß von
                              beiden Seiten des Hohlmaaßes aus einzupassen, um sich mit einem Male zu überzeugen,
                              daß die etwaige Behauptung einer erlangten vollständigen Genauigkeit lediglich auf
                              Täuschung beruhte. Da es hiernach nun außerordentlich kostspielig seyn würde, der
                              Bohrung eines langen Rohres ganz genau ihre, im Voraus festbestimmten Dimensionen zu
                              geben, und da dieses ferner im vorliegenden Falle, bei den angegebenen
                              Constructionsverhältnissen, in Bezug auf den äußeren Cylinder, auch gar nicht
                              nothwendig ist, wenn nur die wirklichen Dimensionen seiner Bohrung durch den Vernier
                              genau gemessen werden: so setzt man das Bohren eines solchen äußeren Cylinders auch
                              selbst dann schon nicht mehr weiter fort, wenn der Durchmesser seiner Bohrung an
                              einzelnen Stellen noch bis
                              zu 0,005 Zoll von den vorgeschriebenen Dimensionen abweichen sollte. Es wird
                              derselbe vielmehr, trotz solcher ihm noch anhaftenden Unvollkommenheiten, dann nicht
                              etwa nochmals zur Bohrmaschine zurückgegeben, sondern man verzeichnet vielmehr nur
                              die in oben angegebener Weise gefundenen Maaßzahlen, vermehrt durch die
                              erfahrungsgemäß zulässigen Contractions-Zusätze, auf einen Streifen Papier
                              und sendet dieses Maaßverzeichniß dann nebst einem Bündel dazu gehöriger und
                              sorgfältig mit Tinte bezeichneter Stahl-Schablonen demjenigen Arbeiter zu,
                              welcher die Außenseite des inneren Cylinders bis zu seiner Einsetzung in den äußeren
                              Cylinder zu bearbeiten hat. Die Bezeichnung der Maaße geschieht hierbei nur mit
                              Tinte, weil die Dimensionen dieser Lehren zu pünktlich genau sind, um längere Zeit
                              in diesem Zustande erhalten werden zu können. Man darf dergleichen Maaße also auch
                              niemals zum zweiten Male gebrauchen, ohne daß sie vorher genau untersucht und wieder
                              richtig befunden worden sind, weßhalb dieselben nach jedesmaligem Gebrauche in die
                              Meß-Abtheilung des Etablissements zurückgegeben und dort immer wieder von
                              Neuem mit Tinte bezeichnet werden, um sie für folgende Fälle verwendbar zu
                              machen.
                           Zum äußeren Abdrehen des inneren Cylinders bedient man sich einer Drehbank mit runder
                              Spindel, deren aus der Vorderdocke hervorstehendes Ende schwach conisch gestaltet
                              ist, so daß es sich von selbst jeder kleinen Schwankung im Bohrungsdurchmesser des
                              inneren Cylinders anzupassen vermag. Auf diesen conischen Spindel-Vorstand
                              wird das eine Ende des inneren Cylinders aufgetrieben und es gibt ersterer dann den
                              Mitnehmer oder Führer der Bewegung ab. In das andere Ende der cylindrischen Röhre
                              wird ein Dorn eingepreßt, dem etwa noch ein Fuß äußerer Vorstand bleibt, welcher
                              letztere hier das Lager des zu bearbeitenden Cylinders bildet und gegen welchen
                              endlich der Reitstock der Drehbank einen flachen Körner andrückt. Solchergestalt
                              sind hierbei die, durch das Abdrehen entstehenden, richtigen oder falschen Formen,
                              an dem einen Ende des Cylinders von der Form der Drehspindel und am anderen Ende von
                              der des Dornes abhängig, während die Mitte als ein Product beider Einflüsse dastehen
                              wird. Bei unvollkommenen oder in Bezug auf ihre Richtigkeit wenigstens zweifelhaften
                              Drehbankspindeln, werden auch wohl auf Lagern ruhende Dorne in beide Enden des
                              abzudrehenden Cylinders eingetrieben, um dadurch die zu erhaltende Form von
                              mangelhafter Beschaffenheit der Drehbank selbst unabhängig zu machen. Die hierzu
                              dienenden Dorne werden mit um Tausendtheile eines Zolles von einander verschiedenen
                              Größen vorräthig gehalten und in Rücksicht auf Genauigkeit und Rundheit sehr
                              sorgfältig bearbeitet. Das Abdrehen des Cylinders geschieht dann ganz auf gewöhnliche Weise,
                              indem nur noch der Gebrauch obenerwähnter Schablonenmaaße hinzukommt, mittelst deren
                              ein guter und aufmerksamer Dreher, nach nur einiger Uebung, ohne jede Schwierigkeit
                              bis auf Tausendtheile eines Zolles genau arbeiten kann, vorausgesetzt, daß die
                              anzuwendenden Lehren alle genau dieselbe Schwere haben, da deren Anwendung lediglich
                              Sache des feinen Gefühles ist und hierbei eine jede Differenz des Gewichtes störend
                              einwirkt. In solcher Weise wird dann das beabsichtigte feste Aufsitzen des äußeren
                              Cylinders auf dem inneren ebenso sicher bewirkt, als dieses bei einer ganz genau
                              cylindrischen Ausbohrung des aufzutreibenden Cylinders nur immer möglich gewesen
                              seyn würde. Es können hierbei die, durch Abnutzung der Bohrerschneiden, ungleiche
                              Beschaffenheit des auszubohrenden Metalles etc. entstehenden Ungenauigkeiten im
                              Bohrungsdurchmesser des aufzuziehenden äußeren Cylinders sogar fünf bis zehn
                              Tausendtheile eines Zolles betragen, ohne daß dadurch, richtige Messung
                              vorausgesetzt, die Güte des anzufertigenden Geschützes alterirt wird.
                           Nachdem das äußere Abdrehen des inneren Cylinders vollendet ist, wird derselbe mit
                              dem, seine Maaßvorschrift enthaltenden Papierstreifen in die Meß-Abtheilung
                              abgegeben und dort sorgfältig mit dem Vernier gemessen. Ist er hier gut befunden
                              worden, so schafft man ihn in die Aufzieh-Abtheilung, wo die hinzugehörige
                              nächst äußere Cylinderröhre schwach rothglühend gemacht und hernach in einer, des
                              guten Erfolges sicheren Weise auf den inneren Cylinder aufgezogen wird.Die äußere Röhre wird hierbei senkrecht in einer Grube aufgestellt und durch
                                    in ihrem Inneren angebrachte Gasflammen bis zur schwachen Rothgluth erwärmt.
                                    Die innere Röhre wird hierauf mittelst eines Krahnes in die äußere Röhre
                                    hineingesenkt und endlich bis zum Erkalten beider Röhren ein Strom kalten
                                    Wassers durch die innere Röhre hindurchgeführt.Anm. d. Uebers. Hierauf hat dann selbstverständlich auch jeder Theil des äußeren Cylinders
                              die ihm zugehörige Spannung, und ein partielles Nichtfestaufsitzen desselben kann
                              gar nicht vorkommen, da die Meß-Abtheilung jeden etwa sonst noch möglich
                              gewesenen Fehler ausgeschlossen hat. Sollte sich bei dem Nachmessen etwa finden, daß
                              die Mantelfläche irgend eines inneren Cylinders etwas zu stark abgedreht, der äußere
                              Durchmesser desselben also zu klein geworden wäre, so wird dieser Cylinder
                              einstweilen zurückgelegt, um dann später bei einem äußeren Cylinder von etwas
                              kleinerem Bohrungsdurchmesser seine Verwendung zu finden.
                           Bei Zurichtung der kürzeren Cylinderröhren endlich, welche die Außentheile des
                              Geschützrohres bilden sollen, ist jedes vorläufige Abdrehen derselben unnöthig. Die zu ihrer
                              Hervorbringung bestimmten rohen Cylinder werden vielmehr in demselben Zustande wie
                              sie aus der Schmiede kommen, sofort mit ihren Enden in eine verticale Bohrmaschine
                              eingespannt und daselbst mittelst einer starken Bohrstange, an welcher sich die
                              gehörige Anzahl von Schneiden befindet, rasch durchbohrt. Dieselbe Procedur nochmals
                              wiederholt, bringt dann eine für den vorliegenden Zweck genügend gute Bohrung
                              hervor, deren Richtigkeit in diesem Falle von der Kreisförmigkeit der Bohrstange
                              abhängig ist, welche letztere an dem einen ihrer Enden in einem Lager arbeitet,
                              während ihr anderes Ende in die Drehspindel der Maschine eingepaßt ist und von
                              derselben festgehalten wird. Eine solche zweimalige Durchbohrung der Cylinderröhre
                              ist für den vorliegenden Zweck genügend, wenn auch die Bohrung derselben, trotz
                              aller Anstrebung von Genauigkeit, hiernach noch nicht das vollkommen richtige Maaß
                              haben sollte, wie sie denn, wegen eintretender Abnutzung der Schneidemesser, im
                              allgemeinen immer etwas schwach conisch ausfallen wird; ihre Fehler können aber bis
                              zu einem Hunderttheile eines Zolles über oder unter das richtige
                              Durchmesser-Maaß tolerirt werden, weil sie später in der
                              Meß-Abtheilung alle entdeckt und notirt werden, und ihr genaues Verzeichnis
                              mit den Zusätzen für den beabsichtigt werdenden Contractionsgrad versehen, hierauf
                              nebst den dazu gehörigen fein ausgearbeiteten Lehren, in die Dreherwerkstatt an
                              denjenigen Arbeiter gelangt, welcher die Außenseite der zugehörigen nächst inneren
                              Cylinderröhre zu bearbeiten hat. Es kann auf diesem Wege also ein geeignetes und
                              richtiges Aufsitzen beider Cylinderröhren aufeinander erreicht werden, ohne deßhalb
                              die bedeutenden Kosten einer vollkommen kalibergenauen und rein cylindrischen
                              Bohrung tragen zu müssen. Bei einer solchen Anordnung der Arbeit erhält die
                              Gesammtheit der Metalltheile, welche die Rohrwandungen des Geschützes bilden, dann
                              weiter auch immer genau die im Voraus für sie bestimmte Spannung, und es wird somit
                              durch diese künstliche Lagerung der Metall-Partikeln, wenn sie richtig
                              angeordnet worden ist, jeder einzelnen Cylinderröhren-Schicht die Möglichkeit
                              gegeben, im vollsten Maaße zur Haltbarkeit des Geschützes beitragen zu können.
                           Da sich ferner durch genaue Beobachtungen herausgestellt hat, daß die
                              zusammenziehende Kraft jeder einzelnen, im rothwarmen Zustande auf das Rohr
                              aufgezogenen, äußeren Cylinderröhre die innere Bohrung oder die Seele derselben nach
                              Verhältniß von Durchmesser und Stärke der Schichten beeinflußt, so wird jetzt auch,
                              in den ersten Stadien der Geschützfabrication, von einem genau kalibermäßigen
                              Ausbohren der inneren Cylinderröhre ganz abgesehen, und es beginnt die eigentliche
                              Glattbohrung des Rohres
                              erst dann, wenn alle äußeren Cylinderröhren aufgezogen worden sind. Diese
                              Glattbohrung müßte freilich streng genommen, dann auch vollkommen im wahrsten Sinne
                              dieses Wortes werden; allein ein solches Ziel ist, selbst bei Anwendung der
                              verfeinerten Hülfsmittel, nicht immer mit vollständig sicherem Erfolge zu erreichen.
                              Hierdurch soll aber nicht etwa gesagt werden, daß es überhaupt unmöglich sey, in
                              speciellen Fällen eine richtige Bohrung hervorzubringen, sondern vielmehr nur die
                              Wahrheit zum Ausdrucke kommen, daß es ungemein schwierig ist, eine ganze Reihe von
                              aufeinander folgenden Geschützen vollkommen kalibergleich ausbohren zu können, ohne
                              dabei sehr große Kosten mit in den Kauf nehmen und ferner das Gelingen des Werkes
                              immer von einer ganz besonderen Aufmerksamkeit des betreffenden Arbeiters abhängig
                              sehen zu müssen. Die Versicherung, daß verhältnißmäßig nur sehr wenige Bohrungen von
                              größerer Länge hergestellt werden, welche das verlangte Maaß haben und vollkommen
                              cylindrisch oder auch nur in Wahrheit richtig rund sind, mag der allgemeinen Annahme
                              entgegen seyn; der Berichterstatter muß sich aber jetzt mit Nothwendigkeit zu dieser
                              Ueberzeugung bekennen, nachdem er persönlich mit den Schwierigkeiten Bekanntschaft
                              gemacht hat, welche der vollkommenen Erfüllung einer jeden einzelnen dieser
                              Bedingungen entgegenstehen. Ohne daß die führende Fläche eine genau richtige
                              Rundheit besitzt, kann nämlich, wie leicht einzusehen ist, auch die durch sie zu
                              bildende Form des Werkstückes nicht vollkommen rund werden und ohne daß ferner in
                              dem Instrumente selbst, welches zur Arbeit dienen soll, das genaue Maaß für die von
                              ihm zu gebenden richtigen Dimensionen liegt, wird bei Anwendung von Schneiden,
                              welche sich während ihres Gebrauches allmählich abnutzen, selbstverständlich
                              ebenwohl keine genügende Garantie für formrichtige Arbeit vorhanden seyn können. Die
                              hierbei vorliegenden Fehler-Möglichkeiten sind also leicht zur Evidenz zu
                              bringen und nicht minder wird, nach ihrer vollen Erkenntniß, dann auch einleuchtend
                              seyn, daß, je größer die Annäherung ist, welche man an eine vollkommen maaßgenaue,
                              runde und parallele Bohrung, bei möglichst geringem Kostenaufwands, zu erreichen
                              vermag, desto vollständiger dann auch der Erfüllung eines Verlangens sich genähert
                              wurde, welches für die wirtschaftlichen Interessen der Ingenieur-Werkstätten
                              von der größten Bedeutung ist. Sehr allmähliches Ausbohren und späteres
                              Zuhülfenehmen von Nachschleifen können allerdings ebenwohl zu solchen Annäherungen
                              an vollkommene Genauigkeit führen; es ist ein solches System der Arbeit aber immer
                              sehr zeitraubend, kostspielig und überhaupt unvereinbar mit denjenigen
                              Anforderungen, welche an gut zu nennende Einrichtungen für die Fabrication im Großen
                              gestellt werden müssen. Bei derartigen Fabricationen wird man vielmehr stets auf
                              Mittel zu sinnen haben, welche die Genauigkeit der Arbeit in einem weit höheren
                              Grade von den Werkzeugen und den Systemen wonach sie wirken, als von einer
                              besonderen Geschicklichkeit der anzustellenden Arbeiter abhängig erscheinen
                              lassen.
                           Bei der Fabrication von Feuerwaffen überhaupt und insbesondere auch bei der von
                              gezogenen Kanonen spielt aber die Forderung einer genau kaliberrichtigen, geraden,
                              cylindrischen Bohrung begreiflicherweise eine große Rolle, und es hängt der Grad von
                              Schwierigkeit, derartigen Anforderungen entsprechen zu können, hauptsächlich auch
                              noch davon ab, wie scharf hierbei der Begriff von Geradheit und Parallelismus
                              aufgefaßt wird und wie weit oder eng die Toleranzgrenzen für den Kaliberdurchmesser
                              gestellt worden sind. – Wollte man im vorliegenden Falle die Bohrung eines
                              mit Zügen zu versehenden Rohres schon vor dem Ziehen genau auf dasjenige Kaliber
                              bringen, welches demselben später, zwischen den Feldern des fertigen Rohres
                              gemessen, zukommen soll, so würde durch Reibung der Ziehstange beim nachherigen
                              Einschneiden der Züge, sowie durch das Rosten und Reinigen des Rohres nach dem
                              Beschusse, bis zur wirklichen Vollendung desselben sicher ein etwas zu großes
                              Kaliber erhalten werden. Man hat es daher zweckmäßig befunden, den
                              Kaliberdurchmesser des Rohres vor dem Ziehen um 0,002 Zoll kleiner als das
                              Normalkaliber zu belassen und es werden zur Erreichung dieser Absicht zwei
                              Kalibermaaße angewendet, von denen der Durchmesser des einen um 0,002 Zoll kleiner
                              als der des Normalkalibers, und der Durchmesser des anderen gleich demselben ist.
                              Der kleinere Kalibercylinder hat eine Länge von zwölf Zollen und muß das Rohr wie
                              ein Whitworth'sches Vollmaaß sein zugehöriges Hohlmaaß
                              Passiren, während der zweite Cylinder in der Seele des gebohrten Rohres nicht fassen
                              darf. – Bei so genau verlangt werdender Arbeit ist natürlich ein zuweilen
                              vorkommendes Ueberschreiten der gegebenen Dimensionen nicht ausgeschlossen, und es
                              wird deßhalb die letzte Bohrung immer von der Mündungsseite des Rohres her
                              ausgeführt, weil dort eine etwaige geringe Kalibererweiterung am wenigsten schädlich
                              ist. – In Bezug auf Herstellung der zu solchen genauen Bohrungen dienenden
                              Instrumente hat die Praxis ergeben, daß Schneiden, welche durch Unterlagen feinen
                              Papiers justirbar sind, der Oekonomie und der Zweckmäßigkeit am meisten entsprechen,
                              indem jetzt Papiersorten von weniger als 0,001 Zoll Stärke zu haben sind. –
                              Diese Werkzeuge selbst nutzen sich aber während des jedesmaligen Durchgehens durch
                              das Rohr, auch wenn sie nur wenig Metall wegzunehmen haben, denn doch immer in einem
                              solchen Grade ab, daß dadurch der entferntere Theil der Bohrung einen etwas
                              geringeren Durchmesser als die den Bohrer aufnehmende Oeffnung erhält. Diese Differenz
                              beträgt fast niemals unter 0,001 Zoll, man sieht aber doch lieber davon ab, als sich
                              der Gefahr auszusetzen, welche durch Einführung einer neu justirten, noch
                              unversuchten Schneide von der anderen Rohrseite her entstehen könnte. Bei von der
                              Mündung des Rohres aus zu ladenden oder sogenannten Vorderladungs-Geschützen
                              sind die einer genauen Bohrung entgegenstehenden Schwierigkeiten noch größer als bei
                              den Hinter- oder Kammerladungs-Geschützen, von welchen letzteren hier
                              hauptsächlich die Rede seyn wird und welche die Anordnung hierauf bezüglicher
                              zweckmäßiger Einrichtungen sehr erleichtern.
                           
                              
                                 (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)