| Titel: | Ueber das Verhalten des Dextringummis und des arabischen Gummis gegen Eiweiß; von Prof. Rud. Günsberg. | 
| Fundstelle: | Band 169, Jahrgang 1863, Nr. XIX., S. 67 | 
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                        XIX.
                        Ueber das Verhalten des Dextringummis und des
                           arabischen Gummis gegen Eiweiß; von Prof. Rud. Günsberg.
                        Aus den Sitzungsberichten der kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu Wien, Mai 1862.
                        Günsberg, über das Verhalten des Dextringummis u. arabischen Gummis
                           gegen Eiweiß.
                        
                     
                        
                           Die allgemeine Angabe, daß Eieralbumin durch die meisten Mineralsäuren gefällt werde, während die organischen Säuren das Albumin nicht fällen,
                              ist nur bei Anwendung einer im Verhältnisse zum Eiweiß größeren Menge Säure richtig, in geringen Mengen dagegen zeigen die
                              Mineralsäuren gegen wässerige Albuminlösung dasselbe Verhalten wie die organischen
                              Säuren. Setzt man nämlich zu der trüben frischen Lösung von Eieralbumin in Wasser
                              behutsam in geringen Quantitäten Salzsäure, Salpetersäure, Schwefelsäure, so findet
                              ebenso wie bei Zusatz von Essigsäure, Oxalsäure u.s.w. nicht nur keine Fällung,
                              sondern eine deutliche Klärung der Eiweißlösung statt,
                              und erst bei größerem Zusatz der Mineralsäuren wird das Eiweiß gefällt, während
                              organische Säuren, auch in größeren Mengen zugesetzt, keine Fällung bewirken; und
                              ebenso wie
                              bekanntlich eine mit viel Essigsäure versetzte Albuminlösung beim Erwärmen nicht
                              mehr gerinnt, haben auch die Lösungen des Albumins in mit den verschiedenen
                              Mineralsäuren angesäuertem Wasser die Eigenschaft eingebüßt, beim Erhitzen zu
                              gerinnen, und die sauren Eiweißlösungen bleiben auch beim Erhitzen bis zum Kochen
                              klar, oder werden sehr wenig getrübt.
                           Setzt man zu einer solchen klaren, mit wenig Mineralsäure
                              oder mit einer beliebigen Menge organischer Säure versetzten kalten
                              Eieralbuminlösung Dextringummilösung, gleichviel ob das Dextringummi aus dem
                              Stärkmehl mittelst Diastase oder mittelst Schwefelsäure dargestellt wurde, so
                              entsteht eine starke Fällung, welche sich in kurzer Zeit in Flocken absetzt, und
                              weder in einem Ueberschusse von Säuren noch von Dextringummi wieder löst. Indessen
                              ist zur vollständigen Ausfällung einer bestimmten Quantität Eiweiß auch ein
                              bestimmtes Quantum Dextringummi nöthig; denn hat man nämlich zu wenig Dextringummi
                              im Verhältniß zum gelösten Eiweiß zugesetzt, so bleibt Eiweiß in Lösung und die vom
                              Niederschlage decantirte oder abfiltrirte Flüssigkeit übt keine Reaction auf saure
                              Eiweißlösung mehr; dagegen entsteht in dieser Flüssigkeit bei weiterem Zusatz von
                              Dextringummi eine neue Fällung; bei einem richtigen Verhältniß aber von Dextringummi
                              und Eiweiß verhält sich das Filtrat, welches stark sauer reagirt, gewissermaßen
                              neutral, es fällt kein Eiweiß mehr und wird auch durch Zusatz von Dextringummi nicht
                              mehr gefällt; während wenn Dextringummi im Ueberschuß zugesetzt worden war, das
                              Filtrat in Eiweißlösungen noch neue Fällungen hervorbringt. So weit meine bisherigen
                              Versuche reichen, glaube ich schon jetzt anführen zu können, daß der Niederschlag,
                              welcher in Eiweißlösungen durch Dextringummi entsteht, keineswegs eine einfache
                              Verbindung von Eiweiß mit Dextringummi seyn kann, sondern daß dabei eine viel
                              complicirtere Reaction vor sich gehen muß, deren Ermittelung vielleicht noch zu
                              interessanten Aufschlüssen führen wird.
                           Ein entschieden anderes Verhalten zeigt dagegen das arabische Gummi gegen
                              Eiweißlösung; auch dieses von der Natur durch den Lebensproceß der Pflanzen
                              gebildete Gummi besitzt die Eigenschaft, angesäuerte Eiweißlösungen zu fällen,
                              jedoch nur, wenn wenig Gummi im Verhältniß zum Eiweiß
                              zugesetzt wird; denn im geringsten Ueberschusse von Gummi löst sich der entstandene
                              Niederschlag wieder auf, allein die angesäuerte Eiweißlösung, welche vor dem
                              Gummizusatze durch Erhitzen nicht gerinnbar war, hat durch die Gegenwart des Gummis
                              in ihrer Lösung die Eigenschaft bekommen, beim Erhitzen zu gerinnen. Setzt man daher
                              zu einer Eiweißlösung, welche wenig Mineralsäure oder beliebig viel organische Säure zugesetzt enthält,
                              Arabinlösung behutsam hinzu, so entsteht ein
                              Niederschlag, welcher bei Zusatz von mehr Gummilösung wieder verschwindet; erhitzt
                              man aber diese geklärte Flüssigkeit zum Kochen, so scheidet sich der Niederschlag in
                              schneeweißen Flocken wieder aus.
                           Es wäre von hohem Interesse zu ermitteln, wie das aus dem Stärkmehl bei der Verdauung
                              im thierischen Organismus sich bildende Gummi sich gegen Albuminlösung verhält, ob
                              es nämlich dem künstlich dargestellten Dextringummi oder dem natürlich gebildeten Gummi gleicht, welche Ermittelung jedoch den
                              Physiologen überlassen bleiben muß.
                           Aus vorstehenden Beobachtungen geht sonach hervor, daß eine saure Eiweißlösung ein
                              vortreffliches Reagens abgibt, mehrgenannte zwei Gummiarten in Lösungen zu erkennen
                              und von einander zu unterscheiden.