| Titel: | Chemisch-technische Untersuchungen über das amerikanische Petroleum; aus den Bearbeitungen einer ausgeschriebenen Preisaufgabe zusammengestellt von Dr. P. Bolley. | 
| Fundstelle: | Band 169, Jahrgang 1863, Nr. XXX., S. 123 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        XXX.
                        Chemisch-technische Untersuchungen über
                           das amerikanische Petroleum; aus den Bearbeitungen einer ausgeschriebenen Preisaufgabe
                           zusammengestellt von Dr. P. Bolley.
                        Aus der schweizerischen polytechnischen
                                 Zeitschrift, 1863, Bd. VIII S. 96.
                        Chemisch-technische Untersuchungen über das amerikanische
                           Petroleum,
                        
                     
                        
                           Das Schema der ausgeschriebenen FragenEs sind auf die von einem Kaufmanne in Zürich ausgeschriebene Preisfrage, für
                                    deren Lösung 500 Fr. festgesetzt waren, zwei Arbeiten eingegangen, die im
                                    technischen Laboratorium des schweiz. Polytechnicums ausgeführt wurden: die
                                    eine von den Prakticanten F. Bolley und Schwarzenbach gemeinsam, die andere von den HH.
                                    Arndt und Traun
                                    aus Hamburg gemeinsam. Wir werden sie mit B. und S., und mit A. und T. im
                                    Texte bezeichnen. Die der Erstgenannten erhielt nach dem Urtheil und Antrag
                                    einer dafür ernannten Commission von Docenten der Anstalt den ersten, die
                                    der HH. A. und T. den zweiten Preis. war folgendes:
                           
                              1) Finden wesentliche Unterschiede statt zwischen dem rohen pennsylvanischen und canadischen Petroleum?
                              2) Wie groß ist die Menge rectificirten
                                    Oeles, das nicht unter 120° C.
                                 siedet, daher nicht mehr sehr feuergefährlich ist, welches sich aus dem rohen
                                 Petroleum gewinnen läßt?
                              3) Wie verhalten sich die im Handel befindlichen Oele in Bezug
                                 auf ihre Feuergefährlichkeit?
                              4) Wie groß ist die Leuchtkraft des
                                 rectificirten Steinöls, sowohl desjenigen das auf
                                 die oben sub 2 angegebene Weise erhalten wurde, als
                                 auch verschiedener anderer Steinölsorten, die aus wenigstens vier verschiedenen
                                 Detailhandlungen in Zürich bezogen wurden?
                              5) Wie groß ist die Menge von
                                    Paraffin, das sich aus den letzten Destillationsproducten und aus dem
                                 Rückstand der fractionirten Destillationen gewinnen läßt?
                              6) Welches ist die Menge und
                                    Leuchtkraft des aus rohem Petroleum gewinnbaren
                                    Gases, und wie hoch stellen sich die Kosten
                                 von 1000 engl. Kubikfuß solchen Gases?
                              
                           Namentlich die Frage 1) über die Unterschiede zwischen
                                 canadischem und pennsylvanischem Steinöl nöthigt zu einer Vorbemerkung,
                              welche eine in den Bearbeitungen leicht erkennbare Lücke erklären und entschuldigen
                              wird. Es zeigte sich erst nachdem die Aufgabe gestellt war, daß das rohe Petroleum
                              überhaupt sehr schwer zu beziehen ist, da die deutschen und schweizerischen
                              Eisenbahnverwaltungen es nicht zum Transport übernehmen. Es gelang jedoch durch
                              besondere Bemühungen, von verschiedenen Bezugsquellen ausreichende Menge
                              pennsylvanischen Oeles zu erhalten. Das canadische kommt, wie es scheint, nur im
                              großbritannischen, aber fast nicht im continentalen Handel vor. Eine größere
                              Quantität des letzteren, die zugesagt war, traf nicht ein, und es konnte den
                              Prakticanten nur eine ziemlich kleine Menge desselben zur Verfügung gestellt
                              werden.
                           Es zeigte sich nach beiden Beantwortungen der Preisaufgabe übereinstimmend:
                           
                              1) daß das canadische Oel etwas dickflüssiger ist als das
                                 pennsylvanische;
                              2) daß es mehr braun, das pennsylvanische mehr grünlich
                                 ist;
                              3) daß das spec. Gewicht des canadischen Oeles etwas höher ist
                                 als das des pennsylvanischen;
                                 ersteres hat nach B. und Sch. ein spec. Gewicht
                                          von0,832eine kleine Partie eines anderen Musters nach A. und
                                          T.    ein spec. Gewicht von0,858letzteres nach B. und Sch. ein spec. Gewicht
                                          von0,816    
                                          „          „    A.
                                          und T.      
                                          „      „        „          „0,8055
                              4) der Geruch des rohen canadischen Oeles ist noch unangenehmer
                                 als der des pennsylvanischen, und erinnert an Schwefelwasserstoff, ohne daß eine
                                 deutliche Schwefelreaction wahrgenommen werden konnte.
                              
                           Andere Unterschiede werden bei Beantwortung der übrigen Fragen sich herausstellen;
                              sie sind aber, soweit sie sich innerhalb der Aufgabe bewegen, keineswegs sehr
                              tiefgehende, und vielleicht nicht größer als die, welche zwischen den
                              pennsylvanischen Oelen verschiedener Fundgruben stattfinden. Daß letztere keineswegs
                              ganz untereinander übereinstimmen, wird sich im Nachfolgenden mehrmals zeigen.
                           Die zweite Frage dreht sich um die Zerlegung des rohen
                                 Oeles in die flüchtigen Bestandtheile (Naphta),
                              die zum Brennen untauglich sind, in die erst bei höherer Temperatur siedenden Leuchtöle und die dicklichen oder kohligen
                              Destillationsrückstände.
                           Die Resultate, die B. und Sch. erhielten, sind:
                           300 Kub. Cent. rohes Oel aus Pennsylvanien (von St. Gallen bezogen) wogen 245 Gramme.
                              Sie wurden unter Einsenkung eines bis auf 400° C. reichenden Thermometers
                              durch den Tubulus der Retorte im Wasserbad auf 97° C. längere Zeit erwärmt,
                              dann in Kochsalzlösung auf 100° C., dann in Chlorcalciumlösung bis
                              120° C., dann im Luftbade bis 150° C. und nun im Sandbade allmählich
                              bis 400° C. Man suchte auf angegebene Art die angegebenen Temperaturen
                              längere Zeit zu erhalten
                              und fieng die zwischen ihnen übergehenden Destillate, sowie was zwischen 150 und
                              200° C., 200 und 250° C., endlich zwischen 250 und 400° C.
                              übergieng, gesondert auf; die Destillate wurden gemessen und gewogen. Es gieng
                              über
                           
                              
                                 
                                 Vol. Kub. Centm.
                                 Gewicht Grm.
                                 
                              
                                       –100°
                                    C.
                                 28,5
                                 17,8
                                 
                              
                                 100–120° C.
                                 22,8
                                 16,6
                                 
                              
                                 120–150° C.
                                 17,8
                                 13,1
                                 
                              
                                 150–200° C.
                                 36,8
                                 28,1
                                 
                              
                                 200–250° C.
                                 40,5
                                 32,1
                                 
                              
                                 250–400° C.
                                         
                                    135,6
                                        112,0
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                         
                                    282,0
                                        219,7 Gr.
                                 
                              
                                 der Rückstand betrug
                                           
                                     21,0  „
                                 
                              
                           Mit jedem dieser Destillate wurde nochmals eine fractionirte
                              Destillation vorgenommen und die bei den angegebenen Temperaturen übergegangenen
                              Flüssigkeiten vereinigt, ihr Volum und Gewicht bestimmt, daraus das specifische
                              Gewicht berechnet und dieß durch das Tausendgranstäschchen controlirt. Weil es von
                              Interesse war nachzusuchen, ob etwa Benzol unter den Destillaten sich finde, wurde,
                              was unter 81° C. übergieng, von dem gesondert was zwischen 81° C. und
                              100° C. überdestillirte.
                           
                              
                                 Temperatur.
                                 Volum
                                 Gewicht
                                 spec. Gewicht
                                 Volum-
                                 Gewicht-
                                 
                              
                                 
                                 Kub. Centm.
                                 Grm.
                                 berechnetaus I. u. II.
                                 mit demTausendgranfläsch.
                                 Procente.
                                 Procente.
                                 
                              
                                             –  81°
                                    C.
                                         10
                                   6,704
                                     0,67
                                           0,67
                                 3,33
                                 2,75
                                 
                              
                                   81–100
                                         15
                                 10,523
                                     0,701
                                           0,702
                                 5,00
                                 4,30
                                 
                              
                                 100–120
                                 19,4
                                 13,835
                                     0,714
                                           0,715
                                 6,46
                                 5,65
                                 
                              
                                 120–150
                                 23,3
                                 17,035
                                     0,731
                                           0,731
                                 7,77
                                 6,95
                                 
                              
                                 150–200
                                 28,5
                                 21,620
                                     0,758
                                           0,757
                                 9,50
                                 8,83
                                 
                              
                                 200–250
                                 47,5
                                 37,290
                                     0,785
                                           0,788
                                    15,83
                                    15,23
                                 
                              
                                 250–350
                                 90,0
                                 72,720
                                     0,808
                                           0,809
                                    30,00
                                    29,70
                                 
                              
                                 350–400
                                 45,6
                                 39,000
                                     0,855
                                           0,858
                                    15,13
                                    15,89
                                 
                              
                                 Rückstand
                                 
                                 21,000
                                 
                                 
                                 6,00
                                 8,60
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––
                                 
                                 
                                 ––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                      279,3
                                 239,727
                                 
                                 
                                    99,02
                                    97,90
                                 
                              
                           Aus dieser Tabelle ergibt sich, daß die zur Beleuchtung
                              tauglichen Destillate, als die wir die zwischen 120 und 350° C. übergehenden
                              betrachten dürfen, 63,1 Volumprocente und 60,71 Gewichtprocente betragen.
                           Das canadische Oel wurde nur einmal destillirt und die bei verschiedenen Temperaturen
                              übergehenden Oele gesondert aufgefangen.
                           Die Ergebnisse sind in folgender Tabelle zusammengestellt:
                           
                           
                              
                                 Temperatur.
                                 VolumKub. Centm.
                                 GewichtGrm.
                                 Volum-Procente.
                                 Gewicht-Procente.
                                 Spec.Gewicht.
                                 
                              
                                         
                                    61–120° C.
                                   6
                                 4,35
                                 10
                                   8,7
                                 0,725
                                 
                              
                                 120–200
                                 10
                                 7,39
                                    16,7
                                 14,8
                                 0,739
                                 
                              
                                 200–250
                                   5
                                 3,75
                                      8,4
                                   7,5
                                 0,750
                                 
                              
                                 250–300
                                     6,2
                                 4,87
                                    10,4
                                   9,8
                                 0,785
                                 
                              
                                       300
                                   30,0
                                   24,54
                                    50,0
                                 49,2
                                 0,818
                                 
                              
                                 Rückstand
                                 
                                     3,5
                                 
                                   7,0
                                 
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                                 ––––––––
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Summa
                                   57,2
                                 
                                   96,5
                                 
                                 
                                 
                              
                           Die Unterschiede in den Mengen und Eigenschaften der Destillationsproducte des
                              canadischen und des pennsylvanischen Oeles sind, wie wir sehen, nicht wesentlicher
                              Art. Es sind bei Anlaß dieser Versuche noch andere gelegentlich sich ergebende
                              Beobachtungen über die Anfangstemperatur, bei der die rohen Oele sieden, und den
                              Gehalt an Gasen in denselben und über den Paraffingehalt gemacht worden, welche
                              weiter unten zu erwähnen seyn werden.
                           Die Herren A. und T. destillirten 255 Kub. Cent. rohes pennsylvanisches Oel und
                              fanden bei
                           
                              
                                       –  
                                    95° C.
                                 ein
                                 spec.
                                 Gewicht
                                 von
                                 0,7155
                                 
                              
                                 120 – 150
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,7244
                                 
                              
                                 150 – 200
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,7513
                                 
                              
                                 200 – 250
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,8111
                                 
                              
                                 250 – 300
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,8437
                                 
                              
                           Es wurden von den gleichen Herren 400 Kub. Cent. aus Hamburg
                              und 400 Kub. Cent. aus Basel bezogenes pennsylvanisches Steinöl der Destillation
                              unterworfen; was über 120° und bis das Destillat dicklich wurde übergieng,
                              betrug bei ersterem 190, beim zweiten 170 Kub. Cent. oder 47,5 und 42,5
                              Volumprocente; wie sich die Mengen bei nochmaliger Fractionirung verhalten, wurde
                              nicht untersucht, deßhalb lassen sich die Ergebnisse der einen Experimentatoren mit
                              jenen der anderen nicht vergleichen.
                           Die dritte Frage über die Feuergefährlichkeit der rohen
                              und destillirten Oele wurde namentlich von den Prakticanten B. und Sch. in
                              mannichfach variirter Weise angegriffen und sie fanden im wesentlichen
                              Folgendes:
                           Zuerst muß in's Auge gefaßt werden, daß das rohe Steinöl einen brennbaren gasförmigen Körper enthält. Das rohe pennsylvanische Steinöl
                              entwickelte schon bei 32° C. (nach N. und Sch.) Gasblasen, bei 57°
                              kamen Dämpfe, die sich verdichteten. Nach den gleichen Verfassern zeigten sich im
                              canadischen Oele bei 36° Gasblasen und das Sieden begann bei
                              60–61° C.
                           
                           Die Herren A. und T. bemerkten am canadischen Oele bei 40° C. das Aufsteigen
                              von Gasblasen, ohne daß Verdichtung in der Vorlage wahrgenommen werden konnte.
                           Der Unterschied der beiden Beobachtungen erklärt sich sehr leicht aus dem sehr
                              raschen Steigen des eingesenkten Thermometers, wenn man nicht mit äußerster Sorgfalt
                              und sehr allmählich erwärmt.
                           Die Herren B. und Sch. bestimmten die Menge des in dem rohen pennsylvanischen Steinöl
                              befindlichen Gases. In ein mit Marke versehenes Fläschchen, das 200 Kub. Cent.
                              enthält, wurden 150 Kub. Cent. Steinöl gebracht, der Kork genau bis an den
                              Theilstrich geschoben, das Volum des in die Flasche hineinragenden Theils des
                              Thermometers, ebenso der Inhalt der Gasentwickelungsröhre bestimmt und der Betrag
                              des einen in Abzug, des anderen in Zurechnung gebracht, sodann die Luft sammt dem
                              Gas durch Erhitzen bis zum starken Kochen ausgetrieben und beide in einem
                              Meßcylinder über Wasser aufgefangen. Es betrug das Volum des Gemisches, gemessen
                              nach Vornahme der nothwendigen Correcturen, 103 Kub. Cent. und nach Abzug der Luft
                              49 Kub. Cent., was auf 100 Volumina des Oels 33,66 Volumprocente an absorbirt
                              gewesenem Gase ausmacht. Das Gas ließ sich leicht entzünden und brannte mit etwas
                              rußender Flamme ohne Explosion. Eine Wiederholung des Versuchs, jedoch nicht bis zum
                              längeren Sieden, sondern nur solange, als sich bei niedrig gehaltener Temperatur
                              Blasen entwickelten, fortgesetzt, wurde vorgenommen um zu ermitteln, ob nicht Dämpfe
                              vorwiegend die Brennbarkeit bedingen, das Gas brannte aber auch dießmal ganz wie das
                              erstemal.
                           Die gleichen beiden Prakticanten B. und Sch. machten eine Reihe von Versuchen über
                              die Verdunstung der verschiedenen Oele.
                           Es wurden in gleichen Bechergläsern in einem durchschnittlich 16° C. warmen,
                              mit Dampf geheizten Zimmer a rohes pennsylvanisches Oel,
                              b rectificirtes vom Anfangssiedepunkt über
                              120° C. offen hingestellt und die Gewichtsabnahme so lange bestimmt, bis
                              keine mehr stattfand; sie betrug
                           
                              
                                 bei a
                                 bei b
                                 
                              
                                 nach 1 Woche
                                 25,8 P roc.
                                 14,0 Proc.
                                 
                              
                                    „  
                                    2     „
                                 30,6    „
                                 16,8    „
                                 
                              
                                    „  
                                    3     „
                                 33,3    „
                                 19,3    „
                                 
                              
                                    „  
                                    4     „
                                 32,3    „
                                 21,5    „
                                 
                              
                                    „  
                                    5     „
                                 34,7    „
                                 23,2    „
                                 
                              
                                    „  
                                    6     „
                                 35,0    „
                                 24,5    „
                                 
                              
                                    „  
                                    7     „
                                 
                                 25,5    „
                                 
                              
                           Ganz ähnliche Versuche wurden in einem Kellerraum von
                              durchschnittlich 7° C. Temperatur vergenommen. Es verlor das Oel
                           
                           
                              
                                 
                                 
                                    a
                                    
                                 
                                    b
                                    
                                 
                              
                                 nach   1 Tag
                                   6,3 Proc.
                                 2,5 Proc.
                                 
                              
                                    „    14 Tagen
                                 20,7    „
                                 15    „
                                 
                              
                           dann nur noch unmerkbar an Gewicht.
                           Endlich unterwarfen die gleichen Prakticanten (B. und Sch.) ihre Destillate einigen
                              Versuchen über Verdunstung.
                           Es waren nach 75 Minuten in einer Temperatur von 16° C. von dem Oele das
                           
                              
                                 
                                 unter 100°
                                 übergieng
                                 100   Proc.
                                 
                              
                                 zwischen
                                 100–120
                                 „
                                   44,5   „
                                 
                              
                                 
                                 120–150
                                 „
                                   31,5   „
                                 
                              
                                 
                                 150–200
                                 „
                                     8,5   „
                                 
                              
                                 
                                 200–250
                                 „
                                     0,25 „
                                 
                              
                                 
                                 250–350
                                 „
                                     0,00 „
                                 
                              
                           verdunstet.
                           Aus diesen Versuchsreihen, die insofern Bedeutung haben, als bei überhaupt brennbaren
                              Körpern deren Verdunstungsbestreben in engem Zusammenhang steht mit ihrer
                              Feuergefährlichkeit, geht hervor: 1) daß das rohe Oel viel gefährlicher ist als das
                              rectificirte, und 2) daß von dem über 150° C. übergegangenen Destillat nur
                              wenig in gewöhnlicher Temperatur verdunstet. Eine Ergänzung zu diesen Versuchen
                              bildeten diejenigen über die Dampfspannung rohen Steinöls
                              und anderer brennbarerer und sich verflüchtigender Flüssigkeiten, welche ebenfalls
                              von den Herren B. und Sch. vorgenommen wurden.
                           Es wurde absoluter Aether, Schwefelkohlenstoff, rohes pennsylvanisches Steinöl,
                              Weingeist von 0,832 spec. Gew. und frisch destillirtes Terpenthinöl in fünf
                              nebeneinander gestellte mit Quecksilber gefüllte Torricelli'sche Röhren eingeführt und die Tension ihrer Dämpfe an den
                              verschiedenen Senkungen des Quecksilbers bei drei verschiedenen Temperaturen, in die
                              der ganze Apparat gebracht wurde, gemessen.
                           
                              
                                 Temperatur
                                 20,5° C.
                                 37,5° C.
                                 45° C.
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Aether
                                 415 Millimet.
                                 635 Millimet.
                                     –
                                 
                              
                                 Schwefelkohlenstoff
                                 300      „
                                 480      „
                                   595
                                 
                              
                                 rohes Petroleum
                                   55      „
                                 100      „
                                   120
                                 
                              
                                 Weingeist (0,832 spec. Gewicht)
                                   25      „
                                   55      „
                                     80
                                 
                              
                                 Terpenthinöl
                                   15      „
                                   25      „
                                     35
                                 
                              
                           Hiernach stellt sich das rohe Petroleum unter Aether und
                              Schwefelkohlenstoff, jedoch über genannten Weingeist und frisches Terpenthinöl
                              hinsichtlich der Verdunstungsfähigkeit im leeren Raume und in gewissem Sinne wohl
                              auch hinsichtlich seiner Feuergefährlichkeit.
                           
                           Es wurde ferner von den Herren B. u. Sch. eine
                              Versuchsreihe über Entzündlichkeit des Petroleums und
                              seine Fähigkeit des Fortbrennens ohne Docht bei verschiedenen Temperaturen
                              angestellt.
                           Es wurden Gläser mit gleichen geringen, fast nur den Boden bedeckenden Quantitäten
                              rohen Petroleums, Aether, Weingeist von 0,832 spec. Gewicht, Terpenthinöl und
                              rectificirtem Petroleum gefüllt, mit Glasdeckeln und Wachs auf dem Glasrande
                              verschlossen und einige Zeit stehen gelassen.
                           Bei 4° C. waren nur rohes Petroleum und Aether in solchem Grade verdunstet,
                              daß sich ihre Dämpfe entzünden ließen (Aether mit stärkerer Flamme als Petroleum);
                              Terpenthinöl, Weingeist und rectificirtes Petroleum ließen sich selbst bei
                              16° C. noch nicht entzünden, bei 39° C. die beiden letzteren, das
                              Terpenthinöl aber auch da noch nicht. Rohes Petroleum, das längere Zeit vorher offen
                              dagestanden und viel an Gewicht durch Verdunstung verloren hatte, verhielt sich wie
                              das rectificirte. – Es wurde ein Trockenkasten (Luftbad), nachdem durch
                              Filzverkleidung die Thüre dicht verschließbar gemacht worden war, über einer
                              Spirituslampe genau regulirbaren Temperaturen längere Zeit ausgesetzt. In denselben
                              wurden die nachfolgend verzeichneten Oele in Gläser gebracht und so lange belassen,
                              bis sie 1) sich durch einen brennenden Span entzünden ließen, und 2) ohne Docht
                              fortbrannten. Es ergab sich Folgendes:
                           
                              
                                 
                                 AnfangssiedepunktGrad. C.
                                 Dämpfe entzündensich bei Grad C.
                                 Das Oel brenntfort bei Grad C.
                                 
                              
                                 Kaufladen A Zürich
                                 146
                                 45
                                 66
                                 
                              
                                 Direct aus Amerika bezogen
                                 145
                                 50
                                 65
                                 
                              
                                 Kaufladen B Zürich
                                 142
                                 42
                                 49
                                 
                              
                                       
                                    „       C    
                                    „
                                 135
                                 30
                                 42
                                 
                              
                                 Selbstrectificirtes
                                 132
                                 31
                                 41
                                 
                              
                                 Kaufladen D Zürich
                                 128
                                 30
                                 40
                                 
                              
                                 Terpenthinöl
                                 137
                                 35
                                 44
                                 
                              
                           Man darf als Resultate aller der Versuche über Verdunstung, Entzündbarkeit und
                              Fortbrennen der Oele angeben, daß das rohe Petroleum viel gefährlicher ist als
                              rectificirtes, daß es aber sich verschieden verhalten könne je nachdem es längere
                              Zeit Gelegenheit zu Verdunstung gehabt, daß jedoch auch dieses in seiner
                              Gefährlichkeit den Aether und Schwefelkohlenstoff nicht erreiche, daher beim
                              Transport oder Lagern nicht strengeren Vorschriften unterworfen werden sollte als
                              diese beiden wichtigen Handelsartikel, daß endlich das rectificirte Steinöl
                              hinsichtlich seiner Feuergefährlichkeit ungefähr auf gleiche Linie mit Weingeist und
                              Terpenthinöl gesetzt werden müsse.
                           Die vierte Frage über die Leuchtkraft des rectificirten
                              Steinöls wurde im
                              dunkeln, mit geschwärzten Wänden versehenen photometrischen Zimmer mit einem Bunsen'schen Photometer nach der Construction von Wright vorgenommen. Als Einheit diente in den beiden
                              Versuchsreihen den Bearbeitern der Frage eine Stearinkerze. Folgende Tabelle gibt
                              die von B. und Sch. gefundenen Resultate an, die mit einer Petroleumlampe, wie sie
                              in Amerika dienen, und mit einer gewöhnlichen Schieferöllampe gewonnen wurden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 169, S. 130
                              Leuchtmaterial; Spec. Gewicht;
                                 Siedepunkt; Amerikanische Lampe; Lichtmenge; Consum pro Stunde;
                                 Schieferöl-Lampe; Lichtmengen bei gleichem Consum von 20 Grm. p. St.;
                                 Consum bei gleicher Lichtmenge; Stearinkerze; Laden Zürich; Direct aus
                                 Nordamerika; Selbstrectificirt
                              
                           Wenn für die Leuchtwerthberechnung folgende im Einzelverkauf gegenwärtig hier
                              bestehende Preise zu Grunde gelegt werden:
                           
                              
                                 1 Packet Stearinkerzen von 444 Grm. zu
                                 1 Fr. 40 Ct.
                                 
                              
                                 1 Pfd. rectificirtes Petroleum A, B und C
                                 –  „   60  
                                    „
                                 
                              
                                 1  
                                    „          
                                    „                „     
                                    D
                                 –  „   80  
                                    „
                                 
                              
                           so kostet die gleiche Lichtmenge, welche von 2 Stearinkerzen
                              hervorgebracht wird, pro Stunde
                           
                              
                                 mit
                                 Stearinkerzen
                                 4,84 Cts.
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 „
                                 Petroleum
                                 
                                    A
                                    
                                 1,33   „
                                 im
                                 Durchschnitt
                                 beider
                                 Lampen
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 
                                    B
                                    
                                 1,548 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 
                                    C
                                    
                                 1,078 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 
                                    D
                                    
                                 2,496 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 
                              
                           
                              
                                 oder
                                 beim
                                 Preise
                                 von
                                 1 Fr.
                                 57 Ct.
                                 für
                                 500 Grm.
                                 Stearinkerzen
                                 
                              
                                 und
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0  „
                                 60  „
                                 „
                                 500   „
                                 Petroleum
                                 
                              
                           verhalten sich die Kosten des letztern Beleuchtungsmittels zum
                              erstem bei gleicher Lichtmenge = 1 : 3,59 und bei D
                              (Preis 80 Ct. pro 500 Grm.) ungefähr wie 1 : 2. Die
                              Leuchtkraft von Stearin- und Talgkerzen ist, so darf man, ohne großen Fehler
                              zu begehen, annehmen, gleich groß. Der Preis für 500 Grm. Talgkerzen im Detail ist aber 80
                              Cts.; wird daher die Zahl 3,59 mit 80/157 vermehrt, so erhält man in abgerundetem
                              Ausdruck die Kosten der Petroleumbeleuchtung im Vergleich zu der mit Talgkerzen = 1
                              : 1,8.
                           In den Versuchen der Herren A. und T. stellt sich das Resultat noch mehr zu Gunsten
                              des Petroleums; von ihrer Stearinkerze wurden stündlich 11,34 Grm. consumirt,
                              während die verschiedenen Petroleumsorten bei einem stündlichen Consum von 14 Grm.
                              mit der Schieferöllampe eine Helligkeit von 2,5 solcher Stearinkerzen lieferten. Mit
                              Zugrundelegung obiger Preise für Stearin und Petroleum A, B,
                                 C kostet eine Lichtmenge gleich zwei ihrer
                           
                              
                                 Stearinkerzen stündlich
                                 5,896 Cts.
                                 
                              
                                 mit Petroleum
                                 1,344 Cts.
                                 
                              
                           das heißt, die Beleuchtungskosten von Petroleum zu
                              Stearinsäure bei gleicher Helligkeit stellen sich wie 1 : 4,3, und bei gleicher
                              Leuchtkraft für Stearinsäure und Talg, aber einem Preise des letztern von 80/157 von
                              dem des Stearins, verhalten sich die Beleuchtungskosten von Steinöl und Talg wie
                              etwa 1 : 2,1 bis 1 : 2,2 bei gleicher Helligkeit.
                           In den Versuchen von MarxPolytechn. Journal Bd. CLXVI S. 348. in Stuttgart stellen sich die Beleuchtungskosten mit zwei Stearinkerzen
                              (5er) pro Stunde und unter Annahme der Zürcher
                              Ladenpreise auf 5,17 Cts., mit Petroleum aber der gleiche Lichteffect auf 1,13 oder
                              wie 1 : 4,4.
                           Wenn man alle bei solchen Versuchen vorkommenden Schwankungen (die bei Anwendung von
                              Petroleum noch vergrößert werden, weil der Docht scharf abgeschnitten und genau
                              gestellt seyn muß, wenn der Lichteffect sein Maximum erreichen soll) in vollstem
                              Maaße würdiget, und die Leuchtwerthe, die in den drei Versuchsreihen sich
                           
                              
                                 zwischen
                                 1 : 3,59
                                 
                              
                                 
                                 1 : 4,3
                                 
                              
                                 und
                                 1 : 4,4
                                 
                              
                           bewegen, zu einem Schluß von allgemeinerer Gültigkeit benutzen
                              will, so darf man wohl sagen, es verhalte sich der Leuchtwerth dieser Materialien
                              bei den oben angenommenen Preisen wie 1 : 4 und gegen Unschlitt = 1 : 2.
                           Die in der fünften Frage aufgegebene Paraffinbestimmung
                              ergab nach den Versuchen von B. und Sch., daß nur
                              wiederholte Destillationen, um so viel als möglich das Oel von der butterartigen
                              Substanz zu trennen und bei diesem das Vermeiden einer zu hohen Temperatur, eine nennenswerthe
                              Ausbeute liefere. Es wurden 2000 Grm. pennsylvanisches Petroleum der Destillation in
                              einer Glasretorte unterworfen und die ersten leichteren Destillate beseitigt; die
                              dicklicheren schweren, sowie das, was durch Weitertreiben der Destillation des in
                              der Glasretorte gebliebenen, in einer thönernen Retorte eingefüllten Rückstandes
                              gewonnen wurde, dienten zu einer zweiten Rectification, bei welcher die Temperatur
                              nicht über 230° C. getrieben wurde. Der dunkle Retortenrückstand wurde im
                              Dampftrichter filtrirt, um fein vertheilte suspendirte Kohletheilchen zu entfernen,
                              dann bedeckt an einen kühlen Ort gestellt. Das bald sich ausscheidende Paraffin
                              wurde durch Filtration durch möglichst lockeres Papier getrennt und durch Pressen
                              zwischen Fließpapier vom anhängenden Oel vorläufig gereinigt. Das Filtrat wurde
                              wieder einer sorgfältigen Rectification unterworfen, durch Erkalten das Paraffin
                              abscheiden gelassen, filtrirt und so verfahren wie das erstemal. Das so gewonnene
                              gelb-weißliche und beinahe trocken sich anfühlende Paraffin wog 16,5 Grm. =
                              0,825 Proc. Es wurde mit englischer Schwefelsäure ganz kurze Zeit erwärmt und
                              geschüttelt, dann in eine größere Menge kalten Wassers gegossen, abgewaschen und
                              getrocknet. Das so gereinigte Product enthielt nur noch wenige mechanisch
                              beigemengte Kohletheilchen, die, um größeren Verlust zu vermeiden, durch Auflösen in
                              Aether, Filtriren und Abdunsten des Aethers beseitigt wurden, wodurch ein ganz
                              weißes Präparat vom Schmelzpunkt 45° C. erhalten wurde, dessen Gewicht 0,7
                              Proc. von der angewandten Oelmenge betrug. Die bei dieser Arbeit erhaltenen
                              Leuchtöle wurden rectificirt und was bei einer Temperatur von ungefähr
                              80–85° C übergieng, besonders aufgefangen und mit Salpetersäure
                              behandelt, um zu prüfen, ob sie Benzol enthalten. Es wurde eine dicklichölige
                              dunkelweingelbe Nitroverbindung, die unter Wasser sank, gewonnen, deren Geruch aber
                              mehr ätherisch-zimmtartig, als dem Bittermandelöl ähnlich war und aus welcher
                              mit Eisenspänen und Essigsäure auch nicht eine Spur von Anilin gewonnen werden
                              konnte.
                           Zur Beantwortung der Frage 6, nach der Menge und
                                 Leuchtkraft des aus rohem Steinöl gewinnbaren Leuchtgases wurde von beiden
                              Gruppen von Bearbeitern die Versuchsgasretorte des Laboratoriums angewendet. Sie
                              wurde so hergerichtet, daß das Steinöl in dünnem regulirbarem Strahl aus einem hohen
                              engen Gefäße, das immer nahezu voll erhalten wurde, um den nöthigen Druck zu
                              behalten, mittelst eines schmiedeeisernen, in dem obern Theile der Retortenwölbung
                              der ganzen Länge nach eingeführten Rohres, das von 2 zu 2 Zoll eine kleine
                              Durchbohrung hatte, möglichst fein vertheilt eingeführt werden konnte.
                           
                           Die Oeltropfen fielen auf Backsteinstückchen, mit welchen die  förmige Retorte
                              bis zu 2 Zoll Höhe gefüllt war. Nachdem die Retorte und deren Füllung in
                              Rothglühhitze versetzt waren, wurde von einer abgewogenen Menge Steinöls langsam
                              zulaufen gelassen und die Destillation begonnen. Das Gas wurde durch mehrere
                              Wasch- und Condensationsapparate, zum Theil Woulf'sche Flaschen, mit Kohlestücken, die mit Aetznatron zur
                              Kohlensäureaufnahme befeuchtet waren, gefüllt, zum Theil Einrichtungen, dem Liebig'schen Kühlrohr entsprechend, hindurch in eine
                              kleine Gasuhr und aus dieser in einen großen Kochbrenner geleitet und verbrannt.
                           In den Versuchen von B. u. Sch., die über 4 Stunden fortgesetzt wurden, waren 2100
                              Gramme Steinöl gebraucht und daraus 66 Kubikfuß (engl.) Gas gewonnen worden. Das
                              beträgt pro Pfd. von 500 Grm. 15,7 Kubikfuß Gas.
                           Die Herren A. und T. gewannen aus 750 Grm. 24,2 Kubikfuß Gas, also aus 1 Pfd. 16,1
                              Kubikfuß.
                           Diese Resultate stimmen folglich mit wünschenswerther Genauigkeit zusammen und das
                              Mittel wäre 15,9. Man darf also sagen, daß aus 1 Centner des pennsylvanischen Oeles
                              1590 englische Kubikfuß Gas gewonnen werden können. Im größeren Betrieb wird diese
                              Ziffer noch überstiegen werden können.
                           Es zeigte sich bei den Gasbereitungsversuchen, daß keine Kohlensäure von dem Natron
                              aufgenommen wurde, ein Resultat, das zwar erwartet werden konnte, da das Petroleum
                              sich als sauerstofffrei erwies, indem Natriumstücke sich darin ganz gut
                              erhielten.
                           Neben dem Gase wurden in den Versuchen von B. und Sch. 170 Gramme, das ist 8,1 Proc.
                              Theer erhalten; außerdem zeigten sich die Kohlenstücke in den Condensationsflaschen
                              mit vielen kleinen, weißen krystallinischen Theilchen von Naphtalin besetzt.
                           Es wurde von B. und Sch. das specif. Gewicht des
                              gewonnenen Gases durch den von Schilling, nach Bunsen's bei der Gasanalyse eingehaltenem Verfahren
                              construirten, den technischen Bedürfnissen angepaßten Apparat mittelst Messung der
                              Ausströmungsgeschwindigkeit bestimmt.
                           In den bei einer Temperatur von 14° C. ausgeführten Versuchen
                           
                              
                                 brauchte die Luft
                                 167
                                 Secunden,
                                 
                                 
                              
                                 das gleiche Volum Holzgas
                                 138
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 Petroleumgas
                                 136
                                 „
                                 letzteres Resultat als Mittel-
                                 
                              
                                 von 6 Versuchen.
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           
                           Die Rechnung nach dem Satze ausgeführt, daß sich die Dichtigkeiten wie die Quadrate
                              der Ausströmungszeiten verhalten, ergab für
                           
                              
                                 atmosphärische Luft
                                 1
                                 
                              
                                 Holzgas
                                 0,683
                                 
                              
                                 Petroleumgas
                                 0,663.
                                 
                              
                           Das letztere hat daher ein spec. Gewicht, welches dasjenige
                              des gewöhnlichen Steinkohlengases übersteigt. Bekanntlich hat das Holzgas seines
                              nicht unbeträchtlichen Kohlenoxydgehaltes wegen ein höheres specifisches Gewicht;
                              wenn daher die Bestimmung des letztern häufig als annähernde Werthbestimmung
                              gebraucht wird, so ist das im vorliegenden Falle nicht maaßgebend.
                           Die Zusammensetzung des aus dem Petroleum gewonnenen Gases
                              wurde von den Verfassern der beiden Arbeiten ermittelt. Man hatte sich überzeugt,
                              daß Kohlensäure und Kohlenoxyd in unbestimmbarer Menge vorhanden sind, indem die
                              gemessenen Gasvolumina weder durch Berührung mit Aetznatron, noch mit Kupferchlorür
                              sich verminderten. Die schweren Kohlenwasserstoffe wurden durch Absorption in einem
                              Gemisch von wasserfreier Schwefelsäure und wasserhaltender, womit Kohkskugeln
                              befeuchtet waren, die in das über Quecksilber aufgefangene, in einer Eudiometerröhre
                              stehende Gasgemisch eingeführt wurden, bestimmt. Nach Entfernung der Schwefelsäure
                              und ihrer Dämpfe wurde nach Zuleitung von Sauerstoff und Entzündung mittelst des
                              elektrischen Funkens und Einführen von Aetznatron zur Absorption und Messung der
                              gebildeten Kohlensäure, die ein gleich großes Volum wie das vorhandene Sumpfgas
                              eingenommen hatte, dieß letztere bestimmt, und nach Abzug desselben von dem Volum,
                              welches das Gemisch nach Entfernung der schweren Kohlenwasserstoffe einnahm, der
                              Rest als Wasserstoff angenommen. Alle diese Messungen und Berechnungen wurden unter
                              Anwendung der üblichen Correcturen, deren Beschreibung hier unterlassen werden kann,
                              vorgenommen. Kathetometer und Fernrohr wurden jedoch nicht angewandt. Die Resultate
                              der beiden Gruppen von Experimentatoren stimmen, wie die nachfolgende Tabelle zeigen
                              wird, so nahe überein, als zu erwarten ist mit Berücksichtigung des Umstandes, daß
                              die vorkommenden Abweichungen zum Theil auf Verdichtung von Kohlenwasserstoffen
                              durch längeres Stehen, und nur zum Theil auf Beobachtungsunzuverlässigkeiten
                              geschrieben werden können.
                           Es wurde gefunden
                           
                           
                              
                                 
                                 A. u. T.
                                 B. u. Sch.
                                 B. u. Sch.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 I.
                                 II.
                                 
                              
                                 schwere Kohlenwasserstoffe
                                 31,6
                                 31,5
                                 33,4
                                 
                              
                                 leichter Kohlenwasserstoff
                                 45,7
                                 42,9
                                 40,0
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                 32,7
                                 25,6
                                 26,6
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                  100,0
                                    100,0
                                    100,0
                                 
                              
                           Es geht aus dieser Untersuchung, die übrigens nicht in den Kreis der Aufgaben gelegt
                              war, aufs unzweideutigste hervor, daß das Petroleumgas wegen seines sehr hohen
                              Gehaltes an schweren Kohlenwasserstoffen ein für Beleuchtungszwecke ganz
                              vorzügliches seyn müsse.
                           Die Leuchtkraft des Petroleumgases wurde von B. u. Sch.
                              bei stündlichem Consum von 6 Kubikfuß = 36 – 38 der Stearinkerzen gefunden,
                              von welchen stündlich 9,3 Grm. Material verzehrt wird. Dieß beträgt auf 4 Kubikfuß
                              24 – 25,3 Stearinkerzen. Nach A. u. T. entspricht die Leuchtkraft bei
                              stündlichem Consum von 4 Kubikfuß 24 ihrer Stearinkerzen, die stündlich 11,34 Grm.
                              verzehrten. Auch diese Resultate stimmen nahe genug. Es möchte jedoch nicht von
                              hinlänglich praktischem Werthe seyn, aus diesen Ergebnissen direct zu berechnen, wie
                              sich die Beleuchtungskosten bei gleicher Lichtstärke mit Stearinsäurekerzen und
                              Petroleumgas zu einander verhalten, dagegen gewährt wohl nachfolgende Betrachtung
                              einen richtigen Einblick in den Werth des Petroleumgases.
                           Gewöhnliches Steinkohlengas hat bei 4 Kubikfuß stündlichem Consum, mit dem
                              Flachbrenner verbrannt, jedenfalls nur eine Leuchtkraft von etwa 12 Stearinkerzen,
                              die durchschnittlich 10 Grm. pro Stunde verbrennen, und
                              es ist gewiß eine ganz und gar zu rechtfertigende Annahme, daß das Petroleumgas die
                              doppelte Leuchtkraft von der gewöhnlichen des Steinkohlengases habe. Hat man ja die
                              Leuchtkraft des Schieferölgases als dreifach größer als die des gewöhnlichen
                              Steinkohlengases angenommen. Zu viel ist damit jedenfalls nicht gesagt, wohl eher zu
                              wenig, und zwar deßhalb, weil bei den vorliegenden Versuchen lange nicht genug
                              ausprobirt ist, welches die günstigsten Bedingungen, Druck, Brennerweite zu seiner
                              Verbrennung sind, und es sich gewiß weit besser einstellen wird, sobald diese einmal
                              gefunden seyn werden. Wenn wir andererseits oben fanden, daß sich 1590 Kubikfuß
                              engl. Leuchtgas aus 1 Centner rohem pennsylvanischem Petroleum herstellen lasse, und
                              zugleich annahmen, daß (was gewiß hinlänglich hoch gegriffen ist) 1 Centner
                              Steinkohlen 500 Kubikfuß engl. gereinigtes Leuchtgas liefere, so haben wir mehr als
                              die dreifache Ausbeute, genau 3,18 mal so viel Gas aus dem Petroleum als aus der
                              Steinkohle, und zwar ein Gas von doppelter Leuchtkraft, also 6,36 mal so große
                              Lichtmenge.
                           
                           Es wäre daher, nach dieser vielleicht eher etwas zu Ungunsten des Petroleums
                              ausgeführten Rechnung 1 Centner dieses letztern das technische Aequivalent für 6,36
                              Centner Gaskohle. Besser aber gestaltet sich die Calculation ganz gewiß dadurch, daß
                              die Leuchtkraft des Petroleumgases eher etwas größer, als wir thaten, angenommen
                              werden kann, daß dagegen die Ausbeute an gereinigtem Gas aus Steinkohle sich
                              geringer ergeben wird, und vor Allem ist zu beachten, daß die Apparate zur
                              Hervorbringung gleicher Lichtmengen bei Anwendung von Petroleum weit compendiöser
                              können hergestellt werden; die Gasretorte, die Condensatoren und vor Allem die
                              Gashalter und Leitungsröhren lassen sich in beträchtlich kleineren Dimensionen
                              machen. Reiniger fallen ganz weg, es ergeben sich also bedeutend geringere
                              Anlagekosten. Der Betrieb wird Jedem dadurch erleichtert, daß kein
                              Reinigungsmaterial zu beschaffen und in Anwendung zu bringen ist. Es ist endlich
                              noch anzuführen, daß die zulässige Verminderung der zur Zersetzung nöthigen Hitze
                              nicht gering anzuschlagen ist, so daß sie der Kostenreduction, die bei
                              Steinkohlengasfabrication aus der Kohksgewinnung erwächst, bei einer Calculation
                              wenn auch mit viel minder bedeutender Ziffer gegenüber gestellt werden kann. Es
                              scheint uns darnach im ganzen, daß das Petroleum für kleine Privatanstalten,
                              angenommen es sey einmal zu stetigeren Preisverhältnissen gelangt und die Zufuhr
                              sicher und massenhaft genug, ein der Beachtung werthes Vergasungsmaterial sey. Eine
                              Frage von großer Wichtigkeit bliebe noch zu untersuchen: ob nicht eine Mengung
                              dieses, seines großen Gehaltes an schweren Kohlenwasserstoffen wegen leicht rußenden
                              Gases mit sog. Wassergas (Wasserdampf durch glühende Kohlen zersetzt) größere
                              Vortheile brächte. Größere Erwartungen auf dem Gebiete einer Concurrenz mit
                              Steinkohlen wollen wir indessen einstweilen, wie die Sachen stehen, nicht
                              aussprechen; unbedingt nimmt aber das Petroleum als flüssiges Beleuchtungsmittel
                              einen Rang ein, der ihm schwerlich bald streitig gemacht werden wird.